Fraktur des Processus coronoideus ulnae

Zusammenfassung

  • Definition:Bruch des ventralen Knochenvorsprungs an der proximalen Ulna, meist im Rahmen von schweren Ellenbogenverletzungen (Luxation).
  • Häufigkeit:Sehr selten, nur 1–2 % aller Ellenbogenfrakturen.
  • Symptome:Schmerzen und Bewegungseinschränkung des Ellenbogens, in der Regel nach schwerem Trauma.
  • Befunde:Schwellung und bei Luxation Fehlstellung des Ellenbogens.
  • Diagnostik:Röntgen. CT bei komplexen Frakturen.
  • Therapie:Operative Refixation des Fragments. Bei unverschobenem Fragment und keinen weiteren relevanten Begleitverletzungen auch konservative Therapie mit Immobilisierung im Oberarmgips möglich.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Bruch des ventralen Processus coronoideus an der proximalen Ulna, in der Regel im Rahmen einer Ellenbogenluxation1
  • Terrible-Triad-Läsion: Kombination aus Ellenbogenluxation, Radiusköpfchenfraktur und Processus-coronoideus-Fraktur2

Häufigkeit

  • Sehr selten, macht nur 1–2 % aller Ellenbogenfrakturen aus.1

Klinische Anatomie

  • Der Processus coronoideus ist die distale „Lippe“ der Incisura trochlearis an der ventralen Ulna.
  • Er stabilisiert die Ulna gegen eine nach ventral gerichtete Kraft des Humerus.3 
  • Darüber hinaus fungiert er als Stabilisator gegen Varuskraft, die insbesondere bei rupturiertem lateralen Kollateralband an Bedeutung gewinnt.3

Ätiologie und Pathogenese

  • Meist schweres Ellenbogentrauma mit Ellenbogenluxation, bei dem der luxierte distale Humerus den Processus coronoideus abschert.

ICPC-2

  • L76 Fraktur, andere

ICD-10

  • S52.02 Fraktur des Processus coronoideus ulnae

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Nachweis der Fraktur durch Röntgen des Ellenbogens

Differenzialdiagnostik

Anamnese

  • Traumaanamnese
    • meist schweres Trauma des Ellenbogens, z. B. Hochrasanztrauma bei Sturz aus großer Höhe
  • Schmerzen und Schwellung am Ellenbogen

Klinische Untersuchung

  • Inspektion
    • Prellmarke, Hämatom
    • Schwellung
    • bei Luxation Fehlstellung des Gelenks
  • Palpation
    • Druckschmerz über Frakturstelle
  • Funktionsprüfung
    • vermindertes Bewegungsausmaß im Ellenbogen, vor allem Extension eingeschränkt
    • zusätzlich Untersuchung der angrenzenden Gelenke (Handgelenk und Schulter)
    • Überprüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Röntgen des Ellenbogens1
    • mindestens 2 Ebenen (frontal und seitlich)
    • ggf. zusätzlich schräge Aufnahme (Greenspan-Aufnahme) zum Nachweis auch minimal-dislozierter Frakturen
  • CT und MRT
    • bei komplexen Frakturen zur OP-Planung und Beurteilung ligamentärer Begleitverletzungen

Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • Bei V. a. Fraktur Überweisung an Unfallchirurg*in
  • Bei V. a. Luxation des Ellenbogens Einweisung ins Krankenhaus

Therapie

Therapieziele

  • Anatomische Reposition
  • Wiederherstellung der normalen Ellenbogenfunktion

Allgemeines zur Therapie

  • In den meisten Fällen ist die Fraktur des Processus coronoideus eine Begleitverletzung von schweren Ellenbogenverletzungen (Luxationen), durch die das Gelenk instabil ist.
    • Im Rahmen der operativen Stabilisierung wird das abgebrochene Fragment vom Processus refixiert, in der Regel per K-Draht und kanülierter Schrauben.4
  • Bei stabilem Gelenk und unverschobener Fraktur kann auch eine konservative Therapie mit Immobilisation im Oberarmgips erfolgen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • In der Regel wird nach der osteosynthetischen Versorgung ein Gips für 1–2 Wochen angelegt und anschließend mit physiotherapeutischen Übungen begonnen.1

Komplikationen

  • Pseudarthrose
  • Posttraumatische Arthrose des Ellenbogengelenks
  • Instabilität des Ellenbogengelenks mit rezidivierenden Luxationen

Prognose

  • Die Prognose bezüglich der Funktionalität des Ellenbogens wird vor allem von den Begleitverletzungen und nur in geringem Maße von der Fraktur des Processus coronoideus bestimmt.

Illustrationen

215px-Gray212.png
Processus coronoideus der Ulna (Quelle: Wikimedia https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gray212.png)

Quellen

Literatur

  1. Tejwani N. Coronoid fracture. Medscape, last updated Oct 11, 2021. emedicine.medscape.com
  2. Siebenlist S, Imhoff AB, Braun KF. Komplex: die Terrible-Triad-Läsion des Ellenbogens. Orthopädie & Rheuma 2016; 19: 31-34. link.springer.com
  3. Rausch V, Hackl M, Seybold D. Plattenosteosynthese des Processus coronoideus ulnae. Oper Orthop Traumatol 2020; 32: 35-46. link.springer.com
  4. Rausch V, Wegmann K, Müller L, et al. Frakturen des Ellenbogengelenks. Arthroskopie 2018; 31(1): 32-40. link.springer.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit