Was ist adhäsive Kapsulitis?
Die Schultersteife ist eine stark einschränkende Erkrankung. Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Gelenkinnenhaut, die das Schultergelenk umgibt. Die Gelenkinnenhaut verklebt allmählich mit dem Gelenkkopf, was zu chronischen Schmerzen und einer deutlich reduzierten passiven und aktiven Bewegungsfähigkeit der Schulter führt.
Etwa 2–5 % der Menschen sind im Laufe ihres Lebens von dieser Erkrankung betroffen, eine gleichzeitige Entzündung der zweiten Schulter ist selten. Die sog. adhäsive Kapsulitis tritt am häufigsten bei Menschen zwischen 40 und 60 Jahren auf, wobei Frauen anfälliger sind als Männer.
Ihr stufenweiser Verlauf dauert in der Regel 1–3 Jahre an, in einigen Fällen jedoch bis zu 10 Jahre.
Ursachen
In vielen Fällen ist die Ursache der Erkrankung unbekannt, d. h., die Beschwerden treten auf, ohne dass es im Voraus zu Schäden oder besonderen Belastungen gekommen ist (primäre oder idiopathische adhäsive Kapsulitis).
Sie kann sich auch nach einer Verletzung entwickeln, oft nach einem Sturz auf die Schulter (sekundäre oder traumatische adhäsive Kapsulitis). Auch länger andauernder Bewegungsmangel der Schulter kann ein Grund für die Beschwerden sein (Kapsulitis aufgrund von Inaktivität), beispielsweise nach einem Schlaganfall mit Lähmung, einem Knochenbruch oder bei Arthritis. Diabetes, Erkrankungen der Schilddrüse (die den Stoffwechsel kontrolliert) oder rheumatische Erkrankungen erhöhen ebenfalls das Risiko für eine adhäsive Kapsulitis.
Symptome und Beschwerdebilder
Die Erkrankung entwickelt sich schleichend mit Schmerzen und Steifigkeit im Schultergelenk. Patienten suchen meist erst nach Wochen oder Monaten eines zunehmend schmerzenden und steifen Schultergelenks ärztliche Hilfe auf. Viele von ihnen berichten von erheblichen Schmerzen im Ruhezustand und in der Nacht über eine längere Periode. Sie wachen häufig auf, wenn sie sich im Bett umdrehen, und können nicht auf der schmerzenden Schulter liegen. Die Schmerzquelle liegt an der Außenseite des Oberarms. Typischerweise wird die Beweglichkeit nach und nach erheblich eingeschränkt. Patienten klagen über Probleme beim Ankleiden und Schwierigkeiten, den Arm über Schulterhöhe anzuheben.
Einige Patienten berichten von einer ursprünglichen Verletzung (Trauma), oft einem Sturz auf die Schulter, oder von einer Überdehnung, bei denen die Schmerzen oft erst Tage oder Wochen später lästig werden.
Diagnostik
Zuerst ist eine gründliche Untersuchung der Schulter nötig. Als typischer Befund wird sowohl bei Eigenbewegung (Patientin/Patient selbst bewegt aktiv die Schulter) als auch bei Fremdbewegung (die Schulter wird passiv von der Ärztin/vom Arzt bewegt) eine in alle Richtungen eingeschränkte Beweglichkeit festgestellt. Symptome, die sich schleichend ohne erkennbare Ursache bemerkbar machen, sind ebenfalls häufig anzutreffen.
Labortests sind nur bedingt wertvoll, aber eine Röntgenuntersuchung der Schulter kann indiziert sein. Eine MRT wird nur in seltenen Fällen durchgeführt, insbesondere wenn bezüglich der Diagnose noch Unklarheiten bestehen.
Behandlung
Das Behandlungsziel ist es, die Schmerzen zu lindern und zu verhindern, dass ein chronischer Zustand entsteht. Es ist wichtig, dass Patienten ihren Arm im schmerzfreien Bereich selbst bewegen.
Meist ist ein konservatives Vorgehen ausreichend, da die Schultersteife üblicherweise von selbst abheilt. Physiotherapie wird in allen Phasen der Erkrankung empfohlen. Dabei hilft schon leichtes Bewegungstraining, um die noch vorhandene Beweglichkeit und Muskelkraft zu erhalten. Über die Schmerzgrenze hinausgehende Übungen und Bewegungen hingegen können den Verlauf der Erkrankung erschweren und die Schmerzen erheblich verstärken.
Bei deutlicher Funktionseinschränkung und starken Schmerzen können Kortisonspritzen in die Schulter oder Kortison in Tablettenform erforderlich sein. Kortison ist ein entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Hormon. Wiederholte Injektionen in das Schultergelenk können für etwa 6 Wochen die Schmerzen lindern und damit die Lebensqualität verbessern. Darüber hinaus können weniger starke Schmerzmittel und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) kurzzeitig eingesetzt werden, wenn die Schmerzen nur mäßig ausgeprägt sind.
Chirurgische Eingriffe werden nur selten eingesetzt, wenn sonst keine Therapie anspricht. Die meisten Patienten werden von selbst gesund und bei einigen verschlechtert sich der Zustand nach einer Operation sogar.
Nur wenn die beschriebenen Maßnahmen gar nicht zu einer Verbesserung führen, kann die arthroskopische Kapsellösung über ein Endoskop nützlich sein. Ein Endoskop ist eine biegsame, mit einer Lichtquelle ausgestattete Röhre, durch die die Ärzte hindurchsehen und chirurgische Instrumente steuern können. Auf diese Weise können operative Eingriffe durch eine kleine Zugangsöffnung hindurch vorgenommen werden. Dabei entsteht eine kleinere Wunde als bei der herkömmlichen Chirurgie. Durch die Operation soll das Gelenk von Verklebungen befreit werden und so die Beweglichkeit der Schulter verbessert und der Krankheitsverlauf verkürzt werden.
Prognose
Obwohl die Erkrankung üblicherweise von selbst abheilt, kann die Dauer variieren. Der Verlauf ist eingeteilt in die Anfangsphase mit Schmerzen, die Einsteifungsphase und die Lösungsphase.
Die Schmerzphase kann 6–12 Monate andauern, während die Einsteifungsphase 4–20 Monate dauern kann. Die Lösungsphase zeichnet sich durch wenig Schmerzen, aber eine starke Versteifung aus. Daraufhin verbessert sich die Beweglichkeit allmählich, und die meisten Patienten erlangen nach 1–3 Jahren wieder ihre volle Mobilität.
Die Behandlung mit Kortisonspritzen lindert die Schmerzen, scheint aber nicht den Genesungsverlauf zu beschleunigen.
Weitere Informationen
- Diabetes, Typ 2
- Schlaganfall
- Frakturen (Knochenbrüche)
- Rheumatoide Arthritis
- Adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel – Informationen für ärztliches Personal
- Deutsche Rheuma-Liga: Kortisonpräparate
- Deutsche Rheuma-Liga: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR)
Autoren
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien