Untersuchung auf eine latente Tuberkuloseinfektion (LTBI)
Zum Nachweis einer latenten tuberkulösen Infektion stehen derzeit der Tuberkulin-Hauttest (THT) mittels Mendel-Mantoux-Methode sowie Interferon-Gamma-Tests (IGRA, Bluttest) zur Verfügung.
Bei Erwachsenen wird empfohlen, die Untersuchung nur mit dem IGRA-Test (Interferon-Gamma Release Assay/Interferon-Gamma im Blut) durchzuführen.1
Aufgrund fehlender Evidenz über die Zuverlässigkeit von IGRAs bei Kindern unter 5 Jahren bleibt der Tuberkulin-Hauttest (THT) in dieser Altersgruppe Mittel der Wahl; bei älteren Kindern können beide Tests angewendet werden.1-4
Zu einer vollständigen differenzialdiagnostischen Abklärung des Krankheitsbildes gehören zudem:2
Anamnese und körperliche Untersuchung
bildgebende Diagnostik, in der Regel Röntgenthorax in zwei Ebenen
bakteriologische Diagnostik.
Näheres zur Diagnostik bei Verdacht auf aktive Tuberkulose siehe den Artikel Tuberkulose.
Tuberkulin-Hauttest (THT)
Das Tuberkulin wird als intrakutane Injektion verabreicht.
Der Test wird eingesetzt:
zum Nachweis einer Immunreaktion auf Tuberkuloseerreger bei Kindern und Jugendlichen
um die Ansteckung im Umfeld einer Person mit Lungentuberkulose zu kartieren.
Bei aktiver Erkrankung häufig stark positiv
Validität
Kann sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse zeigen.
Eine Induration von 6–14 mm wird als eine milde bis schwach positive Reaktion bewertet.
Überweisung, falls die Betroffenen eine bekannte Exposition haben, d. h. einer Risikogruppe angehören.
Eine Induration ≥ 15 mm wird als eine stark positive Reaktion bewertet.
Überweisung unabhängig von bekannter Exposition oder bekannter Risikogruppe
IGRA(Interferon-Gamma Release Assay)-Bluttest
Immunologisches Testprinzip
Die Tests weisen nach, dass das Immunsystem bereits Kontakt mit Tuberkuloseerregern hatte.
T-Lymphozyten werden dazu mit M.-tuberculosis-spezifischen Antigenen versetzt. Setzen sie daraufhin Interferon-Gamma frei, ist der Test positiv.
quantitative Messung der Interferon-Gamma-Freisetzung
IGRA weisen die Infektion mit Mycobacterium tuberculosis sowohl bei einer latenten Tuberkulose als auch beim Verdacht auf eine aktive tuberkulöse Erkrankung nach.
Die Tests erfordern nur einen Arztkontakt, geben eine Ja-/Nein-Antwort und weisen eine hohe Spezifität auf (deutlich höher als beim THT).
Es ist nicht erforderlich, vor dem IGRA einen THT durchzuführen.
Zwei Bluttests sind kommerziell zugänglich (Interferonnachweis mittels ELISA und ELISPOT-Verfahren) und messen auf unterschiedliche Weise, inwieweit die T-Lymphozyten der Testpersonen bei der Exposition mit ESAT-6- und/oder CFP-10-Antigenen Interferon-Gamma produzieren. Sie werden RD1-Interferon-Gamma-basierte Tests genannt.
Klinische Epidemiologie
Die Spezifität ist wesentlich höher (98–99 %) als beim Tuberkulintest, da IGRA zwischen einer Ansteckung durch M.-tuberculosis-Komplexe und einer Ansteckung mit NTM oder den Antigenen einer BCG-Impfung unterscheiden.
Die Sensitivität für IGRA wird in Studien mit 70–97 % angegeben, variiert aber je nachdem, welcher Test angewendet und welche Population getestet wird (la).6
Man geht davon aus, dass die Sensitivität der IGRA mindestens so hoch ist, wie die der THT. 2
In der Regel genügt der Röntgenthorax-Thorax in zwei Ebenen.
typischer Befund: Infiltrate im oberen Lungenlappen, Kavernen, hiläre und paratracheale Adenopathie
Die Veränderungen können aber auch weniger deutlich ausgeprägt sein.
Sollte auch bei Schwangeren bei Verdacht auf eine Tuberkulose, z. B. bei positivem IGRA, erfolgen.
Je nach Risikoeinschätzung kann es vertretbar sein, die Röntgenaufnahme erst nach Abschluss der Organogenese, d. h. nach dem 1. Trimenon, durchzuführen.
CT Thorax in besonderen Situationen, z. B.:
komplexe Differenzialdiagnose
unklarer Befund im Röntgenthorax.
Diagnostik weiterer Körperregionen bei Verdacht auf extrathorakale Tuberkulose (Näheres siehe Artikel Tuberkulose)
anderen Punktaten oder Biopsaten, z. B. aus vergrößerten Lymphknoten, Harnleiter, Darm, Gelenken.
3 x Expektorat zur Kultivierung von Mykobakterien
Die diagnostisch wichtigste Probe wird vom ersten Abhusten am Morgen genommen. Die Patienten sollen Schleim aus den Bronchien abhusten (kein Mundschleim).
Probenabgabe an 3 aufeinanderfolgenden Tagen
evtl. induzierter Husten nach Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung (3 % oder 4,8 % sind in Gebrauch)
Vorsicht: Schützen Sie sich vor Ansteckung über Aerosole!
