Hepatitis D

Das Hepatitis-D-Virus ist ein unvollständiges Virus, das nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus Leberentzündungen verursachen kann.

Was ist Hepatitis D?

Definition

Das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist ein unvollständiges Virus, das nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) Leberentzündungen verursachen kann. Das Hepatitis-D-Virus benötigt für die Infektion die Hülle des Hepatitis-B-Virus. Die Infektion mit HBV und HDV kann gleichzeitig passieren (Simultaninfektion), chronische HBV-Träger*innen können sich aber auch nachträglich mit dem HDV infizieren (Superinfektion), wodurch es meist zu schweren chronischen Krankheitsverläufen kommt.

Symptome

Das Krankheitsbild entspricht einer Hepatitis B und kann in drei Phasen eingeteilt werden:

  1. 45–180 Tage, also 1,5–6 Monate, nach der Ansteckung kann es zu Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen, Nesselsucht (Urtikaria), Fieber und/oder Durchfall kommen.
  2. Nach dem ersten Stadium der Erkrankung entwickeln die Betroffenen eine Gelbsucht mit Gelbfärbung der Haut und der Augen. Es kann auch zu hellem Stuhl und dunkel gefärbtem Urin kommen.
  3. Ein Teil der Patient*innen entwickelt eine chronische Hepatitis mit einem erhöhten Risiko für eine Leberzirrhose und einem früheren Auftreten von Leberzellkarzinomen.

Ursachen

Die Übertragung erfolgt über Blut oder Körperflüssigkeiten wie Speichel, Tränenflüssigkeit, Sperma, Vaginalsekret und Menstrualblut. Das Hepatitis-D-Virus kann über Verletzungen der Haut oder Schleimhaut in den Körper gelangen und wird vor allem über die Benutzung infizierter Nadeln, Geschlechtsverkehr sowie über kontaminiertes Blut oder Blutprodukte übertragen. Ein besonderes Risiko für die Infektion mit dem Hepatitis-D-Virus besteht, wenn bereits eine Hepatitis-B-Infektion vorliegt.

Es kommt zu einer Entzündung der Leber, die durch die Doppelinfektion mit Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren verursacht wird. Eine solche Entzündung führt zu Leberschäden, die bewirken, dass sich Gallenpigment ansammelt, das dann ins Blut gelangt. Das Gallenpigment, das sich im Körper verteilt, färbt u. a. die Haut gelb, was als Gelbsucht bezeichnet wird.

Häufigkeit

Das Hepatitis-D-Virus ist weltweit verbreitet, in Deutschland aber selten. Am häufigsten ist es im Mittelmeerraum, Mittleren Osten, in Pakistan, Mittel- und Nordasien, Japan, Taiwan, Grönland, Afrika und im Amazonasbecken. Etwa 5 % aller chronisch infizierten HBV-Träger*innen sind auch mit dem HDV infiziert.

Untersuchungen

  • Bei einer bekannten HBV-Infektion erfolgt die Diagnose durch den Nachweis von Anti-HDV-Antikörpern.
  • Ist davor noch keine HBV-Infektion bekannt, können die erwähnten Allgemeinsymptome, Bauchbeschwerden und Gelbsucht Hinweise geben.
  • Das Risiko durch intravenösen Drogengebrauch, häufig wechselnde Sexualkontakte, Infizierte in der Familie oder im näherem Umfeld sowie durch eine Tätigkeit im Gesundheitswesen wird erhoben.
  • Es erfolgt eine körperliche Untersuchung auf Gelbfärbung von Haut oder Augen, vergrößerte Leber, vergrößerte Milz oder geschwollene Lymphknoten.
  • Werden Antikörper gegen HBV und HDV nachgewiesen, kann das Vorhandensein von HBV-/HDV-Erbgut bestimmt werden, um die akute Viruslast abschätzen zu können. Zusätzlich wird kontrolliert, ob Infektionen mit Hepatitis C oder E sowie anderen Viren wie HIV, Epstein-Barr-Virus oder Zytomegalievirus vorliegen.
  • Die genauen Varianten des Hepatitis-B- bzw. -D-Virus können bestimmt werden.
  • Durch eine Ultraschalluntersuchung können Leberschäden oder Gallensteine nachgewiesen werden. Die Leber wird auch durch die Leberwerte im Blut und ggf. durch eine Biopsie untersucht.

Behandlung

  • Chronische Virusträger mit einer schweren chronischen Hepatitis können mit pegyliertem Interferon behandelt werden. Interferon ist eine Substanz, die das Immunsystem stimuliert, diese Behandlung ist allerdings nur bei etwa 30 % der Betroffenen wirksam.
  • Mit Bulevirtid steht eine spezifische medikamentöse Therapie von Hepatitis D zur Verfügung. Es hindert HDV und HBV am Eindringen in die Zelle und kann in Kombination mit pegyliertem Interferon gegeben werden.
  • Bei Patient*innen mit Leberzirrhose oder akuter fulminanter Hepatitis D kann eine Lebertransplantation nötig werden.
  • Risikogruppen wird eine vorbeugende Impfung gegen das Hepatitis-B-Virus empfohlen, da diese gleichzeitig gegen Hepatitis D schützt.
  • Personen mit chronischer Hepatitis B können sich nur durch das Vermeiden von Risikoverhalten (intravenöser Drogenkonsum oder ungeschützte Sexualkontakte) vor einer HDV-Superinfektion schützen.
  • Für Hepatitis B und D besteht eine namentliche Meldepflicht.

Prognose

  • Die Simultaninfektion mit HBV und HDV führt meist zu einer schweren akuten Hepatitis, aber nur etwa 5 % der Patient*innen bleiben chronisch infiziert.
  • Die HDV-Superinfektion von HBV-Träger*innen führt in der Regel zur chronischen Hepatitis mit rasch fortschreitender Leberschädigung und Entwicklung einer Leberzirrhose innerhalb von 10 Jahren.
  • Die Sterblichkeit hängt davon ab, ob eine Leberzirrhose, Leberinsuffizienz oder Leberzellkarzinome auftreten.
  • Bei der Behandlung mit Bulevirtid in Kombination mit pegyliertem Interferon war nach 48 Wochen die Viruslast stark reduziert. Die HDV-RNA fiel in der Hälfte der Fälle unter die Nachweisgrenze.

Weitere Informationen

 Autor

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hepatitis D. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin. Berlin 2020 (23.07.2020). www.rki.de
  2. Robert Koch Institut. Hepatitis B und D - RKI Ratgeber. Stand: 20.05.2016; letzter Zugriff 08.06.2021 www.rki.de
  3. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion. AWMF-Leitlinie 021–011. S3, Konsultationsfassung Dezember 2020. Letzter Zugriff 07.06.2021. www.dgvs.de
  4. Gilman C, Heller T, Koh C. Chronic hepatitis delta: A state-of-the-art review and new therapies. World journal of gastroenterology 2019; 25(32): 4580–4597. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020; letzter Zugriff 08.06.2021. www.dimdi.de
  6. Robert Koch-Institut. Nationale Referenzzentren und Konsilarlabore. Berlin, 2016 (29.03.2016). www.rki.de
  7. Erstes Medikament gegen Hepatitis D zugelassen. Deutsches Ärzteblatt, 5. August 2020. www.aerzteblatt.de
  8. Einecke, D. Hepatitis B und D: Entry-Inhibitor mit ermutigenden Ergebnissen in Phase 2b-Studie. Gastro-News 2019;6: 47. doi.org