Allgemeinanästhesie

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) ist ein Verfahren, mit dem Patient*innen in einen schmerzfreien Zustand versetzt werden zum Zweck einer Operation oder einer diagnostischen Maßnahme. 
  • Ziel der Allgemeinanästhesie1
    • Analgesie
    • Anxiolyse
    • Sedierung
    • Amnesie
    • Muskelentspannung
    • Stressabschirmung
  • Applikationsformen der Allgemeinanästhesie
    • intravenös
    • inhalativ
  • Eine Allgemeinanästhesie stellt nicht immer die beste Lösung dar. Vor- und Nachteile gegenüber lokalen oder regionalen Anästhesieverfahren sollten gegeneinander abgewogen werden.1

Vorteile der Allgemeinanästhesie

  • Stellt keine psychischen Anforderungen an die Patient*innen.
  • Ermöglicht eine längere Muskelrelaxation.
  • Ermöglicht Kontrolle von Atemwegen, Respiration und Kreislauf.
  • Ermöglicht gleichzeitige Operationen unterschiedlicher Körperbereiche.
  • Einsatz bei Hypersensitivität gegenüber Lokalanästhetika
  • Einsatz in Rückenlage möglich
  • Adaptierbar, falls sich Dauer oder Umfang unvorhersehbar ändern.
  • Kann schnell verabreicht werden und ist reversibel.1

Nachteile der Allgemeinanästhesie

  • Verlangt qualifiziertes Fachpersonal.
  • Aufwändige und kostenintensive Ausrüstung/Material
  • Präoperative Vorbereitung in der Regel nötig
  • Mögliche intra- und postoperative Komplikationen einer Vollnarkose (inkl. Intubationsnarkose):
    • Übelkeit, Erbrechen, Aspiration
    • Halsschmerzen, Heiserkeit
    • Zahn- und Stimmbandschäden
    • Kopfschmerzen, Zittern
    • Arrhythmie, Herzstillstand
    • verzögerte Wiederherstellung normaler mentaler Funktion
    • allergische Reaktionen
    • lagerungsbedingte Schädigung peripherer Nerven
    • maligne Hyperthermie
      • seltene erblich bedingte Muskelerkrankung mit akutem und potenziell tödlichem Temperaturanstieg, erhöhtem pCO2, metabolischer Azidose und Hyperkaliämie nach Exposition gegenüber einem Anästhetikum.2

Komplikationsrisiko

  • Das Risiko für Komplikationen hängt vom Krankheitszustand der Patient*in ab.
  • Die narkoseassoziierte Mortalität bei Routineeingriffen ist gering und liegt bei ca. 0,4–1 pro 100.000 Fällen.1,3
  • Häufigkeit narkoseassoziierter Symptome innerhalb der ersten 24 Stunden nach ambulanter Operation4
    • 10–20 %: Erbrechen
    • 10–40 %: Übelkeit
    • 25 %: Halsschmerzen

Spinal- oder Allgemeinanästhesie?

  • In einer Metaanalyse war die Spinalanästhesie der Allgemeinanästhesie bei Patient*innen mit Hüftendoprothese überlegen in Bezug auf das Auftreten von postoperativer Übelkeit und Länge des Krankenhausaufenthalts.5
  • Neuere Studien zeigen keinen Unterschied zwischen Spinal- und Allgemeinanästhesie bezüglich des Auftretens eines postoperativen Delirs bei älteren Menschen nach hüftgelenksnaher Chirurgie.6-7
  • Bezüglich der postoperativen Schmerzreduktion ist die Spinalanästhesie der Allgemeinanästhesie nicht überlegen.8
  • Ebenso konnten keine signifikanten Unterschiede bezüglich postoperativer Immobilität sowie Tod innerhalb von 60 Tagen festgestellt werden.6

Patientenvorbereitung

Anamnese/Untersuchungen

  • Präoperative Visite bzw. Prämedikationsvisite zur Prüfung der Anästhesie und Operationsfähigkeit der Patient*innen
    • anästhesiologisches Anamnesegespräch
      • Schwerpunkt: Beschwerden, Vor-, Grund- und Begleiterkrankungen
    • körperliche anästhesiologische Untersuchung  
      • allgemeiner Gesundheitsstatus
      • insbes. Erfassung des Herz-Kreislauf- und Atmungssystems
    • Patientenaufklärung und -Einwilligung
    • Festlegung des Anästhesieverfahrens
  • Für Patient*innen mit Komorbiditäten sind ggf. interdisziplinäre Konsile mit weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen erforderlich.

