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Nichtepileptische und epileptische Anfälle bei Kindern

Allgemeine Informationen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1-3

Definition

  • Plötzlich auftretendes Ereignis
    • mit oder ohne Bewusstseinsstörung
      • Bewusstseinsstörungen unterschiedlichen Schweregrads (Somnolenz, Sopor, Koma)
    • mit oder ohne Muskelkontraktionen/-tonusveränderung
      • generalisiert oder fokal
      • tonisch klonisch
      • symmetrisch oder asymmetrisch
      • anomale unwillkürliche Bewegungen
    • mit oder ohne Prodromi
    • mit oder ohne vollständige Remission unmittelbar nach dem Ereignis

Häufigkeit

  • Sporadisch auftretende Anfälle unterschiedlicher Art sind bei Kleinkindern nicht ungewöhnlich.
  • 10–20 % der Kinder und Jugendlichen, die aufgrund einer therapieresistenten Epilepsie an Epilepsiezentren überwiesen werden, haben psychogene nichtepileptische Anfälle. 70–80 % davon sind Mädchen.
  • Epileptische Anfälle (Krampfanfälle)
    • Inzidenz Neugeborene
      • ca. 1/1.000 Reifgeborene
      • ca. 10–15/1.000 Frühgeborene
    • jenseits des Neugeborenenalters
      • Inzidenz ca. 60–90/100.000
      • Prävalenz ca. 3–7/1.000
  • Im Kinder-Notarzteinsatz einer repräsentativen deutschen Großstadt ist bei über 50 % der Einsätze mit einer Erkrankung zu rechnen, die mit akuten Bewusstseinsstörungen verbunden ist.
    • Insgesamt machen Krampfanfälle – inkl. Fieberkrämpfe – etwa 1/3 der Einsatzindikationen und damit auch den größten Anteil an den präklinischen akuten Bewusstseinsstörungen bei Kindern aus.
  • Bei Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren liegt bei plötzlich auftretenden kurz anhaltendenden Bewusstseinsstörungen mit rascher Remission meist eine Synkope vor.
    • mindestens 1 Synkope bei 15 % aller Kinder unter 18 Jahren
    • neural vermittelte Synkopen in 60–75 % der Fälle
    • kardial bedingte Synkopen in 6 % der Fälle
    • vor dem 10. Lebensjahr fast ausschließlich Affektkrämpfe bei 2–5 % aller Kinder
    • typisches Manifestationsalter 12–19 Jahre, Mädchen häufiger als Jungen betroffen

Diagnostische Überlegungen

  • Die diagnostische Herausforderung besteht darin, eine Epilepsie und eine schwere Erkrankung als Ursache auszuschließen.
  • Abschätzen der Wahrscheinlichkeit einer Epilepsie
    • In welchem Gesundheitszustand befindet sich das Kind, abgesehen von den Anfällen?
    • Anfallsbild? Dauer?
    • Triggerfaktoren?
    • Prodromi?
    • Postiktale Symptome, z. B. Müdigkeit?
  • Bei Krampfanfällen oder sonstigen Arten von Anfällen sollte die Möglichkeit einer zerebralen Störung infolge einer Infektion, einer Stoffwechselerkrankung oder eines Traumas in Betracht gezogen werden.

Konsultationsgrund

  • Die Eltern befürchten, dass die Krämpfe auf eine schwere Erkrankung zurückzuführen sind oder dass das Kind möglicherweise während eines Anfalls sterben könnte.

Abwendbar gefährliche Verläufe

ICPC-2

  • N29 Neurolog. Beschwerden andere
  • N07 Krampfanfälle/neurolog. Anfälle
  • P75 Somatisierungsstörung

ICD-10

  • Nach ICD-10-GM Version 20214
    • F44.5 Dissoziative Krampfanfälle
    • F48.8 Sonstige neurotische Störungen: Psychogene Synkope
    • R25 Abnorme unwillkürliche Bewegungen
    • R40.0 Somnolenz
    • R40.1 Sopor
    • R40.2 Koma, nicht näher bezeichnet
    • R55 Synkope und Kollaps
    • R56 Krämpfe, anderenorts nicht klassifiziert
      • R56.0 Fieberkrämpfe
      • R56.8 Sonstige und nicht näher bezeichnete Krämpfe

