Definition:Infektion des zentralen Nervensystems durch das FSME-Virus, das durch Zeckenstiche übertragen wird.
Häufigkeit:Endemische Ausbreitung in weiten Teilen Europas. In Deutschland v. a. in Baden-Württemberg, Bayern sowie in Hessen, im südlichen Thüringen und Sachsen.
Symptome:Biphasischer Verlauf:Fieber und grippeähnliche Symptome ca. 7–14 Tage nach dem Zeckenstich. Nach einem fieberfreien Intervall erneut Fieber mit Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und anderen neurologischen Symptomen.
Befunde:Zunächst Fieber. In der 2. Phase Infektion des ZNS mit psychischen und neurologischen Symptomen.
Diagnostik:Bei Verdacht auf FSME ist eine stationäre Einweisung erforderlich. Die Diagnose wird durch den Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper gesichert.
Therapie:Symptomatische Behandlung. Meist spontan ausheilende Krankheit. Eine Impfung schützt und wird für Personen empfohlen, die in Risikogebieten in Wald und Wiesen unterwegs sind.
Allgemeine Informationen
Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-8
Definition
Infektion des zentralen Nervensystems durch das Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME-Virus), das durch Zeckenstiche übertragen wird.
Häufigkeit
Die Inzidenz der Erkrankung in den größten deutschen Risikogebieten Bayern und Baden-Württemberg liegt zwischen 0,7 und 2 Fällen pro 100.000 Einw.
Das Erkrankungsrisiko nach einem Zeckenstich lässt sich nicht zuverlässig abschätzen, da die Daten zur Infektionsrate der Zecken stark variieren (0,2–9,3 %). Nicht jeder Zeckenstich einer infizierten Zecke überträgt das Virus.
Ein großer Teil der Infektionen verläuft asymptomatisch (ca. 70 %), oder es kommt nicht zur meningoenzephalitischen 2. Phase (70–95 %).
Europa
Die FSME-Erkrankung ist in weiten Teilen Europas endemisch, einschließlich Deutschlands.
In den Nachbarländern Deutschlands sind vor allem Tschechien, Österreich, die Schweiz und Polen sowie einzelne Gebiete in Frankreich (Elsass) und den Niederlanden betroffen.
Weiterhin gehören zu den Risikogebieten Norditalien, große Teile Skandinaviens und Ost- und Südosteuropas. Insbesondere zu nennen sind hier die baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen.
Kein FSME-Risiko besteht auf der Iberischen Halbinsel und im Vereinigten Königreich.
Deutschland
Das Robert Koch-Institut veröffentlicht auf der Basis dokumentierter FSME-Erkrankungsfälle jährlich Karten zu FSME-Risikogebieten in Deutschland.
Als FSME-Risikogebiete wurden vom RKI Regionen ausgewiesen, in denen die gleitende 5-Jahres-Inzidenz in den Jahren 2002–2019 höher lag als 1 Erkrankung/100.000 Einw.
Vereinzelt können Erkrankungen auch außerhalb der Risikogebiete auftreten.
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 390 Erkrankungsfälle registriert.
Das entsprach einer Abnahme um 45 % gegenüber dem Vorjahr. Allerdings konnten aufgrund eines technischen Fehlers etwa 5 % der Fälle in 2021 nicht registriert werden.
50 % mit neurologischen Manifestationen
3 Personen verstarben an ihrer FSME-Erkrankung, davon waren 2 über 80 Jahre alt, und 1 Person hatte relevante Vorerkrankungen.2
Außerhalb Europas besteht insbesondere in Russland, der Mongolei, Nord-China und Nord-Japan ein Infektionsrisiko bei Zeckenexposition.4
Saisonal
Die meisten Infektionen erfolgen zwischen März und Oktober.2
Alter und Geschlecht
Erwachsene sind häufiger und schwerer betroffen als Kinder, Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Das Erkrankungsrisiko steigt vor allem ab dem 40.–60. Lebensjahr an.1-2
Zecken kommen bis zu einer geografischen Höhe von ca. 1.500 m ü. M. vor.1
Ätiologie und Pathogenese
Die Infektion wird durch das FSME-Virus hervorgerufen, das zur Familie der Flaviviridae (Flaviviren) gehört. Es ist ein Plus-Strang-RNA-Virus.1-2
Die 3 bekannten Untertypen des Virus sind nach ihrem jeweiligen Hauptverbreitungsgebiet benannt:
Der östliche und fernöstliche Typ verlaufen häufig schwerer.2
Das Virus wird durch Zeckenstiche infizierter Zecken auf den Menschen übertragen.
