Lungenentzündung bei Kindern

Die meisten Lungenentzündungen beginnen mit einer harmlosen Erkältung. Typische Beschwerden sind Husten, Kurzatmigkeit, Krankheitsgefühl. Gerade bei Kleinkindern ist eine Lungenentzündung manchmal schwierig zu erkennen, und schwere Symptome können sich schnell entwickeln.

Was ist eine Lungenentzündung (Pneumonie)?

Definition

Bei einer Lungenentzündung handelt es sich um eine Entzündung der Lungenbläschen (Alveolen) unter eventueller Mitbeteiligung der Bronchien (große Äste des Bronchialsystems) und der Bronchiolen (kleine Äste des Bronchialsystems).

Man unterteilt Lungenentzündungen danach, ob die Ansteckung außerhalb eines Krankenhauses stattgefunden hat (ambulant erworbene Pneumonie) oder innerhalb eines Krankenhauses (nosokomiale Pneumonie). Diese Unterscheidung ist wichtig, da das Erregerspektrum der Mikroorganismen unterschiedlich ist und die Erkrankungen mit verschiedenen Medikamenten behandelt werden.

Symptome

Die meisten Lungenentzündungen beginnen mit einem Infekt der oberen Atemwege (Rachen, Nase, Nebenhöhlen). Bei einer Lungenentzündung wird das Kind nach einigen Tagen schwerer krank. Die typischsten Zeichen einer Lungenentzündung sind hohes Fieber, Husten, Erschöpfung, schnelle Atmung und Atemnot sowie ein schlechterer Allgemeinzustand. Das Kind macht einen kranken Eindruck. Es ist zudem oft appetitlos und/oder reagiert dabei eventuell mit Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen und Reizbarkeit.

Atmet das Kind sehr schnell und wird kurzatmig, sind dies Warnsignale. Atemnot lässt sich an bestimmten Merkmalen erkennen, z. B. an aufgeblähten Nasenflügeln: Das Kind atmet so schwer, dass sich die Nasenflügel im Takt mit der Atmung aufblähen. Zeichen für deutliche Atemnot sind zudem Einziehungen der Haut unter dem Kehlkopf und zwischen den Rippen. In diesem Fall ist eine rasche notärztliche Behandlung notwendig!

Als Test kann man die Atemzüge des Kindes pro Minute zählen und somit feststellen, ob eine Erkrankung der Lungen vorliegt:

  • Mehr als 50 Atemzüge pro Minute bei Kindern von 2 bis 11 Monaten sind auffällig.
  • Mehr als 40 Atemzüge pro Minute bei Kindern von 1 bis 5 Jahre sind auffällig.
  • Mehr als 20 Atemzüge pro Minute bei Kindern über 5 Jahren sind auffällig.

Bei kleinen Kindern ist eine Lungenentzündung oft schwer erkennbar. In einigen Fällen ist eine schnelle Atmung des Kindes das einzige Anzeichen dafür.

Wenn die Atmung des Kindes in Ruhelage schneller als hier angegeben ist, muss es von einer Ärztin/einem Arzt untersucht werden. Es gibt auch harmlosere Erklärungen für die schnelle Atmung, z. B. Fieber, körperliche Anstrengung und Unruhe/Angst.

Kinder haben selten eine Lungenentzündung, wenn sie kein Fieber oder Atemschwierigkeiten haben. Aber die Lungenentzündung bei Kleinkindern kann auch einen ungewöhnlichen Verlauf nehmen: Manche Kinder haben nur Bauchschmerzen und sind sehr blass oder wirken eher still und geschwächt. Die Diagnose Lungenentzündung sollte also bei jedem allgemein deutlich krank wirkenden Kind in Erwägung gezogen werden.

Ursachen

Sowohl Viren als auch Bakterien oder andere Erreger können eine schwere Lungenentzündung auslösen.

  • Bei Neugeborenen im Alter bis zu 30 Tagen sind Bakterien wie z. B. E. coli die häufigsten Ursachen für eine Lungenentzündung.
  • Auch bei Säuglingen im Alter von 3 Wochen bis 3 Monaten sind Bakterien die Hauptursache (Streptococcus pneumoniae).
  • Viren hingegen sind meist Auslöser einer Lungenentzündung bei Kindern ab 3 Monaten bis zum Vorschulalter (meist RS-Viren).
  • Unter älteren Kindern und Jugendlichen ist die Ursache oft eine bakterielle Infektion mit bestimmten Mykoplasmen oder Chlamydien.
  • Auch an Lungentuberkulose, ausgelöst durch das Mykobacterium tuberculosis sollte gedacht werden.
  • Wenn das Kind nicht ausreichend gegen Keuchhusten geimpft ist, kann sich aus einer Infektion mit Keuchhusten zusätzlich eine Lungenentzündung entwickeln.

Während ansonsten gesunde Kinder eher selten an einer Lungenentzündung erkranken, sind geschwächte oder chronisch kranke Kinder eher gefährdet. Dazu zählen z. B.:

  • frühgeborene Säuglinge mit einer bereits bestehenden Lungenkrankheit
  • Kinder mit Lungenkrankheiten wie Mukoviszidose oder geschwächtem Immunsystem
  • Neuromuskuläre Erkrankungen, die die Atmung beeinträchtigen.

