Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom)

Gebärmutterhalskrebs, auch als Zervix- oder Kollumkarzinom bezeichnet, ist weltweit die vierthäufigste Krebsart bei Frauen. In Ländern wie Deutschland, wo die gynäkologische Krebsfrüherkennung zum Standard zählt, ist das Zervixkarzinom allerdings deutlich seltener.

Was ist Gebärmutterhalskrebs?

Weibliche Geschlechtsorgane, Seitenansicht
Weibliche Geschlechtsorgane, Seitenansicht

Definition

Die Gebärmutter (Uterus) ist etwa so groß wie eine Birne und wiegt zwischen 40 und 70 Gramm. Die Gebärmutterwand besteht aus einer etwa 1 cm dicken Muskelschicht und ist innen mit Schleimhaut ausgekleidet. Ein Teil dieser als Endometrium bezeichneten Schleimhaut wird regelmäßig während der Menstruation abgestoßen. Nach den Wechseljahren verkümmert die Gebärmutter und verliert merklich an Umfang. Der Gebärmutterhals stellt die Verbindung zwischen Scheide und Gebärmutterkörper dar, er ist mit einer speziellen Drüsenschleimhaut ausgekleidet, um Infektionen daran zu hindern, bis in die Gebärmutter vorzudringen. Im Bereich des äußeren Muttermunds geht die Schleimhautverkleidung des Gebärmutterhalses in die glattere Schleimhaut der Scheide über. Diese Grenze wird als Transformationszone (TZ) bezeichnet, und in diesem stark begrenzten Bereich können Infektionen mit humanen Papillomaviren (HPV) zu Zellveränderungen und Krebsgeschwulsten führen. Der Abstrich zur Krebsfrüherkennung erfolgt in dieser Transformationszone.

Symptome

Gebärmutterhalskrebs verursacht im frühen Stadium in der Regel keine Symptome.

Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium kann Gebärmutterhalskrebs auch aufgrund der Symptome entdeckt werden. Häufig treten bei oder nach dem Geschlechtsverkehr Blutungen auf, oder beim Wasserlassen werden zugleich einige Tropfen Blut verloren. Blutungen nach der Menopause sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Bleibt die Erkrankung über einen längeren Zeitraum unentdeckt, kann es zu konstanten Blutungen aus der Scheide oder blutigem Ausfluss kommen. Dann können auch Schmerzen im Unterleib auftreten.

Ursachen

Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) entsteht fast immer infolge einer sexuell übertragbaren Krankheit, die von einem Virus hervorgerufen wird. Es handelt sich um das humane Papillomavirus (HPV). Eine anhaltende Infektion mit krebserregenden Typen des HPV ist in der Regel eine Voraussetzung für die Entstehung eines Zervixkarzinoms. Dieses entwickelt sich aus Zellveränderungen am Gebärmutterhals, der sog. zervikalen intraepithelialen Neoplasie. Die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 sind in etwa 70 % der Fälle für die Krebsentstehung verantwortlich. Die meisten HPV-Infektionen werden jedoch durch das körpereigene Immunsystem erkannt und innerhalb von 6 Monaten bis 2 Jahren beseitigt.

Risikofaktoren

Risikofaktoren für eine anhaltende Infektion mit HPV sind häufig wechselnde Sexualpartner*innen, Rauchen, ein früher Beginn der sexuellen Aktivität, die Anzahl der Geburten, eine eingeschränkte Funktion des Immunsystems (z. B. durch HIV-Infektion oder Medikamente), unzureichende Intimpflege und andere Geschlechtskrankheiten. Auch genetische Risikofaktoren scheinen eine Rolle zu spielen.

Häufigkeit

Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste Krebsart bei Frauen. In Ländern wie Deutschland, wo die gynäkologische Krebsfrüherkennung zum Standard zählt, ist das Zervixkarzinom allerdings deutlich seltener. In Deutschland erkrankten im Jahr 2018 4.320 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 55 Jahren. Etwa 1.500–1.600 Frauen sterben jedes Jahr an dieser Krebserkrankung.

