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Humerusfraktur, proximale

Zusammenfassung

  • Definition: Frakturen im proximalen Humerusbereich.
  • Häufigkeit: Machen ca. 5 % aller Frakturen aus.
  • Symptome: Sturz auf den ausgestreckten Arm. Typisch sind Schulterschmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkung.
  • Befunde: Schmerzen, Schwellung, Hämatom an der Schulter Unfähigkeit, den Arm zu heben.
  • Diagnostik: Röntgen, ggf. CT.
  • Therapie: Ca. 85 % aller proximalen Humerusfrakturen werden konservativ behandelt.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Schulterfraktur
  • Frakturen im proximalen Humerusbereich werden nach ihrer Lokalisation in 4 Untertypen eingeteilt:1
    1. Fraktur im Gelenksegment: Führt zu Durchblutungsstörungen und einem erhöhten Risiko einer avaskulären Nekrose.
    2. Tuberculum minor
    3. Tuberculum major
    4. Collum chirurgicum.
  • Tritt vor allem in höherem Alter auf. Die Häufigkeit nimmt parallel zur Anzahl älterer Menschen in der Bevölkerung zu.
  • Die Oberarmkopffraktur beim Erwachsenen wird als Indikatorfraktur für Osteoporose angesehen.2

Häufigkeit

  • Machen ca. 5 % aller Frakturen aus.
  • Bei Kindern ca. 4 % aller Extremitätenfrakturen.3
  • Die häufigste proximale Humerusfraktur ist die Fraktur des Collum chirurgicum.
    • Tritt in der Regel bei Osteoporose-Patienten als Niedrigenergiefraktur auf.

Ätiologie und Pathogenese

  • Sturz auf den ausgestreckten Arm ist die häufigste Verletzungsursache.
  • Bei älteren Menschen oft auch als Niedrigenergieverletzung mit geringem Trauma.
  • Bei dislozierten Frakturen dieses Typs kommt es zur Bildung eines spitzen Winkels und einer medialen Verschiebung des Schaftes durch den Zug des M. pectoralis major.
  • Bei Kindern auch als Geburtsverletzung oder im Rahmen von Kindesmisshandlungen.
  • Juvenile Knochenzysten kommen bevorzugt am proximalen Humerus vor, sodass es hier auch zu pathologischen Frakturen kommen kann.

Prädisponierende Faktoren

  • Osteoporose
  • Juvenile Knochenzyste
  • Gangunsicherheit
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Neurologische Erkrankungen
  • Metabolische Erkrankungen

ICPC-2

  • L76 Fraktur, andere

ICD-10

  • S42 Fraktur im Bereich der Schulter und des Oberarmes
    • S42.2 Fraktur des proximalen Endes des Humerus

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Typische Anamnese, klinische Befunde und Bestätigung durch Röntgen

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Sturz auf den ausgestreckten Arm
  • Typisch sind Schulterschmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkung.

Klinische Untersuchung

  • Schmerzen, Schwellung, Hämatom an der Schulter
  • Innerhalb von 24–48 Stunden kommt es zu einer erheblichen Ekchymose.
  • Unfähigkeit, den Arm zu heben (Cave: Rotatorenmanschettenruptur!)
  • Druckschmerzhaftigkeit, ggf. Krepitationen
  • Distale Sensibilität, Motorik und Durchblutung überprüfen und dokumentieren zum Ausschluss von Nerven- oder Gefäßverletzungen.
  • Wunden im Frakturbereich

Ergänzende Untersuchungen

  • Röntgen
    • Projektionen: Von vorne/hinten, lateral und schräg von der Axilla4
    • ggf. mit angrenzenden Gelenken: Ellenbogen und Hand
  • CT
    • Liefert Zusatzinformationen bei komplexen Frakturen bezüglich Größe und Lage der Fragmente.
    • Schließt eine mögliche gleichzeitige Schulterluxation aus.
  • MRT2
    • bei Verdacht auf pathologische Fraktur
    • zur besseren Beurteilung der Rotatorenmanschette

Klassifizierung

  • Proximale Humerusfrakturen werden nach ihrer Dislokation und Achsfehlstellung klassifiziert.5
  • Mehr als 80 % der Brüche sind undisloziert und können, Stabilität vorausgesetzt, konservativ behandelt werden.6
  • Bei Kindern sind epiphysäre Frakturen selten, es können Epiphysenlösungen auftreten.3
  • Auch dislozierte Brüche des Collum chirurgicum können konservativ behandelt werden.7

