Zusammenfassung
- Definition:Laxizität des Sprunggelenks durch mechanische oder funktionelle Ursache, in der Regel posttraumatisch.
- Häufigkeit:Häufig unter Sportlern. 10–20 % aller Außenbandrupturen führen zu chronischer Instabilität.
- Symptome:Rezidivierende Distorsionstraumata und Instabilitätsgefühl.
- Untersuchung:Erhöhtes Bewegungsausmaß und/oder Defizite bei Balanceübungen.
- Diagnostik:Anamnese und klinische Untersuchung, in Einzelfällen gehaltene Röntgenaufnahme zur Differenzierung zwischen funktioneller und mechanischer Instabilität.
- Therapie:Neuromuskuläres Training ist die Therapie der Wahl, ggf. unterstützt durch Tapeverband.
Allgemeine Informationen
Definition
- Laxizität des Sprunggelenks durch defizitäre neuromuskuläre und/oder ligamentäre Stabilisierung, in der Regel posttraumatisch
Häufigkeit
- Häufig, vor allem unter Sportlern weit verbreitet1
- Etwa 10–20 von 100 Menschen behalten nach einer Außenbandruptur ein instabiles Sprunggelenk.2
- Eine Außenbandruptur ist die häufigste Sportverletzung: 1 pro Tag pro 10.000 Personen.3
Ätiologie und Pathogenese
- Mechanische und/oder funktionelle Instabilität4
- Mechanische Instabilität
- traumatische Ruptur oder Überdehnung des medialen oder lateralen Kapsel-/Band-Apparats
- anschließend ausbleibende Heilung oder überdehnter, „lockerer“ Halteapparat
- traumatische Ruptur oder Überdehnung des medialen oder lateralen Kapsel-/Band-Apparats
- Funktionelle Instabilität, häufig sekundär nach Trauma
- verminderte Propriozeption
- neuromuskuläre Störung der Peronealmuskulatur
- normalerweise aktiver Stabilisator des Sprunggelenks
Prädisponierende Faktoren
- Sportarten mit schnellem Richtungswechsel, z. B. Basketball5
- Vorangegangene Sprunggelenksverletzung
- Das Risiko ist etwa 5-fach erhöht.5
ICPC-2
- L77 Verstauchung/Zerrung Sprunggelenk
ICD-10
- M24.27 Krankheiten der Bänder : Knöchel und Fuß [Fußwurzel, Mittelfuß, Zehen, Sprunggelenk, sonstige Gelenke des Fußes]
- inklusive Instabilität nach einer alten Bandverletzung
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Typische Anamnese sowie klinische Befunde
- Evtl. frontale Röntgenaufnahme des OSG in maximaler, gehaltener Supination im Seitenvergleich
Anamnese
- Sprunggelenkstrauma in Anamnese
- Instabilitätsgefühl
- Fällt insbesondere bei Ballspielen oder in unebenem Gelände auf.
- Rezidivierendes Umknicken
- Persistierende Schmerz
- Schwellneigung
Klinische Untersuchung
- Das Bewegungsausmaß des Sprunggelenks ist im Seitenvergleich vergrößert.
- Propriozeptive Defizite in Balance-Übungen
Belastungstest
- Vergleich mit der anderen Seite
- Vorderer Schubladentest für Integrität des Lig. talofibulare anterius
- Fixation des distalen Unterschenkels
- Ferse umfassen und das ventrale Translationsausmaß überprüfen.
- normalerweise < 2 mm, pathologisch bei > 4 mm Vorschub
- Laterale und mediale Aufklappbarkeit des OSG im Seitenvergleich
Gleichgewichtstest
- Beurteilung der sensomotorischen Funktion
- Patienten stehen auf einem Bein, das andere ist im Kniegelenk um 90 Grad gebeugt, die Arme sind vor der Brust gekreuzt, und der Blick ist nach vorn gerichtet.
- Normal
- Die Patienten stehen 1 Minute auf einem Bein.
- Korrektur nur über den Standfuß
- Leicht pathologisch
- Die Patienten stehen 1 Minute auf einem Bein.
- Korrektur mit kreisenden Armbewegungen und dem Standfuß
- Pathologisch
- Die Patienten stehen 1 Minute auf einem Bein und berühren nur ab und an mit dem anderen Bein den Boden.
- Der Standfuß kann nicht für die Korrektur eingesetzt werden, der ganze Körper wird zum Ausgleich benutzt.
- Stark pathologisch
- Die Patienten können immer nur kurze Zeit auf einem Bein stehen.
Diagnostik beim Spezialisten
- Röntgenuntersuchungen mit Belastungsaufnahmen kommen immer seltener zur Anwendung.
- Am wichtigsten sind die Anamnese und die klinische Untersuchung.
Indikationen zur Überweisung
- Bei rezidivierenden Distorsionen und Beschwerden, die sich durch eine konservative Therapie nicht gebessert haben, Überweisung an einen Orthopäden.
Checkliste zur Überweisung
Instabilität im OSG
- Zweck der Überweisung
- Bestätigende Diagnostik? Therapie? Orthese/Tapeverband? Operative Therapie?
- Anamnese
- Beginn? Trauma? Entwicklung
- Rezidivierende Distorsionen? Lokalisation? Funktionseinschränkungen beim Sport oder bei alltäglichen Aktivitäten?
- Sonstige relevante Erkrankungen?
- Regelmäßig eingenommene Medikamente?
- Klinische Untersuchung
- Oberes Sprunggelenk: erhöhtes Bewegungsausmaß? Schmerzen? Belastungstest? Gleichgewichtstest?
- Ergänzende Untersuchungen
- Röntgen? Evtl. mit Belastungsaufnahme?
Therapie
Therapieziel
- Rezidivierende Distorsionen verhindern.
Allgemeines zur Therapie
- Therapie der Wahl ist ein neuromuskuläres Training.4
- Bei den meisten Patienten ist eine konservative Behandlung mit Physiotherapie und Übungen ausreichend.
- Bei starken Beschwerden lassen sich durch eine operative Therapie gute Ergebnisse erzielen.
Empfehlungen für Patienten
- Regelmäßiges neuromuskuläres Training, auch in Eigenregie
- Tipp: Jedes Mal beim Zähneputzen Einbein-Übungen
Medikamentöse Therapie
- In akuter Phase Paracetamol (4 x 1.000 mg)6
- ebenso gute analgetische Wirkung wie NSAR (3 x 50 mg Diclofenac)
- zudem geringere Ödemneigung
Konservative Therapie
- Neuromuskuläres Training4
- Verbesserung der Propriozeption
- Wiederherstellung der aktiven Stabilisierung durch bessere Ansteuerung der Peronealmuskulatur
- Maßnahmen
- Strammes Taping
- Steigert Sicherheitsgefühl der Patienten und mindert in der Regel nicht die sportliche Leistungsfähigkeit.9
Operative Therapie
- Selbst bei Leistungssportlern oder hochgradiger Instabilität keine Evidenz zugunsten einer operativen Therapie3
- bei Versagen der konservativen Therapie über mehrere Monate nur als Ultima Ratio
- Anatomische Rekonstruktion des Halteapparats4
Prävention
- Adäquate Sportschuhe
- Reichen bis über Knöchel.
- Haben keine Luftdämpfung im Fersenbereich.
- Risiko durch ausgeprägte Fersendämpfung mehr als 4-fach erhöht für Knöchelverletzung5
- Tapen des Knöchels bei risikoreichen Aktivitäten
- Strukturiertes Gleichgewichtstraining zum Aufwärmen vor Vollbelastung
- effektiv in der Prävention von Sprunggelenksdistorsionen10
Verlauf, Komplikationen, Prognose
Prognose
- Gute Ergebnisse mit konservativ-funktioneller Therapie gerade bei Sportlern3
- Weisen gute muskuläre Kontrolle auf.
- Das Risiko für ein erneutes Sprunggelenkstrauma nach initialer Verletzung ist um das 5-Fache erhöht.5
- Nach einer Operation mit Rekonstruktion bzw. Augmentation des Halteapparats verbleibt in etwa 1/3 der Fälle ein Instabilitätsgefühl.11
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Weitere Informationen
- Gesundheitsinformation.de (IQWiG): Was hilft bei einem chronisch instabilen Sprunggelenk?
Illustrationen

