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Osteochondrom

Zusammenfassung

  • Definition:Häufigster benigner Knochentumor mit charakteristischem gestielten Aufbau mit Knorpelkappe in der Nähe der Wachstumsfuge.
  • Häufigkeit:Prävalenz von 1–2 % der Allgemeinbevölkerung, Entstehung in Wachstumsphase im Kinder- und Jugendalter.
  • Symptome:Häufig asymptomatischer Zufallsbefund. Bei mechanischer Kompression von Weichteilen, Nerven oder Gefäßen Symptome möglich.
  • Befunde:Manchmal tastbare, harte Schwellung.
  • Diagnostik:Röntgen, bei Unsicherheit bezüglich der Diagnose MRT.
  • Therapie:Nur bei klinisch relevanter Symptomatik Resektion notwendig. Bei multipler Form prophylaktische Resektion um Fehlwachstum der Extremitäten vorzubeugen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Synonym: osteokartilaginäre Exostose
  • Häufigster gutartiger Knochentumor mit solitärem Auftreten, der mit gestielter Knorpelkappe der Oberfläche des Knochens aufsitzt.1-2
    • Abzugrenzen von der generalisierten Form, der sog. multiplen Exostosenerkrankung (syn. hereditäre Osteochondromatosis).2
  • Meistens asymptomatischer Zufallsbefund, je nach Lokalisierung und Größe sind mechanische Probleme möglich.3-4
  • Typischerweise Auftreten metaphysär in Nähe der großen Wachstumsfugen des distalen Femurs, der proximalen Tibia und des proximalen Humerus, aber auch im Beckenskelett und an Scapula möglich2
    • begründet in postulierter Herkunft als versprengte Wachstumskeime der Wachstumsfugen
  • In Einzelfällen maligne Entartung zu sekundärem Chondrosarkom5

Häufigkeit

  • Keine genauen Angaben zur Prävalenz
  • Vermutlich bei 1–2 % der Allgemeinbevölkerung bei radiologischer Untersuchung solitäres Osteochondrom nachweisbar6
  • Macht etwa 20–50 % aller gutartigen Knochentumoren aus.6
  • Am häufigsten bei Patient*innen < 20 Jahre diagnostiziert, bei Jungen 3-mal so häufig wie bei Mädchen1

Ätiologie und Pathogenese

  • Genaue Ätiologie unklar
  • Populärste Hypothese6
    • Teil der Wachstumsfuge durchbricht Periost und wächst ungehemmt weiter, meist im Bereich der Metaphyse.
    • Daher Auftreten bei allen Knochen möglich, die enchondrale (knorpelige) Knochenbildung durchlaufen.
    • In der Regel stielförmiges Wachstum mit Knorpelkappe, das mit der Skelettreife aufhört.
  • Genetische Komponente6
    • Nachweis von Mutation im Gen Exostosin 1

Multiple Osteochondrome

  • Seltene (Inzidenz 1:50.000–1:100.000) autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit Funktionsverlust der Tumorsuppressorgene Exostosin 1 und 2 durch Mutation6
    • multiple Osteochondrome mit teilweise schweren Knochendeformitäten

Prädisponierende Faktoren

  • Genetische Prädisposition (Mutation im Gen Exostosin 1)6

ICPC-2

  • L97 Neubild. muskuloskelet. gutart. n.s.

ICD-10

  • D16 Gutartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels
    • D16.0 Skapula und lange Knochen der oberen Extremität
    • D16.1 Kurze Knochen der oberen Extremität
    • D16.2 Lange Knochen der unteren Extremität
    • D16.3 Kurze Knochen der unteren Extremität
    • D16.4 Knochen des Hirn- und Gesichtsschädels
    • D16.5 Unterkieferknochen
    • D16.6 Wirbelsäule
    • D16.7 Rippen, Sternum und Klavikula
    • D16.8 Knöchernes Becken
    • D16.9 Knochen und Gelenkknorpel, nicht näher bezeichnet

ICD-10 Allgemeinmedizin

  • D16- Gutartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Oft radiologischer Zufallsbefund
  • Pathognomonischer Befund im Röntgenbild2
    • zweigeteilter Aufbau
      • knöcherner röntgendichter Anteil entweder breitbasig (sessil) oder gestielt aus regulärem Markraum hervorgehender Knochenanbau
      • kontinuierlicher Übergang der Spongiosabälkchenstruktur in knöcherne Tumorbasis unter Unterbrechung der regulären Kortikalis
  • Beurteilung der Knorpelkappe in der MRT

Differenzialdiagnosen

  • Andere gutartige Knochentumoren
  • Knochenzysten
  • Maligne Knochentumoren
  • Maligne Transformation im Chondrosarkom2
    • klinisch verdächtig: erneutes Wachstum eines bekannten Osteochondroms nach Abschluss des Längenwachstums
      • Anlass für dringliche weitergehende Diagnostik
    • Die Beurteilung der Knorpelkappe in der MRT ist ein wesentlicher Parameter der Dignitätsbeurteilung.
      • suspekt: Knorpelkappendicke > 3 cm oder inhomogene oder zelldichtere Strukturen abweichend von der regulären homogenen Knorpelmatrix
    • bei Verdacht auf sekundäre Malignisierung
      • offene Biopsie

Anamnese

  • Auftreten im Wachstumsalter bei Kindern und Jugendlichen, oft asymptomatischer Zufallsbefund in der Bildgebung
  • In einigen Fällen durch Haut tastbare Verhärtung
    • am häufigsten an Femur, Tibia und Humerus
  • Manchmal Schmerzen
    • durch mechanischen Druck auf darüber liegendes Weichteilgewebe
  • Parästhesien oder periphere Durchblutungsstörungen durch Kompression von Nerven oder Gefäßen

Klinische Untersuchung

  • Häufig ohne Befund
  • Bei größeren Exostosen sicht- und/oder tastbare Schwellung

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Es ist keine spezielle Untersuchung angezeigt.

