Humerusfraktur, Capitulum

Zusammenfassung

  • Definition: Das Capitulum humeri bezeichnet die konvexe Fläche der lateralen Humeruskondyle. Es artikuliert mit der konkaven Gelenkfläche des Radiusköpfchens.
  • Häufigkeit: Die Capitulumfraktur macht 0,5–1 % aller Ellenbogenfrakturen und 6 % aller distalen Humerusfrakturen aus.
  • Symptome: Entsteht durch Sturz auf den gestreckten Arm oder direkten Sturz auf den Ellbogen.
  • Befunde: Lokalisierte Druckdolenz über dem Capitulum humeri. Bewegungseinschränkung. Widerstand beim Versuch der Extension oder Flexion.
  • Diagnostik: Röntgen und ggf. CT.
  • Therapie: Operative Therapie zur Stabilisierung der Fraktur.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Ellenbogenfraktur1, distale Humerusfraktur2
  • Das Capitulum humeri bezeichnet die konvexe Fläche der lateralen Humeruskondyle. Es artikuliert mit der konkaven Gelenkfläche des Radiusköpfchens.

Häufigkeit

  • Im Erwachsenenalter2seltene Fraktur mit 1 % aller Frakturen und 6 % aller ellbogennahen Frakturen3
    • In 20–37 % der Fälle liegt auch eine Fraktur des Radiusköpfchens vor.4-5
  • Tritt nicht bei Kindern < 10 Jahren auf.
    • Das Capitulum ist bis dahin noch nicht verknöchert, stattdessen erleiden Kinder suprakondyläre oder Kondylusfrakturen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Verletzungsursachen bei Erwachsenen: Sturz, Verkehrs- und Sportunfälle2
  • Die Fraktur tritt in der koronaren Ebene auf und trennt das Capitulum humeri von der lateralen Säule ab.
  • Begleitverletzungen sind ggf. eine Fraktur des Radiusköpfchens und eine hintere Luxation des Ellenbogens.

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • L76 Fraktur, andere

ICD-10

  • S42.4 Fraktur des distalen Endes des Humerus

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Typisches Trauma und radiologischer Befund

Differenzialdiagnosen

  • Andere Ellenbogenfrakturen

Anamnese

  • Unfallhergang5
    • Sturz auf den gestreckten und pronierten Arm
    • direkter Sturz auf den Ellenbogen

Klinische Untersuchung

  • Inspektion
    • Befunde sind selten auffällig, ggf. Schwellung und Hämathros.
  • Palpation
    • Druckdolenz über dem Capitulum humeri 
  • Beweglichkeit
    • Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk
    • Widerstand beim Versuch der Extension oder Flexion
    • Bei Pro- und Supination des Unterarms nimmt der Schmerz zu.
  • Schulter und Handgelenk
    • Untersuchung zum Ausschluss anderer Verletzungen

Ergänzende Untersuchungen

  • Röntgen: a. p. und laterale Aufnahme
  • CT: bei unklarem Befund oder besseren Beurteilung der Fraktur zur Therapieplanung

Klassifikation

  • Deskriptive Klassifikation nach Bryan und Morrey:6
    • Typ I – komplette osteochondrale Fraktur des Capitulums 
      Typ II – oberflächliches osteochondrales Frakturfragment
      Typ III – Trümmerfraktur
      Typ IV – koronare Abscherfraktur nach McKee et al. mit Beteiligung des Capitulums und der Trochlea.

Indikationen zur Überweisung

  • Verdacht auf eine Fraktur

Therapie

Therapieziel

  • Heilung ohne Fehlstellung oder Funktionsverlust

Allgemeines zur Therapie

  • In der Regel offene Reposition und interne Fixation (ORIF)
    • Wie bei jeder intraartikulären Fraktur sollte die Stabilisierung der Frakturfragmente erfolgen, um arthrotische Veränderungen zu verhindern.
  • Bei Typ-I-Frakturen kann die geschlossene Reposition in Allgemeinanästhesie und unter Muskelrelaxation versucht werden.7
    • falls frustran, sofortige Konversion zu offener Operation