Lungenentzündung mit bestimmten Erregern

Bei Viren ist der Beginn oft schleichend, es treten zusätzlich Symptome wie Schnupfen, Hals-, Kopf-, und Gliederschmerzen auf.

Bei bakteriellen Lungenentzündungen bestehen oft hohes Fieber (> 39 °C), ein stark reduzierter Allgemeinzustand und Luftnot (erkennbar an Einziehungen).

Typisch für Mykoplasmen ist eine ausgeprägte Luftnot bei unauffälligem Befund der Lunge beim Abhören mit einem Stethoskop. Der Husten ist trocken, der Brustkorb kann schmerzen. Gelenkschmerzen, eine Beteiligung der Leber sowie der Haut- und Schleimhäute sind möglich.

Eine Lungenentzündung mit Chlamydien oder RS-Viren tritt vor allem bei Säuglingen in den ersten 4 Monaten auf und verursacht keuchhustenartigen Husten und eine schnelle Atmung.

Häufigkeit

Lungenentzündungen sind relativ häufig bei Säuglingen und Kleinkindern. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Kinder innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr eine Lungenentzündung entwickeln, liegt bei Kindern zwischen 0 bis 2 Jahren bei 2,7 %, in der Altersklasse 3 bis 6 Jahre bei 3 % und bei älteren Kindern bei weniger als 1 %.

Untersuchungen

Die Verdachtsdiagnose wird in der Regel anhand der Krankengeschichte und der Befunde der Ärztin/des Arztes bei der Untersuchung des Kindes gestellt. Die Lunge wird abgehört, die Atemfrequenz gezählt und auf mögliche Zeichen von Atemnot geachtet (Nasenflügeln, Einziehungen am Brustkorb). Die Sauerstoffsättigung kann an einem Finger gemessen werden.

Die Untersuchung einer Blutprobe kann zusätzliche Informationen liefern, wird aber routinemäßig nicht bei leichteren Verläufen empfohlen.

Für verschiedene Erreger existieren Schnelltests (Corona, Influenza, RSV).

Schleimproben aus Nase und oberem Rachen, die ins Labor geschickt werden, lassen eine Aussage über manche Erreger zu (Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae oder Bordetella pertussis).

Mit einer Blutprobe lässt sich auch ermitteln, ob die Infektion von einem bestimmten Virus oder von Bakterien wie Mykoplasmen oder Bordetellen herstammt. Solche Untersuchungen sind bei schwerem Verlauf oder ausbleibender Besserung sinnvoll.

Ein Röntgenbild ist bei leichten Lungenentzündungen nicht erforderlich, aber hilfreich und wichtig, wenn die Beschwerden stark sind oder sich nach Beginn der Therapie nicht bessern. Auch ein Ultraschall der Lunge ist möglich, mit dem mögliche Flüssigkeitsansammlungen in der Brusthöhle (Pleuraerguss) dargestellt werden können.

Behandlung

Die Behandlung richtet sich nach dem Alter des Kindes und dem wahrscheinlichen Erreger (wahrscheinliche Erreger je nach Alter, s. o.). Säuglinge und Kleinkinder ohne Fieber haben mit hoher Wahrscheinlichkeit eher eine virale Lungenentzündung und sollten daher bei einem leichten Verlauf nicht mit Antibiotika behandelt werden.

Antiobiotische Behandlung

Die Auswahl des Antibiotikums erfolgt nach dem Prinzip der kalkulierten Antibiotikagabe für meist 5 bis 7 Tage. Dabei wird ein Wirkstoff verwendet, der erfahrungsgemäß (empirisch) gegen die typischen, zu vermuteten Erreger wirksam ist:

  • Amoxicillin
  • bei Allergie: Cefuroxim, Clarithromycin, Doxycyclin.

Bei schweren Verläufen oder dem Verdacht auf atypische Erreger können andere Antibiotika zum Einsatz kommen.

Schwer kranke Kinder müssen in der Klinik behandelt werden und erhalten dort ggf. auch Sauerstoff.

Ergänzende Maßnahmen

Evtl. sind fiebersenkende Mittel hilfreich, die Gabe von abschwellenden Nasentropfen oder von Sauerstoff über eine Nasenbrille oder Sauerstoffmaske. Unter Umständen kann auch die Gabe von zusätzlicher Flüssigkeit über die Venen notwendig sein.

Schutzimpfung

Alle Kinder sollten zur Prävention einer Lungenentzündung gegen Pneumokokken, H. influenzae Typ B, Keuchhusten, Masern und Windpocken gemäß den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts geimpft sein. Ihre Kinderärztin/Ihr Kinderarzt kann Sie beraten.

Prognose

Die Prognose ist im Allgemeinen gut. Die Sterblichkeit außerhalb der Neugeborenenperiode ist sehr niedrig.

Kinder und Jugendliche mit ambulant erworbener Pneumonie werden unter adäquater medizinischer Versorgung im Allgemeinen rasch und vollständig wieder gesund.
Kinder mit unkompliziertem Heilungsverlauf können in der Regel innerhalb von 3–7 Tagen wieder Gemeinschaftseinrichtungen besuchen und nach 1–2 Wochen
wieder zum Sport zugelassen werden.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Pneumonie bei Kindern. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP). Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pädiatrische ambulant erworbene Pneumonie, pCAP). AWMF Leitlinie Nr. 048-013, Stand 2017. www.awmf.org
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