Indikationen zur Überweisung

  • Verdacht auf eine Fraktur

Therapie

Therapieziel

  • Heilung mit maximaler Wiederherstellung der Arm-/Schulterfunktion

Allgemeines zur Therapie

  • Rund 85 % aller proximalen Humerusfrakturen können konservativ behandelt werden.6,8
  • Behandlung von ggf. aufgetretenen Spannungsblasen.2
  • Es gibt kein standardisiertes Behandlungsschema, die Entscheidung sollte von einem erfahrenen Unfallchirurgen in Übereinstimmung mit den individuellen Gegenheiten des einzelnen Patienten getrofffen werden.9
  • Disloziierte Frakturen werden üblicherweise chirurgisch versorgt, aber laut einer Metaanalyse ist bei Patienten über 65 Jahren eine nicht-operative Behandlung vorzuziehen. (Ia) 10
  • Rehabilitation
    • Bei stabilen Frakturen kann frühzeitig mit der Rehabilitation begonnen werden. Hierdurch lässt sich ein hervorragendes funktionelles Ergebnis erreichen.

Konservative Therapie

  • Die konservative Behandlung erfolgt bei undislozierten Frakturen mit nicht mehr als 2 Fragmenten ohne Nerven- oder Gefäßverletzungen.
  • Ruhigstellung des Armes in einem Gilchrist-Verband für 3–6 Wochen
  • Krankengymnastische passive Mobilisation schon nach wenigen Tagen
  • Erst nach 6 Wochen darf der Arm über Schulterhöhe angehoben werden.
  • Röntgenkontrolle

Operative Therapie

  • Es wird zwischen kopferhaltenden und kopfersetzenden Operationsmethoden unterschieden.11
  • Vorteil ist die offene Reposition der Fragmente.
  • Bei jüngeren Patienten ist die Winkelplattenosteosynthese häufig ein gutes Mittel, eine frühfunktionelle Mobilisation zu erreichen.
  • Bei Kindern erhält die geschlossene Reposition und anschließende intramedulläre Nagelung den Vorzug.
  • Bei Weichteilinterposition kann eine offene Reposition erforderlich sein.
  • Bei älteren Patienten mit Osteoporose kann eine perkutane K-Draht-Osteosynthese durchgeführt werden.
  • Bei ausgeprägter Osteoporose oder sehr vielen Fragmenten kann ein endoprothetischer Ersatz durchgeführt werden.9

Medikamentöse Therapie

  • Ggf. perioperative Antibiotikaprophylaxe
  • Schmerzmittelgabe
  • Thromboseprophylaxe bei allgemeiner Immobilisation oder erhöhtem Thrombose-Risiko.2

 Prävention

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
    • Sturzvermeidung 
    • Behandlung sturzverursachender Erkrankungen
    • Ausreichende, kalziumreiche Ernährung
    • Vitamin-D-Supplementierung (400–1000 IE/Tag Vitamin D oral) bei Vitamin-D-Mangel, bekannter Osteoporose
    • Ggf. spezifische Osteoporose-Medikation

    Verlauf, Komplikationen und Prognose

    Komplikationen

    • Bewegungseinschränkung der Schulter
    • Achs- oder Fehlstellungen
    • Chronische Schmerzen
    • Arthrose
    • Nervenschädigung
    • Infektion
    • Schraubenperforation des Humeruskopfes
    • Kopfnekrose
    • Pseudarthrose
    • Lockerung des Implantats
    • Sehr selten kann es zu Wachstumsstörungen kommen.

    Prognose

    • Je nach Art der Fraktur, Versorgung und Nachbehandlung
    • Die proximale Humerusfraktur bei Kindern hat eine sehr gute Prognose.3
    • Bei erwachsenen Patienten kommt es wesentlich häufiger zu dauerhaften Einschränkungen im Bereich der Schulter.12
    • Nach fehlgeschlagene Osteosynthese mit Gelenkdestruktion und fehlender Rekonstruktionsmöglichkeit kann auch nachfolgend eine Indikation für eine Endoprothese gestellt werden.2

    Patienteninformationen

    Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

    • Über die Bedeutung eines frühen Beweglichkeitstrainings

    Patienteninformationen in Deximed

    Illustrationen

    Humerus, Brucharten im oberen Teil
    Humerus, Brucharten im oberen Teil
    Normale Frontalaufnamen der rechten Schulter. 1. Humerus, 2. Caput humeri, 3. Acromion, 4. Gelenkspalt, 5. Clavicula, 6. Costa, 7. Scapula
    Normale Frontalaufnamen der rechten Schulter. 1. Humerus, 2. Caput humeri, 3. Acromion, 4. Gelenkspalt, 5. Clavicula, 6. Costa, 7. Scapula
    Humerusfraktur. Querverlaufende Fraktur durch den Collum chirurgicum humeri mit Abriss und Lateralisierung von Schaftfragmenten.
    Humerusfraktur. Querverlaufende Fraktur durch den Collum chirurgicum humeri mit Abriss und Lateralisierung von Schaftfragmenten

