Fruktosemalabsorption

Eine verringerte Aufnahmekapazität von Nährstoffen im Verdauungstrakt wird Malabsorption genannt. Im Falle von Fruktose (Fruchtzucker) kann dies zu Bauchkrämpfen, Blähungen, Durchfall und Übelkeit führen. Diese Beschwerden treten in der Regel 30 Minuten nach der fruchtzuckerhaltigen Mahlzeit auf.

Was ist eine Fruktosemalabsorption?

Definition

Die verringerte Aufnahmefähigkeit von Nährstoffen im Verdauungstrakt wird Malabsorption genannt. Bei der Fruktosemalabsorption ist die Aufnahmekapazität für Fruchtzucker vermindert. Fruktose (Fruchtzucker) ist ein Einfachzucker, der gemeinsam mit Glukose (Traubenzucker) den Zweifachzucker (Disaccharid) Saccharose, also Haushaltszucker, und andere Kohlenhydrate bildet.

Statt 30–50 g Fruchtzucker pro Stunde kann der Dünndarm bei einer Fruktosemalabsorption nur < 25–30 g pro Stunde aufnehmen. Die überschüssige Fruktose gelangt in den Dickdarm, wo sie von Bakterien verstoffwechselt wird und Wasser bindet. Dadurch entstehen Gase, der Darminhalt verflüssigt sich und der Stuhl wird säurehaltig. Dies führt zu Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen und Übelkeit.

Symptome

Bei einem Teil der Patient*innen mit einer Fruktosemalabsorption im Darm treten keine Beschwerden auf. Typische Symptome einer verringerten Aufnahme von Kohlenhydraten sind Blähungen, Bauchkrämpfe, Bauchschmerzen, Durchfall und eventuell Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen. Normalerweise treten die Symptome 30 min nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln mit Fruktose und/oder Sorbit auf. Sie können bis zu 9 Stunden anhalten. Es gibt keine Symptome, die mit einer bestimmten Zuckerart verbunden sind (Fruktose, Laktose, Sorbit).

Die Symptome können denen des Reizdarmsyndroms ähneln. Dabei kommt es zu Episoden mit Magen-Darm-Beschwerden in Form von Blähungen, Bauchschmerzen sowie abwechselnd Durchfall und Verstopfung.

Ursachen

Mehrfachzucker werden durch Enzyme auf dem Weg von der Mundhöhle in den Dünndarm aufgespalten, wo sie als Monosaccharide absorbiert werden. Auch bei gesunden Personen ist die Aufnahmefähigkeit für Fruktose im Dünndarm auf 30–50 g pro Stunde begrenzt. Der Verzehr von größeren Mengen an Fruchtzucker führt also selbst bei sonst beschwerdefreien Personen zu Magen-Darm-Beschwerden.

Wird die Fruktose aufgrund einer primären Fruktosemalabsorption nicht über die Darmwand aufgenommen, verbleibt sie im Darm. Fruktose entzieht dem Körper Wasser und vergrößert damit das Volumen des Darminhalts. Es kommt zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall, da der nicht absorbierte Zucker von Bakterien im Dickdarm verstoffwechselt wird. Sorbit blockiert die Aufnahme von Fruktose im Dünndarm und kann selbst auch zu Beschwerden führen.

Eine sekundäre Malabsorption kann aufgrund von Schädigungen der Darmschleimhaut als Folge anderer Erkrankungen (Zöliakie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Chemotherapie) auftreten. In diesem Fall liegt neben der funktionellen Transportstörung der Fruktoseaufnahme auch eine Schädigung der Darmschleimhaut bzw. eine Reduktion der Resorptionsfläche vor.

Häufigkeit

Die tägliche Aufnahme von Fruchtzucker hat durch vermehrten Obstkonsum (der von den Ernährungsgesellschaften empfohlen wird), durch ein deutlich fruktosereicheres Lebensmittelangebot (in Fertiggerichten) und durch den Verzehr von verarbeiteten Obstprodukten (Säfte, Smoothies etc.) in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.

Personen mit Fruchtzuckermalabsorption leiden häufig auch an einer Sorbitunverträglichkeit. Auch eine Laktoseintoleranz kommt nicht selten gleichzeitig vor. Eine Fruktosemalabsorption oder Fruktoseunverträglichkeit darf nicht mit einer Fruktoseintoleranz verwechselt werden, einer seltenen schweren Erbkrankheit, bei der die Patient*innen keinerlei Fruktose zu sich nehmen dürfen.

Etwa 15–25 % der europäischen Bevölkerung leiden an einer Fruktosemalabsorption, 8–12 % an einer Sorbitunverträglichkeit und 15–20 % an einer Laktoseintoleranz.

