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Bursitis trochanterica/Trochanter-major-Schmerzsyndrom/peritrochantäres Schmerzsyndrom

Zusammenfassung

  • Definition: Schmerzhafte Veränderungen der Bursae, Sehnen oder sonstiger umgebender Weichteile über dem Trochanter major.
  • Häufigkeit: Sehr häufige Ursache von Hüftschmerzen, in der Hausarztpraxis 1,8 Fälle auf 1.000 Patienten.
  • Symptome: Schmerzen der lateralen Oberschenkelseite über dem Trochanter major.
  • Befunde:Druckschmerz über dem Trochanter major.
  • Diagnostik:Ggf. Bildgebung zur Differenzialdiagnostik.
  • Therapie:Konservative Therapie mit Physiotherapie, Stoßwellentherapie und ggf. Kortison-Infiltration.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Schmerzhafte Veränderungen der Bursae, Sehnen oder sonstiger umgebender Weichteile über dem Trochanter major
    • Resultierend in lateralen Oberschenkelschmerzen
    • Teilweise mit ausstrahlenden Schmerzen
  • Bursitis trochanterica wird als Begriff zwar weiterhin genutzt, ist aber irreführend, da Schmerzen nicht von Bursa ausgehen müssen.1
    • besser: peritrochantäres Schmerzsyndrom
    • Schmerzhafte Tendinopathien der Glutealmuskulatur sind häufiger als Bursitis.2

Häufigkeit

  • In der Hausarztpraxis 1,8 Fälle auf 1.000 Patienten3
    • sehr häufige Ursache von lateralen Hüft-/Oberschenkelschmerzen
  • Bei Patienten mit muskuloskelettalen Schmerzen im LWS-Bereich Prävalenz bis 35 % 1
  • Frauen:Männer 4:13
  • Selten bei Patienten < 20 Jahre4
  • Unter Sportlern sind vor allem Langstreckenläufer anfällig für Trochantertendinopathie.5

Klinische Anatomie

  • Verschiedene Bursae im Bereich des Trochanter major
    • posterior: Bursa retrotrochanterica
    • kranial: Bursae der Glutealmuskulatur
  • Bursae dienen als Gleitschicht zwischen Sehnen und Knochen.
  • Verschiedene Sehnen als auch Tractus iliotibialis verlaufen über den Trochanter major.
  • Die Schmerzlokalisation ist abhängig von der entzündeten Bursa bzw. Sehne.

Ätiologie und Pathogenese

  • Pathogenese
    • langfristige Überbelastung mit repetitiver Hüftflexion
    • verändertes, anomales Gangmuster
      • z. B. bei Gon-/Coxarthrose oder bei Z. n. Trauma
    • direkte Schädigung von Strukturen, z. B. durch Sturz
  • Trochantertendinopathie5
    • chronischer Schmerzzustand im Bereich der Insertionen des M. gluteus medius und minimus an der hinteren Kante des Trochanter major
    • durch Überbeanspruchung, gehäuft bei Langstreckenläufern

Prädisponierende Faktoren

  • Coxarthrose und rheumatische Erkrankungen6
  • Übergewicht 1
  • Lumbale, muskuloskelettale Rückenschmerzen1
  • Beinlängendifferenz
  • Langstreckenlauf5

ICPC-2

  • Bursitis/Tendinitis/Synovitis NNB

ICD-10

  • M70 Krankheiten des Weichteilgewebes im Zusammenhang mit Beanspruchung, Überbeanspruchung und Druck
    • M70.6 Bursitis trochanterica, Tendinitis trochanterica
    • M70.7 Sonstige Bursitis im Bereich der Hüfte
    • M70.8 Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes durch Beanspruchung, Überbeanspruchung und Druck

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Schmerzlokalisation im Bereich des Trochanter major
  • Druckschmerz posterolateral vom Trochanter major
  • Schmerzlinderung nach Lokalanästhesie

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Schmerzen
    • lateral im Oberschenkel über dem Trochanter major
      • ggf. mit Ausstrahlung nach distal und lateral
    • Verstärkung beim Liegen auf der betroffenen Seite
      • nächtliches Aufwachen
    • Belastungsschmerzen, vor allem beim Treppensteigen

Klinische Untersuchung

  • Klassischer Befund6
    • ausgeprägter Druckschmerz über dem Trochanter major
    • Provokation des bekannten Schmerzes durch Palpation
  • Gangbild 
    • Trendelenburg-Zeichen?
    • Duchenne-Hinken?
  • Beinlängendifferenz?
  • Bewegungsausmaß des Hüftgelenks
    • normale passive Beweglichkeit
    • Schmerzprovokation durch maximale passive Außenrotation7
  • Injektion eines Lokalanästhetikums – diagnostische Infiltration
    • Schmerzlinderung nach Injektion des Lokalanästhetikums in den betroffenen Bereich8
    • Ausschluss einer ausstrahlenden Schmerzursache im Hüftgelenk oder der LWS
  • Orientierende Untersuchung der LWS mit Erhebung der Motorik und Sensibilität beider unterer Extremitäten

