Allgemeine Informationen
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Definition
- Plötzlich auftretendes Ereignis
- mit oder ohne Bewusstseinsstörung
- Bewusstseinsstörungen unterschiedlichen Schweregrads (Somnolenz, Sopor, Koma)
- mit oder ohne Muskelkontraktionen/-tonusveränderung
- generalisiert oder fokal
- tonisch klonisch
- symmetrisch oder asymmetrisch
- anomale unwillkürliche Bewegungen
- mit oder ohne Prodromi
- mit oder ohne vollständige Remission unmittelbar nach dem Ereignis
- mit oder ohne Bewusstseinsstörung
Häufigkeit
- Sporadisch auftretende Anfälle unterschiedlicher Art sind bei Kleinkindern nicht ungewöhnlich.
- 10–20 % der Kinder und Jugendlichen, die aufgrund einer therapieresistenten Epilepsie an Epilepsiezentren überwiesen werden, haben psychogene nichtepileptische Anfälle. 70–80 % davon sind Mädchen.
- Epileptische Anfälle (Krampfanfälle)
- Inzidenz Neugeborene
- ca. 1/1.000 Reifgeborene
- ca. 10–15/1.000 Frühgeborene
- jenseits des Neugeborenenalters
- Inzidenz ca. 60–90/100.000
- Prävalenz ca. 3–7/1.000
- Inzidenz Neugeborene
- Im Kinder-Notarzteinsatz einer repräsentativen deutschen Großstadt ist bei über 50 % der Einsätze mit einer Erkrankung zu rechnen, die mit akuten Bewusstseinsstörungen verbunden ist.
- Insgesamt machen Krampfanfälle – inkl. Fieberkrämpfe – etwa 1/3 der Einsatzindikationen und damit auch den größten Anteil an den präklinischen akuten Bewusstseinsstörungen bei Kindern aus.
- Bei Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren liegt bei plötzlich auftretenden kurz anhaltendenden Bewusstseinsstörungen mit rascher Remission meist eine Synkope vor.
- mindestens 1 Synkope bei 15 % aller Kinder unter 18 Jahren
- neural vermittelte Synkopen in 60–75 % der Fälle
- kardial bedingte Synkopen in 6 % der Fälle
- vor dem 10. Lebensjahr fast ausschließlich Affektkrämpfe bei 2–5 % aller Kinder
- typisches Manifestationsalter 12–19 Jahre, Mädchen häufiger als Jungen betroffen
Diagnostische Überlegungen
- Die diagnostische Herausforderung besteht darin, eine Epilepsie und eine schwere Erkrankung als Ursache auszuschließen.
- Abschätzen der Wahrscheinlichkeit einer Epilepsie
- In welchem Gesundheitszustand befindet sich das Kind, abgesehen von den Anfällen?
- Anfallsbild? Dauer?
- Triggerfaktoren?
- Prodromi?
- Postiktale Symptome, z. B. Müdigkeit?
- Bei Krampfanfällen oder sonstigen Arten von Anfällen sollte die Möglichkeit einer zerebralen Störung infolge einer Infektion, einer Stoffwechselerkrankung oder eines Traumas in Betracht gezogen werden.
Konsultationsgrund
- Die Eltern befürchten, dass die Krämpfe auf eine schwere Erkrankung zurückzuführen sind oder dass das Kind möglicherweise während eines Anfalls sterben könnte.