Untersuchungen

  • Haben Sie Magen-Darm-Beschwerden und vermuten Sie, dass diese durch Fruchtzucker verursacht werden, sollte eine weitere Abklärung erfolgen. Für eine Fruchtzuckermalabsorption spricht, wenn Sie Obst, Honig, Fruchtsäfte, Softdrinks und Zuckeraustauschstoffe, aber auch Weizen, Roggen, Gerste, Zwiebeln, Knoblauch und Lauch nicht vertragen.
  • Bei einer Sorbitmalabsorption treten die Beschwerden bei dem Süßungsmittel Xylit, frischem und getrocknetem Obst, Zuckeraustauschstoffen, Kaugummi und Bonbons auf.
  • Um einen genaueren Überblick zu bekommen, ist die Führung eines Ernährungs- und Beschwerdetagebuchs für 7 Tage sinnvoll.
  • Bei Verdacht auf Fruktosemalabsorption wird ein Atemtest durchgeführt, bei dem Sie 25 g Fruktose in 250 ml Wasser (Kinder 1 g/kg Körpergewicht) zu trinken bekommen und davor und alle 20 Minuten danach das Gas H2 in der Ausatemluft gemessen wird.
    • Dickdarmbakterien produzieren dieses Gas, wenn Fruktose nicht ausreichend im Dünndarm aufgenommen wird. Steigt das H2 in der Ausatemluft an und bekommen Sie zusätzlich Ihre typischen Beschwerden (Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen), gilt die Diagnose Fruchtzuckermalabsorption als gesichert.
    • Bei fehlendem H2-Anstieg, aber Symptomen muss die Diagnose auf der Basis Ihrer Beschwerden gestellt werden. Kommt es zu den typischen Beschwerden, gilt der Test als positiv.
    • Treten trotz H2-Atemgasanstieg keine Beschwerden auf, liegt eine asymptomatische Fruktoseresorptionsstörung vor, die eventuell erst bei höheren Testdosen, anderer Nährstoffzusammensetzung oder bei gleichzeitiger Sorbitaufnahme symptomatisch wird.
  • Bei Verdacht auf Sorbitmalabsorption wird die Diagnose durch die Gabe von 5–10 g Sorbit über das Auftreten von Beschwerden oder mittels H2-Atemtest gestellt.

Behandlung

  • Ziel der Behandlung ist es, Beschwerdefreiheit zu erreichen,  Mangelernährung/Nährstoffdefizite zu vermeiden und ggf. eine Grunderkrankung zu behandeln, die die Fruktosemalabsorption auslöst.
  • Glukose (Traubenzucker) kann die Fruktoseaufnahme erhöhen. Dies erklärt, warum Obst und Gemüse verzehrt werden können, wenn darin ungefähr zu gleichen Teilen Glukose und Fruktose enthalten sind. Saccharose, also Haushaltszucker (Glukose-Fruktose-Verhältnis 1:1), und Bananen (1,5:1) werden deswegen oft besser vertragen als z. B. Äpfel (1:3).
  • Die Ernährungstherapie bei Fruktosemalabsorption erfolgt in 3 Phasen: Karenzphase, Testphase, Dauerernährung. Die Diätbegleitung sollte während der Karenz- und Testphase idealerweise durch eine Ernährungsfachkraft erfolgen.
  • Eine streng fruktosearme oder gar fruktosefreie Diät (wie bei der angeborenen Fruktoseintoleranz) ist nicht sinnvoll, da dadurch die Aufnahmefähigkeit noch weiter sinkt. Süßstoffe wie Aspartam, Cyclamat oder Saccharin sind problemlos verträglich.
  • Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig.
  • Eine Überprüfung der der Ballaststoffmenge ist erforderlich. Diese sollten bei Blähungen und/oder Durchfall ggf. reduziert werden (Verzicht auf grobe Vollkornprodukte).
  • Sinnvoll ist eine Umstellung von einer stärkelastigen Kost zu einer fettmoderaten, eher proteinausgewogenen Kost. Wichtig ist eine Reduktion von Mono- und Disacchariden sowie Säften und Süßigkeiten und die Veränderung des meist vorhandenen Obstüberangebots hin zu einer gemüsebetonten Mischkost.
  • Eine sog. FODMAP-Diät (Fermentable Oligosaccharides, Disaccharides and Monosaccharides And Polyols), also der Verzicht auf vergärbare Mehrfach-, Zweifach- und Einfachzucker sowie mehrwertige Zuckeralkohole) kann dazu beitragen, die Beschwerden langfristig zu verbessern. Einen hohen Gehalt an FODMAP haben u. a.:
    • Fruktane: Weizen (Brot, Nudeln, Couscous), Zwiebeln, Knoblauch, Gerste, Kohl, Bokkoli, Rosenkohl
    • Galaktane: Sojaprodukte, Hülsenfrüchte
    • Laktose: Frischkäse, Milch, Sahne, Joghurt, Butter, Milcheis
    • Polyole: Xylit, Sorbit, Äpfel, Pflaumen, Kirschen, Birne, Blumenkohl, Zuckermais, Zuckererbsen, Pilze.
  • Die Umwandlung von Fruktose zu Glukose im Darm kann durch Einnahme von Xylose-Isomerase-Tabletten als Nahrungsergänzungsmittel unterstützt werden, was zur Reduktion der Übelkeit und Bauchschmerzen, aber nicht der Blähungen führen kann.