Komorbidität?

  • Patient*innen mit Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen, chronischer Bronchitis, Emphysem oder anderen chronischen Erkrankungen müssen ggf. präoperativ stabilisiert bzw. möglichst optimal therapiert sein.
  • Mögliche anatomische Veränderungen, z. B. der Atemwege, können während der Narkose Intubations- bzw. Respirationsprobleme verursachen.

Wichtige Risikofaktoren

  • Alle Komplikationen, die bei früheren Anästhesien auftraten und intensive Maßnahmen erforderten, z. B.:
    • Intubationsprobleme
    • allergische Reaktionen
    • Fieber.
  • Höheres Risiko für anästhesie- und krankheitsbedingte Komplikationen
  • Relative Kontraindikationen
    • Infekte, insbes. Atemwegsinfekte
    • Zytostatikatherapie wegen Gefahr der Infektion und Wundheilungsstörungen
  • Mortalitätsrisiko innerhalb 1 Woche nach OP
    • ca. 0,1 % bei gesunden Patient*innen 
    • ca. 50 % bei schweren Systemerkrankungen bzw. moribunden Patient*innen

Weitere Maßnahmen

  • Nüchternheitsgebot
    • zur Prävention einer Aspiration von Nahrung oder Flüssigkeit
    • keine feste Nahrung bis 6 Stunden vor der Anästhesie
    • letzte klare Flüssigkeit (Wasser, Tee) bis 2 Stunden vor der Anästhesie
  • Bisherige Dauermedikationen können bis zum Operationstag unverändert eingenommen werden, ggf. ist eine Dosismodifikation nötig.
  • Dauermedikationen, die präoperativ oder am OP-Tag in der Regel nach Rücksprache mit der Anästhesie pausiert werden:
    • Siehe hierzu auch Artikel Präoperative Beurteilung vor der Anästhesie.
    • Antikoagulanzien
      • Je nach Substanz und Eingriff sind entsprechende Zeitintervalle einzuhalten, um das Blutungsrisiko nicht zu erhöhen.9-10
    • Acetysalicylsäure
      • Grundsätzlich wird bei sekundärprophylaktischer Einnahme die Fortführung der Einnahme empfohlen.
      • Ausnahme: hohes Blutungsrisiko in geschlossene Kompartimente (intrakraniell, intramedullär oder hintere Augenkammer), dann Absetzen 7–10 Tage präoperativ11
      • Bei > 500 mg/d sollte je nach operativem Blutungsrisiko ein Intervall von 72 Stunden präoperativ erwogen werden.
      • Entscheidung in Absprache mit den Operateur*innen
    • orale Antidiabetika
      • Umstellung auf Insulin-Glukose, da der Blutzucker intraoperativ besser mit intravenöser Glukose und Insulin zu regulieren ist.
      • Metformin ca. 2 Tage vor der Operation absetzen wegen der Gefahr einer schweren, z. T. irreversiblen, metabolischen Azidose während der Narkose.9-10
    • Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) wegen Gefahr der Interaktion mit Anästhetika
    • Antiarrhytmika
    • Herzglykoside
    • Diuretika
    • ACE-Hemmer
    • Neuroleptika
    • trizyklische Antidepressiva
  • Weitere Untersuchungen in Abhängigkeit der Anamnese
    • EKG und Rö-Thorax
    • Laboranalysen

