Zusammenfassung
- Definition: Morbus Coats ist eine seltene, idiopathische Retina-Erkrankung, bei der anomale teleangiektatische retinale Blutgefäße intra- und subretinale Exsudate und eine Netzhautablösung verursachen.
- Häufigkeit: Seltene Erkrankung, kommt vor allem bei Kindern vor. Anfangsalter ca. 5 Jahre
- Symptome: Symptome sind Sehstörungen, Schielen, Rötung.
- Befund: Die Befunde variieren. weiße Pupillenreflexion (Leukokorie), subretinale Exsudate, ggf. Netzhautablösung
- Diagnostik: Bildgebende Diagnostik ist sinnvoll.
- Behandlung: Die Behandlung hängt vom Krankheitsstadium ab und sieht Beobachtung, Laserkoagulation, Kryotherapie, chirurgische Reparatur der Netzhautablösung sowie Enukleation vor.
Allgemeine Informationen
Definition
- Morbus Coats ist eine seltene, idiopathische Retina-Erkrankung, bei der anomale teleangiektatische retinale Blutgefäße intra- und subretinale Exsudate und eine Netzhautablösung verursachen.1
- Die Erkrankung tritt sporadisch auf, und es ist nicht bekannt, ob die Krankheit mit anderen anomalen Organerkrankungen in Zusammenhang steht.
- Die Schwere der Erkrankung ist bei Kindern unter 3 Jahren am stärksten ausgeprägt, weil die Krankheit sich schnell entwickelt.
- Synonyme: Retinitis exsudativa, retinale Teleangiektasien, Leber'sche Miliaraneurysmen, Coats-Syndrom, Coats-Retinopathie.2,3
Klassifikation
- Grad I: nur Teleangiektasien
- GradeII: Teleangiektasien und Exsudation
- Grad III: exsudative Netzhautablösung
- Grad IV: vollständige Netzhautablösung mit sekundärem Glaukom
- Grad V: Endstadium der Erkrankung
- Das Klassifikationssystem wird zur Einschätzung der Prognose eingesetzt.4
Häufigkeit
- Seltene Krankheit; jährliche Inzidenz < 1/1 Mio.3
- Typischerweise (in 95 % der Fälle) tritt die Erkrankung bei Kindern in einem Auge auf, meist bei Jungen.
- Jungen/Männer machen 80 % der Fälle aus. Auch Erwachsene und Jugendliche können betroffen sein, doch das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diagnose beträgt 5 Jahre.
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ursache ist unbekannt, aber die Krankheit hat einen vaskulären Ursprung.
- Sie wird mit Retinitis pigmentosa, Muskeldystrophie, Taubheit und dem Norries-Syndrom assoziiert.5
- Die Erkrankung steht nicht in Zusammenhang mit infektiösen oder inflammatorischen Krankheiten, und die meisten Patienten weisen keine anderen Anzeichen einer Systemerkrankung auf.
- Es wurde eine erhöhte Konzentration des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) und -rezeptors (VEGFR-2) festgestellt.6
ICPC-2
- F82 Netzhautablösung
- F99 Auge/Anhangsgeb. Erkrank., and.
ICD-10
- H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut
- H35.0 Retinopathien des Augenhintergrundes und Veränderungen der Netzhautgefäße
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinischer Verdacht auf die Diagnose ergibt sich bei Nachweis einer weißen Pupille (Leukokorie) bei einer Untersuchung auf eine rote Reflexion.
- Ultraschall kann das Vorliegen einer exsudativen Netzhautablösung abklären und einen Tumor ausschließen.
Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Morbus Coats präsentiert sich mit eingeschränkter Sehfähigkeit, Strabismus, Leukokorie (weiße Pupillenreflexion) und Rötung.
- Die Erkrankung wird in einigen Fällen zufällig entdeckt.7
- Normalerweise ist Morbus Coats nicht mit Schmerzen verbunden, mit Ausnahme fortgeschrittener Fälle, in denen die Erkrankung zusammen mit einem sekundären neovaskulären Glaukom auftritt.
Klinische Untersuchung
- Das klinische Bild ist sehr variabel.
- Bei der ophthalmoskopischen Untersuchung wird in der Regel ein lokalisierter Bereich mit subretinalen Exsudaten in Kombination mit vaskulären Anomalien festgestellt.7
- Exsudation ist ein häufiges Phänomen. Sie tritt in den meisten Fällen in Form von flachen intra- und subretinalen Exsudaten auf. Diese Exsudate kommen zunächst in Bereichen mit Teleangiektasien vor, progredieren aber dann und breiten sich stärker aus.
- Dazu kommt eine makuläre Proteinakkumulation. Ein dichtes Exsudat oder weiße Knoten in der Makula können zu einer scheibenförmigen Läsion progredieren, was eine schlechte Prognose hinsichtlich der Sehfähigkeit zur Folge hat.
- Auch retinal Blutungen kommen vor.
- Der Glaskörper ist lange klar.
- Retinale Zysten können vorkommen, sie sind üblich bei chronischer Netzhautablösung verschiedener Ursachen.5
Ergänzende Untersuchungen
- Ultraschall kann das Vorliegen einer exsudativen Netzhautablösung abklären und einen Tumor ausschließen.
- Die intravenöse Fluoreszenzangiografie ermöglicht eine Darstellung der teleangiektatischen Gefäße. Mikroaneurysmen werden sichtbar. Das Angiogramm kann außerdem eine zunehmende Leckage aus normalen Blutgefäßen nachweisen.
- Eine Spiral-CT wird ebenfalls zur Differenzialdiagnostik im Hinblick auf ein Retinoblastom eingesetzt, obwohl es einige Bedenken in Bezug auf die Strahlenbelastung gibt.
- Eine MRT ist sinnvoll zur Untersuchung des N. opticus und der Augenhöhle.
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf die Erkrankung
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Unbehandelt wird sich Morbus Coats in den meisten Fällen verschlimmern. Die Geschwindigkeit variiert jedoch. Daher wird eine frühzeitige Behandlung empfohlen.
- Die Krankheit spricht nicht auf Steroide oder Antibiotika an.
- Die empfohlene Behandlung hängt vom Stadium der Erkrankung ab. Folgende Möglichkeiten gibt es:
- Laserkoagulation
- Kryotherapie
- Reparatur der Netzhautablösung
- Vitrektomie.
- Die Behandlung muss u. U. wiederholt werden, wenn Rezidive auftreten.
Medikamentöse Therapie
- Anti-VEGF-Medikamente werden nach und nach zur Behandlung eingesetzt.8-10
Operative Therapie
- Bei einer Enukleation kann ein Implantat eingesetzt werden, an dem die Augenmuskulatur befestigt wird, was zu kosmetisch ausgezeichneten Ergebnissen und einer guten Motilität führen kann.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Progredient, evtl. auch rezidivierend nach der Behandlung
Komplikationen
- Begleitende Komplikation ist u. a. ein neovaskuläres Glaukom (in ca. 10 % der Fälle.4
Prognose
- Da die Erkrankung in den meisten Fällen einseitig auftritt, kann der Patient ein normales Leben führen.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Coats G. Forms of retinal dysplasia with massive exudation. R Lond Ophthalmol Hosp Rep 1908; 17: 440. PubMed
- Schüler A, Bornfeld N. Morbus Coats. In Joussen A. Retinale Gefäßerkrankungen. Springer, 211, S. 251. books.google.de
- Orphanet. Coats-Krankheit. Paris, Orphanet 2013 www.orpha.net
- Shields JA, Shields CL, Honavar SG, et al. Classification and management of Coats' disease: The 2000 Proctor lecture. Am J Ophthalmol 2001; 131: 572-83. PubMed
- Pandya HK. Retinal detachment. Medscape, last updated Oct 20, 2015. emedicine.medscape.com
- Kase S, Rao NA, Yoshikawa H, Fukuhara J, Noda K, Kanda A. Expression of vascular endothelial growth factor in eyes with Coats' disease. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2013; 54:57-62. PMID: 23221067 PubMed
- Haider S, Qureshi W, Ali A. Leukocoria in children. J Pediatr Ophthalmol Strabismus 2008; 45: 179-80. PubMed
- Stanga PE, Jaberansari H, Bindra MS, et al. Transscleral drainage of subretinal fluid, anti-vascular endothelial growth factor, and wide field imaging-guided laser in Coats exudative retinal detachment. Retina 2016, 36:156-62. PMID:
- Zhao Q, Peng XY, Chen FH, et al. Vascular endothelial growth factor in Coats' disease. Acta Ophthalmol 2013; 92: 225-8. PMID: 23764089 PubMed
- Sigler EJ, Randolph JC, Calzada JI, et al. Current management of Coats disease. Surv Ophthalmol 2014; 59: 30-46. PMID: 24138893 PubMed
Autoren
- Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, redaktør NEL
- Johan H. Seland, professor emeritus, Universitetet i Bergen
- Toke Bek, prof., led. overlæge, dr. med, Øjenafdelingen, Århus Universitetshospital (Lægehåndbogen)