Diagnostik

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.2-3,5-6

Differenzialdiagnosen

Von Epilepsie-Syndromen abzugrenzen

Mögliche Ursachen epileptischer Anfälle

Krampfanfälle innerhalb des ersten Tages nach der Geburt

  • Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie
    • Diese ist auf eine Geburtsasphyxie zurückzuführen, die in schweren Fällen Krampfanfälle verursachen kann.
  • Meningitis
  • Elektrolytstörungen
    • meist Hypokalzämie
    • ausgeprägte Hyponatriämie (Natrium im Serum < 125 mmol/l)
  • Hypoglykämie
    • Diese tritt meist bei Kindern mit unterdurchschnittlichem Gewicht (Small for Gestational Age, SGA) oder bei Kindern diabetischer Mütter auf.
    • Die Symptome setzen wenige Stunden nach der Geburt ein und umfassen Zuckungen, zyanotische Anfälle und Krämpfe.
    • Um Hirnschädigungen zu vermeiden, ist es wichtig, die Diagnose frühzeitig zu stellen und die Therapie schnell einzuleiten.
  • Intrakranielle Blutungen
    • Dabei kann es sich um subarachnoidale, subdurale oder intraventrikuläre Blutungen handeln. Letztere treten fast ausschließlich bei Frühgeborenen auf.
  • Entzugserscheinung
    • Die Anfälle treten infolge eines Opiatentzugs auf, der mit einem Tremor, Reizbarkeit, Erbrechen und Myoklonie einhergeht. Krämpfe sind seltener.

Nach dem ersten Tag, aber innerhalb der ersten Woche

  • Verschiedenes
  • Angeborene Stoffwechselerkrankungen
    • klinische Klassifizierung auf Grundlage der biochemischen Befunde
  • Entzugssymptome
    • Die Anfälle treten infolge eines Opiatentzugs auf, der mit einem Tremor, Reizbarkeit, Erbrechen und Myoklonie einhergeht. Krämpfe sind seltener.

Im Alter zwischen 1 und 4 Wochen

  • Meningitis
  • Elektrolytstörungen
  • Zerebrale Fehlbildungen
  • Intrakranielle Blutungen
  • Angeborene Stoffwechselerkrankungen
  • Pyridoxinabhängige Krampfanfälle
    • Sistieren unter der Gabe hochdosierten Pyridoxins, sprechen aber auf andere Antiepileptika nicht an.
    • Sie treten selten auf, sind bei epileptischen Anfällen unbekannter Ursache innerhalb des ersten Lebensmonats jedoch eine mögliche Differenzialdiagnose.