Die für die Übertragung verantwortliche Zeckenart ist der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus in West- und Mitteleuropa; in Osteuropa, Russland und Asien I. persulcatus). Dies ist dieselbe Zeckenart, die auch Borrelia-Spirochäten übertragen und Borreliose verursachen kann.
Das Reservoir für das Virus sind hauptsächlich kleine Nagetiere (Mäuse), aber auch Igel, Ziegen, Schafe und Rinder.
Die Übertragung der FSME-Viren erfolgt im Gegensatz zur Borreliose bereits innerhalb der ersten Stunden nach dem Zeckenstich.
Selten wurden auch Einzelerkrankungen nach dem Genuss infizierter unpasteurisierter Ziegenmilch beschrieben.1-2
Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist nur im Rahmen von Organtransplantationen beschrieben.1-2
Damit sich der Erreger vermehren kann, ist eine Mindesttemperatur von etwa 5 °C erforderlich.5
Begünstigende Faktoren
Aufenthalt in Regionen, in denen die Zeckenart Ixodes ricinus lebt.
Klassische Lebensräume für Zecken sind lichte Wälder, Waldränder, hohes Gras und Büsche. Auch Parks und Gärten in der Stadt gehören dazu.
Sie halten sich in der bodennahen Vegetation auf, sie fallen nicht von Bäumen.
Sie werden ab ca. 6–8 °C aktiv und benötigen eine hohe Luftfeuchtigkeit.1-2
Fieberfreies Intervall für einige Tage, bei 70 % der Patient*innen Ausheilung
Phase 2 (bei ca. 30 % der Infizierten)
in ca. 50 % der Fälle isolierte Hirnhautentzündung (Meningitis), bei ca. 40 % Hirnentzündung (Meningoenzephalitis) und bei ca. 10 % Rückenmarkentzündung (Meningoenzephalomyelitis)
Im Allgemeinen leichter Verlauf bei Kindern, tendenziell schwererer Verlauf bei Erwachsenen und älteren Menschen. Gelegentlich können aber auch bei Kindern schwere neurologische Funktionsstörungen auftreten.1-2,5
Die Serologie kann zu diesem Zeitpunkt noch negativ sein.
Phase 2
oft Leukozytose
FSME-spezifische IgM-Antikörper treten 2–4 Wochen nach dem Zeckenstich, IgG-Antikörper 1–2 Wochen später auf. Nur der Nachweis beider Antikörper beweist die Infektion, leicht erhöhte isolierte IgM-Antikörper können auch durch eine Kreuzreaktion entstehen.
Bei Verdacht auf FSME sollten die Betroffenen ins Krankenhaus eingewiesen werden, die serologische und weitere Diagnostik erfolgt dann stationär.1,5
Diagnostische Methode der Wahl ist der simultane Nachweis von FSME-Virus-spezifischen IgM- und IgG-Antikörpern in Serum oder Liquor oder ein signifikanter Anstieg der Antikörperkonzentration zwischen 2 Proben im zeitlichen Abstand von 2–4 Wochen mittels des ELISA-Verfahrens oder Immunfluoreszenz.
Antikörper können mit Beginn der 2. Krankheitsphase nachgewiesen werden (IgM 2–4 Wochen nach dem Zeckenstich, IgG 1–2 Wochen später).
Nur der Nachweis beider Antikörper beweist die Infektion, leicht erhöhte isolierte IgM-Antikörper können auch durch eine Kreuzreaktion entstehen.
Während der ersten Krankheitsphase ist der Nachweis des Virusgenoms aus Blut oder Liquor mittels einer RT-PCR (Reverse Transcriptase Polymerase Chain Reaction) möglich, ein negativer Befund schließt die Erkrankung jedoch nicht aus.1,5
Bildgebung
Das Kernspintomogramm ist für die anfänglich oft notwendige Differenzialdiagnostik gegenüber einer Herpes-simplex-Enzephalitis nützlich.
Bei ca. 20 % der Patient*innen finden sich Signalveränderungen im Thalamus und Corpus callosum.
Bei Immunsuppression lassen sich mitunter auch in anderen Bereichen des Gehirns und Rückenmarks Entzündungsherde nachweisen.
Es gibt keine Korrelation zwischen den beschriebenen Auffälligkeiten in der Bildgebung und der Prognose der Erkrankung, sodass keine zwingende Indikation zur Durchführung des Kernspintomogramms besteht.1
Eine Untersuchung von Zecken auf Infektionserreger wie Borrelien oder FSME-Viren wird nicht als sinnvoll angesehen.5
Indikationen zur Klinikeinweisung
Alle Patient*innen mit Verdacht auf FSME sollten ins Krankenhaus eingewiesen werden.