Abwendbar gefährliche Verläufe
- Epilepsie
- Arrhythmie
- Meningitis
- Vergiftungen
- Hypoglykämie
- Hypokalzämie
ICPC-2
- N29 Neurolog. Beschwerden andere
- N07 Krampfanfälle/neurolog. Anfälle
- P75 Somatisierungsstörung
ICD-10
- Nach ICD-10-GM Version 20214
- F44.5 Dissoziative Krampfanfälle
- F48.8 Sonstige neurotische Störungen: Psychogene Synkope
- R25 Abnorme unwillkürliche Bewegungen
- R40.0 Somnolenz
- R40.1 Sopor
- R40.2 Koma, nicht näher bezeichnet
- R55 Synkope und Kollaps
- R56 Krämpfe, anderenorts nicht klassifiziert
- R56.0 Fieberkrämpfe
- R56.8 Sonstige und nicht näher bezeichnete Krämpfe
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
Von Epilepsie-Syndromen abzugrenzen
- Folgende Differenzialdiagnosen sind bei anfallsartigem Geschehen im Kindes- und Jugendalter neben den o. g. Epilepsie-Syndromen zu bedenken:
- Affektkrämpfe
- Synkopen
- Myoklonien
- Schlafmyoklonien des Neugeborenen
- benigne Myoklonien des Säuglings
- Myoklonus-Opsoklonus-Syndrom
- Hyperekplexie
- Einschlafmyoklonie
- Paroxysmale Bewegungsstörungen
- motorische Stereotypien zur Selbststimulation, Gratifikationsphänomene (kindliche Masturbation), etwa bei Autismus oder Intelligenzminderung
- benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel
- paroxysmaler Torticollis
- paroxysmale kinesiogene Choreoathetose
- paroxysmale dystone Choreoathetose (Mount-Reback)
- episodische Ataxien (EA1, EA2)
- alternierende Hemiplegie des Kindesalters
- Sandifer-Syndrom
- Spasmus nutans
- benigner paroxysmaler tonischer Aufwärtsblick
- Migräne (z. B. Basilaris-Migräne)
- Psychogene Syndrome
- Schlafbezogene Phänomene (siehe auch Artikel Parasomnien bei Kindern), z. B.:
- Pavor nocturnus
- Narkolepsie und Kataplexie
- Somnambulismus
- Schlafparalyse
Mögliche Ursachen epileptischer Anfälle
- Meningitis oder Meningoenzephalitis
- Elektrolytstörungen wie Hypokalzämie, Hypo-/Hypernaträmie oder Hypo-/Hyperglykämie
- Neonatale Krämpfe werden häufig durch organische Schäden oder Stoffwechselstörungen verursacht.
- Genetische Disposition
- Strukturelle Hirnschädigung, z. B. Trauma, Tumor, Malformation
- Metabolisch, z. B. Hypo- und Hyperglykämie, Hypo- und Hypernatriämie, Fieber, Urämie, Hypoxie
Krampfanfälle innerhalb des ersten Tages nach der Geburt
- Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie
- Diese ist auf eine Geburtsasphyxie zurückzuführen, die in schweren Fällen Krampfanfälle verursachen kann.
- Meningitis
- Elektrolytstörungen
- meist Hypokalzämie
- ausgeprägte Hyponatriämie (Natrium im Serum < 125 mmol/l)
- Hypoglykämie
- Diese tritt meist bei Kindern mit unterdurchschnittlichem Gewicht (Small for Gestational Age, SGA) oder bei Kindern diabetischer Mütter auf.
- Die Symptome setzen wenige Stunden nach der Geburt ein und umfassen Zuckungen, zyanotische Anfälle und Krämpfe.
- Um Hirnschädigungen zu vermeiden, ist es wichtig, die Diagnose frühzeitig zu stellen und die Therapie schnell einzuleiten.
- Intrakranielle Blutungen
- Dabei kann es sich um subarachnoidale, subdurale oder intraventrikuläre Blutungen handeln. Letztere treten fast ausschließlich bei Frühgeborenen auf.
- Entzugserscheinung
- Die Anfälle treten infolge eines Opiatentzugs auf, der mit einem Tremor, Reizbarkeit, Erbrechen und Myoklonie einhergeht. Krämpfe sind seltener.
Nach dem ersten Tag, aber innerhalb der ersten Woche
- Verschiedenes
- Meningitis und Enzephalitis
- Hypoglykämie
- intrakranielle Blutungen
- Elektrolytstörungen
- Kernikterus mit Bilirubinenzephalopathie (siehe Neugeborenenikterus)
- Risiko bei nichtphysiologischem Neugeborenenikterus am größten
- Angeborene Stoffwechselerkrankungen
- klinische Klassifizierung auf Grundlage der biochemischen Befunde
- Hypoglykämie: Glykogenspeicherkrankheiten, Fruktose-1,6-Diphosphatase-Mangel
- Hypokalzämie: Hypoparathyreoidismus
- Hyperammonämie: Ornithin-Transcarbamylase-Mangel
- erhöhter Laktatspiegel im Blut: Glykogenspeicherkrankheiten, Fruktose-1,6-Diphosphatase-Mangel
- metabolische Azidose: Glykogenspeicherkrankheiten
- klinische Klassifizierung auf Grundlage der biochemischen Befunde
- Entzugssymptome
- Die Anfälle treten infolge eines Opiatentzugs auf, der mit einem Tremor, Reizbarkeit, Erbrechen und Myoklonie einhergeht. Krämpfe sind seltener.