Prämedikation

  • Verabreichung meist 1–2 Stunden vor der Operation
  • Ziele und Medikation
    • Anxiolyse, Sedierung, Amnesie (Benzodiazepine, z. B Midazolam, Oxazepam)2
    • Analgesie (Opiate, z. B. Piritramid)
    • Prophylaxe
      • Aspiration (H2-Blocker, Antazida, Antiemetika)
      • Hypersalivation (Parasympatholytika, z. B. Atropin, alpha-2-Agonisten)
      • allergische Reaktionen (H1-/H2-Blocker, Kortikoide)
      • Antikonvulsion (Antiepileptika, z. B. Benzodiazepine, Barbiturate)
  • Messung und Dokumentation der Vitalzeichen

Narkose

Einleitung

  • Präoxygenierung 3–5 min
  • Methode
    • induktiv (intravenös)
      • intravenöse Injektion von Injektionsnarkotika, z. B. Thiopental, Propofol
      • schnell schlafinduzierend und -unterhaltend
      • kaum analgetische Wirkung
      • ideal für schnelles Einleiten
      • mit inhalativen Anästhetika kombinierbar
    • inhalativ
      • Dämpfe oder Gase, die pulmonal resorbiert werden (z. B. Flurane, Lachgas).
      • gute Steuerbarkeit durch schnelles An- und Abfluten
      • geringe Verstoffwechselung
      • Bei Kindern, die das Legen eines venösen Zugangs nicht tolerieren; anschließend induktives Vorgehen.
    • narkotische Schmerzmittel
      • zusätzlich zum Induktionspräparat
      • in der Regel Opioide (z. B. Fentanyl, Sufentanil, Remifentanil).1
  • Sicherer Zugang der Atemwege ist bei allen Narkosen unerlässlich!
  • Beatmung
    • manuell mit Kiefergriff
    • mithilfe eines Beatmungstubus (Güdel) 
    • Larynxmaske bei kurzen Eingriffen
    • mit Intubation, indiziert bei z. B.:
      • Aspirationsgefahr
      • chirurgisch erforderlicher Muskelrelaxation
      • notwendiger Überdruckbeatmung
      • Risiko einer Übersedierung
      • Risiko einer Hyperventilation
      • Operationen in Seiten- oder Bauchlage mit schwer zugänglichen Atemwegen
      • Gesichts- oder Mundoperationen
      • bei zu erwartender langer OP-Dauer.1
    • Bei zu erwartenden Problemen bei der Intubation können alternative Intubationsverfahren nötig sein.
      • Wachintubation, evtl. mithilfe eines Bronchoskops
      • Rapid Sequence Induction (RSI): z. B. bei nicht nüchternen Patient*innen, fortgeschrittener Schwangerschaft, Verletzung oder Erkrankung des Magen-Darm-Traktes
  • Muskelrelaxation
    • Lähmt reversibel die Skelettmuskulatur.
    • Blockade der neuromuskulären Reizübertragung2
    • in der Regel bei abdominellen Eingriffen notwendig
    • Kann die endotracheale Intubation erleichtern.

Aufrechterhaltung

  • Meist stabilste Phase der Narkose
  • In der Regel kontinuierliche Beimischung von Inhalationsanästhetika zur Atemluft
    • in Kombination mit kontinuierlicher Gabe oder Einzeldosen von Analgetika und Muskelrelaxanzien 
  • Die erforderliche Anästhesietiefe ist abhängig von der Art des Eingriffs.
    • Bei Operationen am Magen-Darm-Trakt ist eine tiefere Narkose als bei einer Inzision der Haut einer Extremität erforderlich.
  • Anästhesietiefe: So wenig wie möglich, so viel wie nötig, um eine adäquate Anästhesietiefe zu gewährleisten.1
    • Hypotonie und Bradykardie können Zeichen einer zu tiefen Narkose sein.1

Ausleitung

  • Nach Abschluss der Operation
  • Beendigung der Zufuhr von Anästhetika in Absprache mit den Chirurg*innen
  • Sobald die Wirkstoffe abgebaut bzw. abgeatmet wurden, wachen die Patient*innen auf.
  • Voraussetzung für die Ausleitung ist v. a. der Abbau des Muskelrelaxans, um eine ausreichende neuromuskuläre Funktion zu erreichen.
    • Ggf. müssen entsprechende antagonistisch wirkende Substanzen verabreicht werden.2
  • Weitere wichtige Check-Punkte der Ausleitungsphase
    • ausreichende Analgesie
    • Normothermie
    • vorhandene Abwehrreflexe (Schlucken, Husten)
    • ausreichende Spontanatmung
  • Entfernen des Tubus oder der Larynxmaske
  • Postoperative Überwachung im Aufwachraum durch anästhesiologisches Fachpersonal
    • Ziel: ausreichende postoperative Analgesie
    • Ggf. muss die Beatmung und Sedierung fortgeführt werden.
    • Voraussetzung: geeignete Ausstattung und genügend Personal
    • ggf. Behandlung von postoperativer Übelkeit

Anästhetika

  • Die Allgemeinanästhesie kann eingeleitet und erhalten werden durch intravenöse Zufuhr von Sedativa/Hypnotika, Opioiden und neuromuskulären Blockern.
  • Inhalationsanästhetika wirken hypnotisch, leicht analgesierend und muskelrelaxierend.
  • Intravenöse und inhalative Anästhetika werden meist kombiniert appliziert.

Sedativa/Hypnotika

Eigenschaften

  • Gebräuchliche Medikamente: Thiopental (Barbiturat), Etomidate, Propofol und Benzodiazepine (Diazepam und Midazolam)
    • Wirkort: GABA-Rezeptoren mit Verstärkung der inhibitorischen Wirkung auf das ZNS
    • Die Wirkung ist rein hypnotisch ohne Analgesie und Muskelrelaxation.2

Vorsichtsmaßnahmen

  • Es gibt große individuelle Reaktionsunterschiede.
  • Dosierungen müssen dem allgemeinen Zustand und dem Körpergewicht der betroffenen Person angepasst und je nach Wirkung titriert werden.
  • Zu schnelle Injektion kann zu einer erheblichen Atem- und kardiovaskulären Depression führen.

Opioide bei der Anästhesie

  • Analgesie durch Bindung von Opioiden an die Rezeptoren im Gehirn und Rückenmark.
  • Aktivierung von Opioid-Rezeptoren verursacht zusätzlich eine dosisabhängige Atemdepression, Sedierung und zuweilen Übelkeit und Juckreiz.2

Anwendung

  • Einleitung einer Allgemeinanästhesie
    • initiale Bolus-Dosis (z. B. Fentanyl), danach Thiopental oder Propofol sowie bei Bedarf ein neuromuskulärer Blocker
  • Erhalt der Narkose
    • als intermittierender Bolus (Fentanyl, Sufentanyl, Alfentanil) oder Infusion (Remifentanil, Alfentanil) und neuromuskulären Blockern in Kombination mit einem Inhalationsanästhetikum oder Propofol

Inhalationsanästhesie

  • Medikamente
    • Desfluran, Isofluran, Sevofluran (Flurane) und Dinitrogenoxid (Lachgas)
  • Flexibilität
    • Die Inhalationsanästhesie erlaubt schnelle Änderungen des Anästhesieniveaus.
  • Schlaf
    • sehr gute hypnotische Wirkung
  • Nebenwirkungen
    • dosisabhängige Depression von Atmung und Blutdruck2

Ketaminanästhesie

  • Unterscheidet sich qualitativ von anderen Anästhesieformen.
  • Sowohl anästhetische als auch analgetische Eigenschaften, Spontanatmung bleibt erhalten.
  • Bei Vollnarkose oft in Kombination mit einem Schlafmittel (Hypnotikum), z. B. Benzodiazepin (außer bei Kindern)
  • Durch Sympathikusaktivierung geringerer Blutdruckabfall bei Hypovolämie als alternative Präparate
  • Lange Aufwachphase mit unangenehmen Träumen und Halluzinationen
    • bei jungen Erwachsenen mit hohen Dosierungen
    • Die gleichzeitige Gabe von Benzodiazepinen oder Barbituraten kann diesem teilweise entgegenwirken.2

