Zusammenfassung
- Definition:Der Status epilepticus ist ein lebensbedrohlicher Notfall und ist definiert durch einen prolongierten epileptischen Anfall von mehr als 5 min Dauer bzw. eine Anfallsserie ohne Wiedererlangen des präiktalen Ausgangszustandes.
- Häufigkeit:Die Inzidenz des Status epilepticus beträgt in Europa 10–30 pro 100.000 Einw. pro Jahr. Ältere Menschen und Männer sind häufiger betroffen.
- Symptome:Abhängig von der Anfallsart kommt es zu variablen klinischen Zeichen. Häufig ist eine Bewusstseinsminderung bis zum Koma, die beim non-konvulsiven Status epilepticus das einzige Symptom sein kann.
- Befunde:Die klinische Untersuchung ist bei Bewusstseinsstörung oft nur eingeschränkt möglich. Motorische Zeichen der epileptischen Aktivität können zum Teil sehr diskret ausfallen.
- Diagnostik:Diagnose in Zusammenschau anamnestischer, klinischer und elektroenzephalografischer Befunde. Zudem Labordiagnostik und zerebrale Bildgebung sowie ggf. weiterführende Diagnostik bei unklarer Ursache des Status epilepticus.
- Therapie:Notfallmäßige und medikamentöse Therapie entsprechend eines Stufenschemas mit Benzodiazepinen, Antiepileptika sowie ggf. Anästhetika. In der Regel intensivmedizinische Behandlung. Weitere Therapie bei Komplikationen oder behandelbarer Grunderkrankung.
Allgemeine Informationen
Definition
- Ein Status epilepticus (SE) ist ein prolongierter epileptischer Anfall und ein potenziell lebensbedrohlicher Notfall.1-4
- Die meisten epileptischen Anfälle sind selbstlimitierend, jedoch kann jede Form in einen Status epilepticus übergehen.1,3
- Klassifikation anhand Semiologie (motorische Symptome, Bewusstseinsstörung), Ätiologie, EEG und Alter1
- Nur bei etwa 50 % der Betroffenen ist eine Epilepsie vorbekannt.3,5
- Definition des Status epilepticus entsprechend der DGN-Leitlinie1-2,4
- jeder epileptische Anfall mit Dauer > 5 min
- ≥ 2 aufeinanderfolgende Anfälle ohne Wiedererlangen des Ausgangszustands
- Definition des epileptischen Anfalls1
- vorübergehendes Auftreten von (subjektiven) Zeichen und/oder (objektivierbaren) Symptomen
- aufgrund einer anomal exzessiven und/oder synchronisierten neuronalen Aktivität im Gehirn
- Siehe auch Epilepsie bei Erwachsenen und Epilepsie bei Kindern.
- Jeder Status epilepticus soll akut antiepileptisch behandelt werden.1
- Die Mortalität liegt bei Erwachsenen bei durchschnittlich 15,9 %.1,3
Häufigkeit
- In Europa liegt die Inzidenz bei 10–30 pro 100.000 Einw.3,5-6
- In Deutschland etwa 14.000 Fälle mit Status epilepticus pro Jahr mit etwa 1.300 Todesfällen5
Ätiologie und Pathogenese
Klassifikation
- Klassifikation des Status epilepticus anhand der ILAE-Klassifikation von 2015 in 4 Achsen1-2,7
- nicht immer kongruent mit Terminologie von epileptischen Anfällen der ILAE von 20171
- Achse 1: Semiologie (klinische Zeichen eines Anfalls)1-2
- An- und Abwesenheit von prominenten motorischen Zeichen
- konvulsiver Status epilepticus: relevante motorische Zeichen
- nonkonvulsiver Status epilepticus: keine relevanten motorischen Zeichen
- Vorhandensein und ggf. Ausmaß einer qualitativen und quantitativen Bewusstseinsstörung
- obligat bei generalisiertem Status epilepticus
- bei der fokalen Form fakultativ
- An- und Abwesenheit von prominenten motorischen Zeichen
- Achse 2: Ätiologie1-2
- strukturell
- metabolisch
- infektiös
- immunvermittelt
- unbekannt
- Achse 3: EEG-Korrelate1-2
- generalisierte periodische Muster im Status epilepticus
- bei Patient*innen im Koma mit V. a. nonkonvulsiven Status epilepticus
- elektroenzephalografische Salzburg-Kriterien zur Unterstützung der Diagnose
- Abzugrenzen von EEG-Mustern bei Enzephalopathien.