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • In der Regel nicht erforderlich

Diagnostik beim Spezialisten

  • Röntgen ist nicht zwingend erforderlich.
    • Ausschluss von Frakturen, Coxarthrose
    • Evtl. sind Kalzifikationen in der Bursa nachweisbar.
      • jedoch unspezifischer Befund ohne Therapiekonsequenz
  • MRT und Ultraschall
    • Differenzierung zwischen Bursitis und Tendinopathien2

Indikationen zur Überweisung

  • Wenn eine adäquate Therapie keine merkliche Besserung erbringt.

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzfreiheit und Wiederherstellung der normalen Funktion

Allgemeines zur Therapie

  • Die Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend.
  • Ein konservatives Vorgehen ist die Therapie der Wahl:6
    • Vermeidung schmerzhafter Aktivitäten
    • Kühlung
    • NSAR zur kurzfristigen Schmerzlinderung
    • Dehn- und Kräftigungsübungen9
    • Gangschulung
    • Gewichtsabnahme.1
  • Eine Ergänzung durch extrakorporale Stoßwellentherapie ist sinnvoll.10
  • Im Verlauf weitere Option 
    • Infiltration von einer Kombination aus Glukokortikoiden und Lokalanästhetikum1
  • Bei therapierefraktären Beschwerden > 6 Monaten OP in Erwägung ziehen.

Empfehlungen für Patienten

  • Schonung
  • Regelmäßige Kühlung
  • Stretching-Übungen für Glutealmuskulatur, z. B.:
    • Auf den Boden setzen.
    • Unterschenkel über den kontralateralen Oberschenkel legen.
    • Knie Richtung Boden drücken, bis Dehngefühl in lateralem Oberschenkel auftritt.
  • Maßnahmen zur Korrektur von Gangstörungen
  • Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Patienten
  • Ergonomische Maßnahmen, sofern die Erkrankung als Folge von Überbeanspruchung bei der Arbeit entstanden ist.

Anerkennung als Berufskrankheit

  • Bei einem Zusammenhang mit der Arbeit ist eine Anerkennung als Berufskrankheit möglich.11
    • Der gesetzliche Unfallversicherungsträger ist zuständig.
    • Der Verdacht auf eine Berufskrankheit sollte dort gemeldet werden (Meldebogen12).
  • Ein anschließendes Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
  • Bei einem positiven Bescheid können Maßnahmen auf Kosten der GUV durchgeführt werden:
    • spezielle therapeutische Maßnahmen
    • Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
    • Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zur Zahlung einer Rente.13

Medikamentöse Therapie

  • NSAR
    • zur kurzfristigen Schmerzlinderung6
  • Injektion von Glukokortikoiden und Lokalanästhetikum
    • Effektiv bei Bursitis3,14
      • Cave: Bei einer Injektion in die Glutealsehne besteht die Gefahr einer Ruptur!
    • Ansprechraten bei Bursitis von 60–100 %1
    • Der Patient liegt auf der Seite, Hüfte und Knie leicht flektiert.8
      • Injektion am Punctum maximum des schmerzenden Bereichs 

Weitere Behandlungen

  • Physiotherapie mit Anleitung zu eigenständigen Übungen6
    • Verbesserung der Beweglichkeit, Dehnung und Kräftigung der betroffenen Glutealmuskulatur und des Tractus iliotibialis, Gangschulung
      • Ermöglicht Patient aktiv zu bleiben.
      • Beschleunigt den Heilungsprozess.15
  • Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
    • Ist zusätzlich zu o. g. konservativen Therapiemaßnahmen sinnvoll.
    • mit zusätzlicher ESWT deutliche Schmerzlinderung nach 1, 3 und 12 Monaten10
  • Operation
    • Ist bei einer Beschwerdepersistenz > 6 Monate trotz konservativer Therapie zu diskutieren.4
    • abhängig von der Schmerzursache z. B. endoskopische Bursektomie, Release des Tractus iliotibialis oder Naht von Rupturen der Glutealsehnen
    • bei korrekter Diagnose und adäquater chirurgischer Therapie gute Ergebnisse 9

Prävention

  • Regelmäßige Dehn- und Kräftigungsübungen für die Abduktoren sowie den Tractus iliotibialis

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Stark variabler Krankheitsverlauf
    • Manche Patienten sind innerhalb von Wochen beschwerdefrei, andere haben noch nach Jahren persistierende Schmerzen.

