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Fraktur eines Metakarpalknochens

Zusammenfassung

  • Definition:Fraktur der Basis, des Schaftes oder des Gelenkköpfchens eines Metakarpalknochens.
  • Häufigkeit:Häufige Fraktur, insbesondere bei jungen Männern.
  • Symptome:Nach Trauma Schmerzen und Schwellung der Mittelhand.
  • Befunde:Schwellung, Druckschmerz, ggf. tast- und sichtbare Fehlstellung.
  • Diagnostik:Röntgen.
  • Therapie:Konservative Therapie mit frühfunktioneller Nachbehandlung bei stabilen, nichtdislozierten Frakturen. Operative Versorgung bei instabilen, dislozierten Frakturen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Fraktur der Basis, des Schaftes oder des Gelenkköpfchens eines Mittelhandknochens1-2
  • Besondere Frakturen des 1. Mittelhandknochens
    • Winterstein-Fraktur
      • basisnahe, aber extraartikuläre Fraktur des 1. Metakarpalknochens
    • Rolando-Fraktur
      • intraartikuläre, T- oder Y-förmige Fraktur an der Basis des 1. Metakarpalknochens
    • Bennett-Fraktur
      • intraartikuläre, schräge Basisfraktur mit (Sub-)Luxation des 1. Metakarpalknochens nach proximal durch Zug der Sehne des M. abductor pollicis longus
  • Boxer-Fraktur
    • subkapitale Fraktur des 5. Mittelhandknochens3

Häufigkeit

  • Prävalenz
    • Knöcherne Verletzungen der Phalangen und der Metakarpalia gehören zu den häufigsten Verletzungen des Menschen und machen etwa 10 % aller Frakturen aus.3
      • keine genauere Differenzierung zwischen Prävalenz der Finger- und Mittelhandfrakturen
  • Alter und Geschlecht
    • Auftreten meist im Alter von 11–45 Jahren4
    • Boxer-Fraktur insbesondere bei jungen Männern3

Ätiologie und Pathogenese

  • Ursächlich ist häufig ein Sturz auf die Hand oder ein Faustschlag.4 
  • 50 % der Fälle entstehen im Rahmen eines Arbeitsunfalls.3

ICPC-2

  • L74 Fraktur Hand-/Fußknochen

ICD-10

  • S62.2 Fraktur des 1. Mittelhandknochens
  • S62.3 Fraktur eines sonstigen Mittelhandknochens
  • S62.4 Multiple Frakturen der Mittelhandknochen

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose durch Röntgen

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Nach einem vorangegangenen Trauma entsteht eine schmerzhafte Schwellung der Mittelhand.
    • typischerweise Schlag mit der Hand oder Sturz auf die Faust

Klinische Untersuchung

  • Druckschmerz an der Frakturstelle
  • Schwellung im umliegenden Gewebe
  • Sichtbare oder palpable Fehlstellung des Knochens?
  • Achsabweichung oder Verkürzung des Knochens?
    • z. B. bei Bennett-Fraktur Luxation des 1. Mittelhandknochens nach proximal mit konsekutiver Verkürzung
  • Rotationsabweichung?
    • Wenn die Hand zur Faust geballt wird, zeigen die Finger normalerweise in Richtung Scaphoideum, und die Nägel sind parallel ausgerichtet.
    • Rotationsabweichungen führen häufig dazu, dass sich die Finger kreuzen.