Knochen des Sprunggelenks von der Seite

Außenbänder des Sprunggelenks

Innenbänder des Sprunggelenks

Außenband- und vordere Syndesmosenbandruptur im Sprunggelenk

Bänder des Sprunggelenks von hinten
Quellen
Leitlinie
- Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Frische Außenbandruptur am Oberen Sprunggelenk. AWMF-Leitlinie 012-022. S1, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
- Wolfe MW, Uhl TL, McCluskey LC. Management of ankle sprains. Am Fam Physician 2001; 63: 93-104. American Family Physician
- IQWiG. Was hilft bei einem chronisch instabilen Sprunggelenk? gesundheitsinformation.de, Stand 2014. Zugriff: 10.6.2016
- Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Frische Außenbandruptur am Oberen Sprunggelenk. AWMF-Leitlinie 012-022. Stand 2017. www.awmf.org
- Czajka CM, Tran E, Cai AN, et al. Ankle sprains and instability. Med Clin North Am 2014; 98(2): 313-29. www.ncbi.nlm.nih.gov
- McKay G, Goldie P, Payne W, et al. Ankle injuries in basketball: injury rate and risk factors. Br J Sports Med 2001; 35(2): 103-8. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Lyrtzis C, Natsis K, Papadopoulos C, et al. Efficacy of paracetamol versus diclofenac for Grade II ankle sprains. Foot Ankle Int 2011; 32(6): 571-5. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Clark VM, Burden AM. A 4-week wobble board exercise programme improved muscle onset latency and perceived stability in individuals with a functionally unstable ankle. Physical Therapy in Sport 2005; 6(4): online. e-space.mmu.ac.uk
- McKeon PO, Ingersoll CD, Kerrigan DC, et al. Balance training improves function and postural control in those with chronic ankle instability. Med Sci Sports Exerc 2008; 40(10): 1810-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Halim-Kertanegara S, Raymond J, Hiller CE, et al. The effect of ankle taping on functional performance in participants with functional ankle instability. Phys Ther Sport 2017; 23: 162-7. www.ncbi.nlm.nih.gov
- McGuine TA, Keene JS. The effect of a balance training program on the risk of ankle sprains in high school athletes. Am J Sports Med 2006; 34: 1103-11. PubMed
- Young CC. Ankle Sprain. Medscape, last updated Jan 14, 2019. emedicine.medscape.com
Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Carlos Saro Moncloa, med dr, överläkare, Ortopedkliniken, Södertälje sjukhus (Medibas)
- Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo