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Höhenkrankheit

Zusammenfassung

  • Definition:Erkrankung aufgrund mangelnder Anpassung an den niedrigen Sauerstoffpartialdruck in großen Höhen.
  • Häufigkeit:Kann bei Aufenthalten in Höhen von über 2.000 m auftreten, Inzidenz nimmt mit Höhe und Geschwindigkeit des Aufstiegs zu.
  • Symptome:Zerebrale und pulmonale Symptome.
  • Befunde:Bei mittelschwerer Ausprägung Kopfschmerzen, häufig Gesichtsblässe und typischer mitgenommener und mimikarmer Gesichtsausdruck. Bei schwerer Ausprägung Risiko von Höhenhirnödem und/oder Höhenlungenödem.
  • Diagnostik:Evtl. EKG, Blutgasanalyse, Röntgen-Thorax, cCT/cMRT.
  • Therapie:Eine schnelle Diagnose und Therapie sind essenziell. Vor einem Aufenthalt in großer Höhe sollte an eine Prophylaxe gedacht werden. Bei leichten Symptomen muss der Aufstieg zur Akklimatisierung unterbrochen werden. In schwereren Fällen müssen die Erkrankten in tiefere Lagen gebracht werden, evtl. wird zusätzlich Sauerstoff zugeführt. Eine medikamentöse Therapie ist präventiv oder zur Symptomlinderung, evtl. auch als ergänzende Therapie oder als Notlösung indiziert.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Erkrankung aufgrund mangelnder Anpassung an den niedrigen Sauerstoffpartialdruck in einer Höhe von mehr als 2.500 m1
    • Verursacht zerebrale und evtl. pulmonale Symptome.
    • Ist von der Höhe und der Aufstiegsgeschwindigkeit abhängig.
    • Die Symptome entwickeln sich meist 6–12 Stunden nach dem Aufstieg in große Höhe.
    • Bei besonders anfälligen Personen wurden bereits ab 2.000 m Symptome der Höhenkrankheit beobachtet, doch dies ist selten.
      • Bei Höhen unter 2.500 m sollte die Höhenkrankheit nicht ausgeschlossen werden, doch andere potenzielle Ursachen für die Symptome sollten als wahrscheinlicher eingestuft werden.
  • Unterschiedliche Formen und Schweregrade
    • Höhenkopfschmerz (High-Altitude Headache, HAH)
      • Tritt innerhalb von 24 Stunden nach dem Aufstieg auf über 2.500 m auf und verschwindet innerhalb von 8 Stunden nach dem Abstieg wieder.
    • akute Bergkrankheit (Acute Mountain Sickness, AMS)
      • Kopfschmerz und zerebrale Reaktionen, tritt in einer Höhe über 2.500 m auf.
    • Höhenhirnödem (High-Altitude Cerebral Edema, HACE)
      • Schwere zerebrale Reaktionen sind wahrscheinlich eine weitere fortgeschrittene Form der akuten Bergkrankheit, kann aber auch ohne vorherige Symptome der AMS auftreten.
    • Höhenlungenödem (High-Altitude Pulmonary Edema, HAPE)
      • in ca. 50 % der Fälle ohne andere vorausgehende Symptome der Höhenkrankheit

Risiko nach Höhenlage

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
    • Tiefland (0–500 m)
      • keine höhenassoziierten Probleme
    • Niedrige Höhe (> 500–2.000 m)
      • geringe Beeinträchtigung der aeroben Leistungsfähigkeit
      • keine zusätzlichen Probleme für stabile Patient*innen mit kardiovaskulärer oder pulmonaler Vorerkrankung
    • Moderate Höhe (> 2.000–3.000 m)
      • Schwellenwert für das Auftreten der akuten Bergkrankheit
      • in der Regel keine Gefahr für HACE und HAPE
      • Akklimatisation wird wichtig für die Leistungsfähigkeit.
      • bei kardiovaskulärer/pulmonaler Vorerkrankung meist gut tolerierbar, allerdings langsamer Aufstieg > 2.000 m und Reduktion der körperlichen Aktivität in den ersten Tagen
        • Kontraindikationen für Höhenaufenthalte > 2.000 m
    • Große Höhen (3.000–5.500 m)
      • Akklimatisation wichtig für Prävention der Höhenkrankheit, deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit
      • bei kardiovaskulärer/pulmonaler Vorerkrankung bis 4.000 m nur nach sorgfältiger Evaluation
        • Aufstiege > 4.000 m nicht ratsam
    • Extreme Höhe (> 5.500 m)
      • Führt bei permanentem Aufenthalt zum Leistungsverlust/Katabolismus.
      • kurze Aufenthalte nur für gesunde, gut trainierte Personen

    Risikokategorien

    • Das Risiko, eine akute Höhenkrankheit zu entwickeln, lässt sich grob in 3 Kategorien unterteilen: niedrig, mittel und hoch. Der Übergang zwischen den Kategorien ist fließend.1
      • niedrig
        • Personen, die nicht auf mehr als 2.800 m aufsteigen und zuvor noch nie eine Höhenkrankheit entwickelt haben.
        • Personen, die mehr als 2 Tage brauchen, um auf eine Höhe von 2.500–3.000 m aufzusteigen, die sich anschließend mindestens 1 Tag Zeit nehmen, um weitere 500 m aufzusteigen, und die pro 1.000 Höhenmeter einen zusätzlichen Akklimatisierungstag einlegen.
      • moderat
        • Personen, die bereits einmal eine Höhenkrankheit entwickelt haben und innerhalb eines Tages auf 2.500–2.800 m aufsteigen.
        • Personen ohne vorausgegangene Höhenkrankheit, die innerhalb eines Tages auf über 2.800 m aufsteigen.
        • Personen, die in Höhen über 3.000 m mehr als 500 Höhenmeter pro Tag aufsteigen, die pro 1.000 m jedoch einen Akklimatisierungstag einlegen.
      • hoch
        • Personen, die bereits einmal eine Höhenkrankheit entwickelt haben und innerhalb eines Tages auf über 2.800 m aufsteigen.
        • Personen, die bereits einmal ein HACE oder HAPE entwickelt haben.
        • Personen, die innerhalb eines Tages auf über 3.500 m aufsteigen.
        • Personen, die in Höhen über 3.000 m mehr als 500 Höhenmeter pro Tag aufsteigen und nicht pro 1.000 m einen Akklimatisierungstag einlegen.
        • sehr schnelle Aufstiege (z. B. Besteigung des Kilimandscharo in weniger als 7 Tagen)