Diagnostik bei Spezialist*innen

Röntgen

  • Röntgen der Mittelhand in 3 Ebenen empfohlen3
    • Dorsopalmarer (a. p.) Strahlengang, Schrägprojektion und exakt seitlich

Andere bildgebende Untersuchungen

  • In Einzelfällen CT zur Einschätzung des Ausmaßes einer Gelenkbeteiligung3

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf Fraktur Überweisung an unfall- oder handchirurgische Praxis

Therapie

Therapieziele

  • Oberstes Ziel der Behandlung ist die Wiederherstellung der komplexen Greiffunktion der Hand unter Berücksichtigung des vorliegenden Patientenprofils.4

Allgemeines zur Therapie

  • Stabile, nichtdislozierte Frakturen können konservativ therapiert und frühfunktionell nachbehandelt werden, während instabile, dislozierte Frakturen operativ versorgt werden sollten.4

Art der Frakturen

  • Querfrakturen
    • in der Regel stabil und konservativ behandelbar
  • Schräg- und Torsionsfrakturen
    • Meist instabil mit Rotationsabweichungen, sodass Operation notwendig ist.
  • Intraartikuläre Frakturen
    • bei Inkongruenz der Gelenkfläche operative anatomische Rekonstruktion
  • Luxations-Frakturen (u. a. Bennett-Fraktur)
    • operative Reposition und Refixation notwendig

Medikamentöse Therapie

  • Evtl. Analgetika zur Schmerztherapie

Konservative Therapie

  • Die Angaben zur konservativen Therapie beziehen sich auf diese Referenz.3

Indikationen 

  • Alle stabilen Frakturen ohne Rotationsabweichung oder Dislokation in der Frontalebene
  • Frakturen mit Rotationsabweichung oder Dislokation, die in Leitungsanästhesie reponiert und mit einer geeigneten Verbandanordnung stabil retiniert werden können.

Art der Ruhigstellung

  • Gute Therapiemöglichkeit für Mittelhandfrakturen stellen Mittelhandbraces dar, die die Metakarpophalangeal(MCP)-Gelenke komplett frei belassen.
    • Ist eine Ruhigstellung auch des Radiokarpalgelenks erwünscht, so sollte die Länge der Schiene bis maximal zur Mitte des Unterarms gehen.
  • Bei Einbeziehung der MCP-Gelenke in eine Schiene sollten diese nur in Beugestellung unter Aufspannung der Seitenbänder immobilisiert werden (Intrinsic-Plus-Stellung).
    • Durch die Intrinsic-Plus-Stellung bleibt die Länge der Bänder und damit die Beugefähigkeit bis zur Gipsentfernung erhalten.

Dauer der Ruhigstellung

  • Meist besteht bereits nach 3 Wochen eine ausreichende Stabilität.
  • Das klinische Entscheidungsmerkmal sollte die Druckschmerzhaftigkeit im Frakturbereich (sog. Kallusdruckschmerz) sein.
    • Sobald diese verschwunden ist, kann in der Regel funktionell weiterbehandelt werden.
  • Belastungsaufbau kann meist nach 5 Wochen erfolgen.4

Operative Therapie

  • Die operative Therapie hat als Ziel die Wiederherstellung einer stabilen Anatomie, die eine frühfunktionelle Behandlung erlaubt.3

Indikationen

  • Instabile Frakturen
  • Dislozierte, nichtreponierbare Frakturen
  • Frakturen mit funktionell bedeutsamen Verkürzungen oder Rotationsabweichungen
  • Offene Frakturen mit schweren Weichteilverletzungen
  • Bei Kindern nichtreponierbare Frakturen mit Beteiligung der Wachstumsfuge

Durchführung

  • Prinzipien der operativen Versorgung gemäß nachfolgender Referenz3
  • K-Draht-Osteosynthesen
    • minimalinvasives, weichteilschonendes Verfahren
    • Nachteil: meist fehlende Übungsstabilität
  • Zugschraubenosteosynthesen
    • insbesondere im Gelenkbereich Fixierung der Fragmente nach anatomischer Rekonstruktion
    • häufig direkte Übungsstabilität
  • Plattenosteosynthesen
    • stabilstes Osteosyntheseverfahren
    • Nachteil: Kompromittierung des Sehnengleitgewebes durch intraoperatives Freilegen der Fraktur und das Volumen des Implantates selbst
  • Fixateur externe
    • bei schweren Weichteilschäden oder zur Überbrückung von Trümmerzonen oder zerstörten Gelenken

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Bei konservativer Therapie kann in der Regel nach 3 Wochen mit frühfunktioneller Beübung und nach 5 Wochen mit einem Belastungsaufbau begonnen werden.3
  • Abhängig von der Art der Osteosynthese wird in der Regel postoperativ sofort eine Übungsstabilität erreicht (Ausnahme: K-Drähte).3

Komplikationen

  • Bei konservativer Therapie
    • Einsteifung der Gelenke bei unsachgemäßen Schienenverbänden3
    • Kallusbildung kann zu prominenter Knochenvorwölbung führen.
  • Bei operativer Therapie
    • generelle OP-Risiken wie Wundheilungsstörungen und Infektionen
    • sekundäre Weichteilverletzungen durch überstehende Osteosynthesematerialien, z. B. überstehende Schraubenspitzen3
  • Generell

Prognose

  • Die Prognose von Gelenkverletzungen und gelenknahen Frakturen ist insgesamt ungünstiger als die von Schaftfrakturen.3
  • Bei guter Mitarbeit der Patient*innen kann meist ein gutes funktionelles Ergebnis, sowohl durch konservative als auch operative Therapien, erzielt werden.3
  • Durch spezielle Ergotherapie bestehen weitere gute Möglichkeiten zur Verbesserung der Handfunktion.3

Weitere Informationen

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Zur Vermeidung von Kontrakturen ist eine eigenständige, frühfunktionelle Beübung notwendig.

Illustrationen

 

Extraartikuläre, basisnahe Fraktur des 1. Metakarpalknochens
Extraartikuläre, basisnahe Fraktur des 1. Metakarpalknochens

 

 

Subkapitale Fraktur des 5. Metakarpalknochens (Boxer-Fraktur)
Subkapitale Fraktur des 5. Metakarpalknochens (Boxer-Fraktur)

 

 

Unauffälliges Röntgenbild der rechten Hand von dorsal. 1. distale Phalanx, 2. mediale Phalanx, 3. proximale Phalanx, 4. Metakarpalknochen
Unauffälliges Röntgenbild der rechten Hand von dorsal: 1. distale Phalanx, 2. mediale Phalanx, 3. proximale Phalanx, 4. Metakarpalknochen

Quellen

Literatur

  1. Dye TM. Metacarpal fractures. Medscape, last updated Feb 24, 2020. emedicine.medscape.com
  2. Bloom JM, Hammert WC. Evidence-based medicine: Metacarpal fractures. Plast Reconstr Surg. 2014 May. 133 (5):1252-60. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Thelen S, Windolf J. Finger- und Mittelhandfrakturen. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2019; 14(5): 495-514. www.thieme-connect.com
  4. Moll W. SOP Mittelhandfrakturen. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2020; 15(4): 308-12. www.thieme-connect.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
S622; S623; S624
brudd i metakarp; håndfraktur; fraktur metakarp; bennet fraktur; omvendt bennetfraktur; Metakarpbrudd
L74
Basisfraktur des Metakarpalknochens; Schaftfraktur des Metakarpalknochens; Gelenkköpfchenfraktur des Metakarpalknochens; Fraktur des Metakarpalknochens; Bennet-Fraktur; Winterstein-Fraktur; Rolando-Fraktur; Boxer-Fraktur; Fraktur Mittelhandknochen; Mittelhandbruch
Fraktur eines Metakarpalknochens
BBB MK 23.02.2022 revidiert, aktualisiert und umgeschrieben. Revision at 16.03.2013 15:59:44: Revidert i henhold til Lægehåndbogen. Chck go, deutsche Lit. 13.4.
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Definition:Fraktur der Basis, des Schaftes oder des Gelenkköpfchens eines Metakarpalknochens. Häufigkeit:Häufige Fraktur, insbesondere bei jungen Männern. Symptome:Nach Trauma Schmerzen und Schwellung der Mittelhand.
Orthopädie/Unfallchirurgie
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