Operative Therapie

  • Operative Stabilisierung der Fraktur ist die Therapie der Wahl.5,8-9
  • Einzige Kontraindikationen für Operation
    • Inoperabilität der Patienten aufgrund von Vorerkrankungen, Intoleranz von Narkose, sehr niedriges Aktivitätslevel1
  • Fixierung mit Steinmann-Nägeln, Herbert-Schrauben oder Minischrauben
  • Ggf. Entfernung des Radiusköpfchens bei großen Trümmerverletzungen
  • Postoperative Immobilisation in Schiene
    • Die Dauer der Immobilisation ist abhängig von der Stabilität der Frakturfragmente.
    • Frühzeitige Mobilisierung anstreben.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Nach der Entfernung des Radiusköpfchens
    • In manchen Fällen entwickelt sich ein verstärkter Valgus im Ellenbogengelenk. Zu einem späteren Zeitpunkt kann es zu Arthrose kommen.
    • In manchen Fällen kommt es nach der Operation zu Handgelenkbeschwerden, diese sind jedoch häufig vorübergehend.
    • Eine Studie zur Verlaufskontrolle über 5 Jahre hat keine zufriedenstellenden Ergebnisse gezeigt.10

Komplikationen

  • Bei einer intraartikulären Fraktur kann es zu den nachfolgenden Folgeerscheinungen kommen:11
    • Verlust der Beweglichkeit
    • avaskuläre Nekrose
    • Heilung mit Fehlstellung
    • unvollständige Heilung (Pseudarthrose).

Prognose

  • Die Capitulumfraktur ist häufig komplex und mit Begleitverletzungen vergesellschaftet, sodass die Mehrzahl der Patienten eine posttraumatische Arthrose entwickelt.12
  • Eine misslungene Therapie kann Gelenkinkongruenz, Instabilität, Steifigkeit und chronische Schmerzen zur Folge haben.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Humerus, haeufigste Brucharten.jpg
Typische Bruchlinien, Humerus
Abb_Humerusfraktur_38608.png
Transkondyläre Humerusfraktur

Quellen

Literatur

  1. Ertl JP. Capitellar fracture. Medscape, last updated Aug 30, 2018. emedicine.medscape.com
  2. Beller J, Maier D, Arand M, Geyer T. Behandlungsstrategie bei distalen Humerusfrakturen. Trauma und Berufskrankheit, August 2010, Volume 12, Supplement 3, pp 273-278. link.springer.com
  3. Morrey B, Sanchez Sotelo J, Morrey M. The elbow and its disorders. Philadelphia: Elsevier, 2017.
  4. Nalbantoglu U, Gereli A, Kocaoglu B, Aktas S, Turkmen M. Capitellar cartilage injuries concomitant with radial head fractures. J Hand Surg Am. 2008 Nov. 33(9):1602-7. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Rausch V, Königshausen M, Schildhauer TA, et al. Fractures of the capitellum humeri and their associated injuries. Obere Extremität 2018; 13(1): 33-37. www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Bryan RS, Morrey BF. The elbow and its disorders. Philadelphia: WB Saunders, 1985.
  7. Ochner RS, Bloom H, Palumbo RC, et al. Closed reduction of coronal fractures of the capitellum. J Trauma 1996; 40(2): 199-203. www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Ruchelsman DE, Tejwani NC, Kwon YW, Egol KA. Open reduction and internal fixation of capitellar fractures with headless screws. Surgical technique. J Bone Joint Surg Am. 2009 Mar 1. 91 Suppl 2 Pt 1:38-49. www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Trinh TQ, Harris JD, Kolovich GP, Griesser MJ, Schickendantz MS, Jones GL. Operative management of capitellar fractures: a systematic review. J Shoulder Elbow Surg. 2012 Nov. 21(11):1613-22. www.ncbi.nlm.nih.gov
  10. Grantham SA, Norris TR, Bush DC. Isolated fracture of the humeral capitellum. Clin Orthop 1981; 161: 262-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Jeevannavar SS, Shenoy KS, Daddimani RM. Corrective osteotomy through fracture site and internal fixation with headless screws for type I (Hahn-Steinthal) capitellar malunion. BMJ Case Rep. 2013 May 24. doi: 10.1136/bcr-2013-009230. DOI
  12. Guitton TG, Doornberg JN, Raaymakers EL, et al. Fractures of the capitellum and trochlea. J Bone Joint Surg Am 2009; 91(2): 390-7. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autoren

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Orthopädie und Unfallchirurgie, Münster
  • Björn Salomonsson, med dr och överläkare, Ortopedkliniken, Danderyds sjukhus
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Trondheim (tilpasning til NEL)

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit