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Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akutbehandlung

Allgemeines zur Therapie

  • Siehe auch den Artikel Asthmaanfall bei Erwachsenen.
  • Bei einem akuten Asthmaanfall richtet sich das Vorgehen wesentlich nach dem klinischen Bild.
  • Die Initialtherapie ist für alle Schweregrade eines Asthmaanfalls gleich:1-2
    • atmungserleichternde Körperstellung (z. B. Aufstützen der Arme)
    • dosierte Lippenbremse
    • 2–4 Hübe eines schnellwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums (SABA) als Dosieraerosol, ggf. mit Spacer, ggf. nach 10–15 Minuten wiederholen.
    • systemisch Glukokortikoide (Dosis abhängig von Schweregrad).
  • Dafür sorgen, dass die Patient*innen Ruhe haben und kompetent beaufsichtigt werden.
  • Die ambulante Erstbehandlung beginnt häufig in Eigenverantwortung der Patient*innen. Idealerweise haben die Betroffenen eine Schulung erhalten und können den Asthma-Aktionsplan im Ernstfall strukturiert abarbeiten.2
  • Bei der Therapie sind die bereits im Selbstmanagement durchgeführten medikamentösen Maßnahmen – unter Beachtung von Höchstdosierungen und „Pausen"-Zeiten (siehe jeweilige Fachinformation) – zu berücksichtigen.2

Schweregrad des Asthmaanfalls

  • Die genannten Symptome, klinischen und apparativen Zeichen müssen nicht alle erfüllt sein. Die Aufzählung dient als Orientierung zur Einschätzung im klinischen Kontext.2

Leichter bis mittelschwerer Anfall

  • Sprechen trotz Atemnot noch normal möglich
  • Atemfrequenz < 25/min
  • Herzfrequenz < 110/min
  • PEF ≥ 50 % des persönlichen Bestwertes (PBW)

Schwerer Anfall

  • Sprechdyspnoe
  • Sauerstoffsättigung < 92 %
  • Atemfrequenz ≥ 25/min
  • Herzfrequenz ≥ 110/min
  • PEF < 50 % des PBW

Lebensbedrohlicher Anfall

  • Kein Atemgeräusch
  • Flache Atmung/frustrane Atemarbeit
  • Bradykardie
  • PEF < 33 % des PBW bzw. < 100 l/min
  • Arterielle Hypotension
  • Zyanose
  • Sauerstoffsättigung < 92 %

Therapie

Empfehlungen laut Leitlinien

  • In Deutschland existieren aktuell eine Leitlinie von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)1 sowie eine Nationale Versorgungsleitlinie (NVL).2
  • Im Leitlinienkasten beziehen wir uns auf Empfehlungen der NVL, Abweichungen in der DGP-Leitlinie sind kursiv gedruckt.

Leitlinie: Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akuttherapie1-2

Leichter bis mittelschwerer Anfall

  • Atmungserleichternde Körperstellung, dosierte Lippenbremse
  • 2–4 Hübe eines SABA (Dosieraerosol, ggf. mit Spacer, z. B. Salbutamol) ggf. nach 10–15 min wiederholen.
  • 20–50 mg Prednisolonäquivalent oral
    • DGP: 20–25 mg Prednisolon oral

Schwerer Anfall

  • Sauerstoff (Ziel: Sättigung > 94 %)
    • DGP: Ziel: Sättigung 92–95 %
  • Atmungserleichternde Körperstellung, dosierte Lippenbremse
  • 2–4 Hübe eines SABA (Dosieraerosol, ggf. mit Spacer, z. B. Salbutamol) ggf. nach 10–15 min wiederholen.
  • 40–50 mg Prednisolonäquivalent oral oder i. v.
    • DGP: 50–100 mg Prednisolon-Äquivalent oral oder i. v.
  • Falls vorhanden: Ipratropiumbromid 0,5 mg vernebelt oder 80 μg (4 Hübe) aus einem MDI (Metered Dose Inhaler, Dosierinhalator; Anm. der Redaktion) mit Spacer

