Perforierende Augenverletzungen

Zusammenfassung

  • Definition:Verletzungen, die mit einer Perforation okulärer Strukturen einhergehen.
  • Häufigkeit:Selten, genaue Zahlen für Deutschland fehlen.
  • Symptome:Unmittelbare Visusminderung, Schmerzen und Rötung des Auges.
  • Befunde:Variable klinische Befunde, kleinere Perforationen sind nicht immer erkennbar.
  • Diagnostik:Meist anhand von CT oder MRT in einer Fachklinik.
  • Therapie:Fremkörperentfernung, ggf. operative Therapie, Antibiose.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Verletzungen, die mit einer Perforation oder einer Ruptur des Bulbus oculi einhergehen.
  • Die meisten Penetrationen verlaufen durch die Hornhaut. Penetrationen durch die Sklera oder den Limbus machen 1/3 der Fälle aus.

Häufigkeit

  • Perforierende Verletzungen mit intrabulbären Fremdkörpern sind in der hausärztlichen Praxis selten anzutreffen, ihre Diagnose ist jedoch von großer Bedeutung.1
  • Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
  • Die Verletzung tritt häufiger vor dem 40. Lebensjahr auf.2

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Ursachen für perforierende Verletzungen sind vielfältig. So kann es z. B. im Rahmen von Stürzen, Sportverletzungen, tätlichen Angriffen oder auch Verkehrsunfällen zu Verletzungen des Auges kommen.3
  • Die Perforationen erfolgen meist durch die Hornhaut, können aber auch den Bereich des Ziliarkörpers betreffen.4
  • Zudem kann es auch bei einem stumpfen Trauma zu einer Bulbusruptur kommen.3

ICPC-2

  • F79 Augenverletzung, andere

ICD-10

  • S05 Verletzung des Auges und der Orbita
    • S05.2 Rissverletzung und Ruptur des Auges mit Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Perforationen zeigen ein variables Bild, je nach Verletzungslokalisation und -schwere. So können eine abgeflachte und mit Blut durchmischte Vorderkammer, verzogene Iris, getrübte Linse oder auch ein weicher Bulbus vorkommen.
  • Die Diagnose kleinerer Perforationen kann sich sehr schwierig gestalten.

Differenzialdiagnosen

  • Bei allen Verletzungen, bei denen das Auge evtl. mit einem Fremdkörper in Kontakt gekommen ist, stellen Perforationsverletzungen eine wichtige Differenzialdiagnose dar.

Anamnese

  • Visusminderung, Schmerzen, gerötetes Auge
  • Potenzielle Verletzungsquelle? Wurde Stein, Holz oder Metall bearbeitet? Wurde eine Schutzbrille getragen?
  • Opthalmologische Vorerkrankungen?
  • Bei Verkehrsunfällen und Unfällen mit Schusswaffen sind auch größere intraokulare Fremdkörper möglich.
  • Eine Diplopie kann infolge einer Verletzung der Augenmuskulatur oder der Hirnnerven auftreten.

Klinische Untersuchung

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
  • Besteht der Verdacht auf eine Perforation, sollten Sie das Augenlid und den Bulbus nicht palpieren.
  • Risse und Perforationen sind ohne eine Spaltlampe u. U. nur schwer zu erkennen. Die Öffnung befindet sich meist in der Hornhaut.
    • Öffnungen in der Sklera können durch subkonjunktivale Blutungen verdeckt sein.
    • Möglicherweise tritt Kammerwasser aus dem Auge aus.
  • Die Strukturen des vorderen Augenabschnitts folgen häufig dem Fluss des Kammerwassers und verlagern sich in Richtung der Perforationsöffnung.
  • Verlagern können sich die Iris, der Ziliarkörper, die Linse und der Glaskörper.
  • Häufig ist Blut in der vorderen Augenkammer.
  • Orientierende Untersuchung von Visus und Okulomotorik

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Die weitere diagnostische Abklärung sollte in einer (Fach-)Klinik erfolgen.
  • Meist werden CT oder MRT (bei nicht-metallischen Fremdkörpern) eingesetzt.

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Umgehende Einweisung in eine Augenklinik
  • Transport der Patient*innen im Liegen

Therapie

Allgemeines zur Therapie

  • Eisen- und Kupferpartikel müssen entfernt werden, um spätere toxische degenerative Veränderungen zu verhindern.3
  • Glas- und Porzellanpartikel müssen dagegen nicht unbedingt entfernt werden, da sie keine Langzeitschäden zu verursachen scheinen.
  • Eine Entfernung in der hausärztlichen Praxis sollte unterlassen werden.5

Medikamentöse Therapie

  • Eine prophylaktische Lokaltherapie mit z. B. Levofloxacin kann erwogen werden.5

Weitere Therapien

  • Lockeres Abdecken der Augen
  • Ggf. Auffrischung des Tetanus–Impfschutzes
  • Ggf. Gabe eines Antiemetikums (Verhindern einer intraokularen Druckerhöhung beim Erbrechen)
  • Im weiteren Verlauf ist ggf. eine operative Therapie notwendig.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
  • Synechien
  • Katarakt
  • Endophthalmitis
  • Sekundäres Glaukom
  • Chronische Schmerzen
  • Bei intraokularen Fremdkörpern: degenerative Veränderungen und schließlich Erblindung, falls Objekte aus Eisen, Stahl oder Kupfer im Auge verbleiben.
  • Zudem kann sich eine sympathische Ophthalmie entwickelt, bei der es durch autoinflammatorische Prozesse zur Erblindung auch des unverletzten Auges kommen kann.

Prognose

  • Die Prognose ist abhängig vom Verletzungsmuster, der unverzögerten Diagnosestellung und Therapie sehr variabel.

Verlaufskontrolle

  • Ophthalmologische Nachkontrollen je nach Verletzungsschwere und -art

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Sie sollten eine Schutzbrille tragen.

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Adelman R, Raducu ER. Eye trauma. BMJ Best Practice, last updated June 12, 2019. bestpractice.bmj.com
  2. Koo, L, Kapadia, MK, Singh, RP, et al. Gender differences in etiology and outcome of open globe injuries. J Trauma. 2005 Jul;59(1):175-8. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Blair K, Alhadi SA, Czyz CN. Globe Rupture. [Updated 2022 Dec 26]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Rodruguez JO, Lavina AM, Agarwal A. Prevention and treatment of common eye injuries in sports. Am Fam Physician 2003; 67: 1481-9, 1494-6. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Gelston CD, Deitz GA. Eye Emergencies. Am Fam Physician. 2020 Nov 1;102(9):539-545 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Bonnie Stahn, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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