Zusammenfassung
- Definition:Schleimbeutelentzündung an der Schulter.
- Häufigkeit:Häufiger Grund für Schulterschmerzen, meist als Begleiterscheinung bei anderen Schulterpathologien.
- Symptome:Subakut auftretende, starke Schmerzen in der Schulter mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung.
- Befunde:Aktive Bewegung eingeschränkt. Druckschmerz über Bursa.
- Diagnostik:Klinische Diagnose. Sicherung der Diagnose durch Bildgebung (Sono, MRT) oder diagnostische Infiltration möglich.
- Therapie:Konservative Therapie mit Schonung, Kühlen und NSAR, ggf. ergänzt durch Physiotherapie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Schleimbeutelentzündung am Schultergelenk mit starken Schmerzen
Häufigkeit
- Keine genauen Angaben für Bursitis subacromialis
- Bursitis generell (subacromialis, olecrani, praepatellaris ...) ursächlich für 0,4 % aller hausärztlichen Beratungsanlässe1
- Geschlechterverhältnis ausgeglichen2
Klinische Anatomie
- Generell befinden sich die Bursae dort, wo Sehnen über Knochen, Bänder oder andere Sehnen reiben, und dort, wo die Haut über knöcherne Vorsprünge gleitet.
- Vier relevante Schleimbeutel sind im Bereich der Schulter vorhanden:
- Bursa subacromialis (mit Abstand am häufigsten betroffen)
- Bursa subdeltoidea
- Bursa subcoracoidea
- Bursa subtendinea des M. subscapularis.
Ätiologie und Pathogenese
- Verschiedene Auslöser einer Bursitis möglich
- mechanische Überbelastung, insbesondere Überkopfarbeiten
- systemische Grunderkrankung, z. B. aus dem rheumatoiden Formenkreis
- Begleitreaktion bei Verletzungen der Rotatorenmanschette
Disponierende Faktoren
- Gehäuft bei repetitiven Überkopfbewegungen1
- Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis
- Hyperurikämie
ICPC-2
- L92 Schulter-Syndrom
ICD-10
- M75.5 Bursitis im Schulterbereich
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Typische Anamnese mit repetitiven Überkopfbewegungen
- Starke diffuse Schulterschmerzen mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung
- Sicherung der Diagnose durch Bildgebung (Sonografie und/oder MRT) oder diagnostische Infiltration möglich
Differenzialdiagnosen
- Kapsulitis der Schulter
- Tendinitis calcarea
- Frozen Shoulder (adhäsive Kapsulitis)
- Impingement-Syndrom
- Rotatorenmanschettenruptur oder -insuffizienz
- Fraktur/Dislokation
- Zervikale Ursachen, C4-, C5-Affektion
- Neuralgische Schulteramyotrophie
- Übertragene Schmerzen bei internistischen Erkrankungen (z. B. rechte Schulter bei Cholezystitis oder linke Schulter bei Myokardinfarkt)
Anamnese
- Repetitive Überkopfbewegungen?
- Vorbekannte Schultererkrankungen, z. B. Impingement-Syndrom?
- Typische Symptomatik
- Schmerz beginnt subakut und erreicht sein Maximum nach 2–3 Tagen mit sehr starken Schmerzen in der Schulter, die normalerweise nicht ausstrahlen.
- schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der Schulter
- teilweise Ruhe- und Nachtschmerzen
- Bisher durchgeführte Therapie?
Klinische Untersuchung
- Die Untersuchung der Schulter sollte immer im Seitenvergleich erfolgen.
- Siehe auch Klinische Untersuchung des Schultergelenks.
- Inspektion
- Schultergelenk kann geschwollen sein.
- Palpation
- abhängig von betroffener Bursa evtl. lokaler Druckschmerz auslösbar
- Bewegungsausmaß
- häufig schmerzbedingte Einschränkung der aktiven Beweglichkeit, aber nicht der passiven Beweglichkeit
- Differenzialdiagnose bei eingeschränkter passiver Beweglichkeit adhäsive Kapsulitis oder ausgeprägte Omarthrose
- häufig schmerzbedingte Einschränkung der aktiven Beweglichkeit, aber nicht der passiven Beweglichkeit
- Funktionstest
- „schmerzhafter Bogen“: Schmerzen bei 60- bis 120-Grad-Abduktion
- klassisch bei Bursitis subacromialis
- „schmerzhafter Bogen“: Schmerzen bei 60- bis 120-Grad-Abduktion
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- BSG, CRP und Inflammationsparameter zum Ausschluss einer bakteriellen Infektion oder Rheumaerkrankung (Polymyalgia rheumatica)
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Röntgen
- Nachweis Omarthrose
- Beurteilung der Akromion-Konfiguration und der Weite des subakromialen Raums
- Ultraschall
- sonografische Zeichen der Inflammation, u. a. Hyperperfusion, vergrößerte Bursa und vermehrte Flüssigkeitseinlagerung in der Bursa
- MRT
- in der Regel nur bei unklarer Diagnose oder vor geplanter Operation notwendig
- Diagnostische Injektion
- Durch eine Injektion von Lokalanästhetika (und ggf. Kortison) in den Subakromialraum können die dort lokalisierten Beschwerden ausgeschaltet werden.3
Indikationen zur Klinikeinweisung/Überweisung
- Bei V. a. septische Bursitis (Fieber, schweres Krankheitsgefühl, geschwollene und gerötete Schulter) Einweisung in Krankenhaus
- Bei therapierefraktären Beschwerden Überweisung an Orthopäd*in
Therapie
Therapieziele
- Schmerzen lindern.
- Beweglichkeit wiederherstellen.
Allgemeines zur Therapie
- Zunächst konservative Behandlung mit Schonung der Schulter, Kühlen, NSAR und im Verlauf physiotherapeutischer Beübung
- Bei therapierefrektären Beschwerden evtl. operatives Vorgehen
Medikamentöse Therapie
Nichtsteroidale Antirheumatika
- Zur Schmerzreduktion und Linderung der lokalen Entzündung
- Nebenwirkungen und Kontraindikationen beachten.
- Lokale Anwendung, z. B. als Diclofenac-Gel, möglich
- Oral z. B. Ibuprofen 400 mg 3 x tgl.
Kortisoninjektion durch Orthopäd*in
- Ultraschallgesteuerte Injektionen in die Bursa mit Kortison (z. B. Triamcinolon) führt in ersten 6–8 Wochen zu deutlicher Beschwerdebesserung.4
- langfristiger Therapieeffekt jedoch zweifelhaft5
Nichtmedikamentöse Therapie
Physiotherapie
- Ziel: Zentrierung des Humeruskopfs in der Gelenkpfanne, um Humeruskopfhochstand und damit Einklemmung der Bursa zwischen Humerus und Akromion zu vermeiden (im Falle der Bursitis subacromialis).
- Training mit elastischen Widerstandsbändern (Thera-Bändern) verbessert langfristig die Schulterfunktion bei Patient*innen mit Bursitis.5
Operative Therapien
- Nur bei Versagen der konservativen Therapie operative Bursektomie, ggf. in Kombination mit weiteren Prozeduren, wie z. B. subakromialer Dekompression.2
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Progredienz der Beschwerden, sofern die schmerzhaften Aktivitäten nicht eingestellt werden.
Komplikationen
- Bei Fortführen der schmerzhaften Überkopfbewegungen ist ein Übergang in chronische Bursitis möglich.
Prognose
- Bei adäquater Schonung meist Abheilung innerhalb weniger Wochen
- Bei einer reinen Bursitis ist die Prognose gut, bei kombinierten Schulterpathologien oft schwieriger.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Literatur
- Lohr KM. Bursitis. Medscape, last updated Dec 11, 2020. emedicine.medscape.com
- Faruqi T, Rizvi TJ. Subacromial Bursitis. StatPearls 2021. europepmc.org
- Brkic M, Froemel D. Meurer A. Klinische Untersuchung der Schulter. Manuelle Medizin. 2015; 53:63–78. Springer-Verlag Berlin/Heidelberg, 2015.
- Hsieh LF, Lin YJ, Hsu WC, et al. Comparison of the corticosteroid injection and hyaluronate in the treatment of chronic subacromial bursitis: A randomized controlled trial. Clin Rehabil 2021; 35(9): 1305-16. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Zhu P, Liao B, Wang Z, et al. Resistance band training after triamcinolone acetonide injection for subacromial bursitis: A randomized clinical trial. J Rehabil Med 2021. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).