Zusammenfassung
- Definition:Viral bedingte, stenosierende Laryngotracheobronchitis bei Kleinkindern mit Ödem der Larynxschleimhaut.
- Häufigkeit:Jahresprävalenz für die 0- bis 10-Jährigen in Deutschland 6,6 %.
- Symptome:Charakteristische Symptome sind bellender Husten, inspiratorischer Stridor und Atembeschwerden in unterschiedlichen Graden, die meist nachts beginnen.
- Befunde:Meist agitiertes, verängstigtes Kind. Ansonsten ist die klinische Untersuchung in der Regel unauffällig.
- Diagnostik:Klinische Diagnose bei typischer Anamnese und Symptomatik.
- Therapie:Allgemeinmaßnahmen mit Beruhigung des Kinds, aufrechter Körperposition (auf Schoß der Eltern) und kalter Luft (Sitzen an geöffnetem Fenster). Bei ausbleibender Besserung Applikation von 100 mg Prednisolon rektal, bei schwerer Symptomatik zusätzlich Inhalation mit Adrenalin (Epinephrin).
Allgemeine Informationen
Definition
- Synonym: stenosierende Laryngotracheobronchitis1
- Infektion der Atemwege mit Heiserkeit, bellendem Husten, inspiratorischem Stridor und Atembeschwerden in unterschiedlichen Graden2-3
Häufigkeit
- Prävalenz4
- Jahresprävalenz für die 0- bis 10-Jährigen in Deutschland: 6,6 %
- Alter und Geschlecht
- Saisonale Schwankungen
- Erkrankungsgipfel im Herbst und im Winter
Ätiologie und Pathogenese
- In der Regel Tröpfcheninfektion
- Ätiologisches Agens5
- in der Hälfte der (hospitalisierten) Fälle Parainfluenza-Viren
- Eine Vielzahl anderer Viren können ebenfalls ursächlich sein, u. a. Corona-Viren.
- Pathophysiologie
- Entzündung und Ödem in der Schleimhaut unmittelbar unterhalb der Stimmbänder
- Das Ödem blockiert den Luftstrom durch die Luftröhre und führt zu inspiratorischem Stridor und bellendem Husten.
- Stress und schnelle Atmung verstärken die Symptome.
Prädisponierende Faktoren
- Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
- Infektionen der Atemwege
- (Passiv-)Rauchen und andere Luftschadstoffe
- Feuchtkalte Witterungseinflüsse
- Belastung der Stimme (Erwachsene, sehr selten)
ICPC-2
- R77 Laryngitis/Tracheitis, akute
ICD-10
- J04.0 Akute Laryngitis
- J04.1 Akute Tracheitis
- J04.2 Akute Laryngotracheitis
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinische Diagnose mit typischer Krankengeschichte mit abruptem Beginn und klassischem bellendem Husten bei Kleinkindern
Differenzialdiagnosen
- Epiglottitis
- Fremdkörper in der Luftröhre oder in den Bronchien
- Peritonsillarabszess
- Akute Bronchitis
- Asthma bei Kindern
- Akute allergische Reaktion
Anamnese
- Das klinische Bild reicht von leichten Symptomen bis zu schweren Atembeschwerden.
- Typische Trias: Luftnot, bellender Husten, inspiratorischer Stridor6
- Klassische Anamnese
- Plötzlicher Anfall mit Stridor am Abend, wenn sich das Kind ins Bett gelegt hat, oder früh in der Nacht.
- Häufig verbessert sich der Zustand des Kindes während des Transportes in die Praxis/Krankenhaus (kalte Luft), und dann ist der bellende Husten bei der Ankunft oft das einzige festzustellende Symptom.
- Weitere Symptome
- Patient*innen sind fieberfrei oder haben mäßiges Fieber.
- Allgemeinzustand ist in der Regel nur leicht beeinträchtigt.
- Aufregung und Schreien verschlimmern häufig die Symptome.
Klinische Untersuchung
- Der Rachen kann, aber muss nicht gerötet sein.
- Inspiratorischer Stridor (auf Höhe der Trachea)
- Lunge auskultatorisch meist unauffällig
- Bellender Husten
- Heiserkeit
Vorsicht!
- Wenn ein klinischer Verdacht auf Epiglottitis besteht, sollte kein Versuch unternommen werden, die Epiglottis zu untersuchen – Würgen kann zu Atemstillstand führen.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Blutuntersuchungen sind in der Regel nicht angezeigt.
Diagnostik im Krankenhaus
- Um Aufregung beim Kind zu vermeiden, wird bei typischer Klinik meist auf weitere Untersuchungen verzichtet.
- Röntgen
- Ist selten erforderlich, höchstens bei unklarem Krankheitsbild, z. B. Verdacht auf Fremdkörper.