Therapie
Allgemeines zur Therapie
Es existiert keine spezifische Behandlung, sodass eine symptomatische Therapie erfolgt.
Die Krankheit ist in den meisten Fällen selbstlimitierend.
Lange, helle Kleidung tragen, Knöchel bedecken, Pfade und Wege nutzen, statt im hohen Gras zu gehen.
Die Verwendung von insektenabweisenden Mitteln (Repellents) auf Haut und Kleidung kann die Anzahl der Zecken reduzieren, die sich festsetzen. Die Wirkung lässt aber schnell nach (nach wenigen Stunden).1-2,5
Vorhandene Zecken schnell von Haut oder Kleidung entfernen. Nach Aufenthalt in der Natur vor allem Kinder gründlich nach Zecken absuchen.
Aufgrund der raschen Übertragung des FSME-Virus ist diese Maßnahme allerdings eher wirksam, um die Übertragung der erst später im Saugakt übertragenen Borreliose zu verhindern.2
Es sollten möglichst alle Teile der Zecke entfernt werden, um eine Entzündung zu vermeiden.
Hierzu greift man die Zecke mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenentfernungsinstrument nahe der Hautoberfläche, also an ihren Mundwerkzeugen (niemals am vollgesogenen Körper!) und zieht sie langsam und gerade aus der Haut.
Die Zecke sollte dabei möglichst nicht gedreht werden, und auf keinen Fall darf sie vor dem Entfernen mit Öl oder Klebstoff beträufelt werden.
Nach Entfernung der Zecke ist eine sorgfältige Desinfektion der Wunde erforderlich. Bei Bedarf sollte eine Tetanus-Impfung verabreicht werden.1-2
Wegen der in Einzelfällen beschriebenen Übertragung über nichtpasteurisierte Milch von Tieren in Endemiegebieten sollte der Verzehr nichtpasteurisierter Milch und Milchprodukte von Tieren aus FSME-endemischen Gebieten vermieden werden.1-2,5
Für eine aktive Immunisierung nach Exposition gibt es keine Evidenz, sodass sie nicht empfohlen werden kann. Eine passive Immunisierung nach der Exposition ist nicht möglich, da kein Immunglobulinpräparat zur Verfügung steht.1,5
Meldepflicht
Die Erkrankung an FSME sollte bei Verdacht auf eine Berufskrankheit Nr. 3102 den entsprechenden Berufsgenossenschaften gemeldet werden (Meldebogen).10
Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis vom FSME-Virus, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.1,5
Schutzimpfung
Empfehlungen der STIKO
Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-2,4-5,7
Eine Schutzimpfung empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO)
als Indikationsimpfung für Personen, die sich in Deutschland in Risikogebieten aufhalten.
bei beruflicher Gefährdung.
als Reiseimpfung bei Reisen in Risikogebiete außerhalb Deutschlands.
Bei der Impfberatung sollte Dauer, Ausmaß und Art der Gefährdung und die Mobilität der Patient*innen beachtet werden.
Kinder können ab dem vollendeten 1. Lebensjahr geimpft werden. Da bei Kindern < 3 Jahre das Risiko von Fieberreaktionen erhöht ist (ca. 15 %) empfiehlt die STIKO für diese zusammen mit den Eltern eine sorgfältige Indikationsstellung.
Die Impfung schützt vor allen 3 Subtypen des FSME-Virus.
Immunisierungsschemata
Die Grundimmunisierung besteht aus 3 Teilimpfungen. Für einen zeitlich begrenzten Impfschutz z. B. für eine Reise sind 2 Impfungen ausreichend, für einen langfristigen Impfschutz sind jedoch 3 Teilimpfungen erforderlich.
Impfschema Encepur® entsprechend der Fachinformation
Erstimpfung, 2. Impfung nach 1–3 Monaten und 3. Impfung 9–12 Monate nach der 2. Impfung
Schnellschema: Impfungen an den Tagen 0, 7 und 21
1. Auffrischung nach 3 Jahren, nach dem Schnellschema nach 12–18 Monaten
weitere Auffrischungsimpfungen bei Personen < 50 Jahre alle 5 Jahre, ab 50 Jahre alle 3 Jahre
Impfschema FSME immun® entsprechend der Fachinformation
Erstimpfung, 2. Impfung nach 1–3 Monaten und 3. Impfung 5–12 Monate nach der 2. Impfung
Schnellschema: Erstimpfung, 2. Impfung nach 2 Wochen und 3. Impfung 5–12 Monate nach der 2. Impfung
1. Auffrischung nach 3 Jahren
weitere Auffrischungsimpfungen bei Personen < 60 Jahre alle 5 Jahre, ab 60 Jahre alle 3 Jahre
Nach vollständiger Grundimmunisierung kann bei 99 % der Geimpften von einem vollständigen Schutz ausgegangen werden. In der Regel besteht schon nach 2 Impfungen bei 98 % ein Schutz, der für etwa 1 Jahr anhält.
