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ErstbehandlungWirbelsäulenverletzung, bei Verdacht auf HalswirbelsäulenfrakturAkutbehandlung

Allgemeine Informationen

  • Eine gezielte körperliche Untersuchung, inklusive der Halswirbelsäule und der mit ihr verbundenen Funktionen, soll bei allen Patienten durchgeführt werden, die
    • an Autounfällen beteiligt
    • schwer gestürzt
    • an Unfällen mit Bewusstseinsverlust beteiligt oder
    • einem Hochenergietrauma ausgesetzt waren.
  • Umfang und Folgen
    • Frakturen der Halswirbelsäule machen etwa die Hälfte aller Wirbelsäulenfrakturen aus.
    • Bei 50 % der Patienten mit einer Halswirbelsäulenfraktur liegen medulläre oder radikuläre Syndrome vor.
    • Bei bewusstlosen Patienten besteht bis zum Beweis des Gegenteils immer ein Verdacht auf medulläre und/oder radikuläre Schäden.1
  • 5 Kriterien nach NEXUS-Studie, bei deren Fehlen (also, wenn keine Kriterien vorliegen) eine Verletzung der Halswirbelsäule unwahrscheinlich ist:1
    • Bewusstseinsstörung
    • neurologisches Defizit
    • Wirbelsäulenschmerzen oder Muskelhartspann
    • Intoxikation
    • Extremitätentrauma.
  • Weiterführende Informationen finden Sie auch im Artikel Rückenmarksverletzungen

Patientenversorgung an der Unfallstelle (Transportvorbereitung)

  • Die Sicherung von Atmung und Kreislauf hat höchste Priorität und muss parallel zur Stabilisierung der Halswirbelsäulenfraktur durchgeführt werden.
  • Die Halswirbelsäule soll bei der schnellen und schonenden Rettung vor der eigentlichen technischen Rettung immobilisiert werden. Die Notwendigkeit zur Sofortrettung (z. B. Feuer/Explosionsgefahr) stellt eine Ausnahme dar.1
  • Achten Sie auf andere möglicherweise vorhandene Läsionen.
    • Ca. 5 % der Patienten mit einer Halswirbelsäulenfraktur weisen auch eine Fraktur in einem anderen Teil der Wirbelsäule auf.
  • Patienten mit neurologischen Ausfällen und vermuteter Wirbelsäulenverletzung sollten primär in ein geeignetes Traumazentrum transportiert werden.1
  • Siehe auch Artikel Akutmedizinische Behandlung von Schwerverletzten am Unfallort.

Ausrüstung

  • Steife Halskrause (Stiffneck)
  • Venenkatheter
  • NaCl-Infusionslösung
  • Methylprednisolon
  • Atropin
  • Inotropika
  • Sauerstoff

Vorgehen

Freie Atemwege und Respiration sichern

  • Eine medulläre Läsion der Halswirbelsäule beeinträchtigt die Rippenatmung.
  • Bei Läsionen oberhalb des C6-Segments wird auch die Zwerchfellatmung beeinträchtigt.
  • Eine Hypoxie kann die Beschädigung des Rückenmarks verschärfen.
    • Führen Sie 100 % Sauerstoff mit einem Durchsatz von 10 l/min zu.
    • Sorgen Sie für freie Atemwege.
    • Eine nasopharyngeale Luftzufuhr bzw. Intubation darf nicht durchgeführt werden, wenn ein Verdacht auf Schädelbasisbruch besteht.
    • Vermeiden Sie eine Dehnung des Halses, wenn eine Intubation erforderlich ist.

Kreislauf sichern

  • Eine medulläre Läsion der Halswirbelsäule führt zu einer Abnahme des Sympatikotonus.
  • Dies führt zu einem neurogenen Schock mit Blutdruckabfall, Bradykardie und erwärmten Gliedmaßen, im Gegensatz zum hypovolämischen Schock, der durch einen verminderten Blutdruck, Tachykardie und kalten Gliedmaßen gekennzeichnet ist.
  • Halten Sie einen systolischen Druck von mehr als 90 mmHg aufrecht.
    • Hypotonie wird mit Inotropika und Flüssigkeit behandelt.
    • Bradykardie wird mit Atropin behandelt.