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Einweisung ins Krankenhaus
- Wenn Erstmaßnahmen (kalte Luft, Beruhigung, Kortison-Zäpfchen) keine Besserung zeigen.
- bei inspiratorischem Stridor in Ruhe
- bei Anzeichen einer respiratorischen Erschöpfung (Zyanose)
Therapie
Therapieziele
- Beruhigung des Kindes und der Eltern
- Maßnahmen zur Linderung des Stridors und der Atemnot
- Verhinderung eines Rezidivs während der aktuellen Infektionsepisode
Allgemeines zur Therapie
- Die initiale Behandlung besteht aus Allgemeinmaßnahmen mit Beruhigung des Kindes und der Eltern, aufrechter Körperposition (Kind auf Schoß der Eltern), kalter Luft (Fenster öffnen) sowie rektaler Applikation von Kortison.
- Bei Beschwerdepersistenz erfolgt die – in der Regel stationäre – Inhalation mit Epinephrin.
Empfehlungen für Patient*innen
- Eltern sollten die Ruhe bewahren und ihr Kind in eine aufrechte Position bringen und es beruhigen.1
- Ein Umgebungsklima mit frischer Luft durch Öffnen der Fenster und hoher Luftfeuchtigkeit erleichtert das Atmen.1
Medikamentöse Therapie
- Mäßige Beschwerden
- Starke Beschwerden (Ruhestridor oder deutliche Luftnot)
- Adrenalin per Verneblermaske
- evtl. Sauerstoff bei nachgewiesener Hypoxämie
Adrenalin
- Bei schweren Fällen Inhalation mit Adrenalin (Epinephrin)
- Wirkung
- Reduktion der tracheobronchialen Sekretion sowie des Schleimhautödems
- Dosierung9
- In der Regel ist bei Atemnot eine Dosierung von 7–14 Hüben (ca. 1–2 ml), entsprechend 4–8 mg Epinephrin ausreichend.
- Anwendungsdauer9
- Die Anwendungsdauer richtet sich nach der akuten klinischen Symptomatik.
- ggf. mehrmals im Abstand von (30–)60 min
- Cave: Kurze Halbwertszeit, sodass Kinder auch längerfristig (stationär) überwacht werden sollten!
Antibiotika
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Die meisten Episoden von akuter Laryngitis erfordern nur eine Behandlung durch die Eltern und sind selbstlimitierend.
- Nur wenige Kinder benötigen Sauerstoff-Supplementation, weniger als 1 % eine Intubation.5
- Die Symptome halten in der Regel 1–2 Nächte an.5
Komplikationen
- Übergang in ein lebensbedrohliches Krankheitsbild (selten)
- starke inspiratorische Dyspnoe mit sichtbaren Einziehungen
- Tachykardie, Agitation, Erstickungsangst
- später Apathie, Blässe, Zyanose als Zeichen der Ateminsuffizienz6
Prognose
- Die Prognose für die einzelne Episode ist sehr gut.
- Es ist häufig mit Rezidiven zu rechnen.8
Verlaufskontrolle
- Eine Verlaufskontrolle ist normalerweise nicht erforderlich.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Sofortmaßnahmen bei Pseudokrupp. Pädiatrie 2019; 31: 73. link.springer.com
- Knutson D, Aring A. Viral croup. Am Fam Physician 2004; 69: 535-42. www.aafp.org
- Zoorob R, Sidani M, Murray J. Croup: an overview. Am Fam Physician 2011; 83: 1067-73. www.aafp.org
- Kamtsiuris P, Atzpodien K, Ellert U, Schlack R, Schlaud M. Prävalenz von somatischen Erkankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland - Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2007; 50: 686-700. doi:10.1007/s00103-007-0230-x DOI
- Panning M, Forster J. Pädiatrie. Berlin: Springer, 2020. link.springer.com
- Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft - Empfehlungen zur Therapie akuter Atemwegsinfektionen und der ambulanterworbenden Pneumonie. Arzneiverordnung in der Praxis, Band 40, Sonderheft 1, Januar 2013 www.akdae.de
- Russell KF, Liang Y, O'Gorman K, Johnson DW, Klassen TP. Glucocorticoids for croup. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 1. Art. No.: CD001955. DOI: 10.1002/14651858.CD001955.pub3 DOI
- Sicherheit bei Pseudokrupp. Pädiatrie 2018; 30: 59. link.springer.com
- Infectopharm. Fachinformation InfectoKrupp. Stand 2020. infectopharm-docs.com
- Johnson D. Croup. BMJ Clin Evid 2014 Sep 29;2014. pii: 0321. www.ncbi.nlm.nih.gov
Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Allgemeinmedizin, Frankfurt
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).