Was können Sie selbst tun?

1. Phase: Karenz

  • Ziel: weitestgehende Beschwerdebesserung
  • Dauer: max. 2 Wochen
  • Fruktosearme Kost durch Beschränkung der Fruktosezufuhr mit Verzicht auf:
    • Haushaltszucker
    • gesüßte Getränke
    • Süßigkeiten
    • Fruchtsaft
  • Verzicht auf Zuckeralkohole und FODMAP
  • Verträglicher sind:
    • feingemahlenes Vollkornbrot, helles Weizenbrot
    • Bananen
    • leicht bekömmliche Gemüsesorten, z. B. Karotten, Gurken, Sellerie, Tomaten, Paprika etc.
    • unverarbeitetes Fleisch
    • Fisch
    • Tofu
    • Eier
    • Milchprodukte (ungesüßt, kein Fruchtjoghurt)
    • ungesüßte Soja, Reis- oder Hafermilch
    • mit Glukose gesüßte Süßigkeiten, Süßspeisen, Kuchen, Gebäck
    • Mineralwasser, Tee, Kaffee, Bier, Light-Limonaden
  • Unterstützung der Fruktoseverträglichkeit durch die gleichzeitige Aufnahme von Glukose
  • Prinzipien der leichten Vollkost
  • Verbesserung der Fruktoseaufnahme durch zeitgleiche Aufnahme von Protein und evtl. Fett
  • Verzicht auf blähende Lebensmittel (Kohlgemüse, Zwiebelgewächse)
  • bei Durchfall Ballaststoffmenge reduzieren

2. Phase: Testphase

  • Ziel: Erweiterung der Nahrungsmittelauswahl unter Berücksichtigung der Speisenkombinationen und ggf. einer Fett- und Proteinanreicherung, um die Verträglichkeit von Fruktose zu erhöhen
  • Dauer: 4–8 Wochen
  • Prinzipien der leichten Vollkost
  • fruktosemodifizierte Kost
  • Wiedereinführung von verschiedenen Obstsorten
  • Verzicht auf Zuckeralkohole (z. B. Sorbit, Mannit, Maltit, Isomalt, Xylit)
  • strikte Diätvorgaben „aufweichen“
  • Ermittlung der individuellen Fruktose- und FODMAP-Verträglichkeit: Hierzu kann die individuelle Verträglichkeit folgender Lebensmittel getestet werden
    • grobes Vollkornbrot, Rosinenbrot
    • Melone, Pfirsich, Zitrusfrüchte, Beerenfrüchte
    • Kohlgemüse, Hülsenfrüchte
    • mit Zucker gesüßte Süßigkeiten, Süßspeisen, Kuchen, Gebäck (in geringen Mengen)
    • Wein, Limonaden (in geringen Mengen).

3. Phase: Dauerernährung

  • Ziel: Deckung des Nährstoffbedarfs
  • individuelle Ernährungsempfehlungen bezüglich Mahlzeitenanzahl und Mahlzeitenrhythmus
  • Langfristig vermeiden:
    • Äpfel, Birnen, Mango
    • Fruchtsaft
    • Süßwaren mit Zuckeraustauschstoffen (z. B. Kaugummi, Lutschbonbons)
    • Honig

Prognose

  • Die Erkrankung ist chronisch und kann nicht geheilt werden.
  • Es kann im Verlauf immer wieder zu Unsicherheiten und ggf. auch zum Stillstand des Therapieerfolgs kommen. Hier ist die (erneute) Führung eines Ernährungs- und Symptomprotokolls über 7 Tage sinnvoll.
  • Kommt es bei Karenz ohne Diätfehler nicht zu einem deutlichen Rückgang der Beschwerden, müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.
  • Bei Kindern beruhen anhaltende Symptome fast immer auf Diätfehlern, die unter strengerer Diätführung und in Begleitung eines Ernährungs- und Symptomprotokolls nachlassen. 
  • Es gibt Studien, die belegen, dass sich eine Ernährungsumstellung nicht nur positiv auf die gastrointestinalen Beschwerden auswirken kann, sondern auch auf die Stimmung von Patient*innen mit einer Fruktosemalabsorption.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Fruktose- und Sorbitmalabsorption. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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