Masern

Masern (Morbilli) sind eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die durch das Masernvirus verursacht wird. Die Krankheit verursacht Hautausschlag mit Fieber und kann einen schweren Verlauf annehmen. Daher wird die Impfung gegen Masern bereits für Kleinkinder empfohlen. Die 2. Impfung kann später nachgeholt werden, falls sie nicht erfolgen konnte.

Was sind Masern?

Definition

Masern werden durch Viren verursacht, die weltweit verbreitet sind. Sie gehören zu den ansteckendsten Krankheiten. Übertragen werden Masern von Mensch zu Mensch, z. B. beim Niesen oder Sprechen (Tröpfcheninfektion). Die Erkrankung verursacht Hautausschlag mit Fieber und kann zu langwierigen Verläufen und selten auch zu schweren Komplikationen führen. Die Impfung bietet einen wirksamen Schutz gegen die Erkrankung.

Neugeborene sind in den ersten 3–4 Monaten durch Antikörper der Mutter geschützt, sofern diese immun gegen Masern ist. Säuglinge im Alter von 4–11 Monaten sind besonders ansteckungsgefährdet, da sie noch nicht geimpft werden können: Die Impfung ist erst im Alter von 11 Monaten vorgesehen.

Symptome

Der Verlauf der Erkrankung kann in zwei Phasen unterteilt werden: das Anfangsstadium (Prodromalstadium) und die Phase des Hautausschlags (Exanthemstadium).

Frühes Stadium

Die ersten Symptome treten in der Regel 10–14 Tage nach der Ansteckung (Inkubationszeit) auf. Die Erkrankung beginnt mit Erkältungsanzeichen wie Husten, Schnupfen, Bindehautentzündung, Lichtempfindlichkeit, hohes Fieber, Halsschmerzen und Unwohlsein, die 3–4 Tage andauern. In dieser Phase tritt meist noch kein Ausschlag auf. Im Mund sind eventuell auf der Schleimhaut weiße, von einem roten Ring umgebene Flecken zu erkennen (Koplik-Flecken).

Koplik-Flecken
Koplik-Flecken bei Masern

Späteres Stadium

Am 2.–4. Tag tritt der typische Masernausschlag auf, zunächst in Form kleiner rosafarbener Punkte, die allmählich zu größeren, etwas dunkleren Bereichen zusammenwachsen. Der Ausschlag beginnt typischerweise hinter den Ohren und im Gesicht und breitet sich über den Körper aus. Diese Phase des Ausschlags dauert in der Regel 4–7 Tage. Anschließend klingt der Ausschlag langsam ab, und die Haut schuppt sich, bevor die Veränderungen ganz verschwinden. Nach 5–7 Tagen geht das Fieber zurück.

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Masern, typischer Ausschlag

Ursachen

Masern werden durch Masernviren verursacht. Die Krankheit wird über die sog. Tröpfcheninfektion verbreitet: Die Viren befinden sich in großer Zahl im Speichel; beim Husten oder Niesen verbreiten sie sich mit winzigen Speicheltröpfchen. Bereits ein kurzer Kontakt führt zu einer Infektion, die bei ungeschützten Personen fast immer mit Symptomen einhergeht. Die Patient*innen sind vom Beginn der ersten allgemeinen Symptome an ansteckend, also einige Tage vor dem Auftreten des Ausschlags. Danach bleibt die Ansteckungsgefahr noch etwa 4 weitere Tage bestehen, am größten ist sie jedoch im Anfangsstadium.

Der Mensch ist der einzige Wirt des Masernvirus. Da ein geeigneter Impfstoff zur Verfügung steht, ist eine weltweite Ausrottung des Masernvirus theoretisch möglich. Für einen Bevölkerungsschutz (Herdenimmunität) wird eine Immunität gegen Masern von ca. 95 % benötigt, die durch Impfung erreicht werden kann.

Ungeimpfte Kinder haben ein etwa 300-fach erhöhtes Risiko, in den ersten 10 Lebensjahren an Masern zu erkranken.

Häufigkeit

  • Masern sind weltweit verbreitet. Insgesamt starben 2018 mehr als 140.000 Menschen an Masern, insbesondere Kinder unter 5 Jahren.
  • In Europa erkrankten im selben Jahr 89.000 Menschen an den Masern und 74 Menschen starben.
  • In den letzten Jahren sind die Masern-Fallzahlen aufgrund der Infektionsschutz-Maßnahmen in Deutschland stark zurückgegangen. Im Jahr 2020 gab es 76 Fälle und 2021 nur 10 Fälle. 
  • Die Impfquote in Deutschland liegt für die Masern-Erstimpfung bei 97,2 % und für die Zweitimpfung bei 93,1 % (Stand 2018).

Untersuchungen

  • Die Diagnose wird ausgehend von den typischen Krankheitsanzeichen mit starken erkältungsähnlichen Symptomen, Fieber in zwei Phasen und dem charakteristischen Hautausschlag gestellt.
  • Bei jedem Verdacht auf Masern soll eine Laboruntersuchung erfolgen. Das Virus kann in einem Rachenabstrich oder im Urin nachgewiesen werden.
  • Evtl. wird zusätzlich eine Blutuntersuchung auf Antikörper durchgeführt.

Behandlung

  • Ziel der Behandlung ist, die Symptome zu lindern und Komplikationen zu vermeiden.
  • Es gibt keine Behandlung, die das Virus selbst abtöten kann.
  • Die Patient*innen sollten bis 4 Tage nach Auftreten des Ausschlags zu Hause bleiben und Kontakte zu ungeimpften Personen vermeiden.
  • Bei einem schweren Krankheitsverlauf ist ein Krankenhausaufenthalt nötig.

Medikamente

  • Bei Fieber werden fiebersenkende Mittel (z. B. Ibuprofen) eingesetzt, und es soll auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
  • Zusätzliche bakterielle Infektionen (Mittelohr- und Lungenentzündung) werden mit Antibiotika behandelt.
  • Außerdem hat sich gezeigt, dass bei Vitamin-A-Mangel durch die Gabe von Vitamin A die Sterblichkeit bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren reduziert werden kann. In Deutschland wird dies jedoch in der Regel nicht empfohlen.

Vorbeugung

Impfung gegen Masern

Kinder

  • Kinder können durch eine zweimalige Impfung wirksam gegen Masern geschützt werden. Gegen Masern wird üblicherweise in Kombination zusammen mit Mumps, Röteln und ggf. Windpocken geimpft.
  • Die 1. Impfung sollte im Alter von 11–14 Monaten gegeben werden (frühestens mit 9 Monaten, wenn z. B. Ansteckungsgefahr herrscht oder das Kind in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut wird).
  • Die 2. Impfung erfolgt frühestens 4 Wochen nach der ersten Impfung, im Alter von 15–23 Monaten.
  • Bei Impfung im Alter von 9–10 Monaten sollte die 2. MMR-Impfung bereits zu Beginn des 2. Lebensjahres gegeben werden.
  • Die 2. Impfung ist dabei keine sog. „Auffrischimpfung“, sondern wichtig für einen sicheren und kompletten Impfschutz. Verpasste oder verschobene Impfungen sollten so bald wie möglich nachgeholt werden.
  • Die Impfung muss nur dann verschoben werden, wenn das Kind eine akute Erkrankung mit hohem Fieber (über 38,5 °C) hat. Zusätzlich gibt es einige schwere chronische Krankheiten, bei denen Kinder nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen geimpft werden können.

