Alkoholdelir (Delirium tremens)

Alkoholkranke Menschen, die nach langjährigem und schwerem Alkoholkonsum plötzlich aufhören zu trinken, können in den nachfolgenden Tagen Entzugserscheinungen entwickeln. Bewusstseinsstörungen und Halluzinationen können auftreten. Körperliche Symptome wie Blutdruckentgleisungen können einen lebensbedrohlichen Zustand darstellen.

Was ist ein Delirium tremens?

Definition

Delirium tremens ist der Fachbegriff für Störungen, die auftreten, wenn alkoholkranke Menschen plötzlich mit dem Trinken aufhören. Delirium tremens wird auch Alkoholdelir genannt. Es äußert sich charakteristischerweise durch Halluzinationen und schwere Verwirrtheit, starkes Zittern, Angstzustände sowie körperliche Symptome wie Herzklopfen und Schweißausbrüche. Das Alkoholdelir ist potenziell lebensbedrohlich und bedarf einer Überwachung im Krankenhaus.

Symptome

Delirium tremens tritt in der Regel nach einem langjährigen und schweren Alkoholmissbrauch auf. Die Symptome treten typischerweise nach 2–4 Tagen Alkoholabstinenz auf. Es beginnt meist mit Zittern, Schlafstörungen, Angst, und Unruhezuständen. Später treten Verwirrtheit und Halluzinationen auf, d. h. Sinneswahrnehmungen, die nicht real sind. Diese können sich so klar äußern, dass die Betroffenen mit Angstzuständen reagieren. Optische Halluzinationen sind keine Seltenheit. Halluzinationen können auch das Fühlen oder seltener das Hören betreffen.

Die Ruhelosigkeit nimmt zu, und die Betroffenen sind typischerweise sehr nervös und beschäftigen sich mit scheinbar sinnlosen Aktivitäten. Sie sind orientierungslos in Bezug auf Zeit, Raum und die eigene Situation. Starke Schweißausbrüche, Herzklopfen und Zittern fallen auf. Körperlich zeigen sich eine erhöhte Temperatur und ein erhöhter, teilweise auch niedriger Blutdruck. Gelegentlich stellen Krampfanfälle eine weitere Komplikation des Alkoholentzugs dar.

Ursachen

Unter Alkoholentzug kommt es zu einer Deregulierung einiger Neurotransmitter und damit zu einem Zustand gesteigerter Erregbarkeit. 7–8 Stunden nach dem Absetzen von Alkohol ist eine drastische Abnahme von Magnesium im Blut und ein Anstieg des pH-Wertes in den Arterien zu beobachten. Diese beiden Faktoren können zusammen einen stimulierenden Effekt auf bestimmte Teile des Zentralnervensystems ausüben. Neben dem chronischen Alkoholmissbrauch können Schlafmangel und Mangelernährung das Auftreten eines Alkoholdelirs begünstigen.

Häufigkeit

Etwa 5 % aller Alkoholkranken machen ein Alkoholdelir durch, und 12–23 % davon erleiden später Rückfälle. Typischerweise sind Patient*innen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren nach 5–15 Jahren des Alkoholmissbrauchs betroffen. Insgesamt galten 2018 1,5 % der Frauen und 4,0 % der Männer in Deutschland als alkoholabhängig.

Untersuchungen

  • Der Verdacht eines Alkoholdelirs entsteht anhand der Krankengeschichte und der Symptome. Für die Diagnose wird zusätzlich eine genaue internistische, neurologische und psychiatrische Untersuchung benötigt.
  • Patient*innen mit ausgeprägten Entzugssymptomen oder mit komplizierten Verläufen nach bereits erlittenen Entzugsanfällen und Delirien müssen ins Krankenhaus eingewiesen werden.
  • Im Krankenhaus werden Blutuntersuchungen sowie bei Verdacht auf andere Ursachen des Delirs CT, MRT und evtl. EEG durchgeführt.
  • Delirien können auch durch akuten Missbrauch oder Entzug von Drogen oder Medikamenten ausgelöst werden.
  • Die Diagnose Alkoholdelir setzt genaue Untersuchungen voraus, um Hirnerkrankungen, die ebenso mit einem Delir einhergehen können, und andere behandlungsbedürftige Erkrankungen nicht zu übersehen.

Behandlung

  • Die Entwicklung eines Delirium tremens sollte nach Möglichkeit verhindert werden. Delirium tremens wird bei Menschen mit Alkoholentzug beobachtet. Die beste Methode zur Verhinderung von Delirium tremens ist daher eine frühzeitige Behandlung der Entzugserscheinungen.
  • Bei voll entwickeltem Delirium besteht die Behandlung meist in der Verabreichung eines Beruhigungsmittels. Bei Bedarf können stärkere Medikamente zum Einsatz kommen.
  • Unter bestimmten Umständen können auch Antipsychotika (Neuroleptika) eingesetzt werden. Vitamin B1 und Magnesium werden im Rahmen der klinische Überwachung ebenfalls verabreicht.
  • Temperatur, Atmung, Flüssigkeitshaushalt, Puls und Blutdruck sind wegen der Gefahr eines Kreislaufkollapses regelmäßig zu kontrollieren.
  • Psychosoziale und pflegerische Maßnahmen sind von großer Bedeutung, um Unruhe, Desorientierung und Angst zu mildern, z. B. eine ruhige, gut beleuchtete Umgebung und ein regelmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus.

Prognose

  • Bei den meisten Betroffenen ist ein Alkoholdelir gutartig und von kurzer Dauer. Es hält bei über 80 % nicht mehr als 72 Stunden an.
  • Wenn die Patient*innen nach einer Schlafphase wieder erwachen, haben sie häufig ein klares Bewusstsein, sind ruhig und erschöpft, und können sich an die durchgemachte Phase nicht erinnern.
  • In einigen Fällen nimmt der Delirzustand nur sehr allmählich ab und wird unterbrochen von Rückfällen wechselnder Intensität und symptomfreien Intervallen. Der gesamte Prozess kann mehrere Tage und in seltenen Fällen bis zu 4–5 Wochen dauern.
  • Im Zusammenhang mit Delirium tremens kommt es immer noch bei einem Anteil von 6–30 % der Betroffenen zu Todesfällen.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Natalie Anasiewicz, Ärztin, Freiburg i. Br.

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