Im Alter zwischen 1 und 4 Wochen
- Meningitis
- Elektrolytstörungen
- Zerebrale Fehlbildungen
- Intrakranielle Blutungen
- Angeborene Stoffwechselerkrankungen
- Pyridoxinabhängige Krampfanfälle
- Sistieren unter der Gabe hochdosierten Pyridoxins, sprechen aber auf andere Antiepileptika nicht an.
- Sie treten selten auf, sind bei epileptischen Anfällen unbekannter Ursache innerhalb des ersten Lebensmonats jedoch eine mögliche Differenzialdiagnose.
Nach einem Alter von 4 Wochen
Krampfanfälle
- Fieberkrämpfe5
- Ein Fieberkrampf ist ein epileptischer Anfall bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, der in Verbindung mit einer fieberhaften Erkrankung auftritt und nicht durch eine ZNS-Infektion verursacht ist.
- Eine zugrunde liegende schwere Erkrankung (Meningitis) ist auszuschließen.
- Idiopathische Epilepsie
- Dies ist nach dem abgeschlossenen 5. Lebensjahr die häufigste Ursache von Krampfanfällen.
- Migräne
- Während der frühen vasokonstriktorischen Phase der Migräne können in sehr seltenen Fällen Krampfanfälle auftreten.
- Zerebrale Fehlbildungen
- Arteriovenöse Malformationen, Aneurysmen und Fehlbildungen aufgrund von Störungen der embryonalen Hirnentwicklung können von Geburt an vorhanden sein, aber erst später Symptome hervorrufen.
Hypoglykämie
- Beispielsweise infolge einer Überdosierung von Insulin, einer Inselzell-Hyperplasie, einer Hypophyseninsuffizienz oder einer Nebennierenrindeninsuffizienz
Hypokalzämie
- Beispielsweise infolge einer Rachitis (Vitamin-D-Mangel), einer Steatorrhö, einer Alkalose (bei der Hyperventilation) oder eines Hypoparathyreoidismus.
Dehydratation
- Beispielsweise infolge einer Hypo-/Hypernatriämie, einer Hypokalzämie oder einer Hyperthermie
- Eine schwere Dehydratation erhöht das Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse, besonders für Sinus- und Hirnvenenthrombosen.
Vergiftungen
- Verschiedene Chemikalien und Medikamente können in hoher Dosierung Krampfanfälle hervorrufen, z. B.:
- Ethylenglykol (Frostschutzmittel, Bremsflüssigkeit)
- Neuroleptika
- Theophyllin
- trizyklische Antidepressiva.
Münchhausen-by-Proxy-Syndrom
- Auch Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: Erfinden, Übersteigern oder tatsächliche Verursachung von Krankheiten oder deren Symptome bei Dritten, meist Kindern, um anschließend die medizinische Behandlung zu verlangen.
- Dieses sollte in folgenden Fällen in Betracht gezogen werden:
- Die Ursache der Erkrankung ist unklar, und sie besteht über lange Zeit.
- Die Symptome sind inkongruent.
- Die Therapie zeigt keine Wirkung.
- Die Eltern zeigen weniger Besorgnis als das medizinische Personal.
- Die Anfälle treten zu Hause deutlich häufiger auf als in der Klinik.
- Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Anamnese und den Befunden.
- Das Kind ist ungepflegt und befindet sich in einem schlechten Ernährungszustand.
- Auch Geschwister sind oft betroffen.
Synkopen inkl. Affektkrämpfe6
- Ursachen
- vorübergehender Verlust des Bewusstseins und des Körpertonus infolge einer zerebralen Ischämie oder einer Anoxie
- Die Synkope ist charakterisiert durch rasches Einsetzen, kurze Dauer und spontane, vollständige Erholung.
- Synkopen werden entsprechend dem Pathomechanismus in Reflexsynkopen, Orthostasesynkopen und kardiogene Synkopen eingeteilt.
- oft familiäre Häufung
- meist neuronal bedingte Reflexsynkope. Abgrenzung zur kardiogenen Synkope, z. B. bei:
- Long-QT-Syndrom
- Wolff-Parkinson-White-Syndrom
- supraventrikuläre Tachykardie
- kardiale Fehlbildung.
- Häufigkeit
- mindestens 1 Synkope bei 15 % aller Kinder unter 18 Jahren
- Die weit überwiegende Mehrheit (60–75 %) sind benigne Reflexsynkopen.
- Das typische Manifestationsalter für das Auftreten einer Synkope liegt zwischen 12 und 19 Jahren.
- Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen.
- Anamnese
- Häufig bestehen Prodromi wie Schwindel, Übelkeit, Schwitzen und Blässe oder den Kindern wird schwarz vor Augen.
- Kurzer Verlust des Muskeltonus (Zusammensinken)
- Symmetrische Tonuserhöhung und unwillkürliche Bewegungen sprechen eher für einen Krampfanfall.
- Diagnostik
- Standard-12-Kanal-EKG und Blutdruckmessung
- Orthostase-Test (modifizierter Schellong-Test)
- Red Flags für das Vorliegen einer kardiogenen Synkope sind u. a.:
-
- Alter < 10 Jahre
- situative Gefährdung (z. B. Synkope beim Schwimmen)
- Auftreten während Belastung
- EKG-Veränderungen
- plötzlicher Herztod in der Familie
- Z. n. Thorax-OP
- ggf. weitere Diagnostik (Echokardiografie, erweitertes EKG-Monitoring, Kipptisch-Untersuchung, Ergometrie, Koronarangiografie, EEG, zerebrales MRT oder CT)
Benigne Myoklonien im Säuglingsalter
- Ursachen
- Hirnentwicklungsstörung
- Häufigkeit
- Sie scheinen bei ansonsten normalen Neugeborenen im Alter von bis zu 3 Monaten häufig aufzutreten.
- In 1/3 der beschriebenen Fälle bestehen die Myoklonien nach Vollendung des 3. Lebensmonats fort. 97 % der Betroffenen sind im Alter von 1 Jahr anfallsfrei.
- Anamnese
- Ab dem Zeitpunkt des Einschlafens des Kindes können über die gesamte Nacht hinweg Episoden mit fokalen oder generalisierten, rhythmischen Kloni auftreten.
- In der Mehrzahl der beschriebenen Fälle sind die Kloni generalisiert, symmetrisch, synchron und wiederkehrend.
- In erster Linie sind die oberen Extremitäten betroffen.
- Sie können z. B. durch Schlaflieder oder wiederholte Geräusche ausgelöst werden.
- Wird eine Extremität des Kindes festgehalten, führt dies nicht unbedingt zu einer Beruhigung.
- Im wachen Zustand liegen keine Myoklonien vor.
- Die neurologische Entwicklung ist normal.
- Klinischer Befund
- keine Befunde
- Zusatzuntersuchungen
- EEG während der Anfälle normal
- Maßnahmen
- Beruhigen und aufklären darüber, dass es sich um ein harmloses und vorübergehendes Phänomen handelt.
- bei unklarer Diagnose großzügige Überweisung
Schlafbezogene Störungen
- Pavor nocturnus
- „Nachtangst“
- Die Störung klingt in der Regel von selbst ab.
- Narkolepsie
Benigne paroxysmale Vertigo
- Ursachen
- unbekannt, häufig als eine Form der Migräne klassifiziert
- Häufigkeit
- selten
- Anamnese
- Die Schwindelanfälle dauern etwa 1 Minute, das Kind wird blass, wirkt ängstlich, schreit, stürzt und klagt über Übelkeit und Schwindel.
- Klinischer Befund
- Es kommt nicht zu einem Bewusstseinsverlust.
- Es kann ein Nystagmus auftreten.
- Zusatzuntersuchungen
- Otoskopie
- Maßnahmen
- Bei Vorliegen einer Otitis in Kombination mit Schwindel sollte eine Labyrinthitis in Betracht gezogen werden. Diese macht eine stationäre Aufnahme in der HNO-Abteilung erforderlich.
Paroxysmaler Torticollis
- Ursachen
- unbekannt
- Häufigkeit
- selten, am häufigsten bei Kindern im Alter von 1–2 Jahren
- 2–3 Anfälle pro Monat
- Anamnese
- Plötzliche Anfälle, bei denen das Kind seinen Kopf schief hält und die häufig den gesamten Körper betreffen.
- Die Anfälle können wenige Minuten, aber auch bis zu mehreren Tagen anhalten.
- Klinischer Befund
- vorübergehender Torticollis
- Zusatzuntersuchungen
- keine speziellen Untersuchungen
- Maßnahmen
- Verschwindet im Alter von 2–3 Jahren spontan.
Psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten
- Tics oder Tourette-Syndrom
- Starren
- Ursachen
- Evtl. bei Kindern, die Schwierigkeiten in der Schule haben oder an Lernstörungen leiden.
- Häufigkeit
- relativ verbreitet
- Anamnese
- Die Episoden treten vor allem in der Schule auf und werden von den Lehrer*innen beobachtet.
- Das Kind kann mit einem festen Befehl aus seiner „Trance“ geholt werden.
- klinischer Befund
- normale Befunde
- Zusatzuntersuchungen
- EEG normal
- Maßnahmen
- Ausschluss von Petit-mal- und Absence-Anfällen
- Ursachen
- Dissoziative Störungen
- Diese sind im Kindesalter relativ verbreitet.
- Am häufigsten sind Mädchen betroffen. Sexueller Missbrauch erhöht das Erkrankungsrisiko.
- Die dissoziativen Anfälle treten nie auf, wenn das Kind allein ist; keine Selbstverletzung.
- Trotzanfälle, Wutanfälle
- Ursachen
- psychische Reaktion
- Häufigkeit
- relativ verbreitet
- Anamnese
- Die Kinder erinnern sich nicht oder geben an, sich nicht zu erinnern, was während des Anfalls passiert ist.
- Der Anfall wird in der Regel durch starke Frustration oder Wut ausgelöst, äußert sich oft verbal oder körperlich und führt schließlich zu einer Verhaltensänderung und der Isolation.
- klinischer Befund
- keine Befunde
- Zusatzuntersuchungen
- EEG in der Regel normal
- Maßnahmen
- Erziehungsberatung, Elterntraining, ggf. Familientherapie oder andere Psychotherapieformen
- Ursachen
Tremor
- Ursachen
- unbekannt, mitunter Fälle von Tremor in der Familie
- Häufigkeit
- Kann im Kleinkindalter auftreten.
- Kann eine Vorstufe eines späteren essenziellen Tremors sein.
- Anamnese
- Zitteranfälle
- keine Bewusstseinsstörungen
- Klinischer Befund
- keine Befunde
- Zusatzuntersuchungen
- EEG normal
- Maßnahmen
- keine
Gastroösophagealer Reflux bei Kindern
- Das Sandifer-Syndrom ist eine seltene angeborene Kombination von Reflux, Torticollis und dystonen Bewegungen.
Weitere Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Fieber?
- In welchem Gesundheitszustand befindet sich das Kind?
- Gab es Probleme während der Schwangerschaft oder bei der Geburt?
- Bestanden nach der Geburt Probleme oder Symptome?
- Wie gestalten sich die Anfälle?
- Beschreibung des Anfalls
- Ist das Kind während des Anfalls bewusstlos?
- Krämpfe?
- Dauer?
- Tritt eine postiktale Müdigkeit auf?
- Kopfschmerzen nach dem Anfall?
- Auslösende Faktoren?
- Fieber?
- Wut, Schmerz, Angst?
- Wann treten die Anfälle auf (bei wiederkehrenden Anfällen)?
- Zu beliebiger Zeit?
- Nur am Tag?
- Nur abends/nachts?
- Nur in Gegenwart anderer?
- Schlafstörungen?
Klinische Untersuchung
Allgemeines
- Inspektion
- reduzierter Allgemeinzustand
- Bewusstseinsstörungen
- Blässe
- Exsikkose
- Dyspnoe
- Blutungszeichen
- Herzoperationsnarbe
- Palpation und Auskultation
- pathologisches Herzgeräusch
- Pulsdefizit
- pulmonale Zeichen
- Vitalparameter
- HF, RR, pO2
- Neurologische Zeichen?
- Tics?
Ausschluss einer Meningitis bei Kindern in reduziertem Allgemeinzustand
- Säuglinge/Kleinkinder
- Abgeschlagenheit und Reizbarkeit, häufig Erbrechen
- gedehnte, vorgewölbte Fontanelle
- Nackensteife und Fieber häufig nicht vorhanden
- Ältere Kinder
- Erbrechen, Verwirrtheit, Lichtscheu, Nackensteife, Rückensteife
- Kernig- und Brudzinski-Zeichen positiv
- bei Meningokokken-Erkrankung häufig Petechien
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarzt-/Kinderarztpraxis
- Temperatur
- Ruhe-EKG
- Labordiagnostik
Diagnostik bei Spezialist*innen
Notfalldiagnostik bei höhergradiger Bewusstseinsstörung2
- Siehe auch Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie.