Untersuchungen 

  • Bei einer gynäkologischen Untersuchung wird mithilfe eines Kunststoffspatels oder Wattestäbchens und einer kleinen Bürste eine Zellprobe vom Gebärmutterhals 
    („Pap-Abstrich“) abgenommen. Die Zellprobe wird anschließend unter einem Mikroskop auf Veränderungen untersucht.
  • Bei einem verdächtigen Befund der Zellprobe erfolgt eine Scheidenspiegelung (Kolposkopie), ggf. in Vollnarkose. Mithilfe eines speziellen Untersuchungsinstruments, das am vorderen Ende mit einer Kamera und einer Lichtquelle versehen ist, untersuchen Gynäkolog*innen die Transformationszone am äußeren Muttermund und suchen nach Zellveränderungen oder einem Tumor. Dabei werden auch Gewebeproben entnommen.
  • Besteht der Verdacht einer invasiven Krebserkrankung, soll festgestellt werden, ob der Tumor gestreut hat. Dazu werden Unterleib und Nieren mit Ultraschall untersucht.
  • Bei fortgeschrittener Erkrankung erfolgt eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) von Becken und Lunge. Sämtliche Untersuchungen sind vollkommen schmerzlos.

Stadieneinteilung (Staging)

  • Abhängig davon, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist und ob sie gestreut hat oder nicht, wird Gebärmutterhalskrebs in verschiedene Stadien unterteilt.
  • Dieses sog. Staging ist von hoher Bedeutung für die Wahl der Therapiemethode.
  • Im Stadium I ist die Erkrankung auf den Gebärmutterhals beschränkt. In diesem Stadium ist die Prognose sehr gut. Im Stadium IA ist der Tumor mikroinvasiv, dies bedeutet, dass er höchstens einige Millimeter groß und mit dem bloßen Auge nicht erkennbar ist. Im Stadium IB ist der Tumor größer, aber weiterhin auf den Gebärmutterhals begrenzt. 
  • Stadium IV ist deutlich seltener, es handelt sich um das schwerste Krankheitsstadium. Der Tumor ist in die Harnblase oder den Darm eingewachsen oder hat über die Blut- und Lymphgefäße in andere Bereiche des Körpers gestreut.
  • Zwischen diesen beiden Extremen befinden sich die Stadien II und III.

Behandlung

  • Ziel der Therapie ist, die Erkrankung zu heilen oder ein Fortschreiten zu verhindern.
  • Ärzt*innen empfehlen Ihnen eine auf Ihre spezifische Situation zugeschnittene Behandlung. Die Erstellung eines individuellen Therapieplans beruht auf jahrelanger internationaler und nationaler Erfahrung.

Operation

  • Befindet sich die Erkrankung im Stadium I, wird normalerweise eine Operation vorgeschlagen. 
  • Im frühsten Stadium der Krebserkrankung (Stadium IA1) und bei Krebsvorstufen kann sich der Eingriff auf die Entfernung des Muttermunds (Konisation) beschränken, sodass weiterhin die Möglichkeit einer Schwangerschaft besteht.
  • Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten, wird die Gebärmutter, evtl. zusammen mit den Lymphknoten im näheren Umfeld, chirurgisch entfernt. Dieser Eingriff wird als Hysterektomie (ggf. mit Lymphonodektomie) bezeichnet und geht normalerweise mit nur geringen Komplikationen einher.
  • Die häufigste Komplikation ist ein Lymphödem. Einige Frauen leiden nach der Operation möglicherweise an einer leichten Harninkontinenz, dies ist aber nur bei wenigen Patientinnen der Fall.
  • Darüber hinaus existiert eine Methode, die als Trachelektomie bezeichnet wird. Sie umfasst die radikale Entfernung des Gebärmutterhalses bei gleichzeitiger Erhaltung der Gebärmutter und kann bei größeren Tumoren angewendet werden, wenn die Fertilität der Frau erhalten bleiben soll.

Strahlentherapie

  • Befindet sich die Krebserkrankung in einem fortgeschrittenen Stadium, wird eine Strahlentherapie empfohlen. Dies wird auch dann getan, wenn die Ärzt*innen den allgemeinen Gesundheitszustand als so schlecht beurteilen, dass eine Operation eine zu hohe Belastung darstellen würde.
  • Bei der Strahlentherapie können die Krebszellen zerstört werden, ohne dass die gesunden Zellen dabei in allzu hohem Maße in Mitleidenschaft gezogen werden.
  • Die Behandlung kann beispielsweise intrakavitär, d. h. im Körperinneren, erfolgen: Dabei wird über einige Minuten eine radioaktive Quelle im Gebärmutterhals und dem oberen Drittel der Scheide platziert. Der Vorteil dieser Methode ist, dass das Tumorgewebe aus sehr geringem Abstand bestrahlt wird.
  • Als alleinige Maßnahme genügt sie allerdings nicht immer und wird daher zuweilen mit einer externen Bestrahlung kombiniert. Dabei wird die Gebärmutter täglich über einen Zeitraum von 5–6 Wochen (je nach Ausbreitung der Erkrankung) von außen bestrahlt. Die Bestrahlung dauert jeweils nur wenige Minuten, ist schmerzlos und kann ambulant erfolgen.
  • Die Strahlentherapie wird häufig in Kombination mit Chemotherapie angewendet.

