Zusammenfassung
- Definition:Das Felty-Syndrom ist eine seltene extraartikuläre Manifestation der rheumatoiden Arthritis und durch Splenomegalie und Neutropenie charakterisiert.
- Häufigkeit:Selten, wird bei weniger als 1 % der Patient*innen mit rheumatoider Arthritis diagnostiziert.
- Symptome:Das Felty-Syndrom tritt meist nach 10–15 Jahren mit rheumatoider Arthritis auf. Das Felty-Syndrom ist klinisch durch eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen gekennzeichnet.
- Befunde:Gelenkveränderungen mit rheumatoider Arthritis und Splenomegalie.
- Diagnostik:Ultraschall kann die Splenomegalie bestätigen.
- Therapie:Krankheitsmodifizierende Medikamente wirken sich positiv auf die Leukopenie aus.
Allgemeine Informationen
Definition
- Das Felty-Syndrom ist eine seltene extraartikuläre Manifestation der rheumatoiden Arthritis, und zeichnet sich durch Splenomegalie und Neutropenie aus.1-2
- Andere extraartikuläre Manifestationen sind oft vorhanden.
Häufigkeit
- Ist deutlich seltener geworden, wird bei weniger als 1 % der Patient*innen mit rheumatoider Arthritis diagnostiziert.
- Mildere Verläufe des Felty-Syndroms können möglicherweise häufiger auftreten, ohne dass sie diagnostiziert werden. Splenomegalie ohne gleichzeitig auftretende Leukopenie tritt bei 6–10 % der Patient*innen mit rheumatoider Arthritis auf.
- Zusammenhang mit Lymphadenopathie und Thrombozytopenie
- Wie auch bei rheumatoider Arthritis machen Frauen 2/3 der Patient*innen mit Felty-Syndrom aus.
- Die meisten Patient*innen sind beim erstmaligen Auftreten der Krankheit 55–65 Jahre alt.
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ursache der Neutropenie ist unbekannt.
- Drei ursächliche Mechanismen werden diskutiert:
- erhöhte periphere Sequestration, Hypersplenie
- fehlerhafte Granulopoese
- veränderte Neutrophilenfunktion.
- Pathophysiologisch liegt ein Ungleichgewicht zwischen Granulozytenproduktion und Granulozytenverbrauch im Kreislauf vor.2
- Neutropenie prädisponiert für wiederkehrende bakterielle Infektionen.3
Prädisponierende Faktoren
- Gewebsantigen HLA-DR4
ICPC-2
- L88 Rheumatoide Arthritis
ICD-10
- M05.0 Seropositive chronische Polyarthritis Felty-Syndrom
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Das Felty-Syndrom ist eine klinische Diagnose bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis, Splenomegalie und Neutropenie.
Differenzialdiagnosen
- Infektion
- Andere immunologische Erkrankungen
- Medikamenteninduzierte Erkrankungen
- Hämatologische Erkrankung
Anamnese
- Die meisten Patient*innen, die das Felty-Syndrom entwickeln, leiden seit 10–15 Jahren an rheumatoider Arthritis.
- Das Felty-Syndrom ist klinisch durch erhöhte Infektionsanfälligkeit gekennzeichnet.
- Charakteristisch sind:
- hohe Aktivität der Gelenkerkrankung
- hoher Grad der Gelenkzerstörung
- häufig auftretende extraartikuläre Manifestationen wie Rheumaknoten, Sjögren-Syndrom und Vaskulitis.
- Die Erkrankung kann auch bei Patient*innen mit minder schwerer rheumatoider Arthritis auftreten.
Komplikationen durch Infektionen
- Bei Infektionen im Rahmen des Felty-Syndroms fehlen oft die üblichen Anzeichen einer Infektion wie Fluktuation, Induration und Exsudat.
- Die Anwendung von Kortikosteroiden kann die Wahrscheinlichkeit einer Abwesenheit von Krankheitszeichen erhöhen.
- Einflussfaktoren für die hohe Infektionsanfälligkeit sind der allgemeine Schweregrad der Erkrankung, Immobilisierung, lokale Faktoren wie Beingeschwüre und trockene Schleimhäute.
- Infektionen der Haut und Atemwegsinfekte kommen am häufigsten vor.
Klinische Untersuchung
- Splenomegalie
- Kann bei mindestens 90 % palpatorisch nachgewiesen werden.4
- Ist auch bei schwerer Neutropenie manchmal schwierig nachzuweisen.
- Die Milzgröße korreliert nicht mit der Schwere der Neutropenie oder dem klinischen Verlauf.5
- Eine Milzvergrößerung ist für die Diagnose nicht absolut erforderlich.2
- Veränderungen, die mit rheumatoider Arthritis vereinbar sind.
Ergänzende Untersuchungen
- Leukozyten, Hämoglobin, Thrombozyten, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper.
- Leukopenie
- Beruht auf der verringerten Anzahl von Neutrophilen.
- Der Grad variiert von leicht (1,0–1,8 x 109/l) über moderat (0,5–1,0 x 109/l) bis zu schwer (< 0,5 x 109/l).
- Bei den meisten Patient*innen leichte bis mittelschwere Anämie.
- Bei manchen leichte Thrombozytopenie.
- Der Rheumafaktor ist im Serum fast immer vorhanden und oft mit hohem Titer.