Diagnostik bei Spezialist*innen

Bilddiagnostik

  • Röntgen
  • MRT
    • bei Unsicherheit bezüglich der Diagnose und/oder Verdacht einer malignen Transformation
    • Dient zur Bestimmung der Knorpelkappendicke (normwertig bis 3 cm).2

Indikationen zur Überweisung

  • Bei allen Befunden, die nicht den charakteristischen radiologischen Aufbau aufzeigen, Überweisung zur Zweitmeinung an spezialisiertes Sarkomzentrum.2

Therapie

Therapieziele

  • Komplikationen verhindern.
  • Maligne Entartung rechtzeitig erkennen.
  • Resektion bei relevanter klinischer Symptomatik oder vor allem bei multipler Form auch prophylaktisch, um Fehlwachstum der Extremitäten vorzubeugen.2

Allgemeines zur Therapie

  • Primäre Resektion nur bei radiologisch eindeutig pathognomonischen Befunden
  • Bei unklaren Befunden zunächst Biopsie
  • Indikationen zur Resektion2
    • Gefäß-/Nervenkompression
    • Schmerzen
    • Prophylaktische Resektion bei
      • sehr jungen Patient*innen, bei denen mit deutlichem Größenprogress des Osteochondroms im Rahmen der Skelettreife zu rechnen ist.
      • Lokalisation in Gelenknähe oder knöchernen Deformierungen, um Bewegungseinschränkungen zu verhindern.
    • relative Indikation: kosmetische Beeinträchtigung

Medikamentöse Therapie

  • Keine medikamentöse Therapie möglich

Chirurgische Therapie

  • Operatives Vorgehen: Exostosenabtragung in toto an der Basis des Tumors mit vollständiger Entfernung aller Knorpelanteile, um ein Rezidiv zu verhindern.2

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Wachstum des Osteochondroms bis zur Skelettreife der Betroffenen

Komplikationen

  • Komplikationen häufiger bei multiplen kartilaginären Exostosen
  • Deformitäten (kosmetische und ossäre), Frakturen, vaskuläre Störungen, neurologische Symptome und vor allem maligne Transformation
    • In seltenen Fällen ist eine Entartung zu einem Chondrosarkom möglich.5
      • bei multipler Exostosenerkrankung 5–8 % auf Lebenszeit gesehen2
      • bei solitärem Osteochondrom < 1 %2
  • Die häufigste postoperative Komplikation ist eine Hämatombildung aufgrund der z. T. sehr großen freiliegenden Spongiosafläche, insbesondere bei breitbasigen Ostechondromen.2

Prognose

  • Beim solitären Osteochondrom ist die Prognose sehr gut, und häufig sind keine Interventionen notwendig.
  • Lokalrezidivrate nach vollständiger Abtragung < 2 %1
    • Ausheilung des Knochendefekts in der Regel innerhalb von 4–6 Wochen mit anschließend vollständiger Belastungsmöglichkeit2

Verlaufskontrolle

  • Beim solitären Osteochondrom ist eine Verlaufskontrolle nur bei neuen Beschwerden nötig.1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Kartilaginäre Exostose.png
Osteochondrom der proximalen Tibia rechts

Quellen

Literatur

  1. Dickey ID. Solitary Osteochondroma. Medscape, last updated Aug 12, 2019. emedicine.medscape.com
  2. Nottrott M, Hardes J, Guder W et al. Therapiekonzepte bei kartilaginären Exostosen. Orthop. Rheuma 2020; 23: 31-15. link.springer.com
  3. Chin KR, Kharrazi FD, Miller BS, Mankin HJ, Gebhardt MC: Osteochondromas of the distal aspect of the tibia or fibula. Natural history and treatment. J Bone Joint Surg Am 2000; 82: 1269-78. PubMed
  4. Robbin MR, Murphey MD: Benign chondroid neoplasms of bone. Semin Musculoskelet Radiol 2000; 4: 45-58. PubMed
  5. Staals EL, Bacchini P, Mercuri M, Bertoni F. Dedifferentiated chondrosarcomas arising in preexisting osteochondromas. J Bone Joint Surg Am. 2007 May. 89(5):987-93. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Alabdullrahman LW, Byerly DW. Osteochondroma. StatPearls [Internet] 2021. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
D16; D160; D161; D162; D163; D164; D165; D166; D167; D168; D169
eksostose; exostose; exostos; l97 benign / ospec.muskuloskeletal tumör; Osteokondrom; osteochondrom; osteocartilaginär
L97
Gutartiger Knochentumor; Tumor der Knochen; Ekchondrom; Kartilaginäre Exostose; Chondrosarkom; Entwicklungsstörunge des Knorpelgewebes; Knochenauswuchs
Osteochondrom
BBB MK 08.06.2021 umgeschrieben, neue Literatur (AiW Ortho). chck go 12.4.
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Definition:Häufigster benigner Knochentumor mit charakteristischem gestielten Aufbau mit Knorpelkappe in der Nähe der Wachstumsfuge. Häufigkeit:Prävalenz von 1–2 % der Allgemeinbevölkerung, Entstehung in Wachstumsphase im Kinder- und Jugendalter.
Orthopädie/Unfallchirurgie
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