Neuromuskuläre Blocker

  • Eine neuromuskuläre Blockade bzw. Muskelrelaxation kann erzeugt werden durch:
    • depolarisierende Muskelrelaxanzien
      • Suxamethonium/Succinylcholin, Rocuronium
      • Anfänglich zeigt sich ein unkoordiniertes Muskelzittern (Faszikulationen).
      • Die Wirkung ist nicht antagonisierbar.
    • nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien
      • antagonisierbar durch Erhöhung der Acetylcholinkonzentration (Cholinesterasehemmer)2
  • Indikationen
    • Operationen, bei denen eine Bewegung der Patient*innen vermieden werden sollte, z. B.:
      • HNO (Innenohr)
      • Neurochirurgie
      • Orthopädie.
    • Operationen, bei denen eine vollständige Muskelerschlaffung notwendig ist.
      • Laparoskopien
  • Bei Operationen mit kurzer Dauer oder bei nüchternen Patient*innen ohne Indikation für eine Muskelrelaxation sind Verfahren mit Larynxmaske und Spontanatmung vorzuziehen.

Komplikationen

Aspiration

  • Perioperative Aspiration kommt relativ selten vor.
    • Verschiedene Studien zeigen eine Inzidenz von 3 pro 10.000 Risikopatient*innen.12
    • Ca. 50 % der Patient*innen entwickeln nach einer Aspiration eine Aspirationspneumonie (Mendelson-Syndrom). 
    • Die Magensäure verursacht eine Alveolitis, u. U. mit nachfolgenden Komplikationen wie:
      • Bronchospasmus
      • Atelektase
      • Schock
      • ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)
      • Tod.
  • Risiko für eine Aspiration ist erhöht bei, z. B. bei:
    • Notfallpatient*innen (nicht nüchtern, bewusstlos, fehlende Schutzreflexe etc.)
    • Atemwegsproblemen
    • zu flacher Narkose
    • gastrointestinalen Probleme
    • eingeschränktem Bewusstsein
    • schwerer Erkrankung/Komorbiditäten
    • Adipositas.13
  • Präoperative Nüchternheit
    • Reduziert das Aspirationsrisiko bei elektiven Operationen.14
    • Zufuhr von Flüssigkeit bis 2 Stunden und vor dem Eingriff15
    • Zufuhr von Nahrung bis 6–8 Stunden vor dem Eingriff15
    • Zufuhr von Muttermilch bis 4 Stunden vor dem Eingriff13
  • Bei Aspirationsrisiko bzw. bei nicht nüchternen Patient*innen sollten bei der Narkoseeinleitung bestimmte Maßnahmen getroffen werden:
    • Legen einer Magensonde
    • RSI (Rapid Sequence Induction) mit schneller Narkoseeinleitung und Atemwegssicherung16
      • bei Erwachsenen ohne Zwischenbeatmung16
      • bei Kindern mit Zwischenbeatmung16
    • ggf. bronchoskopische Wachintubation.
  • Medikamentöse Prophylaxe?
    • Ziel: Veränderung des Magen pH und des Magensaftvolumens
    • Für die medikamentöse Reduktion des Aspirationsrisikos für gesunde Patient*innen vor elektiven Eingriffen gibt es keine Evidenz.13,17
    • Beim Einsatz von sekretionshemmenden Medikamenten (H2-Antagonisten und Protonenpumpenhemmer PPI) sind H2-Blocker den PPI evtl. überlegen.17

Allergische Reaktion/anaphylaktischer Schock

  • Siehe auch Artikel Anaphylaxie.
  • Gefürchtete u. U. lebensbedrohende Komplikation
  • Seltenes Ereignis mit einer Häufigkeit von ca. 1:3.500 bis 1:20.000
  • Meist in Verbindung mit Muskelrelaxanzien, insbes. Suxamethonium/Succinylcholin
  • Selten im Zusammenhang mit anderen Anästhetika, Antibiotika, Latex
  • Latex-Allergie
    • Kann Anaphylaxie auslösen.
    • meist zum OP-Ende nach Aufhebung der Blutleere
    • Kardinalsymptome: unerklärliche Tachykardie und/oder Hypotonie
  • Therapie der Anaphylaxie, siehe Anaphylaxie, Erste Hilfe.
    • Adrenalin i. v.
    • Kortikosteroide i. v.
    • H1- und H2-Antihistaminika i. v.
    • Flüssigkeit i. v.
    • Entfernung des auslösenden Agens (Latex)
    • sonstige symptomatische Therapie18