Nach einem Alter von 4 Wochen

Krampfanfälle
  • Fieberkrämpfe5
    • Ein Fieberkrampf ist ein epileptischer Anfall bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, der in Verbindung mit einer fieberhaften Erkrankung auftritt und nicht durch eine ZNS-Infektion verursacht ist.
    • Eine zugrunde liegende schwere Erkrankung (Meningitis) ist auszuschließen.
  • Idiopathische Epilepsie
    • Dies ist nach dem abgeschlossenen 5. Lebensjahr die häufigste Ursache von Krampfanfällen.
  • Migräne
    • Während der frühen vasokonstriktorischen Phase der Migräne können in sehr seltenen Fällen Krampfanfälle auftreten.
  • Zerebrale Fehlbildungen
    • Arteriovenöse Malformationen, Aneurysmen und Fehlbildungen aufgrund von Störungen der embryonalen Hirnentwicklung können von Geburt an vorhanden sein, aber erst später Symptome hervorrufen.
Hypoglykämie
  • Beispielsweise infolge einer Überdosierung von Insulin, einer Inselzell-Hyperplasie, einer Hypophyseninsuffizienz oder einer Nebennierenrindeninsuffizienz
Hypokalzämie
Dehydratation
  • Beispielsweise infolge einer Hypo-/Hypernatriämie, einer Hypokalzämie oder einer Hyperthermie
  • Eine schwere Dehydratation erhöht das Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse, besonders für Sinus- und Hirnvenenthrombosen.
Vergiftungen
  • Verschiedene Chemikalien und Medikamente können in hoher Dosierung Krampfanfälle hervorrufen, z. B.:
    • Ethylenglykol (Frostschutzmittel, Bremsflüssigkeit)
    • Neuroleptika
    • Theophyllin
    • trizyklische Antidepressiva.
Münchhausen-by-Proxy-Syndrom
  • Auch Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom: Erfinden, Übersteigern oder tatsächliche Verursachung von Krankheiten oder deren Symptome bei Dritten, meist Kindern, um anschließend die medizinische Behandlung zu verlangen.
  • Dieses sollte in folgenden Fällen in Betracht gezogen werden:
    • Die Ursache der Erkrankung ist unklar, und sie besteht über lange Zeit.
    • Die Symptome sind inkongruent.
    • Die Therapie zeigt keine Wirkung.
    • Die Eltern zeigen weniger Besorgnis als das medizinische Personal.
    • Die Anfälle treten zu Hause deutlich häufiger auf als in der Klinik.
    • Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Anamnese und den Befunden.
    • Das Kind ist ungepflegt und befindet sich in einem schlechten Ernährungszustand.
    • Auch Geschwister sind oft betroffen.
Synkopen inkl. Affektkrämpfe6
  • Ursachen
    • vorübergehender Verlust des Bewusstseins und des Körpertonus infolge einer zerebralen Ischämie oder einer Anoxie
    • Die Synkope ist charakterisiert durch rasches Einsetzen, kurze Dauer und spontane, vollständige Erholung.
    • Synkopen werden entsprechend dem Pathomechanismus in Reflexsynkopen, Orthostasesynkopen und kardiogene Synkopen eingeteilt.
    • oft familiäre Häufung
    • meist neuronal bedingte Reflexsynkope. Abgrenzung zur kardiogenen Synkope, z. B. bei:
  • Häufigkeit
    • mindestens 1 Synkope bei 15 % aller Kinder unter 18 Jahren
    • Die weit überwiegende Mehrheit (60–75 %) sind benigne Reflexsynkopen.
    • Das typische Manifestationsalter für das Auftreten einer Synkope liegt zwischen 12 und 19 Jahren.
    • Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen.
  • Anamnese
    • Häufig bestehen Prodromi wie Schwindel, Übelkeit, Schwitzen und Blässe oder den Kindern wird schwarz vor Augen.
    • Kurzer Verlust des Muskeltonus (Zusammensinken)
      • Symmetrische Tonuserhöhung und unwillkürliche Bewegungen sprechen eher für einen Krampfanfall.
  • Diagnostik
    • Standard-12-Kanal-EKG und Blutdruckmessung
    • Orthostase-Test (modifizierter Schellong-Test)
    • Red Flags für das Vorliegen einer kardiogenen Synkope sind u. a.:
      • Alter < 10 Jahre
      • situative Gefährdung (z. B. Synkope beim Schwimmen)
      • Auftreten während Belastung
      • EKG-Veränderungen
      • plötzlicher Herztod in der Familie
      • Z. n. Thorax-OP
      • ggf. weitere Diagnostik (Echokardiografie, erweitertes EKG-Monitoring, Kipptisch-Untersuchung, Ergometrie, Koronarangiografie, EEG, zerebrales MRT oder CT)
Benigne Myoklonien im Säuglingsalter
  • Ursachen
    • Hirnentwicklungsstörung
  • Häufigkeit
    • Sie scheinen bei ansonsten normalen Neugeborenen im Alter von bis zu 3 Monaten häufig aufzutreten.