Nebenwirkungen

  • Häufige vorübergehende Nebenwirkungen der Bestrahlung sind Schmerzen beim Wasserlassen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
  • Auch Spätfolgen sind bei einer Strahlentherapie möglich, z. B. Harn- und Stuhlinkontinenz.
  • Bei einer Bestrahlung der Eierstöcke hört die Hormonproduktion auf. Jüngere Frauen kommen dann vorzeitig in die Wechseljahre. Dank der Hormontherapie lassen sich einige der körperlichen Beschwerden lindern. Viele der Betroffenen erleben die Situation allerdings als starke psychische Belastung – jüngeren Frauen macht vor allem die Tatsache zu schaffen, dass sie keine Kinder mehr bekommen können.
  • Eine häufige Nebenwirkung der Strahlentherapie ist Scheidentrockenheit, die zu Beschwerden beim Geschlechtsverkehr führen kann.

Chemotherapie

  • Die medikamentöse Behandlung mit Zellgiften (Zytostatika) wird auch als Chemotherapie bezeichnet. Sie wird bei fortgeschrittenen Krebsstadien des Zervixkarzinoms in Kombination mit einer Strahlentherapie angewendet.

Vorbeugung

Impfung

  • Inzwischen gibt es Impfstoffe gegen die HPV-Varianten, die am stärksten mit einem erhöhten Krebserkrankungsrisiko verbunden sind. Die HPV-Impfung ist Teil des nationalen Impfprogramms und wird Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen. Sie soll ggf. bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden, möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr.
  • Beide derzeit zugelassenen Impfstoffe schützen nachweislich vor einer HPV-Infektion und vor Zellveränderungen, die durch die Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 hervorgerufen werden. Erste Studien zeigen auch, dass bei geimpften Frauen seltener Gebärmutterhalskrebs entsteht als bei nicht geimpften. Einer der Impfstoffe wirkt insgesamt gegen 9 HPV-Typen und schützt somit zusätzlich vor dem Auftreten von Genitalwarzen (Condylomata acuminata).
  • Als Nebenwirkungen der Impfung können Immunreaktionen an der Impfstelle, Kopfschmerzen und Schwindel auftreten.
  • Da von den Impfstoffen nicht alle krebserregenden HPV-Infektionen verhindert werden, sollten auch geimpfte Frauen weiter regelmäßig die Früherkennungsuntersuchungen in der Frauenarztpraxis wahrnehmen.

Krebsfrüherkennung zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs

  • Frauen sollten spätestens ab dem Alter von 20 Jahren regelmäßig die Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung wahrnehmen, die in Deutschland im Abstand von 1 Jahr empfohlen werden.
  • Bei gesunden Frauen mit unauffälligem Befund reicht es aus, diese Untersuchung einmal jährlich durchzuführen. Zeigt der Befund eindeutige Zellveränderungen, erfolgen weitere Untersuchungen nach einem festen Schema.
  • Im Rahmen eines organisierten Screeningprogramms soll bei Frauen ab 35 Jahren zusätzlich zum Zellabstrich auch eine Testung auf eine HPV-Infektion erfolgen. Diese Untersuchung kann alle 3 Jahre in Anspruch genommen werden.

Weitere Maßnahmen zur Vorbeugung

  • Rauchen begünstigt langandauernde HPV-Infektionen und Zellveränderungen am Gebärmutterhals. Daher sollten Sie auf das Rauchen verzichten.
  • Kondome bieten einen gewissen Schutz vor einer Infektion mit HPV.

Prognose

Von der HPV-Infektion über die Entwicklung von Zellveränderungen bis hin zum invasiven Tumor vergehen in der Regel Jahre oder Jahrzehnte.

Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Gebärmutterhalskrebs liegt in Deutschland durchschnittlich bei 65–69 %, im Stadium I bei 95 %. Die Prognose steht in direktem Zusammenhang mit der Größe des Tumors und der Ausbreitung zum Zeitpunkt der Behandlung.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Zervixkarzinom. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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