Lebensbedrohlicher Anfall

  • Sauerstoff (Ziel: Sättigung > 94 %)
    • DGP:  Ziel: Sättigung 92–95 %
  • Atmungserleichternde Körperstellung, dosierte Lippenbremse
  • 50–100 mg Prednisolonäquivalent oral oder i. v.
    • DGP:  1–2 mg/kg KG Prednisolon-Äquivalent (oral oder i. v.)
  • 2–4 Hübe eines SABA (Dosieraerosol, ggf. mit Spacer, z. B. Salbutamol) ggf. nach 10–15 min wiederholen.
  • Falls vorhanden: Ipratropiumbromid 0,5 mg vernebelt oder 80 μg aus einem MDI mit Spacer

Schwerer Asthmaanfall in der Schwangerschaft

  • Bei Patientinnen in der Schwangerschaft mit einem Asthmaanfall soll eine Sauerstoffbehandlung frühzeitig eingeleitet werden (Zielsättigung: > 95 %) und eine Überwachung des Feten erfolgen.
  • Zusätzlich empfiehlt die DGP:
    • Die medikamentöse Therapie des Asthmaanfalls in der Schwangerschaft sollte wie bei nicht schwangeren Asthmatikerinnen erfolgen, eine Untertherapie aus Furcht vor unerwünschten Effekten der Medikation ist zu vermeiden.
    • Ein schwerer Asthmaanfall in der Schwangerschaft soll immer als stationär zu behandelnder Notfall – in der 2. Schwangerschaftshälfte unter gynäkologischer Konsultation – angesehen werden.
  • Ein Fließschema für den Therapiealgorithmus des akuten Asthmaanfalls finden Sie in der NVL Asthma.
  • Folgende Substanzen sollen im akuten Asthmaanfall nicht eingesetzt werden:1
    • Sedative und Anxiolytica wirken atemdepressiv und vermindern das Dyspnoe-Empfinden, ohne dass eine objektive Besserung bewiesen ist.
    • Mukopharmaka sind kontraindiziert.
    • Die Hydratation mit großen Flüssigvolumina führt zu einer kardialen Belastung.
    • Antibiotika sind im Regelfall nicht indiziert und sollten nur eingesetzt werden, wenn der begründete Verdacht eines bakteriellen Auslösers der Exazerbation besteht.

Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln

  • Die Angaben zu diesem Abschnitt beziehen sich auf die entsprechende Leitlinie der DEGAM.3
  • Dosieraerosole (DA) benutzen Treibmittel, um den Wirkstoff in tiefe Lungenabschnitte zu transportieren.
    • Diese schädigen zwar die Ozonschicht nicht, sind aber starke Treibhausgase.
    • Dadurch haben DA im Vergleich zu Pulverinhalatoren ein vielfach höheres Schädigungspotenzial für die Atmosphäre.
  • Nichtsdestotrotz sind DA in folgenden Fällen indiziert:
    • bei Kindern < 5 Jahre für die Inhalation von Beta-2-Sympathomimetika oder Glukokortikosteroiden
    • bei akutem Asthmaanfall.
  • Verschreibende, Apotheker*innen und Patient*innen sollten berücksichtigen, dass zwischen den einzelnen DA beträchtliche Unterschiede in ihrem Global Warming Potential bestehen, und das DA mit einem möglichst niedrigen GWP bevorzugen, wenn sie klinisch vergleichbar wirksam sind.

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Einweisung ins Krankenhaus erwägen
    • bei einem schweren Asthmaanfall.
  • Obligate Einweisung ins Krankenhaus
    • Leichter bis mittelschwerer oder schwerer Anfall, bei dem sich nach 30–60 Minuten Initialtherapie der Gesamtzustand und die Vitalparameter nicht stabilisiert haben.
  • Umgehende Einweisung ins Krankenhaus mit notärztlicher Begleitung
    • bei einem lebensbedrohlichen Anfall