    Klassifikation der akuten Höhenkrankheit

    • Leichte AMS
      • Leitsymptom: Kopfschmerz und mindestens ein weiteres leicht ausgeprägtes Symptom
        • Übelkeit/Erbrechen
        • Erschöpfung/Apathie
        • Schwindel
        • Inappetenz
        • Schlafstörungen
      • Anzeichen einer Enzephalopathie: keine
    • Mittelschwere bis schwere AMS
      • Leitsymptom: Kopfschmerz und mindestens ein weiteres moderat bis schwer ausgeprägtes Symptom
        • Übelkeit/Erbrechen
        • Erschöpfung/Apathie
        • Schwindel
      • Anzeichen einer Enzephalopathie: keine
    • HACE
      • Leitsymptome sind eine Rumpfataxie mit Gehunfähigkeit und/oder Bewusstseinsstörungen, die innerhalb von Stunden in ein Koma übergehen können.
      • zudem meist Verschlechterung der bei mittelschwerer bis schwerer AMS beobachteten Symptome
      • Anzeichen einer Enzephalopathie
        • Ataxie
        • stark ausgeprägte Apathie und Erschöpfung
        • Bewusstseinstrübung
    • HAPE
      • Kann im Rahmen einer Progression der Höhenkrankheit, aber auch ohne andere vorausgehende Symptome auftreten.
      • Symptome
        • Leistungseinbruch
        • Dyspnoe
        • Ortopnoe
        • Husten

    Häufigkeit

    • Akute Bergkrankheit
      • Tritt in der Regel bei Aufenthalten in einer Höhe über 2.500 m auf. Die Inzidenz nimmt mit der Höhe und der Geschwindigkeit des Aufstiegs zu.
      • In einer Schweizer Studie3 wurde die Inzidenz der akuten Bergkrankheit in unterschiedlichen Höhen untersucht:
        • auf 2.850 m: 9 %
        • auf 3.050 m: 13 %
        • auf 3.650 m: 34 %
        • auf 4.559 m: 53 %
        • Bei einem direkten Flug auf 3.800 m ü. NN ist eine Inzidenz von 85 % angegeben.4
    • In einer unselektionierten Bergsteigerpopulation liegt die Inzidenz für das HACE auf 4.500 m Höhe bei 0,5–1 % und für das HAPE bei etwa 6 %.2
      • Bei einem HACE kommt komplizierend häufig ein gleichzeitiges HAPE hinzu.5

    Ätiologie und Pathogenese

    • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.2,6

    Allgemeines

    • Der Luftdruck nimmt mit zunehmender Höhe ab.
    • Der geringe Sauerstoffpartialdruck ist die Ursache für die meisten physiologischen Veränderungen, die in großer Höhe auftreten.
    • Wenn der Sauerstoffpartialdruck der Umgebungsluft sinkt, sinken auch arterieller Partialdruck und die Sauerstoffsättigung.
    • Der Körper versucht, dies zu kompensieren, indem er die Ventilation der Lunge drastisch steigert.
    • Die Herzfrequenz und das Minutenvolumen nehmen ebenfalls zu.
    • Die stark intensivierte Atmung führt zu einem entsprechend höheren Flüssigkeitsverlust über die ausgeatmete Luft. Das Plasmavolumen sinkt.
    • Der Druck im Lungenkreislauf steigt an.
    • Eine untrainierte Person verliert ca. 1 % ihrer maximalen aeroben Leistungsfähigkeit (VO2 max) pro 100 m über 1.500 m, sodass in 2.500 m Höhe ein Leistungsverlust von 10 %, in 4.000 m von 25 % und in 8.000 m von 65 % resultiert.
    • Nach 2–3 Wochen Aufenthalt in Höhen über 2000 m kommt es zu einer gesteigerten Erythropoiese, und die Sauerstoffbindungskapazität erhöht sich (Höhenakklimatisation). 
    • Hierdurch verbessert sich die Leistungsfähigkeit, die Herzfrequenz sinkt wieder.
      • Aufenthalte über > 4.000 m führen trotz Akklimatisation aufgrund einer Umverteilung der Durchblutung zugunsten der Muskulatur nicht mehr zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit.

    Akute Bergkrankheit

    • Die Pathophysiologie von AMS, HACE und HAPE sind letztendlich nicht vollständig geklärt und wahrscheinlich multifaktoriell bedingt.
    • Der geringe Sauerstoffpartialdruck und die Hypoxie lösen neurohumorale und hämodynamische Reaktionen aus, die zu einer Hyperperfusion der kleinen Gefäße, einem erhöhten hydrostatischen Kapillardruck, einer erhöhten vaskulären Permeabilität und dadurch zu einer Ödembildung in Gehirn, Lunge und Peripherie führen können.
    • Zudem könnte auch eine geringere Steigerung der Atmung mit als ursächlich für die Entwicklung von AMS sein.
    • Da der Kopfschmerz migräneähnlich ist, wird auch eine Aktivierung des trigeminovaskulären Systems als Ursache diskutiert.
      • Mehrere Schädel-MRT-Untersuchungen konnten keine relevante Gehirnschwellung nachweisen.
    • Des Weiteren löst der geringe Sauerstoffpartialdruck Veränderungen der Stoffwechselprozesse, des Hormongleichgewichts, der Hirnfunktionen und der Schlafregulation hervor.
    • Weiterhin kommt es zu Störungen des Elektrolythaushalts und des pH-Werts des Blutes. Dies hat auch Auswirkungen auf die Flüssigkeitsregulation der Nieren und führt ebenfalls zu einem erhöhten Risiko von Ödemen.

    Höhenhirnödem

    • Man geht davon aus, dass die Hypoxie in den zerebralen Gefäßen kompensatorisch zu einer Vasodilatation und damit zu einem Anstieg der Gehirndurchblutung und des zerebralen Blutvolumens führt.
    • Durch diese Hyperperfusion und den erhöhten kapillären Druck erhöht sich die vaskuläre Permeabilität, es kommt zur Leckage und Ödembildung.
    • Im weiteren Verlauf kommt es durch die Hypoxie auch zu einem chemisch induzierten Kapillarleck (mitochondrialen Dysfunktion, Laktatazidose, Freisetzung endothelialer Permeabilitätsfaktoren, O2-Radikalbildung) und so zu einer weiteren Störung der Autoregulation des Gehirns mit zunehmender Gehirnschwellung.
    • Im fortgeschrittenen Stadium werden Zytokine ausgeschüttet, die für das Auftreten von Fieber und die Störung der Blut-Hirn-Schranke verantwortlich sind. Damit ist die Gefäßpermeabilität derart beeinträchtigt, dass neben dem Austreten von Wasser und Proteinen auch Mikrohämorrhagien entstehen können.
    • Es gibt die Theorie, dass sich Hirnödeme bei allen Personen entwickeln, sie jedoch nur bei den Personen zerebrale Symptome der Höhenkrankheit hervorrufen, die die Schwellung im Gehirn nicht ausreichend gut kompensieren können.7

    Höhenlungenödem

    • Die Entstehung ist multifaktoriell.
    • Initialisierend ist wahrscheinlich eine genetisch bedingte überschießende und inhomogene pulmonalarterielle Vasokonstriktion durch die Hypoxie.
    • Durch die hohe Druckbelastung kommt es zu einem mechanischen Permeabilitätsleck und somit zum Flüssigkeitsaustritt in die Alveolen.
    • Desweiteren vermutet man auch eine erhöhte Kapillarpermeabilität, die zum Austritt größerer Moleküle und Zellen führt.
    • Bei besonders anfälligen Personen liegt zudem wahrscheinlich eine Störung des kapillarendothelialen Na-K-Pumpe vor, die für die Wasserverschiebung von den Alveolen ins Interstitium verantwortlich ist.
    • In späteren HAPE-Stadien finden sich pulmonale entzündliche Vorgänge und Hämorrhagien.
    • Eine adrenerge Komponente wie beim neurogenen Lungenödem wird bei HAPE ebenfalls diskutiert.

    Prädisponierende Faktoren

    • Fehlende Akklimatisierung2
    • Die wichtigsten Risikofaktoren sind die Geschwindigkeit des Aufstiegs, die erreichte Höhe, die Höhe, auf der geschlafen wird und individuelle physiologische Merkmale.1
      • Die Geschwindigkeit des Aufstiegs ist von zentraler Bedeutung. In Höhen über 2.000 m steigt das Erkrankungsrisiko, wenn pro Tag mehr als 300–600 m aufgestiegen wird.8
      • Die Höhe, auf der geschlafen wird, spielt eine größere Rolle als die Höhe, die im Laufe des Tages erreicht wird.2
      • Eine gute Kondition schützt nicht vor der Höhenkrankheit. Aber bei starker körperlicher Belastung steigt das Erkrankungsrisiko, verstärkt durch Flüssigkeitsdefizite beim Schwitzen.9 Sportliche Menschen, die sich häufig verausgaben, sind besonders gefährdet.
    • Ist bereits einmal eine Höhenkrankheit oder ein Hirnödem/Lungenödem aufgetreten, spricht dies für eine erhöhte Anfälligkeit und gilt bei späteren Aufenthalten in großer Höhe als Risikofaktor (genetische Prädisposition).
    • Anwendung von Hypnotika (z. B. Schlafmittel, Alkohol9) oder anderen atemhemmenden Medikamenten
    • Andere Erkrankungen, insbesondere Anämien oder chronische Herz- oder Lungenerkrankungen, aber auch Infekte9
    • Ältere Menschen scheinen etwas weniger anfällig für die Höhenkrankheit zu sein als jüngere.
    • Keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern7
    • Kälte ist ein zusätzlicher Risikofaktor.

    Diagnostik

    Diagnostische Kriterien

    • Höhenkopfschmerz
      • Kopfschmerz, der innerhalb von 24 Stunden nach dem Aufstieg auf eine Höhe über 2.500 m auftritt und innerhalb von 8 Stunden nach dem Abstieg wieder abklingt.10
      • Der Kopfschmerz ist nachts/morgens häufig stärker und verschlimmert sich bei Belastung.
    • Akute Bergkrankheit
      • Kopfschmerz und mindestens eines der folgenden Symptome:
        • Appetitlosigkeit, Übelkeit/Erbrechen
        • Müdigkeit/Erschöpfung (Fatigue)
        • Schwindel
        • Schwierigkeiten beim Einschlafen
      • Die Symptome treten 6–12 Stunden nach der Ankunft in der Höhe auf und klingen in der Regel innerhalb von 1–3 Tagen wieder ab.
    • Höhenbedingtes Hirnödem
      • Es kommt fast ausschließlich nach mindestens 48-stündigem Aufenthalt in Höhen > 4 000 m vor.2
      • meist Progression der akuten Bergkrankheit mit Entwicklung von:
        • Bewusstseinstrübung und beeinträchtigter geistiger Leistungsfähigkeit
        • Lethargie, evtl. Stupor
        • Ataxie
        • Kann unbehandelt innerhalb von 24 Stunden zum Koma und zum Tod führen.
    • Höhenbedingtes Lungenödem
      • Entwickelt sich meist nach sehr raschem Aufstieg in Höhen > 4. 000 m in einem Zeitraum von 48–72 Stunden.2
      • Kann ohne vorherige Höhenkrankheit auftreten.
      • vermehrte Atemnot und unverhältnismäßig starke Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit
      • Trockener Husten, der im weiteren Verlauf produktiv wird und blutigen Auswurf produziert.
      • Rasselgeräusche bei der Auskultation
      • Ein Lungenödem in geringer Höhe < 3.000 m sollte an eine vorbestehende Erkrankungen wie (latente) Linksherzinsuffizienz, Lungenembolie oder einseitig fehlender Pulmonalarterie denken lassen.2

    Differenzialdiagnosen

    Anamnese

    • Symptome bei einem Aufenthalt oder einem Aufstieg in große Höhe
      • schneller Aufstieg von einer Höhe unter 1.500 m ü. NN in eine Höhe über 2.500 m ü. NN (meist über 3.500 m ü. NN)
    • Höhenbedingte Kopfschmerzen sind oft das erste und häufigste Symptom.
    • Typischerweise entwickeln sich die Symptome 6–10 Stunden nach der Ankunft, manchmal auch bereits nach 1 Stunde oder erst nach 1 Tag.11

    Akute Bergkrankheit (AMS)