Maligne Hyperthermie

  • Ein sehr seltener, aber lebensbedrohlicher Zustand
  • Während einer Anästhesie und in den ersten 24 Stunden danach2
  • Trigger: Inhalationsanästhetika und Succinylcholin (Muskelrelaxans)
  • Voraussetzung: genetische Disposition (autosomal dominanter Erbgang)
  • Häufigkeit: 1:20.000 bis 1:60.000 aller Narkosen
  • Führt zu einer katabolen Stoffwechselentgleisung in der Skelettmuskulatur.
  • Hypermetabolismus in der Skelettmuskulatur verursacht Hyperthermie und Laktatazidose.2
  • Anamnese auch bei Familienangehörigen bedenken.
  • Endet ohne Intervention zu 80 % tödlich.

Neurologische Ausfälle nach der Anästhesie

  • Ob Anästhetika in der klinischen Anwendung neurotoxisch sind, ist unklar.19-20
  • Postoperative neurologische oder psychische Symptome können u. U. durch Hypoxie, Hypotonie, Gehirnembolien und postoperativen Stress („Intensiv-Psychose“) verursacht sein.
  • Neurokognitive Beeinträchtigungen können mit der Anästhesieführung, Operation, Vorerkrankungen sowie epidemiologischen und sozialen Faktoren assoziiert sein.20 
  • Periphere neurologische Ausfälle können durch falsche Lagerung (Zug oder Druck) verursacht sein.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie (DGDC), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Umgang mit Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern bei Operationen an der Haut. AWMF-Leitlinie Nr. 013-085. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF-Leitlinie Nr. 061-025. S2k, Stand 2021. www.awmf.org

Literatur

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  2. Karow T, Lang-Roth R, Anästhesie und Intensivmedizin. In: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 30. Auflage 2022, S. 497-566.
  3. Gottschalk A, Van Aken H, Zenz M, Standl T: Ist Anästhesie gefährlich? Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27): 469–74. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0469. www.aerzteblatt.de
  4. Jenkins K, Baker AB. Consent and anaesthetic risk. Anaesthesia. 2003 Oct. 58(10):962-84. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Pu X, Sun JM. General anesthesia vs spinal anesthesia for patients undergoing total-hip arthroplasty: A meta-analysis. Medicine (Baltimore). 2019 Apr;98(16):e14925. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
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  7. Li T, Li J, Yuan L, Wu J, Jiang C, Daniels J, Mehta RL, Wang M, Yeung J, Jackson T, Melody T, Jin S, Yao Y, Wu J, Chen J, Smith FG, Lian Q; RAGA Study Investigators. Effect of Regional vs General Anesthesia on Incidence of Postoperative Delirium in Older Patients Undergoing Hip Fracture Surgery: The RAGA Randomized Trial. JAMA. 2022 Jan 4;327(1):50-58. www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Neuman MD, Rui Feng R, Ellenberg SS et. al. Pain, Analgesic Use, and Patient Satisfaction With Spinal Versus General Anesthesia for Hip Fracture Surgery. A Randomized Clinical Trial. Annals of Internal medicine. July 2022Volume 175, Issue 7,P. 952-960. www.acpjournals.org
  9. Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie (DGDC), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Umgang mit Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmern bei Operationen an der Haut. AWMF-Leitlinie Nr. 013-085. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  10. Präoperative Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen Eingriffen. Gemeinsame Empfehlung der DGAI, DGCH und DGIM. Anästh Intensivmed 2017;58:349-364. www.ai-online.info
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Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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