    • In 1/3 der beschriebenen Fälle bestehen die Myoklonien nach Vollendung des 3. Lebensmonats fort. 97 % der Betroffenen sind im Alter von 1 Jahr anfallsfrei.
  • Anamnese
    • Ab dem Zeitpunkt des Einschlafens des Kindes können über die gesamte Nacht hinweg Episoden mit fokalen oder generalisierten, rhythmischen Kloni auftreten.
    • In der Mehrzahl der beschriebenen Fälle sind die Kloni generalisiert, symmetrisch, synchron und wiederkehrend.
    • In erster Linie sind die oberen Extremitäten betroffen.
    • Sie können z. B. durch Schlaflieder oder wiederholte Geräusche ausgelöst werden.
    • Wird eine Extremität des Kindes festgehalten, führt dies nicht unbedingt zu einer Beruhigung.
    • Im wachen Zustand liegen keine Myoklonien vor.
    • Die neurologische Entwicklung ist normal.
  • Klinischer Befund
    • keine Befunde
  • Zusatzuntersuchungen
    • EEG während der Anfälle normal
  • Maßnahmen
    • Beruhigen und aufklären darüber, dass es sich um ein harmloses und vorübergehendes Phänomen handelt.
    • bei unklarer Diagnose großzügige Überweisung
Schlafbezogene Störungen
Benigne paroxysmale Vertigo
  • Ursachen
    • unbekannt, häufig als eine Form der Migräne klassifiziert
  • Häufigkeit
    • selten
  • Anamnese
    • Die Schwindelanfälle dauern etwa 1 Minute, das Kind wird blass, wirkt ängstlich, schreit, stürzt und klagt über Übelkeit und Schwindel.
  • Klinischer Befund
    • Es kommt nicht zu einem Bewusstseinsverlust.
    • Es kann ein Nystagmus auftreten.
  • Zusatzuntersuchungen
    • Otoskopie
  • Maßnahmen
    • Bei Vorliegen einer Otitis in Kombination mit Schwindel sollte eine Labyrinthitis in Betracht gezogen werden. Diese macht eine stationäre Aufnahme in der HNO-Abteilung erforderlich.
Paroxysmaler Torticollis
  • Ursachen
    • unbekannt
  • Häufigkeit
    • selten, am häufigsten bei Kindern im Alter von 1–2 Jahren
    • 2–3 Anfälle pro Monat
  • Anamnese
    • Plötzliche Anfälle, bei denen das Kind seinen Kopf schief hält und die häufig den gesamten Körper betreffen.
    • Die Anfälle können wenige Minuten, aber auch bis zu mehreren Tagen anhalten.
  • Klinischer Befund
    • vorübergehender Torticollis
  • Zusatzuntersuchungen
    • keine speziellen Untersuchungen
  • Maßnahmen
    • Verschwindet im Alter von 2–3 Jahren spontan.
Psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten
  • Tics oder Tourette-Syndrom
  • Starren
    • Ursachen
      • Evtl. bei Kindern, die Schwierigkeiten in der Schule haben oder an Lernstörungen leiden.
    • Häufigkeit
      • relativ verbreitet
    • Anamnese
      • Die Episoden treten vor allem in der Schule auf und werden von den Lehrer*innen beobachtet.
      • Das Kind kann mit einem festen Befehl aus seiner „Trance“ geholt werden.
    • klinischer Befund
      • normale Befunde
    • Zusatzuntersuchungen
      • EEG normal
    • Maßnahmen
      • Ausschluss von Petit-mal- und Absence-Anfällen
  • Dissoziative Störungen
    • Diese sind im Kindesalter relativ verbreitet.
    • Am häufigsten sind Mädchen betroffen. Sexueller Missbrauch erhöht das Erkrankungsrisiko.
    • Die dissoziativen Anfälle treten nie auf, wenn das Kind allein ist; keine Selbstverletzung.
  • Trotzanfälle, Wutanfälle
    • Ursachen
      • psychische Reaktion
    • Häufigkeit
      • relativ verbreitet
    • Anamnese
      • Die Kinder erinnern sich nicht oder geben an, sich nicht zu erinnern, was während des Anfalls passiert ist.
      • Der Anfall wird in der Regel durch starke Frustration oder Wut ausgelöst, äußert sich oft verbal oder körperlich und führt schließlich zu einer Verhaltensänderung und der Isolation.
    • klinischer Befund
      • keine Befunde
    • Zusatzuntersuchungen
      • EEG in der Regel normal
    • Maßnahmen
      • Erziehungsberatung, Elterntraining, ggf. Familientherapie oder andere Psychotherapieformen
Tremor
  • Ursachen
    • unbekannt, mitunter Fälle von Tremor in der Familie
  • Häufigkeit
    • Kann im Kleinkindalter auftreten.
    • Kann eine Vorstufe eines späteren essenziellen Tremors sein.
  • Anamnese
    • Zitteranfälle
    • keine Bewusstseinsstörungen
  • Klinischer Befund
    • keine Befunde
  • Zusatzuntersuchungen
    • EEG normal
  • Maßnahmen
    • keine
Gastroösophagealer Reflux bei Kindern
  • Das Sandifer-Syndrom ist eine seltene angeborene Kombination von Reflux, Torticollis und dystonen Bewegungen.

