Schlaganfall, Akutversorgung

Allgemeine Informationen

  • Dieser Artikel behandelt die Erste-Hilfe-Maßnahmen. Eine umfassende Darstellung zu Diagnostik und Therapie finden Sie im Artikel Schlaganfall und TIA.
  • Ursachen eines Schlaganfalls
    • zerebrale Ischämie durch:
      • Thrombus: Bildung eines örtlichen Blutgerinnsels im Gehirn
        • Dies ist die häufigste Ursache.
      • Embolus: Blutgerinnsel, das sich von einer anderen Lokalisation bis ins Gehirn bewegt.
      • Gefäßspasmen, z. B. nach subarachnoidaler Blutung.
    • intrazerebrale Blutung 
    • subarachnoidale Blutung
  • Die Unterscheidung der Ursache ist präklinisch nicht sicher möglich.

Diagnostik

Präklinische Versorgung

  • Für einen Schlaganfall ist typisch, dass die Symptome sich sehr schnell entwickeln. 90 % aller Schlaganfall-Patient*innen zeigen mindestens eines der FAST-Symptome.1
  • Face-Arm-Speech-Test2
    • zur präklinischen Schlaganfallerkennung 
    • Der Test kann auch im Telefongespräch mit der betroffenen Person angewandt werden, z. B. auch von einer entsprechend geschulten MFA, die bei positivem Test sofort den Rettungsdienst rufen soll.3
    • Der Test ist positiv, wenn mindestens ein Merkmal erfüllt ist (auch anamnestisch innerhalb der letzten Stunden).
    • FACE – Fazialisparese
      • Bitten Sie die Person zu lächeln.
      • Ist das Gesicht einseitig verzogen? Das deutet auf eine Halbseitenlähmung hin.
    • ARM – Armparese
      • Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen.
      • Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, sie sinken oder drehen sich.
    • SPEECH – Sprach- und Sprechstörungen (Wortfindungsstörungen, Dysarthrie)
      • Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen.
      • Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprach- bzw. Sprechstörung vor.
    • TIME – „Time is Brain": Schnelles Handeln ist geboten!
      • Wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern Sie die Symptome.
      • schnellstmöglicher Transport zum nächstgelegenen Krankhaus mit einer speziellen Schlaganfallstation (Stroke Unit)2
  • Schließen Sie Folgendes aus:

Vor/auf dem Transport und im Krankenhaus

  • Sorgfältige Dokumentation der Anamnese
    • Beginn der Symptomatik?
    • Lyse-Kontraindikationen?
    • Bisherige Therapie?
    • Medikamentenplan mitgeben.
  • Neurologische Untersuchung
    • Bewusstseinszustand
    • Sprache
    • Ophthalmoskopie
    • Gesichtsassymmetrie?
    • Bewegungsfähigkeit und Kraft in Armen und Beinen
    • Nackensteife und Reflexe
    • invertierte Plantarreflexe
  • Herz-Kreislauf-Status
    • Puls
    • Blutdruck
    • Nebengeräusche über Herz- und Halsgefäßen
    • EKG
    • Sauerstoffsättigung (Pulsoxymetrie, in der Klinik per arterieller Probenentnahme)
  • Venöser Zugang als Absicherungsmaßnahme und evtl. Blutentnahme für:
  • Bilddiagnostik ohne Zeitverzug
    • zerebrale CT zum Ausschluss intrazerebraler Blutung
    • ggf. ergänzend MRT
  • Evtl. Liquordiagnostik/Lumbalpunktion 

Erste Hilfe außerhalb des Krankenhauses

  • Sauerstoffzufuhr bei Sättigung unter 95 %, Sicherung der Atmung und Aspirationsschutz
  • Ggf. Kopf und Oberkörper anheben (30 Grad).
  • Bei Verdacht auf Hirninfarkt Erhaltung eines hohen Blutdrucks2
    • RR bis systolisch 220 mmHg oder diastolisch 120 mmHg
      • Nicht senken!
    • bei RR > 220/120 mmHg in 2 Messungen
      • z. B. Urapidil fraktioniert nach Wirkung
      • RR-Senkung um 15 %, maximal 20 % des Ausgangswertes
    • bei Hypotonie (systolischer Druck < 120 mmHg) und Hinweisen auf Exsikkose
      • intravenöse Zufuhr kristalloider Flüssigkeit
  • Blutzuckermessung, bei Blutzucker < 60 mg/dl (3,3 mmol/l) Glukosegabe, möglichst i. v.
  • KEINE Gabe von Heparin oder ASS!2-3
  • Schnellstmöglicher Transport zur nächstgelegenen Stoke Unit (spezielle Schlaganfallstationen)2
    • Gilt für alle Patient*innen (auch bei flüchtiger oder wechselnder Symptomatik).
    • Ein kranielles CT ist zum Ausschluss einer Hirnblutung notwendig.
    • Eine Thrombolysetherapie sollte bei Gefäßverschluss mit ischämischem Schlaganfall schnellstmöglich erfolgen und ist bis zu 6 Stunden nach Symptombeginn möglich.
    • Auch ohne Thrombolyse profitieren die Betroffenen von der Behandlung auf einer Stroke Unit.

Quellen

Leitlinien

  • Arbeitsgemeinschaft in Norddeutschland tätiger Notärzte AGNN: Therapieempfehlungen 2017. www.agnn.de
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Schlaganfall. AWMF-Leitlinie Nr. 053-011. S3, Stand 2020. www.awmf.org

Literatur

  1. Kessler C, Khaw AV, Nabavi DG, Glahn J, Grond M, Busse O: Standardisiertes Vorgehen in der Prähospitalphase des Schlaganfalls. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(36): 585–91. www.aerzteblatt.de
  2. Arbeitsgemeinschaft in Norddeutschland tätiger Notärzte AGNN: Therapieempfehlungen für die Notfallmedizin 2017. www.agnn.de
  3. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Schlaganfall. AWMF-Leitlinie Nr. 053-011, S3, Stand 2020. www.awmf.org

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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