Weitergehende Maßnahmen im Krankenhaus 

  • Die NVL empfiehlt, die Initialtherapie im stationären Versorgungsbereich zu überprüfen, fortzuführen und unter Beachtung von unerwünschten Wirkungen auszuschöpfen.
  • Sprechen die Patient*innen nicht auf die Initialtherapie an, stehen weitergehende Therapieoptionen zur Verfügung, die individualisiert und abhängig vom Zustand der Patient*innen eingesetzt werden können.2
  • Die weitergehenden Therapieoptionen umfassen:2
    • Beta-2-Sympathomimetika parenteral
      • Terbutalin 0,25–0,5 mg subkutan alle 4 Stunden 1 – oder –
      • Reproterol 0,09 mg langsam intravenös (Wiederholung nach 10 min möglich) bzw. 0,018–0,09 mg/h1
    • Magnesiumsulfat 2 g über 20 min i. v.
    • Indikation zur Beatmung prüfen.
  • Die folgenden Empfehlungen werden von der Leitlinie der DGP, nicht jedoch durch die NVL genannt:1-2
    • Ausgleich einer metabolischen Azidose mit Bicarbonat bei pH < 7,2 
    • Theophyllin initial 5 mg/kg Körpergewicht (KG) als Kurzinfusion; Erhaltungsdosis 0,5–0,7 mg/kg/KG/h, bei vorheriger Theophyllintherapie zuerst Bestimmung der Serumkonzentration, dann Dosisanpassung
      • Theophyllin nur bei Patient*innen mit lebensbedrohlichem Asthma und fehlender Besserung auf die initiale Therapie als Einzelfallentscheidung

Betreuung nach einem Asthmaanfall

  • Nach der Akutversorgung oder (intensiv-)stationären Behandlung ist neben der Nachsorge die Prävention eines weiteren Asthmaanfalls entscheidend. 2
  • Dazu empfiehlt die NVL folgende Maßnahmen durch die Primärversorger*innen:2
    • Überprüfen/Aktualisieren/Aushändigen eines individuellen Asthma-Aktionsplans
    • Evaluation/Beseitigung der Risikofaktoren für den Asthmaanfall
    • Schulung/Nachschulung
    • bei einem lebensbedrohlichen Anfall: zeitnahe ambulante Weiterbehandlung durch Pneumolog*innen

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln. S1, AWMF-Nr. 053-059. Stand 2022. www.degam.de
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
  • Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Nationale Versorgungsleitline Asthma. 4. Auflage, Stand 2020. www.leitlinien.de

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009, Stand 2017. www.awmf.org
  2. Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Nationale Versorgungsleitline Asthma. 4. Auflage, Stand 2020. www.leitlinien.de
  3. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln. S1, AWMF-Nr. 053-059. Stand 2022. www.degam.de

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Jonas Klaus, Arzt, Freiburg i. Br.
  • Dietrich August, Arzt, Freiburg i. Br.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Astma; astmaanfall; akutmedizinische behandlung von asthma bei jugendlichen und erwachsenen; Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akutbehandlung
Astma; Inhalator; Vernebler; Spacer; Beta-2-Sympathomimetikum; Anticholinergikum; Glukokortikoide; Asthma; Anfall; SABA; Magnesiumsulfat; Asthma-Anfall; Asthmaexazerbation; Exazerbation Asthma; Asthmaanfall bei Erwachsenen
Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akutbehandlung
BBB MK 07.06.2022 klimabewusste Verordnung von Inhalativa. MK 30.01.2018, neue LL
BBB MK 06.10.2020 auf der Basis der neuen NVL umfassend überarbeitet. Check GO 28.1.; MK 27.11.17, komplett überarbeitet
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Siehe auch den Artikel Asthmaanfall bei Erwachsenen. Bei einem akuten Asthmaanfall richtet sich das Vorgehen wesentlich nach dem klinischen Bild. Die Initialtherapie ist für alle Schweregrade eines Asthmaanfalls gleich:1-2 atmungserleichternde Körperstellung (z. B. Aufstützen der Arme) dosierte Lippenbremse 2–4 Hübe eines schnellwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums (SABA) als Dosieraerosol, ggf. mit Spacer, ggf. nach 10–15 Minuten wiederholen. systemisch Glukokortikoide (Dosis abhängig von Schweregrad).
Erste Hilfe/Notfallmedizin
Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akutbehandlung
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