    • Symptome: Kopfschmerz +
      • Übelkeit/Erbrechen, Appetitlosigkeit
      • Müdigkeit/Erschöpfung
      • Schwindel
      • Schlafstörung/ Schlaflosigkeit
      • periphere Ödeme
      • subfebrile Temperaturen bis 38,5°C
      • psychische Veränderungen: Stimmungsschwankungen (Euphorie und Depression), Gedächtniseinschränkungen, Trance und Halluzinationen („man klettert neben sich")
        • Sind neben der Hypoxie der Hyperventilation zuzuschreiben.6
    • Kann sich zu einem Hirnödem (HACE) mit
      • verändertem und beeinträchtigtem Bewusstseinszustand
      • Verwirrtheit
      • Lethargie/Apathie
      • unsicherem Gang (Ataxie) weiterentwickeln.12
    • Das Lungenödem (HAPE) ist die gefährlichste Form und tritt typischerweise am 2. Tag (1–4 Tage) nach der Ankunft in der Höhe auf.
        • Ein HAPE entwickelt sich häufig nach leichteren Symptomen der akuten Bergkrankheit, kann jedoch auch ohne vorherige Warnsymptome auftreten.

    Höhenhirnödem (HACE)

    • Oft im Rahmen einer Zustandsverschlechterung bei einer bereits höhenkranken Person
    • Symptome
      • Verwirrtheit
      • Sehstörungen, Lichtscheu, Nystagmus
      • Motorische Störung, eines der frühesten Anzeichen ist eine Rumpfataxie mit unsicherem Gang und gestörtem Gleichgewicht, Stürzen.
      • Krampfanfälle
      • Halluzinationen13
      • Augenmuskelparesen, Nackensteifigkeit und Pyramidenbahnzeichen mit einer resultierenden kontralateralen Hemiplegie (Hirndruckzeichen/tentorielle Herniation)6
      • Bewusstseinseintrübung: Benommenheit – Lethargie – Koma – Tod
    • Progredienz über einen Zeitraum von Stunden oder Tagen

    Höhenlungenödem (HAPE)

    • Tritt in der Regel in der 2. Nacht, in der sich die Person auf einer neuen Höhe über 3.000 m ü. NN befindet, und nur selten mehr als 4 Tage nach dem Aufstieg auf.
    • Symptome
      • verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit
      • trockener Husten 
      • Dyspnoe, Ruhedyspnoe ist ein ernstes Zeichen.
      • im weiteren Verlauf Zyanose

    Klinische Untersuchung

    • Akute Bergkrankheit
      • Bei leichten Symptomen gibt es keine spezifischen klinischen Befunde.
      • bei mittelschwerer Ausprägung häufig
        • blasse Gesichtsfarbe
        • typisch mitgenommener, mimikarmer Gesichtsausdruck
        • nicht selten periphere Ödeme (Augenlider, Extremitäten)
    • Höhenhirnödem6
      • Eine globale Enzephalopathie führt zu starken Kopfschmerzen, Verwirrtheit, verminderter Ansprechbarkeit bis hin zum Koma, Irritabilität, Ataxie und evtl. Krämpfen.
      • Mögliche fokale Befunde sind Sehstörungen, Photophobie, Papillenödem und Netzhautblutungen.
      • Fieber
      • Augenmuskelparesen, Nackensteifigkeit und Pyramidenbahnzeichen mit einer resultierenden kontralateralen Hemiplegie (Hirndruckzeichen/ tentorielle Herniation)
    • Höhenlungenödem6
      • ausgeprägte und zunehmende Dyspnoe, Tachypnoe, Husten, Druck in der Brust, evtl. auch Zyanose
      • Leistungsabfall
      • häufig subfebrile Temperatur bis 38,5 °C
      • auskultatorisch feinblasige Rasselgeräusche, typischerweise zuerst in der rechten Axilla hörbar, im weiteren Verlauf jedoch bilateral
      • spät im Verlauf evtl. schwere Dyspnoe mit rötlichem, schaumigem Auswurf, Orthopnoe
      • Schwere Hypoxie lässt Patient*innen evtl. unkritisch werden, sodass sie die Gefährlichkeit ihres Zustands nicht erkennen.

    Diagnostik bei Spezialist*innen

    • Lake Louise AMS Score6
      • Scoring-System, das aus 3 Erhebungsabschnitten besteht:
        1. subjektive Beschwerden
        2. objektivierbare Befunde
        3. Funktion.
      • Hierdurch können individuelle Krankheitsverläufe abgeschätzt, dokumentiert und international vergleichbar gemacht werden.
    • Pulsoxymetrie6
      • Hierbei gilt, dass die arterielle Sauerstoffsättigung (Sp02) bei akklimatisierten Bergsteiger*innen um ca. 10 % mehr absinken kann, um die gleiche Symptomatik hervorzurufen wie bei nicht akklimatisierten Personen.
        • keine AMS-Symptomatik Sp02 > 90 % (> 80 % bei Akklimatisation)
        • leichte AMS Sp02 > 80 % (> 70 %)
        • mittelschwere AMS > 70 % (> 65 %)
        • schwere AMS/HACE < 70 % (< 65 %)
    • Glasgow Coma Scale (GCS)
    • Augenhintergrundspiegelung
      • Papillenödem als Hirndruckzeichen
    • EKG
      • Kann Sinustachykardie zeigen, häufig Rechtsherzbelastung, Achsenabweichung nach rechts, Rechtsschenkelblock und P-Wellen-Veränderungen.
    • Röntgenthorax
      • Zeigt typischerweise normal großes Herz, gefüllte Lungenarterien und fleckige Infiltrate, bei leichten Lungenreaktionen in der Regel begrenzt auf den rechten Mittel- und Unterlappen, in schwereren Fällen in beiden Lungenflügeln.
    • Blutgasanalyse
    • cCT oder cMRT
      • Hirnödem, Mikrohämorrhagien

