Hashimoto-Thyreoiditis

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, die die Schilddrüse angreift. Sie führt manchmal zu einer vorübergehenden Schilddrüsenüberfunktion, gefolgt von einer dauerhaften Unterfunktion.

Was ist die Hashimoto-Thyreoiditis?

 

Schilddrüse
Schilddrüse

 

 

Mit dem Begriff Thyreoiditis werden akute oder chronische entzündliche Veränderungen der Schilddrüse (Glandula thyreoidea) bezeichnet, die verschiedene Ursachen haben können. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine der häufigsten Formen und tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem Antikörper produziert, die sich gegen die eigene Schilddrüse richten. Sie ist die häufigste Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion in Deutschland und kann in allen Altersgruppen auftreten, betrifft jedoch typischerweise Frauen im jungen und mittleren Lebensalter.

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert, d. h. andere Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise der Typ-1-Diabetes treten bei Betroffenen häufiger auf.

Im frühen Verlauf ist die Erkrankung häufig durch eine Schilddrüsenüberfunktion gekennzeichnet, später entwickelt sich meist eine chronische Unterfunktion. Die Symptome hängen davon ab, wie stark der Stoffwechsel erhöht oder herabgesetzt ist. Manchmal zeigt sich zu Beginn eine Schilddrüsenschwellung (Struma). Die Schilddrüse ist weder schmerzhaft noch berührungsempfindlich. Im Verlauf wird die Schilddrüse bei der Hashimoto-Thyreoiditis jedoch immer kleiner und kann ihre Funktion immer schlechter erfüllen. Bei rauchenden Patient*innen mit einer Hashimoto-Thyreoiditis ist das Risiko besonders hoch, dass sich eine Schilddrüsenunterfunktion entwickelt.

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion klagen Betroffene häufig über allgemeine Abgeschlagenheit, Gewichtszunahme, stärkere Kälteempfindlichkeit und diffuse Muskelschmerzen.

Ursachen

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung und tritt familiär gehäuft auf, das bedeutet, dass es in der gleichen Familie zu mehreren Fällen kommen kann.

Die genauen Ursachen sind nicht bekannt. Es wird vermutet, dass es eine genetische Veranlagung gibt, dann aber ein Auslöser dazu kommen muss, damit die Erkrankung sich entwickelt. Dieser Auslöser könnte ein Virus sein, ist aber auch heute noch nicht bekannt. Immunzellen (Lymphozyten) wandern in die Schilddrüse ein, schädigen dort das Gewebe und produzieren Autoantikörper. Für den Hashimoto sind sog. TPO-Antikörper typisch (seltener TG-Antikörper und TRAK) und in hoher Konzentration nachweisbar.

Abzugrenzen ist vom Hashimoto insbesondere die langsam verlaufende lymphozytäre Thyreoiditis, bei der die gleichen Antikörper vorhanden sind, jedoch in geringerer Konzentration, und die einen viel milderen Krankheitsverlauf aufweist. Häufig wird die lymphozytäre Thyreoiditis gar nicht bemerkt (und heißt daher auch „stumme“ Thyreoiditis) und geht nach einer kurzen Phase der Überfunktion in eine etwas längere Phase der Unterfunktion über, um dann im Großteil der Fälle wieder in die normale Schilddrüsenfunktion zu kommen. Beide Formen der Schilddrüsenentzündung sind nicht immer einfach zu unterscheiden. Die lymphozytäre, stumme Thyreoiditis benötigt in der Regel – anders als der Hashimoto – keine dauerhafte Schilddrüsenhormonsubstitution. Die nach einer Schwangerschaft auftretende postpartale Thyreoiditis ähnelt der lymphozytären Thyreoiditis und sollte auch nicht mit einem Hashimoto verwechselt werden. 

Diagnose

Die Diagnose wird anhand der Krankengeschichte, der Befunde bei der ärztlichen Untersuchung sowie mithilfe von Bluttests zur Bestimmung der Schilddrüsenfunktion gestellt. Bestimmt werden die Hormone TSH und FT4 sowie TPO-Antikörper (selten auch TG-AK und TRAK, um weitere Schilddrüsenerkrankungen auszuschließen). TPO-Antikörper sind bei bis zu 90 % der Patient*innen mit Hashimoto-Thyreoiditis nachweisbar. 