Körperhaltung und Umlagerungen

  • Legen Sie die Patienten flach auf den Rücken, wobei der Kopf in Längsrichtung nach der Körperachse ausgerichtet wird.
  • Falls die Patienten in Seitenlage gebracht werden müssen, z. B. um zu erbrechen, stützen Sie den Kopf so, dass die Längsachse mit dem Körper aufrecht erhalten bleibt.
  • Die Umlagerung von Patienten mit Verdacht auf eine instabile Halswirbelsäulenfraktur von einem Bett zum anderen, muss von mehreren Personen durchgeführt werden.
    • Eine Person steht am Kopfende des Bettes und hält den Kopf längs an der Körperachse ausgerichtet, während die anderen gemeinsam die verletzte Person auf das andere Bett ziehen oder hinüberheben.
    • Sprechen Sie das Vorgehen vorher ab, und die Person, die den Kopf hält, gibt während der Umlagerung die Anweisungen.
    • Um zu verhindern, dass sich der Kopf relativ zum Körper bewegt, ist es ratsam, die verletzte Person beidseitig an den Schultern festzuhalten und den Kopf auf den Unterarmen ruhen zu lassen.
    • Am zweckmäßigsten ist die Umlagerung unter Zuhilfenahme einer Gleitmatratze.
    • Sollte es notwendig sein, die Patienten in Seitenlage zu bringen, wird die Stellung des Kopfes durch einen festen Griff um den Hinterkopf der Patienten gesichert.

Steife Halskrause (Stiffneck)

  • Patienten wird bei Eintreffen in der Klinik eine steife Halskrause angelegt, wenn dies nicht bereits am Unfallort geschehen ist.
  • Die Halskrause muss der Größe der Patienten angepasst sein.
  • Das hintere Teil wird vorsichtig unter den Nacken gelegt und mit dem Vorderteil zusammengefügt. Siehe auch die Gebrauchsanleitung für die Halskrause.
  • Zur Unterstützung können auf beiden Seiten Sandsäcke eingesetzt werden, die jedoch allein nicht ausreichen.
  • Sinnvoll ist die zusätzliche Lagerung in einer Vakuummatratze.
  • Eine weiche Halsstütze ist bei Wirbelsäulenfrakturen nutzlos.

Anamnese

  • Die Anamnese hat einen hohen Stellenwert und sollte erhoben werden:1
    • Unfallmechanismus
    • Polytrauma
    • Verkehrsunfall (Gurt/Airbag)
    • Hochrasanztrauma
    • Sturz aus großer Höhe
    • Alkohol-/Drogeneinfluss
    • Schädel-Hirn-Trauma und Verletzungen des Gesichtes gelten als Risikofaktoren für das Vorliegen einer Halswirbelsäulenverletzung1

Klinische Untersuchung

  • Im Schockraum hat die klinische Untersuchung bei Wirbelsäulenverletzungen einen hohen Stellenwert und sollte durchgeführt werden.1
    • Inspektion
      • Kontusionen und Hämatome
    • Palpation
      • Versatz oder Fehlstellungen der Dornfortsatzreihe und Dellen in betroffenen Segmenten
      • Schmerzen auf Druck, Distraktion oder Bewegung sowie zwanghafte Fehlstellungen
    • Schmerzangaben an Kopf und Rumpf
    • Prüfung von Motorik und Sensibilität