    Therapie

    Therapieziele

    • Vorbeugung der Höhenkrankheit6
    • Ggf. Behandlung der Höhenkrankheit

    Allgemeines zur Therapie

    Optimales Vorgehen

    • Kopfschmerzen ohne sonstige Symptome
      • Können mit Ruhe und leichten Analgetika behandelt werden und lassen bei Zufuhr von Sauerstoff schnell nach.
    • Bei leichten Symptomen der akuten Bergkrankheit sollte der Aufstieg unterbrochen werden, um eine Akklimatisierung zu erreichen.
      • Die meisten Betroffenen erholen sich ohne Abstieg innerhalb von 24–48 Stunden, körperliche Belastung sollten sie jedoch vermeiden.7
      • Kältestress vermeiden, warme Getränke zuführen und ausreichend warme (und trockene) Kleidung anziehen.
      • Bewusste Hyperventilation kann die Sauerstoffversorgung verbessern.
      • Verzicht auf alkoholische Getränke und zentral wirksame Analgetika oder Schlafmittel6,14
      • Nach Abklingen der akuten Bergkrankheit sollte ein weiterer Aufstieg mit großer Vorsicht, evtl. auch unter prophylaktischer Anwendung von Azetazolamid, geschehen.
      • Der Abstieg wird empfohlen, wenn sich die Symptome verschlimmern oder trotz adäquater Behandlung mehr als 1–2 Tage anhalten.
    • Abstieg
      • Patient*innen, die nicht auf die medizinische Behandlung ansprechen, sollten in eine tiefere Lage gebracht werden.
      • Schwere Symptome sind lebensbedrohlich, sodass die Betroffenen dringend auf eine tiefere Lage transportiert werden müssen.
      • Ein Ausfliegen aus dem Gebirge gelingt oft nicht, denn die Rettung dauert häufig zu lang, der Standort der Betroffenen ist oft schwer zu ermitteln, zudem kann der Rettungshubschrauber oft nicht an der entsprechenden Stelle landen.9

    Verschiedene therapeutische Strategien

    • Der Abstieg und evtl. die zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff sind die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen.
      • Bei mittelschwerer Höhenkrankheit sollte bevorzugt abgestiegen werden. Dies ist wirksamer als die Zufuhr von Sauerstoff.11
        • Abstieg, bis die Symptome nachlassen, 300–1.000 m sind in der Regel ausreichend.
        • Schwere/lebensbedrohliche Höhenkrankheit erfordert weitere Behandlung (s. u.).
        • Betroffene sollten auf dem Abstieg begleitet werden.
    • Die Zufuhr von ausreichend Sauerstoff, um eine kapilläre Sättigung von über 90 % zu erreichen, kann eine brauchbare Alternative zum Abstieg sein, wenn dieser aus praktischen Gründen nicht möglich ist.1
      • Der Sauerstoff wird per Maske oder Nasenbrille verabreicht, und die Sauerstoffsättigung ist zu überwachen.
        • Aufenthalte in Sauerstoff-Bars werden zur Behandlung der Höhenkrankheit nicht empfohlen.
    • Mobile Überdruckkammer1
      • Ein simulierter Abstieg mithilfe einer mobilen Überdruckkammer ist ebenfalls eine wirksame Maßnahme, erfordert jedoch eine kontinuierliche Beaufsichtigung und gestaltet sich bei klaustrophobischen Personen und Patient*innen, die sich erbrechen, schwierig.
      • Diese Maßnahme wird empfohlen, wenn Abstieg und Sauerstofftherapie nicht möglich sind.
        • Eine solche Behandlung sollte nicht durchgeführt werden, wenn sie den notwendigen Abstieg verlangsamt, in manchen Fällen kann sie jedoch zu einer vorübergehenden Besserung führen, die den Abstieg erleichtert.
      • praktische Durchführung der Behandlung
        • Die Patient*innen werden in 30-Grad-Oberkörperhochlagerung nach einem Valsalva-Manöver in einen nahezu luftdichten Kunststoffsack gelegt, der kontinuierlich aufgepumpt wird, sodass der Luftdruck in der Kammer höher ist als der Luftdruck außerhalb der Kammer.
        • Auf diese Weise kann ein Abstieg um bis zu 2.500–3.000 m simuliert werden.
        • Eine Stunde der Behandlung lindert die Symptome, nach ca. 12 Stunden können sie jedoch zurückkehren.5
    • Medikamentöse Therapie
      • Wenn die o. g. Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen, kommt der medikamentösen Therapie eine entscheidende Bedeutung zu. Die Medikamente werden verabreicht, bis die Symptome verschwinden.
      • Azetazolamid ist das bevorzugte Medikament (außer bei HAPE).
      • Dexamethason wird angewendet, wenn Azetazolamid nicht toleriert wird.5
        • Wenn Azetazolamid prophylaktisch angewendet wurde, kann es nicht zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden.
        • Für Azetazolamid wird eine maximale Dosierung von 2 x 250 mg empfohlen (2,5 mg/kg bei Kindern).
        • Dexamethason 4 x 4 mg
        • Es besteht die Möglichkeit, Azetazolamid und Dexamethason gleichzeitig zu verabreichen.

    Akklimatisierung

    • Eine Akklimatisierung, d. h. dem Körper beim Aufstieg Zeit zu geben, sich an die zunehmende Höhe anzupassen, kann das Risiko der Höhenkrankheit senken.
      • Das Risiko, eine akute Höhenkrankheit zu entwickeln, sinkt, wenn vor Beginn des Aufstiegs in problematische Höhen 6–7 Tage zwischen 2.200 und 3.000 m verbracht werden.1
        • Inwieweit sich auch kürzere Aufenthalte und Aufenthalte in niedrigeren Höhen (z. B. 1.500 m) positiv auswirken, ist nicht geklärt.
    • Es muss langsam aufgestiegen und auf verschiedenen Höhenniveaus eine Akklimatisierung vorgenommen werden.15
      • In Höhen über 3.000 m sollte die Höhe, auf der geschlafen wird, pro Tag nicht um mehr als 500 m steigen.
        • Häufig wird geraten, in Höhen über 3.000 m nicht um mehr als 300 m pro Tag aufzusteigen und pro 1.000 m Aufstieg einen Ruhetag einzulegen.7,10
    • Falls das Risiko besteht, eine Höhenkrankheit zu entwickeln, sollten große Belastungen vermieden werden.
    • Es ist wichtig, viel zu trinken, mindestens 3–4 Liter pro Tag. Alkohol muss gemieden werden.
    • Unterkühlung sollte vermieden werden.