- Vitalzeichen, Untersuchung auf Trauma-Hinweise
- Glasgow Coma Scale
- Neurologische Untersuchung
- Screening Labor: Blutzucker, Blutgasanalyse, Elektrolyte (Na, K, Ca), Blutbild, Transaminasen (GOT, GPT), Kreatinin, CRP, Gerinnung (Quick, PTT), Ammoniak, Laktat; Urinuntersuchung
- Zerebrale Notfall-Bildgebung (meist Notfall-CCT): bei fokalen Zeichen, Papillenödem, V. a. ICP-Erhöhung (neurochirurgische Intervention notwendig?)
- Lumbalpunktion: insbesondere bei Fieber und Meningismus, anhaltender Desorientierung/Bewusstseinsstörung: Kontraindikationen prüfen, Bildgebung zuvor notwendig?
- Erweitertes Labor: Carboxyhämoglobin, Drogenscreening, metabolische Untersuchungen
- MRT des Neurokraniums mit Diffusionsgewichtung, wenn Ursache weiter unklar
- Notfall-EEG, z. B. bei Verdacht auf nichtkonvulsiven Status epilepticus
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
- Sofern keine akute Erkrankung vorliegt, ist eine Überweisung in der Regel nicht notwendig. Bei Verdacht auf das Tourette-Syndrom, Narkolepsie oder Epilepsie ist jedoch eine Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum (Kinder- und Jugendpsychiatrie, Entwicklungsneurologie, Epileptologie) indiziert.
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
- Kinder in beeinträchtigtem Allgemeinzustand sollten stationär aufgenommen werden. Besondere Vorsicht ist bei Kindern unter 1 Jahr geboten.
- Bei Verdacht auf infantile Spasmen sollte das Kind zur Beobachtung stationär aufgenommen werden.
Checkliste zur Überweisung
Unklare Anfälle
- Zweck der Überweisung
- Untersuchung? Behandlung?
- Anamnese
- Beginn? Dauer der Anfälle? Mehrere Anfälle? Gesundheitszustand, wenn keine Anfälle vorliegen?
- Symptombild? Auslösende Faktoren? Postiktale Müdigkeit?
- Sonstige relevante Erkrankungen oder Schädigungen?
- Folgen: Wachstums- und Entwicklungsverzögerung?
- Klinische Untersuchung
- Allgemeinzustand? Allgemeiner klinischer Status? Zeichen neurologischer Schäden?
- Gewicht und Körpergröße: Die Perzentilenkurve liefert wertvolle Informationen.
- Körpergrößen-Perzentilenrechner
- Ergänzende Untersuchungen
- Normalerweise keine?
Empfehlungen
- Bei harmlosen Krankheitsbildern, z. B. Affektkrämpfen oder Reflexsynkopen: Betroffene und ggf. Eltern beruhigen.
- Ggf. Aufklärung über Präventionsmaßnahmen, z. B. Sturzprävention, Konditionstraining
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler. Synkope im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 023-004. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
- Gesellschaft für Neuropädiatrie. Diagnostische Prinzipien bei Epilepsien des Kindesalters. AWMF-Leitlinie Nr. 022-007. S1, Stand 2017. www.awmf.org
- Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin e. V. Zerebrale Anfälle beim Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 024-011. S2k, Stand 2012 (abgelaufen). www.awmf.org
- Gesellschaft für Neuropädiatrie. Akute Bewusstseinsstörung jenseits der Neugeborenenperiode. AWMF-Leitlinie Nr. 022-016. S1, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
- Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin e. V. Zerebrale Anfälle beim Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 024-011. S2k, Stand 2012 (abgelaufen). www.awmf.org
- Gesellschaft für Neuropädiatrie. Akute Bewusstseinsstörung jeneits der Neugeborenenperiode. AWMF-Leitlinie Nr. 022-016. S1, Stand 2020. www.awmf.org
- Cui W, Kobau R, Zack MM, et al. Seizures in Children and Adolescents Aged 6–17 Years - United States, 2010–2014. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2015; 64:1209. PubMed
- Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020. www.dimdi.de
- Gesellschaft für Neuropädiatrie. Diagnostische Prinzipien bei Epilepsien des Kindesalters. AWMF-Leitlinie Nr. 022-007. S1, Stand 2017. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler. Synkope im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 023-004. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
Autor*innen
- Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).