    Quellen

    Leitlinien

    • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Oberarmkopffraktur. AWMF-Leitlinie Nr. 012-023. S1, Stand 2017. www.awmf.org
    • Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Proximale Humerusfraktur beim Kind. AWMF-Leitlinie Nr. 006-040. S1, Stand 2016. www.awmf.org

    Literatur

    1. Frankle M. Proximal humerus fractures. Medscape, last updated May 05, 2015. emedicine.medscape.com
    2. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Oberarmkopffraktur. AWMF-Leitlinie Nr. 012-023. Stand 2017. www.awmf.org
    3. Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie, Proximale Humerusfraktur beim Kind. AWMF-Leitlinie S1 Nr. 006-040. Stand 2016. www.awmf.org www.awmf.org
    4. Eiff MP, Hatch RL, Calmbach WL. Fracture management for primary care. 2d ed. Philadelphia: Saunders, 2003.
    5. Craig EV. Fractures of the clavicle. In: Rockwood CA, Green DP, eds. Rockwood and Green's Fractures in adults. 4th ed. Philadelphia: Lippincott-Raven, 1996:1116.
    6. McKoy BE, Bensen CV, Hartsock LA. Fractures about the shoulder: conservative management. Orthop Clin North Am 2000; 31: 205-16. PubMed
    7. Rangan A et al. Surgical vs nonsurgical treatment of adults with displaced fractures of the proximal humerus: The PROFHER randomized clinical trial. JAMA 2015; 313: 1037-47. www.ncbi.nlm.nih.gov
    8. Iyengar JJ, Devcic Z, Sproul RC, Feeley BT. Nonoperative treatment of proximal humerus fractures: a systematic review. J Orthop Trauma. 2011 Oct. 25(10):612-7. www.ncbi.nlm.nih.gov
    9. Burkhart KJ,Dietz SO, Bastian L, Thelen U, Hoffmann R, Müller LP: Behandlung der proximalen Humerusfraktur des Erwachsenen. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(35−36): 591−7. www.aerzteblatt.de
    10. Beks RB, Ochen Y, Frima H, et al. Operative versus nonoperative treatment of proximal humeral fractures: a systematic review, meta-analysis, and comparison of observational studies and randomized controlled trials.. J Shoulder Elbow Surg. 2018 May 4 . pmid:29735376 www.ncbi.nlm.nih.gov
    11. Handoll HHG, Ollivere BJ, Rollins KE. Interventions for treating proximal humeral fractures in adults. Cochrane Database Syst Rev 2012 Dec 12;12:CD000434. doi: 10.1002/14651858.CD000434.pub3. DOI
    12. Petrigliano FA, Bezrukov N, Gamradt SC, SooHoo NF. Factors predicting complication and reoperation rates following surgical fixation of proximal humeral fractures. J Bone Joint Surg Am. 2014 Sep 17;96(18):1544-51. doi:10.2106/JBJS.M.01039 www.ncbi.nlm.nih.gov

    Autoren

    • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
    • Björn Salomonsson, med dr och överläkare, Ortopedkliniken, Danderyds sjukhus
    • Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo
S42; S422
brudd humerus; brudd i proksimale humerus; skulderbrudd; proksimal humerusfraktur; proximal humerusfraktur; collum chirurgikum fraktur; brudd collum chirurgikum; brudd proksimale humerus; Humerusbrudd, proksimalt
L76
Fraktur im Humerusgelenksegment; Avaskulären Nekrose; Tuberculum minor; Tuberculum major; Collum chirurgicum; Gilchrist-Verband; Oberarmkopffraktur
Humerusfraktur, proximale
U-MK 16.07.2018
Revision at 12.03.2013 10:00:30: Revidert i henhold til Medibas. chck go 1.8. MK 11.12.2017
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Definition: Frakturen im proximalen Humerusbereich. Häufigkeit: Machen ca. 5 % aller Frakturen aus. Symptome: Sturz auf den ausgestreckten Arm. Typisch sind Schulterschmerzen, Schwellung und Funktionseinschränkung.
Orthopädie/Unfallchirurgie
Humerusfraktur, proximale
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