Verwendung eines sterilen, dichten Einmalbehälter ohne Zusätze.
Mikroskopie
Zur schnellen Abklärung des Infektionsrisikos
In 50–80 % der später in der Kultur bestätigten Tuberkulosefälle sind bereits in der Mikroskopie des Probenmaterials säurefeste Stäbchen sichtbar.
Keine Differenzierung zwischen Tuberkel- und anderen Mykobakterien möglich
Bakterienkultur
In flüssigem Kulturmedium kann nach 7–21 Tagen ein Bakterienwachstum nachgewiesen werden.8
Bei 15–20 % der Patienten mit Lungentuberkulose sind die Kulturen negativ9, bei Kindern ist der Anteil an falsch negativen Resultaten häufig deutlich höher.
Die Resistenzbestimmung ist von großer Bedeutung.
Bebrütungdauer
Flüssigmedien ≤ 6 Wochen
Festmedien ≤ 8 Wochen
Molekularbiologische Diagnostik
In der Regel mittels Nukleinsäureamplifikationstest (NAT), meist via PCR (Xpert MTB/RIF)
Im Sputum können mit hoher Sensitivität und Spezifität Tuberkulosekeime nachgewiesen werden.
Bei mikroskopisch negativen Proben beträgt die Sensitivität allerdings nur 80–90 %. In jedem Fall ist eine weitere Untersuchung in der Bakterienkultur erforderlich.
Die Methode liefert im Laufe einer Stunde das Ergebnis, und kann zudem eine Rifampicinresistenz nachweisen. Dies macht eine frühere und gezieltere Behandlung möglich.
Indikationsuntersuchung zum schnellen Nachweis bei:
begründetem Verdacht und mikroskopisch negativem Sputum bei besonders gefährdeten Patienten, z. B. AIDS-Patienten, Kleinkindern
schweren Krankheitsbildern, z. B. generalisierte Erkrankung oder tuberkulöse Meningitis.
Nicht als Verlaufsuntersuchung geeignet, wegen positiver Ergebnisse durch DNA- und RNA-Reste aus abgetöteten Bakterien
Die WHO unterstützt die Verwendung der PCR-Technologie finanziell, sodass sie auch in ökonomisch benachteiligten Ländern zum Einsatz kommen kann.10
DNA-Sequenzierungsverfahren zur molekularen Typisierung des Erregers („DNA-Fingerabdruck") kommen nicht routinemäßig zum Einsatz, können aber wertvolle epidemiologische Informationen zu Infektionsketten geben.
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Tuberkulose im Erwachsenenalter. AWMF-Leitlinie Nr. 020-019. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektologie (DGPI). Diagnostik, Prävention und Therapie der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 048-016. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). S2k Leitlinie: Tuberkulose im Erwachsenenalter. AWMF-Leitlinie Nr. 020-019, Stand 2017. www.awmf.org
Robert Koch Institut (Hrsg.) RKI-Ratgeber für Ärzte: Tuberkulose (Fassung: Januar 2013). Berlin, Robert Koch Institut www.rki.de
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose. Neue Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose. Pneumologie 2011; 65(6): 359-378. doi:10.1055/s-0030-1256439 DOI
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektologie (DGPI). S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Prävention und Therapie der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 048-016, Stand 2017. www.awmf.org
Stout JE, Wu Y, Ho CS, Pettit AC, Feng PJ et al. Evaluating latent tuberculosis infection diagnostics using latent class analysis. Thorax 2018; 73(11): 1062-1070. PMID: 29982223 PubMed
Pai M, Zwerling A, Menzles D. Systematic review: T-cell-based assays for the diagnosis of latent tuberculosis infection: an update. Ann Intern Med 2008;149(3):177-84. www.ncbi.nlm.nih.gov
Morgan MA, Horstmeier CD, DeYoung DR, Robers GD. Comparison study of a radiometric method (BACTEC) and conventional culture media for recovery of mycobacteria from smear-negative specimens. J Clin Microbiol 1983; 18: 384-88. PubMed
American Thoracic Society, Centers for Disease Control and Prevention. Diagnostic standards and classification of tuberculosis in adults and children. Am J Respir Crit Care Med 2000; 161: 1376-95. PubMed
WHO: Global tuberculosis report 2018, Stand 18.9.2018. www.who.int
AutorenAutor
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
Tuberkulintest; Tuberkulin-Hauttest; THT; Mendel-Mantoux-Methode; Nachweis einer latenten Tuberkuloseinfektion; LTBI; Tuberkulosenachweis; Tuberkulose; IGRA; Interferon-Gamma Release Assay; Interferon-Gamma im Blut
Nachweis einer Tuberkuloseinfektion
BBB MK 16.01.2019, komplett überarbeitet, bisher nur kopierter Text vom RKI (entfernt).
Revision at 14.08.2015 13:01:38:
Final Version
Revision at 29.05.2015 17:31:56:
German Literature included
Revision at 27.05.2015 12:34:36:
Original changed to German version
29.8.17: Absatzreihenfolge geändert, A-DI
Zum Nachweis einer latenten tuberkulösen Infektion stehen derzeit der Tuberkulin-Hauttest (THT) mittels Mendel-Mantoux-Methode sowie Interferon-Gamma-Tests (IGRA, Bluttest) zur Verfügung.