Weitere Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Fieber?
  • In welchem Gesundheitszustand befindet sich das Kind?
    • Gab es Probleme während der Schwangerschaft oder bei der Geburt?
    • Bestanden nach der Geburt Probleme oder Symptome?
  • Wie gestalten sich die Anfälle?
    • Beschreibung des Anfalls
    • Ist das Kind während des Anfalls bewusstlos?
    • Krämpfe?
    • Dauer?
  • Tritt eine postiktale Müdigkeit auf?
  • Kopfschmerzen nach dem Anfall?
  • Auslösende Faktoren?
    • Fieber?
    • Wut, Schmerz, Angst?
  • Wann treten die Anfälle auf (bei wiederkehrenden Anfällen)?
    • Zu beliebiger Zeit?
    • Nur am Tag?
    • Nur abends/nachts?
    • Nur in Gegenwart anderer?
  • Schlafstörungen?

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Inspektion
    • reduzierter Allgemeinzustand
    • Bewusstseinsstörungen
    • Blässe
    • Exsikkose
    • Dyspnoe
    • Blutungszeichen
    • Herzoperationsnarbe
    • Palpation und Auskultation
      • pathologisches Herzgeräusch
      • Pulsdefizit
      • pulmonale Zeichen
  • Vitalparameter
    • HF, RR, pO2
  • Neurologische Zeichen?
  • Tics?

Ausschluss einer Meningitis bei Kindern in reduziertem Allgemeinzustand

  • Säuglinge/Kleinkinder
    • Abgeschlagenheit und Reizbarkeit, häufig Erbrechen
    • gedehnte, vorgewölbte Fontanelle
    • Nackensteife und Fieber häufig nicht vorhanden
  • Ältere Kinder
    • Erbrechen, Verwirrtheit, Lichtscheu, Nackensteife, Rückensteife
    • Kernig- und Brudzinski-Zeichen positiv
    • bei Meningokokken-Erkrankung häufig Petechien

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarzt-/Kinderarztpraxis

  • Temperatur
  • Ruhe-EKG
  • Labordiagnostik
    • in Abhängigkeit von Anamnese und Verdachtsdiagnose Bestimmung von Blutbild, Leukozyten, CRP, Elektrolyten (Na, K, Ca) und Glukose, ggf. Messung von Medikamentenspiegeln (Antiepileptika) oder toxikologisches Urin-Screening

Diagnostik bei Spezialist*innen

Notfalldiagnostik bei höhergradiger Bewusstseinsstörung2

  • Siehe auch Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie.
  • Vitalzeichen, Untersuchung auf Trauma-Hinweise
  • Glasgow Coma Scale
  • Neurologische Untersuchung
  • Screening Labor: Blutzucker, Blutgasanalyse, Elektrolyte (Na, K, Ca), Blutbild, Transaminasen (GOT, GPT), Kreatinin, CRP, Gerinnung (Quick, PTT), Ammoniak, Laktat; Urinuntersuchung
  • Zerebrale Notfall-Bildgebung (meist Notfall-CCT): bei fokalen Zeichen, Papillenödem, V. a. ICP-Erhöhung (neurochirurgische Intervention notwendig?)
  • Lumbalpunktion: insbesondere bei Fieber und Meningismus, anhaltender Desorientierung/Bewusstseinsstörung: Kontraindikationen prüfen, Bildgebung zuvor notwendig?
  • Erweitertes Labor: Carboxyhämoglobin, Drogenscreening, metabolische Untersuchungen
  • MRT des Neurokraniums mit Diffusionsgewichtung, wenn Ursache weiter unklar
  • Notfall-EEG, z. B. bei Verdacht auf nichtkonvulsiven Status epilepticus

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Sofern keine akute Erkrankung vorliegt, ist eine Überweisung in der Regel nicht notwendig. Bei Verdacht auf das Tourette-Syndrom, Narkolepsie oder Epilepsie ist jedoch eine Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum (Kinder- und Jugendpsychiatrie, Entwicklungsneurologie, Epileptologie) indiziert.