Komplikationen

  • Chronische Schmerzen
  • Einschränkung der täglichen Aktivitäten
  • Schlafstörungen
  • Hinken mit konsekutiver Fehlbelastung anderer Bereiche der unteren Extremität und LWS

Prognose

  • Nach 1 Jahr haben noch 36 % der Patienten Beschwerden.3
    • Patienten mit Arthrose der betroffenen Extremität haben ein fast 5-fach erhöhtes Risiko für persistierende Schmerzen.3
  • Einsatz von Glukokokortikoid-Injektionen senkte in einer Studie das Risiko für persistierende Schmerzen nach 5 Jahren um das 2,7-Fache.3

Patienteninformation

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Williams BS, Cohen SP. Greater trochanteric pain syndrome: a review of anatomy, diagnosis and treatment. Anesth Analg 2009; 108(5): 1662-70. www.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Kong A, Van der Vliet A, Zadow S. MRI and US of gluteal tendinopathy in greater trochanteric pain syndrome.. Eur Radiol 2007; 17(7): 1772-83. www.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Lievense A, Bierma-Zeinstra S, Schouten B, et al. Prognosis of trochanteric pain in primary care. Br J Gen Pract 2005; 55(512): 199-204. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Schunck J, Beroch J. Endoskopische Resektion der Bursa trochanterica. Arthroskopie 2004; 17: 96-99. doi.org
  5. Adkins SB 3d, Figler RA. Hip pain in athletes. Am Fam Physician 2000; 61: 2109-18. American Family Physician
  6. Dean DD. Trochanter bursitis. Medscape, last updated Apr 05, 2018. emedicine.medscape.com
  7. Ho GW, Howard TM. Greater trochanteric pain syndrome: more than bursitis and iliotibial tract friction. Curr Sports Med Rep 2012; 11(5): 232-8. www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Cardone DA, Tallia AF. Diagnostic and therapeutic injection of the hip and knee. Am Fam Physician 2003; 67: 2147-52. PubMed
  9. Lustenberger DP, Ng VY, Best TM, Ellis TJ. Efficacy of treatment of trochanteric bursitis: a systematic review. Clin J Sport Med 2011; 21:447. PubMed
  10. Furia JP, Rompe JD, Maffulli N. Low-energy extracorporeal shock wave therapy as a treatment for greater trochanteric pain syndrome. Am J Sports Med 2009 Sep; 37(9): 1806-13. PubMed
  11. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Dortmund. Merkblätter und wissenschaftliche Begründungen zu den Berufskrankheiten der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), zuletzt aktualisiert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. Dezember 2014. Zugriff 24.1.2017. www.baua.de
  12. DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de
  13. Mehrtens, G. Valentin, H. Schönberger, A. Arbeitsunfall und Berufskrankheit : rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung S.878ff. Berlin: Erich Schmidt Verlag 9: Auflage, 2017.
  14. Brinks A, van Rijn RM, Willemsen SP, Bohnen AM, Verhaar JA, Koes BW, et al. Corticosteroid injections for greater trochanteric pain syndrome: a randomized controlled trial in primary care. Ann Fam Med. 2011 May-Jun. 9(3):226-34. www.ncbi.nlm.nih.gov
  15. Butcher JD, Salzman KL, Lillegard WA. Lower extremity bursitis. Am Fam Physician 1996; 53(7): 2317-24. www.ncbi.nlm.nih.gov
  16. Cohen SP, Strassels SA, Foster L, et al. Comparison of fluoroscopically guided and blind corticosteroid injections for greater trochanteric pain syndrome: multicentre randomised controlled trial. BMJ 2009; 338: b1088. BMJ (DOI)
  17. Brinks A, van Rijn MR, Willemsen SP, et al. Corticosteroid injections for greater trochanteric pain syndrome: a randomized controlled trial in primary care. Ann Fam Med 2011; 9: 226-34. PubMed
  18. McEvoy JR, Lee KS, Blankenbaker DG, et al. Ultrasound-guided corticosteroid injections for treatment of greater trochanteric pain syndrome: Greater trochanter bursa versus subgluteus medius bursa. Am J Roentgenol 2013; 201: W313. pmid:23883246 PubMed
  19. Silva F, Adams T, Feinstein J, et al. Trochanteric bursitis: refuting the myth of inflammation. J Clin Rheumatol 2008; 14(2): 82-86. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autoren

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
  • Stig Fossum, Physiotherapeut, spesialkompetanse på muskel- og skjelettsykdommer, Moholt Fysioterapi, Trondheim
  • Bendik Johannessen, Physiotherapeut, Trondheim
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Bursitis trochanterica/Trochanter-major-Schmerzsyndrom/peritrochantäres Schmerzsyndrom
U-NH 12.10.17
BBB MK 31.07.2019, überarbeitet, gekürzt (AiW Ortho); Check GO 4.2.
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Definition: Schmerzhafte Veränderungen der Bursae, Sehnen oder sonstiger umgebender Weichteile über dem Trochanter major. Häufigkeit: Sehr häufige Ursache von Hüftschmerzen, in der Hausarztpraxis 1,8 Fälle auf 1.000 Patienten.
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