    Medikamentöse Therapie

    Akute Bergkrankheit

    • Leichte AMS
      • Kopfschmerzen
        • NSAR, z. B. mit 400 mg Ibuprofen (max. 4/d) – oder –
        • 500–1.000 mg Paracetamol (max. 4 g/d) p. o.16-17
      • Übelkeit und Erbrechen
        • Metoclopramid 10 mg p. o. (max. 4/d)
        • Domperidon 10 mg p.o. (max. 8 x/d)
      • Azetazolamid
        • Fördert die Akklimatisierung und lindert die Symptome bei leichter Bergkrankheit (AMS).1,11
        • Dosierung: 2 x tgl. 250 mg (Kinder: 2,5 mg/kg, max. Dosis 125 mg)
        • Nicht indiziert, wenn Azetazolamid prophylaktisch angewendet wurde.
        • Personen, die leichte Symptome der Höhenkrankheit entwickelt haben, sollten prophylaktisch Azetazolamid einnehmen, wenn sie nach Abklingen der Symptome den Aufstieg fortsetzen wollen.
        • Teilweise wird die Anwendung kontrovers diskutiert.
          • erhöhte Thrombosegefahr durch diuretische Wirkung
          • potenzielle Gefahr der Verschlechterung von HACE und HAPE durch verstärkte Hyperkapnie durch Hemmung der Bikarbonatrückresorption2,6,18
    • Schwere AMS
      • Dexamethason
        • Lindert die Symptome bei schwerer AMS und HACE, fördert jedoch nicht die Akklimatisierung.
        • Dosierung: 4-8 mg alle 6 Stunden p. o.
        • vermutlich bessere Therapieoption als Azetazolamid18

    Höhenhirnödem (HACE)

    • Der sofortige Abstieg um 500–1.000 m  ist die wichtigste Maßnahme.
    • Sauerstofftherapie, evtl. CPAP oder O2 per Maske
      • 2–4 l Sauerstoff/min
    • Kortikosteroid
      • Dexamethason
        • Laut Fachliteratur gibt es zu der Dosierung unterschiedliche Empfehlungen: 4 mg Dexamethason i. v. alle 6 h2 oder zu Beginn 8 mg Dexamethason oral (i. m./i. v. off label), danach 4 x 4 mg/d oral.18
      • alternativ 40 mg Methylprednisolon als Tbl./Inj., danach 4 x 20 mg
    • Azetazolamid?
      • Ist eine Option, wenn es nicht zuvor schon angewendet wurde, wirkt jedoch langsamer und erst nach 12–24 Stunden.

    Höhenlungenödem (HAPE)

    • Ein Abstieg um mindestens 610 m ist die wichtigste Maßnahme (mit einem Fahrzeug oder durch Tragen).
    • Sauerstoffzufuhr + Abstieg in der frühen Phase
      • Kann zur Rückbildung des Lungenödems führen.
      • 4–6 l Sauerstoff/min bis zur Besserung, dann 2–4 l/min
      • hyperbare Sauerstofftherapie (mobile Überdruckkammer)
        • EPAP und CPAP haben keinen dokumentierten Zusatznutzen gegenüber der Zufuhr von Sauerstoff auf gewöhnliche Weise, können jedoch versuchsweise als ergänzende Therapie eingesetzt werden.1
    • Kalziumantagonist (Nifedipin) (1.Wahl)
      • Senkt den arteriellen Druck in den Lungengefäßen und verbessert den Sauerstoffgradienten zwischen Alveolen und Blutgefäßen.18
      • Kann nützlich sein, wenn Abstieg und Sauerstofftherapie nicht möglich sind, oder auch während des Abstiegs.
      • Wird alle 12 Stunden als Retardtablette à 30 mg verabreicht (Off-Lable-Use).
    • Phosphodiesterase-Hemmer1
      • Tadalafil oder Sildenafil ist eine mögliche Alternative, wenn Nifedipin nicht verfügbar ist.
        • Tadalafil/Sildenafil und Nifedipin sollten nicht miteinander kombiniert werden, da dies zu einem starken Blutdruckabfall führen kann.
    • Die Gabe eines Kortikosteroids bei schwerem HAPE ist nicht mit Risiken verbunden (Ia).19
      • Kortikosteroid (Dexamethason)1
        • Dexamethason kann für die HAPE-Therapie relevant sein, doch die Wirkung ist nicht durch Studien belegt.
        • Sollte bei gleichzeitigem HACE-Verdacht angewendet werden.
    • Azetazolamid1
      • Sollte nicht zur Behandlung eines HAPE angewendet werden.

    Prävention

    • Langsamer Aufstieg1,9
      • Ab 2.500 m Höhe nicht mehr als durchschnittlich 400–600 m täglich aufsteigen.
      • Möglichst in niedrigen Höhenlagen schlafen (Hoch steigen, tief schlafen).
      • Schlafplätze in zwei drauffolgenden Nächten über 3.000 m sollten nicht mehr als 300 Höhenmeter auseinander liegen.
      • Alle 3 Tage oder alle 1.000 Höhenmeter einen Ruhetag einlegen.
      • Rasche, motorisierte Aufstiege auf dem Land- oder Luftweg auf über 3.500 m Höhe (Hubschrauber, Bergbahn etc.) vermeiden.
      • In den ersten Tagen nach Ankunft in großer Höhe körperliche Aktivitäten auf ein Minimum reduzieren.
      • Zur Eingewöhnung kann eine Woche auf etwa 3.000 m hilfreich sein, bevor man weiterzusteigt.
      • Wenn der Aufstieg in der empfohlenen Geschwindigkeit erfolgt, hat eine medikamentöse Prophylaxe keinen Nutzen.
    • Indikation2
      • Eine medikamentöse Prophylaxe ist bei Personen mit geringem Risiko für die Höhenkrankheit nicht notwendig, bei Personen mit mittlerem oder hohem Risiko sollte sie jedoch in Betracht gezogen werden.
        • Ein langsamerer Aufstieg ist eine bessere präventive Maßnahme.

    Medikamentöse Prävention von akuter Höhenkrankheit und HACE

    • Zur Prävention der Höhenkrankheit werden vor allem Azetazolamid (1. Wahl) oder Dexamethason empfohlen.
      • Die Anwendung erfolgt jeweils als Off-Label-Use.9
    • Bei Reisen in höher gelegene Gebiete, bei denen die Person in der Höhe bleibt, kann die prophylaktische Behandlung nach 3 Tagen ohne Symptome beendet werden.4
      • Wenn der Aufstieg außergewöhnlich schnell war, kann die prophylaktische Behandlung bis 4 Tage nach Ankunft am Reiseziel fortgesetzt werden (für diese Empfehlung gibt es keine wissenschaftliche Grundlage).1
      • In Fällen, in denen die Person nicht in der Höhe bleibt, kann die prophylaktische Behandlung beendet werden, wenn mit dem Abstieg begonnen wird.
    • Azetazolamid: 2 x 125 mg20
      • Die prophylaktische Behandlung sollte möglichst 1–2 Tage vor dem Aufstieg beginnen.18
      • Führt durch vermehrte renale Bicarbonatausscheidung zu einer azidosegetriggerten Hyperventilation mit Erhöhung der Sauerstoffsättigung.
        • Manchmal können starke allergische Reaktionen auftreten, weshalb die Einnahme einer Probedosis zu Hause empfohlen werden sollte.
          • Kontraindikation: Sulfonamidallergie18
        • Weitere Nebenwirkungen sind Kribbelparästhesien und eine gestörte Geschmacksempfindung von kohlensäurehaltigen Getränken.2
      • Cave: Keine Prophylaxe für HAPE!
      • Höhere Dosierungen haben keinen zusätzlichen Nutzen, und aktuelle Studien (2020) deuten darauf hin, dass eine weitere Halbierung der Dosis (62,5 mg) nicht zu einem Verlust an Wirkung führt, sondern lediglich zu weniger Nebenwirkungen.21
      • Die Einnahme von Azetazolamid wird beendet, wenn mit dem Abstieg begonnen wird.
      • Wenn während des Aufstiegs Symptome der Höhenkrankheit auftreten und der Aufstieg für eine Akklimatisierung unterbrochen wird, sollte die Prophylaxe mit Azetazolamid beginnen, bevor der Aufstieg fortgesetzt wird.
    • Dexamethason wirkt präventiv gegen die Höhenkrankheit. Bei Erwachsenen mit mittlerem bis hohem Risiko, eine Höhenkrankheit zu entwickeln, ist es eine Alternative zu Azetazolamid bei Unverträglichkeit.1
      • Die empfohlene Dosierung beträgt bei Erwachsenen 2 mg alle 6 Stunden oder 4 mg alle 12 Stunden.
        • nicht zur Prophylaxe bei Kindern empfohlen
      • Hohe Dosierungen (bis zu 4 mg alle 6 Stunden) werden nur als Notlösung empfohlen, z. B. bei Rettungseinsätzen o. Ä., wenn kurz nach einem schnellen Aufstieg starke körperliche Belastungen zu erwarten sind.
      • erhöhtes Risiko einer Nebennierensuppression
        • Dauert die Behandlung mehr als 5 Tage, wird eine schrittweise Reduktion der Dosis empfohlen.2
    • Ibuprofen1,22-23
      • Ibuprofen wirkt präventiv gegen die Höhenkrankheit, doch die Wirkung ist nicht mit der von Azetazolamid und Dexamethason vergleichbar. Es ist eine Alternative, wenn die empfohlene Behandlung nicht möglich ist.24
      • Dosierung: 3 x 600 mg
    • Medikamente, die zu präventiven/therapeutischen Zwecken erprobt wurden, jedoch nicht empfohlen werden:1
      • Ginkgo biloba
      • Budesonid zur Inhalation
      • Paracetamol
      • Kokablätter, -tee oder andere Derivate
      • Antioxidanzien
      • Sumatriptan
      • Diuretika.

    Medikamentöse Prävention von HAPE

    • Eine prophylaktische Behandlung gegen HAPE wird bei gefährdeten Personen empfohlen.
      • Alle Personen, die bereits einmal ein Höhenlungenödem entwickelt haben, sollten eine Prophylaxe erhalten.
    • Nifedipin
      • Wirkt präventiv gegen das Höhenlungenödem (HAPE) und ist die 1. Wahl.
      • empfohlene Dosierung: 2 x 30 mg
      • Behandlungsbeginn 24 Stunden vor dem Aufstieg und Behandlungsende nach 5 Tagen auf der gewünschten Höhe
    • Dexamethason
      • empfohlene Dosierung: 2 × 8 mg/d2
      • Kann das Auftreten eines Höhenlungenödems verhindern, wenn damit mindestens 24 h vor Höhenexposition begonnen wird.
    • Tadalafil und Sildenafil
      • Wurden zur HAPE-Prophylaxe vorgeschlagen, doch die Wirkung ist nicht gut belegt.16
        • Senken den Druck in den Lungenarterien.
      • Tadalafil
        • empfohlene Dosierung: 2 x 10 mg17
      • Sildenafil
        • empfohlene Dosierung: 3 x 50 mg4

    Verlauf, Komplikationen und Prognose

    Verlauf

    • Leichte Beschwerden klingen meist innerhalb von 24–48 Stunden nach Unterbrechung des Aufstiegs ab. Die Übernachtung sollte auf der gleichen Höhe wie in der Nacht zuvor stattfinden.
    • Nur ein kleiner Teil der Personen mit leichter bis mittelschwerer Höhenkrankheit (8 % auf 4.200 m ü. NN) entwickeln schwere, lebensbedrohliche Formen.
    • Bei schwerer Höhenkrankheit mit Bewusstseinsstörungen oder Lungenödem besteht Lebensgefahr. Betroffene Personen müssen auf eine niedrigere Höhe gebracht werden und benötigen eine intensive Therapie.
      • Ohne adäquate Therapie ist der Verlauf des Höhenhirnödems letal. Der Tod kann innerhalb von 24 Std. durch Einklemmung des Hirnstammes als Folge der Hirnschwellung auftreten.2
      • Die Letalität beträgt auch bei korrekter Therapie noch ca. 40 %.25

    Komplikationen

    • Die schweren Formen können tödlich verlaufen.
      • Lungenödeme (HAPE) sind für die meisten Todesfälle infolge der Höhenkrankheit verantwortlich.
      • Die zweite typische Todesursache sind zerebrale Herniationen infolge eines HACE.

    Prognose

    • Bei Personen, bei denen bereits einmal eine Höhenkrankheit aufgetreten ist, besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, dass es erneut zu einer solchen Reaktion kommt.
    • Dies gilt insbesondere für Höhenlungenödeme. Hier sollten bei späteren Aufstiegen präventive Maßnahmen (Nifedipin) in Betracht gezogen werden.

    Patienteninformationen

    Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

    • Eine höhenmedizinische Beratung beinhaltet:2
      • die Abschätzung des Risikos für Höhenkrankheiten
      • das Erkennen kardiopulmonaler Grunderkrankungen und die Einschätzung deren Bedeutung für eine Höhenexposition
        • Insgesamt gute Toleranz in moderater Höhe bei kardiopulmonal erkrankten Patient*innen, die oligo- oder asymptomatisch, stabil und adäquat behandelt sind.
        • Kontraindikationen für den Aufenthalt in moderater Höhe
        • Die Patient*innen sollten sich körperlich schonen, bis die Sauerstoffversorgung durch die Akklimatisation relevant verbessert ist, was in moderater Höhe nur 2–3 Tage dauert.
          • Dies gilt z. B. auch für Skifahrer*innen, die sich nur tagsüber zum Skifahren in 2.000–3.000 m aufhalten.
          • Siehe auch Abschnitt Akklimatisierung.
          • Bei Höhenexpositionen > 3.000 m bei vorbestehenden Erkrankungen ist eine Beratung durch Spezialist*innen mit profunden Kenntnissen auf diesem Fachgebiet sinnvoll.
      • die Beurteilung der Leistungsreserve im Hinblick auf Höhe und geplante Aktivität
        • Sportanamnese unter Berücksichtigung der höhenbedingten Leistungsminderung
          • Zur Abschätzung gilt, wer in den Alpen zwischen 2.500 und 3.000 m beschwerdefrei mehrstündige Wanderungen in üblicher Zeit unternehmen kann, wird solche Belastungen auch eine Etage höher beim Trekking schaffen.
        • ggf. Spiroergometrie bei Unsicherheit
      • die Information der Patient*innen über Höhenkrankheitssymptome und deren Behandlung.

    Patienteninformationen in Deximed

    Quellen

    Literatur

    1. Luks AM, Auerbach PS, Freer L, et al. Wilderness Medical Society Clinical Practice Guidelines for the Prevention and Treatment of Acute Altitude Illness: 2019 Update. Wilderness Environ Med. 2019;30(4S):S3‐S18. doi:10.1016/j.wem.2019.04.006 DOI
    2. Schommer, Kai, Bätsch, Peter. Basisiwissen für höhenmedizinische Beratung. Deutsches Ärzteblatt 2011; 49: 839-48. doi:10.3238/arztebl.2011.0839 DOI
    3. Maggiorini M, Buhler B, Walter M, et al. Prevalence of acute mountain sickness in the Swiss Alps. BMJ 1990;301:853-855. British Medical Journal
    4. Norsk legemiddelhåndbok. G28.2 Høydemedisin-akutt høydesyke. Nettsiden besøkt 26.05.20. www.legemiddelhandboka.no
    5. Gallagher SA, Hackett P. Acute mountain sickness and high altitude cerebral edema. UpToDate, last updated Jun 25, 2018. UpToDate
    6. SGGM Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin, Akute Höhenkrankheit, syn. AMS (Acute Mountain Sickness). www.sggm-ssmm.ch
    7. Hackett PH, Roach RC. High-altitude illness. N Engl J Med 2001; 345: 107-14. PubMed
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    9. Auswärtiges Amt, HÖHENKRANKHEIT, Informationen für Beschäftigte und Reisende, Stand: 02/2019 www.auswaertiges-amt.de
    10. Imray C, Booth A, Wright A, Bradwell A. Acute altitude illnesses. Clinical review. BMJ 2011; 343: d4943. BMJ (DOI)
    11. Rostrup M. Reiser til de store høyder - akutt høydesyke. Tidsskr Nor Lægeforen 2002; 122: 1692-4. PubMed
    12. Bird BA, Wright AD, Wilson MH, et al. High altitude ataxia--its assessment and relevance. Wilderness Environ Med 2011; 22: 172-6. pmid:21664562 PubMed
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    14. Roeggla G, Roeggla H, Roeggla M, Binder M, Laggner AN. Effect ofg alcohol on acute ventilatory adaptation to mild hypoxia at moderate altitude. Ann Intern Med 1995; 122: 925-7. PubMed
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    18. Ulrike Wagner, HÖHENKRANKHEIT, Eile ist der größte Risikofaktor, Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 11, 2002. www.pharmazeutische-zeitung.de
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    22. Harris NS, Wenzel RP, Thomas SH. High altitude headache: efficacy of acetaminophen vs. ibuprofen in a randomized, controlled trial. J Emerg Med. 2003;24(4):383‐387. doi:10.1016/s0736-4679(03)00034-9 DOI
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    25. SGGM Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin, Höhenhirnödem, syn. HACE (High Altitude Cerebral Edema). www.sggm-ssmm.ch

    Autor*innen

    • Kristine Scheibel, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Norderney
    • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
mountain sickness; Høydesyke
mountain sickness; Høydesyke
mountain sickness; Høydesyke
Niedriger Sauerstoffpartialdruck; Höhe; Höhenkopfschmerz; Akute Höhenkrankheit; Akute Bergkrankheit; Acute mountain sickness; Höhenhirnödem; High-altitude cerebral edema; HACE; Höhenlungenödem; High-altitude pulmonary edema; HAPE; Hypoxie; Höhenbedingtes Hirnödem; Höhenbedingtes Lungenödem; Höhenakklimatisierung; Akklimatisierung
Höhenkrankheit
U-NH 12.04.18
BBB MK 09.12.2020 revidiert nach Übersetzung. Revision at 30.06.2015 09:13:54: Noen justeringer under terapi. Acetazolamid foretrekkes som forebyggende middel. Revision at 21.09.2011 12:40:58: Mer detaljert om de ulike formene for høydesyke. Oversiktsartikkel i BMJ. Chck go 3.5.
document-disease document-nav document-tools document-theme
Definition:Erkrankung aufgrund mangelnder Anpassung an den niedrigen Sauerstoffpartialdruck in großen Höhen. Häufigkeit:Kann bei Aufenthalten in Höhen von über 2.000 m auftreten, Inzidenz nimmt mit Höhe und Geschwindigkeit des Aufstiegs zu.
Reisemedizin/Impfungen
Höhenkrankheit
/link/7508408614af41fd9205573b3e6471ba.aspx
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Höhenkrankheit
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