Weiterhin sollte ein Ultraschall der Schilddrüse, zumindest zu Beginn und eventuell auch im Krankheitsverlauf, durchgeführt werden. 

Abzugrenzen vom Hashimoto sind vor allem die milde verlaufenden Formen der lymphozytären, meist spontan ausheilenden Schilddrüsenentzündungen (siehe oben). Manchmal muss hier der Verlauf abgewartet werden, bevor eine definitive Diagnose gestellt werden kann. Dazu erfolgen regelmäßige Kontrollen des TSH-Werts im Blut.

Behandlung

Das Therapieziel ist die Linderung der Symptome.

Die erste Phase der Überfunktion ist meist kurz und symptomarm. Bei Beschwerden kann ein Betablocker Zittrigkeit und schnellen Herzschlag reduzieren.

Im weiteren Verlauf kann es zu einer Unterfunktion kommen, dann wird möglicherweise das Schilddrüsenhormon Thyroxin in Tablettenform verschrieben, um den Mangel dieses Hormons auszugleichen. Ob eine solche Hormonersatztherapie notwendig ist, hängt davon ab, wie stark herabgesetzt die Schilddrüsenfunktion ist und wie stark die Symptome ausgeprägt sind.

Insbesondere bei schwangeren Frauen sind eine regelmäßige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion und eine gut eingestellte Therapie wichtig. Auch bei Schwangeren mit normaler Schilddrüsenfunktion, die an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse leiden, kann eine Behandlung mit Levothyroxin den Verlauf günstig beeinflussen und das Risiko von Früh- und Fehlgeburten senken.

Operation

Wenn sich die Symptome nicht durch eine Thyroxin-Behandlung bessern lassen, kann eine operative Entfernung der Schilddrüse erwogen werden. Das Risiko einer Operation sollte sorgfältig mit dem möglichen Nutzen abgewogen werden.

Prognose 

Die Hashimoto-Thyreoiditis kann lange Zeit mit einer normalen Schilddrüsenfunktion einhergehen, neigt aber dazu langfristig in eine Unterfunktion überzugehen, da die Schilddrüse zunehmend kleiner wird und ihre Funktion nicht mehr ausreichend ausüben kann. Dann wird das fehlende Thyroxin in Tablettenform zugeführt. Der TSH-Wert soll regelmäßig kontrolliert und die Hormonersatztherapie ggf. angepasst werden.

Was können Sie selbst tun?

Selenreiche Lebensmittel

Ein normaler Selenspiegel kann der Entwicklung von Schilddrüsenerkrankungen vorbeugen. Selenreiche Lebensmittel sind z. B. Paranüsse, Pilze, Spargel, Hülsenfrüchte sowie tierische Lebensmittel. Patient*innen mit Hashimoto können die zusätzliche Einnahme von Selen ausprobieren. Möglicherweise kann dadurch die Konzentration der Anti-TPO-Antikörper gesenkt und die Lebensqualität verbessert werden.

Ausreichend Jod

Auf eine ausreichende Jodzufuhr ist zu achten, insbesondere in einer möglichen Schwangerschaft, um die Gehirnentwicklung des Kindes nicht zu gefährden. Die Jodkonzentration in der normalen Ernährung konnte nicht mit einer Verschlechterung des Hashimoto in Verbindung gebracht werden. Auch Schwangere mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse können gefahrlos die empfohlene Jodprophylaxe (100–200 µg täglich) einnehmen.

Hören Sie auf zu rauchen!

Verzichten Sie auf das Rauchen, um einer Verschlechterung der Erkrankung vorzubeugen.

Vorsicht bei Informationen im Internet!

Im Internet existieren heute sehr viele, teils dubiose Empfehlungen zur Entstehung und Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis, sprechen Sie bei Unsicherheiten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt darüber! 

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Morbus Hashimoto (chronische lymphozytäre Thyreoiditis). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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