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Kinder in beeinträchtigtem Allgemeinzustand sollten stationär aufgenommen werden. Besondere Vorsicht ist bei Kindern unter 1 Jahr geboten.
  • Bei Verdacht auf infantile Spasmen sollte das Kind zur Beobachtung stationär aufgenommen werden.

Checkliste zur Überweisung

Unklare Anfälle

  • Zweck der Überweisung
    • Untersuchung? Behandlung?
  • Anamnese
    • Beginn? Dauer der Anfälle? Mehrere Anfälle? Gesundheitszustand, wenn keine Anfälle vorliegen?
    • Symptombild? Auslösende Faktoren? Postiktale Müdigkeit?
    • Sonstige relevante Erkrankungen oder Schädigungen?
    • Folgen: Wachstums- und Entwicklungsverzögerung?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand? Allgemeiner klinischer Status? Zeichen neurologischer Schäden?
    • Gewicht und Körpergröße: Die Perzentilenkurve liefert wertvolle Informationen.
    • Körpergrößen-Perzentilenrechner
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Normalerweise keine?

Empfehlungen

  • Bei harmlosen Krankheitsbildern, z. B. Affektkrämpfen oder Reflexsynkopen: Betroffene und ggf. Eltern beruhigen.
  • Ggf. Aufklärung über Präventionsmaßnahmen, z. B. Sturzprävention, Konditionstraining

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler. Synkope im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 023-004. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
  • Gesellschaft für Neuropädiatrie. Diagnostische Prinzipien bei Epilepsien des Kindesalters. AWMF-Leitlinie Nr. 022-007. S1, Stand 2017. www.awmf.org
  • Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin e. V. Zerebrale Anfälle beim Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 024-011. S2k, Stand 2012 (abgelaufen). www.awmf.org  
  • Gesellschaft für Neuropädiatrie. Akute Bewusstseinsstörung jenseits der Neugeborenenperiode. AWMF-Leitlinie Nr. 022-016. S1, Stand 2020. www.awmf.org 

Literatur

  1. Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin e. V. Zerebrale Anfälle beim Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 024-011. S2k, Stand 2012 (abgelaufen). www.awmf.org
  2. Gesellschaft für Neuropädiatrie. Akute Bewusstseinsstörung jeneits der Neugeborenenperiode. AWMF-Leitlinie Nr. 022-016. S1, Stand 2020. www.awmf.org
  3. Cui W, Kobau R, Zack MM, et al. Seizures in Children and Adolescents Aged 6–17 Years - United States, 2010–2014. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2015; 64:1209. PubMed
  4. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020. www.dimdi.de
  5. Gesellschaft für Neuropädiatrie. Diagnostische Prinzipien bei Epilepsien des Kindesalters. AWMF-Leitlinie Nr. 022-007. S1, Stand 2017. www.awmf.org
  6. Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler. Synkope im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 023-004. S2k, Stand 2020. www.awmf.org

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
F445; F488; R25; R400; R401; R402; R55; R56; R560; R568
N07; N29; P75
Paroxysmale Anfälle bei Kleinkindern; Epilepsie-Anfälle; Therapieresistente Epilepsie; Zerebrale Krampfanfälle; Meningitis; Infantile Spasmen; Migräne; Zerebrale Fehlbildungen; Tetanus; Hypoglykämie; Hypokalzämie; Dehydratation; Vergiftung mit Ethylenglykol; Vergiftung mit Neurleptika; Vergiftung mit Theophyllin; Vergiftung mit trzyklischen Antidepressiva; Münchhausen-Stellvertretersyndrom; Synkopen bei Kindern; Fieberkrämpfe; Affektkrämpfe; Benigne infantile nächtliche Myoklonien; Pavor nocturnus; Narkolepsie; Dissoziative Störung bei Kindern; Paroxysmale Vertigo; Benign paroxysmal vertigo of childhood; Paroxysmale Torticollis; Tics; Tourette-Syndrom; Sandifer-Syndrom; Long-QT-Syndrom; Wolff-Parkinson-White-Syndrom; Supraventrikuläre Tachykardie
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