- Antinukleäre Antikörper im Serum bei 60–80 %, und zirkulierende Immunkomplexe können oft nachgewiesen werden.
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Ultraschall oder Szintigrafie können die Splenomegalie bestätigen.
- Die Größe der Milz beträgt etwa das Vierfache der Norm, auch massive Splenomegalie kann auftreten.
- Die Milzgröße steht nicht in Korrelation mit der Schwere der Neutropenie oder der Arthritis.2
- Eine Knochenmarkaspiration kann notwendig sein, um andere Ursachen für die Neutropenie auszuschließen.
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf die Erkrankung
Therapie
Therapieziele
- Die Leukopenie verbessern.
- Infektionskomplikationen bekämpfen.
Allgemeines zur Therapie
- Da das Felty-Syndrom meist bei Patient*innen mit hochaktiver, destruktiver RA auftritt, gilt es, unmittelbar nach Stellung der Diagnose RA so optimal wie möglich zu behandeln, um die Entzündungsaktivität zu reduzieren.
- Die Behandlung mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten hat einen positiven Effekt auf Leukopenie beim Felty-Syndrom.6
- Hämatopoetische Wachstumsfaktoren sind eine wirksame Behandlungsmöglichkeit.
- Splenektomie
- War früher ein zentraler Bestandteil der Therapie, wird aber heute kaum mehr durchgeführt.
- Asymptomatische Patient*innen mit Felty-Syndrom oder Patient*innen ohne wiederkehrende Infektionen benötigen wahrscheinlich keine Behandlung.7
Empfehlungen für Patient*innen
- Generelles Vorbeugen von Infektionen wie gute Zahnhygiene, gute Händehygiene, Durchführung empfohlener Impfungen
Medikamentöse Therapie
- Krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARD)
- z. B. Methotrexat, Azathioprin
- Kortikosteroide
- Vorsicht ist wegen des hohen Infektionsrisikos geboten.
Hämatopoetische Wachstumsfaktoren6
- Sie erhöhen die Zahl der peripheren zirkulierenden Neutrophilen.
- Zwei Arten werden verwendet: GM-CSF und G-CSF.
- Werden in der Regel als subkutane Injektion verabreicht.
- Ein Aufflammen der Arthritis ist die häufigste Nebenwirkung.
- Die Behandlung hat ihre Wirksamkeit bei Neutropenie und den damit verbundenen Infektionen gezeigt.
- Ist besonders geeignet, wenn eine schnelle Wirkung erwünscht ist.
- Einige Patient*innen können einen langfristigen Therapieerfolg nach kurzer Behandlungszeit aufweisen.
- Die meisten benötigen jedoch eine kontinuierliche Behandlung.
- Die Langzeitbehandlung ist verträglich und wirksam.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Splenektomie
- Über viele Jahre war die Splenektomie die Hauptbehandlung bei Felty-Syndrom. Bessere medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten haben dazu geführt, dass die Splenektomie nur noch selten durchgeführt wird.
Prävention
- Impfung gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Erhöhte Anfälligkeit für Infektionen
- Die meisten Menschen mit Felty-Syndrom haben 10–15 Jahre an rheumatoider Arthritis gelitten.
Komplikationen
- Erhöhte Infektionsanfälligkeit als Folge der Neutropenie
- Oft treten gingivale oder perirektale Schleimhautentzündungen auf sowie Phlegmone, Furunkulose, Pneumonie und Sepsis.
- Bei Infektionen im Rahmen des Felty-Syndroms fehlen oft die üblichen Anzeichen einer Infektion wie Fluktuation, Induration und Exsudat.
- Eine Infektion ist die häufigste Todesursache beim Felty-Syndrom.
- Hautinfektionen und Atemwegsinfekte sind die häufigsten Infektionsformen.
- Erhöhtes Risiko für Non-Hodgkin-Lymphom
Prognose
- Bessere medikamentöse Therapie und verminderte Splenektomierate haben die Prognose verbessert.
- Die Fünf-Jahres-Mortalitätsrate betrug 25–36 %, aber sie ist jetzt bedeutend niedriger. Dazu gibt es aber noch keine gute Datengrundlage.
Verlaufskontrolle
- Follow-up durch Spezialist*innen in Rheumatologie
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Felty AR. Chronic arthritis in the adult associated with splenomegaly and leukopenia. Bull Johns Hopkins Hosp 1924; 35: 16. www.sciencedirect.com
- Kay J. Clinical manifestations and diagnosis of Felty's syndrome. UpToDate, last updated Apr 21, 2014. UpToDate
- Campion G, Maddison PJ, Goulding N, et al. The Felty syndrome: A case matched study of clinical manifestations and outcome, serologic features, and immunogenetic association. Medicine 1990; 69: 69. PubMed
- Kay J. Indications for splenectomy in Felty's syndrome. UpToDate, last updated Dec 04, 2013. UpToDate
- Burks EJ, Loughran TP Jr. Pathogenesis of neutropenia in large granular lymphocyte leukemia and Felty syndrome. Blood Rev 2006; 20: 245. PubMed
- Kay,J:. Drug therapy in Felty's syndrome. UpToDate, last updated Oct 21, 2019 www.uptodate.com
- Rashba EJ, Rowe JM, Packman CH. Treatment of the neutropenia of Felty syndrome. Blood Rev 1996; 10: 177-84. PubMed
Autor*innen
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München (Revision auf der Basis von NEL)
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).