Bildgebende Untersuchungen

  • Eine Wirbelsäulenverletzung sollte nach Kreislaufstabilisierung und vor Verlegung auf die Intensivstation durch bildgebende Diagnostik abgeklärt werden.1
  • Für die Schockraumdiagnostik sollte bei Kreislaufstabilität je nach Ausstattung der aufnehmenden Klinik die Wirbelsäule abgeklärt werden: Vorzugsweise durch Mehrschicht-Spiral-CT.
  • Es jedoch werden mindestens Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen sowie eine Denszielaufnahme angefertigt.
  • Röntgen
    • Überprüfung, ob
      • eine Kompression der Wirbelkörper vorliegt.
      • die Hinterkanten der Wirbelkörper aligniert sind.
      • die Stellung der Facettengelenke normal ist.
      • eine anomale Diastase zwischen den Dornfortsätzen besteht.
      • die Bandscheibenfächer normal weit sind.
      • alle 7 Wirbel zu sehen sind.
    • Wenn es z. B. wegen eines kurzen Halses nicht möglich ist, die unteren Wirbel zu erkennen, soll eine zusätzliche Aufnahme gemacht werden, um diese Wirbel sichtbar zu machen, vorzugsweise eine Computertomografie.
    • Im konventionellen Röntgen pathologische, verdächtige und nichtbeurteilbare Regionen sollten mit CT weiter abgeklärt werden.1
  • CT
    • Durchführung einer ergänzenden CT bei Bedarf2
    • In folgenden Fällen soll eine CT der Halswirbelsäule durchgeführt werden:
      • bei auf dem Röntgenbild erkennbarer Fraktur
      • bei starkem Verdacht auf Fraktur
      • bei mehrfach traumatisierten Patienten
      • bei Hochenergietrauma-Patienten.
  • MRT
    • In der Anfangsphase ist eine MRT selten indiziert.

Therapie

  • Instabile Wirbelsäulenverletzungen mit gesicherten oder anzunehmenden neurologischen Ausfällen, mit Fehlstellungen, bei denen durch die Reposition, Dekompression und Stabilisierung neurologische Ausfälle vermutlich verhindert oder gebessert werden können, sollten möglichst frühzeitig operiert werden („day 1 surgery").1
  • Stabile Wirbelsäulenverletzungen ohne Neurologie sollten konservativ therapiert werden.
  • Als primäre Operationsmethoden eingesetzt werden:
    • Halo-Fixateur
      • wenn Kontraindikationen gegen eine an sich notwendige, definitive, innere Osteosynthese sprechen und
      • wenn eine weiche HWS-Stütze für die vorübergehende Stabilisierung nicht ausreicht.
    • ventrale Stabilisierungsverfahren
      • insbesondere bei den C3–C7 Luxationsfrakturen

Komplikationen

  • Eine Verschlechterung des neurologischen Zustands nach Ankunft in der Erstaufnahme ist erfahrungsgemäß selten.
  • Die klinische Höhe des medullären Schadens kann in den Stunden nach dem Unfall ansteigen.
  • Dies ist zumeist Gefäßerkrankungen, Hypoxie und der Freisetzung von neurotoxischen Substanzen geschuldet.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012-019. S3, Stand 2016. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012-019, Stand 2016. www.awmf.org
  2. Hadley MN, Walters BC, Grabb PA et al. Guidelines for the management of acute cervical and spinal cord injuries. Neurosurgery 2002;50(suppl 3);S2-S199. www.cns.org

Autoren

  • Sandra Krüger, Dr. med. Fachärztin für Orthopädie, Berlin
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
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ErstbehandlungWirbelsäulenverletzung, bei Verdacht auf HalswirbelsäulenfrakturAkutbehandlung
U-NH 08.11.17
BBB MK 12.07.2023 revidiert, komplett umgeschrieben, neuer Titel. Revision at 14.12.2015 16:59:17: Gwrman Version CCC MK komplett überarbeitet (Orthopädin)
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Eine gezielte körperliche Untersuchung, inklusive der Halswirbelsäule und der mit ihr verbundenen Funktionen, soll bei allen Patienten durchgeführt werden, die an Autounfällen beteiligt schwer gestürzt an Unfällen mit Bewusstseinsverlust beteiligt oder einem Hochenergietrauma ausgesetzt waren.
Erste Hilfe/Notfallmedizin
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