Vergessene Auffrischimpfungen oder eine unvollständige Grundimmunisierung sind gemäß der STIKO kein Grund für eine neue Grundimmunisierung, auch wenn die Fachinformationen diesem teilweise widersprechen.
Studien weisen darauf hin, dass der Impfschutz nach erfolgter Grundimmunisierung und einer Auffrischimpfung wesentlich länger als 3–5 Jahre anhält.
Die Impfstoffe der beiden Hersteller sind austauschbar. Eine Grundimmunisierung mit dem Impfstoff eines Herstellers ist aber vorzuziehen.
Es gibt keine ausreichenden Erfahrungen zur Impfung in der Schwangerschaft, sodass eine sorgfältige Risikoabwägung erfolgen sollte.
Unter Immunsuppression kann sich meist kein sicherer Impfschutz aufbauen.
Die Impfung ist generell gut verträglich, wobei jeweils bis zu ca. 10 % der Geimpften lokale oder systemische Impfreaktionen zeigen.
Das Risiko eines Impfversagens liegt bei ca. 1:800.000/Jahr.
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (2019/2020)2,6-8
Indikationen zur Impfung
Personen, die in FSME-Risikogebieten zeckenexponiert sind.
Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (exponiertes Laborpersonal sowie in Risikogebieten, z. B. Forstbeschäftigte und Exponierte in der Landwirtschaft).
Personen, die in FSME-Risikogebieten außerhalb Deutschlands zeckenexponiert sind.
Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen mit einem für Erwachsene bzw. Kinder zugelassenen Impfstoff nach Angaben in den Fachinformationen
Sachsen: LK Vogtlandkreis, LK Erzgebirgskreis, LK Bautzen, LK Zwickau; LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, SK Dresden, LK Meißen, LK Mittelsachsen; 2021 neu hinzugekommen: SK Chemnitz, LK Görlitz
Sachsen-Anhalt: SK Dessau-Roßlau
Thüringen: SK Jena, SK Gera, LK Saale-Holzland-Kreis, LK Saale-Orla-Kreis, LK Saalfeld-Rudolstadt, LK Hildburghausen, LK Sonneberg, LK Greiz, LK Ilm-Kreis, SK Suhl, LK Schmalkalden-Meiningen, LK Weimarer Land
Ein Impfschutz sollte möglichst zu Beginn der Zeckensaison aufgebaut sein (Mai bis November).
Für die Impfung stehen Kinder-Impfstoffe (FSME-IMMUN Junior®, zugelassen ab 1 Jahr bis 15 Jahre, und Encepur Kinder®, zugelassen ab 1 Jahr bis 11 Jahre) und Erwachsenen-Impfstoffe (FSME-IMMUN®, zugelassen ab 16 Jahre, und Encepur®, zugelassen ab 12 Jahre) zur Verfügung.
Eine unterbrochene Grundimmunisierung sollte mit den fehlenden Impfstoffdosen abgeschlossen werden.
In der Fachinformation von FSME-IMMUN wird darauf hingewiesen, dass eine Grundimmunisierung nur nach 2 bereits gegebenen Impfstoffdosen durch eine zusätzliche Impfung vervollständigt werden kann. Nach Auffassung der STIKO gilt jedoch auch hier der Grundsatz „jede Impfung zählt“: Eine einmal begonnene Grundimmunisierung kann zu jeder Zeit fortgesetzt werden, und es muss KEINE erneute Grundimmunisierung erfolgen. Auch wenn eine Auffrischimpfung erst Jahre nach dem empfohlenen Impfzeitpunkt verabreicht wird, bietet sie je nach Lebensalter wieder 3–5 Jahre Schutz (siehe Fachinformationen).
Beide Impfstoffe schützen sowohl vor dem zentraleuropäischen FSME-Virus-Subtyp als auch vor den fernöstlichen und sibirischen FSME-Virus-Subtypen.
Ein großer Teil der Infektionen verläuft asymptomatisch, oder es kommt nicht zur meningoenzephalitischen 2. Phase (70–95 %).
Ca. 30 % der Infizierten entwickeln die 2. Krankheitsphase mit neurologischen Symptomen.
Hierbei handelt es sich in ca. 50 % der Fälle um eine isolierte Hirnhautentzündung (Meningitis), in ca. 40 % um eine Hirnentzündung (Meningoenzephalitis) und in ca. 10 % um eine Rückenmarkentzündung (Meningoenzephalomyelitis).
Ein mehrjähriger Verlauf mit kognitiver Dysfunktion und evtl. anderen neurologischen Restsymptomen ist möglich.
Bei etwa 40 % der FSME-Patient*innen sind längerfristige Rehabilitationsmaßnahmen notwendig.
Leichter Verlauf bei Kindern
Tendenziell schwererer Verlauf bei älteren und männlichen Patienten, oft mit langwieriger Rekonvaleszenz und bleibenden Defiziten.
Unter Immunsuppression (z. B. Rituximab) ist das Risiko für schwere und tödliche Verläufe erhöht.1,5
Komplikationen
Neurologische Folgeschäden
Langwierige Rekonvaleszenz
Prognose
Die meningitische Verlaufsform hat die beste Prognose und heilt in der Regel folgenlos aus.
Bei Meningoenzephalitis häufig für mehrere Wochen Kopfschmerzen, Müdigkeit, verminderte Belastbarkeit, emotionale Labilität, Konzentrations-, Koordinations- und Gedächtnisstörungen, Hör- oder Sprachstörungen und Lähmungen. Die neurologischen Auffälligkeiten können temporär, aber auch längerfristig bestehen bleiben. Defektheilung bei 20 % der Patient*innen.
Die Häufigkeit des postenzephalitischen Syndroms ist zwischen 6 und 12 Monate nach der Erkrankung rückläufig, Beschwerden, die nach 12 Monaten persistieren, bleiben aber oft langfristig. Nach 3 Jahre ist nicht mehr mit einer wesentlichen Besserung der Symptome zu rechnen.
Schlechteste Prognose bei Enzephalomyelitis, bei der ca. 50 % der Patient*innen dauerhafte Defizite behalten und 30 % der Betroffenen versterben.
Bei Kindern leichterer Verlauf, aber auch hier werden bei einem Teil der Patient*innen nach der Ausheilung neuropsychologische Defizite beschrieben.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). AWMF-Leitlinie Nr. 030-035. S1, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). AWMF-Leitlinie Nr. 030-035, Klasse S1, Stand 2020. www.awmf.org
Robert Koch-Institut: FSME: Risikogebiete in Deutschland (Stand: Januar 2022). Epid Bull 2022; 9: 3-21 www.rki.de
Beauté J, Spiteri G, Warns-Petit E, Zeller H. Tick-borne encephalitis in Europe, 2012 to 2016. Euro Surveill 2018; 23: 1800201. doi:10.2807/1560-7917.ES.2018.23.45.1800201 www.eurosurveillance.org
Robert Koch-Institut. Antworten auf häufig gestellte Fragen zur FSME-Impfung. Online-Ressource; Stand 22.02.2022. www.rki.de
Robert Koch-Institut. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). RKI-Ratgeber für Ärzte. Stand 2021. www.rki.de www.rki.de
Robert Koch-Institut, Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020, Epidemiologisches Bulletin August 2019; 34: 313-364 doi:10.25646/6233.2 www.rki.de
Kling K, Bogdan C, Ledig T et al. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu Reiseimpfungen. Epid Bull 2021; 14: 1–182 www.rki.de
Robert- Koch-Institut. Karte der FSME-Risikogebiete. Stand: 03.03.2022. www.rki.de
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2022. Stand 17.09.2021; letzter Zugriff 21.03.2022 www.dimdi.de
DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de www.dguv.de
Autor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
Anneke Damberg, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Münster
Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
CCC MK 22.03.2022 neue Risikogebiete und Fallzahlen.
DDD MK 30.09.2019: neue Risikogebiete und Fallzahlen laut RKI;
TrainAMed-Video eingefügt 25.6.19 UB
DDD MK 26.01.2018: neue Impfempfehlungen
DDD MK 25.05.2018: neue Risikogebiete nach RKI, Fallzahlen
CCC MK 24.06.2021 neue STIKO-Empfehlungen zur Reiseimpfung.
BBB MK 28.04.2020, komplett überarbeitet, an LL und RKI angepasst.
chck go 1.4.
MK 15.11.2017
Definition:Infektion des zentralen Nervensystems durch das FSME-Virus, das durch Zeckenstiche übertragen wird. Häufigkeit:Endemische Ausbreitung in weiten Teilen Europas. In Deutschland v. a. in Baden-Württemberg, Bayern sowie in Hessen, im südlichen Thüringen und Sachsen.