Erwachsene

  • Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind und nicht bzw. in der Kindheit nur einmal gegen Masern geimpft wurden, eine Impfung gegen Masern.
  • Die Impfung sollte vorzugsweise mit einem Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) erfolgen.
  • Die Impfung soll nicht in der Schwangerschaft erfolgen und nach der MMR-Impfung sollte eine Schwangerschaft 4 Wochen vermieden werden.
  • Nach 1970 geborene Personen, die in medizinischen Einrichtungen, Pflegeeinrichtungen, Gemeinschaftseinrichtungen sowie an Fach-, Berufs- und Hochschulen arbeiten, sollten insgesamt eine 2-malige Impfung mit einem MMR-Impfstoff erhalten.
  • Für Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen gilt seit 01.03.2020 in Deutschland eine Impfpflicht.

Vorbeugende Behandlung

  • Nach Kontakt zu an Masern erkrankten Personen sollten Ungeimpfte ab dem Alter von 9 Monaten bzw. in der Kindheit nur einmal geimpfte Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus möglichst innerhalb von 3 Tagen mit einer Impfstoffdosis gegen Masern geimpft werden.
  • Auch Säuglinge im Alter von 6–8 Monaten können ausnahmsweise geimpft werden (dies entspricht jedoch nicht der offiziellen Zulassung).
  • Bei Säuglingen unter 6 Monaten, nichtimmunisierten Schwangeren und Personen mit Immunschwäche kann innerhalb von 7 Tagen durch eine passive Immunisierung mit Immunglobulinen das Risiko für einen Ausbruch der Krankheit deutlich verringert werden.
  • Nach einer Immunglobulin-Gabe ist die MMR-Impfung für 8 Monate nicht sicher wirksam und sollte erst danach durchgeführt werden.

Prognose

  • In entwickelten Ländern sterben rund 1 von 1.000–2.000 an Masern erkrankte Personen. Die Sterblichkeit ist bei Säuglingen von 4–12 Monaten und Kindern mit Immunschwäche am höchsten.
  • Nach einer Erkrankung hält die Immunität lebenslang an.

Komplikationen

  • Ein erhöhtes Komplikationsrisiko besteht im Alter unter 5 Jahren und über 20 Jahre.
  • Masern schwächen vorübergehend das Immunsystem. Dadurch sind die Erkrankten anfälliger für Folgekrankheiten, z. B. Durchfall, Bronchitis, Lungenentzündung, Nebenhöhlenentzündung oder Mittelohrentzündung.
  • Bei etwa einem von 1.000 Erkrankten kommt es wenige Tage nach dem Hautausschlag zu einer Gehirnentzündung, die durch das Masernvirus verursacht wird. Etwa 10–20 % der Betroffenen sterben daran. Bei etwa 20–30 % bleiben schwere Folgeschäden zurück.
  • Als Spätfolge kann außerdem nach Jahren die sog. subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten, eine schwere und stets tödlich verlaufende Gehirnerkrankung. Dies betrifft 1,7 von 1.000 Kindern, die im 1. Lebensjahr an Masern erkrankt waren.

Nebenwirkungen der Impfung

  • Die Impfung ist trotz möglicher Impfreaktionen gut verträglich.
  • Häufig kommt es in den ersten 3 Tagen nach der Impfung durch die Anregung der körpereigenen Abwehr zu einer Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle, die auch schmerzen kann.
  • Auch kurzfristige Allgemeinsymptome wie eine leichte bis mäßige Temperaturerhöhung, Kopfschmerzen und Mattigkeit können auftreten.
  • Da es sich um eine Lebendimpfung mit abgeschwächten Viren handelt, können in der 2. Woche nach der Impfung bei etwa 5 % der Geimpften leichte „Impf-Masern“ beobachtet werden: Fieber verbunden mit einem schwachen masernähnlichen Ausschlag. Diese Krankheit ist jedoch nicht ansteckend.
  • Bei ca. 1 % treten Gelenkschmerzen auf, v. a. bei Erwachsenen.
  • Nach Impfungen ist das Risiko für Fieberkrämpfe bei Kindern im Alter zwischen 10 und 24 Monaten um etwa 10 % erhöht.
  • Mittlerweile wurde wissenschaftlich belegt, dass die MMR- oder Masern-Impfung nicht mit einem erhöhten Risiko für Autismus in Verbindung steht.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Masern. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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