- Achse 4: Alter1-2
- Neugeborene (0–30 Tage)
- Kleinkinder (> 1 Monat bis 2 Jahre)
- Kindheit (> 2 bis 12 Jahre)
- Jugend und Erwachsenenalter (> 12 bis 59 Jahre)
- höheres Lebensalter (> 60 Jahre)
- Klassifikation anhand des Therapieansprechens1
- refraktärer Status epilepticus
- anhaltend nach Benzodiazepin und klassischem Antiepileptikum
- superrefraktärer Status epilepticus
- anhaltend nach kontinuierlich applizierten Anästhetika
- refraktärer Status epilepticus
Ätiologie
- Bei etwa der Hälfte der Betroffenen ist keine Epilepsie vorbekannt.3,5
- oft akute symptomatische Ätiologie bei ZNS-Läsionen (z. B. Schlaganfall, Enzephalitis)8
- Absinken des Antiepileptikaspiegels bei bekannter Epilepsie3-4,9-10
- z. B. Einnahmefehler, Medikamentenincompliance, Wechselwirkung
- Strukturelle Läsionen des ZNS1,3-4,9
- akute ZNS-Erkrankung
- zerebrovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfälle (häufig)
- hypoxische Hirnschädigung
- Meningitis oder Enzephalitis
- Schädel-Hirn-Trauma (selten)
- subakute/chronische ZNS-Erkrankungen
- neurodegenerative wie Alzheimer-Erkrankung
- multiple Sklerose
- intrakranielle Tumoren
- akute ZNS-Erkrankung
- Metabolische Störungen3-4
- Elektrolytentgleisungen (Hyponatriämie, Hypokalzämie)
- Blutzuckerentgleisungen
- Störungen des Säure-Basen-Haushalts
- Alkoholentzug und -intoxikation
- Drogenentzug oder -intoxikation
- Systemische Infektionen und Sepsis1,3-4
- Erstmanifestation einer idiopathischen Epilepsie
Pathophysiologie
- Pathophysiologie des Status epilepticus zu großen Teilen noch ungeklärt3
- Dysregulation der neuronalen Aktivität im Gehirn mit Hyperexzitabilität3-4
- Versagen der GABAergen Inhibition
- Dysregulation der glutamatergen Exzitation
- Führt zur Freisetzung exzitatorischer Aminosäuren.
- Kalzium-Einstrom in die Nervenzelle mit möglicher Zellschädigung
- Zunahme der metabolischen Aktivität im Gehirn4
- darauf folgend Zunahme des zerebralen Blutflusses
- Kann ein vasogenes Hirnödem verursachen.
- Auswirkungen auf den gesamten Körper4
- Folgen exzessiver Muskelaktivität
- Frakturen (z. B. Wirbelsäulenfraktur durch Anspannung der Rückenmuskulatur)
- metabolische Azidose (Laktatazidose)
- Hyperthermie
- CK-Anstieg bis zur Rhabdomyolyse
- respiratorische Insuffizienz mit möglicher Zyanose und Hypoxie
- Katecholaminausschüttung
- hypertensive Entgleisung
- Herzinsuffizienz
- Herzrhythmusstörungen
- Folgen exzessiver Muskelaktivität
ICPC-2
- N88 Epilepsie
ICD-10
- G41 Status epilepticus
- G41.0 Grand-Mal-Status
- G41.1 Petit-Mal-Status
- G41.2 Status epilepticus mit komplexfokalen Anfällen
- G41.8 Sonstiger Status epilepticus
- G41.9 Status epilepticus, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Diagnose eines SE basiert auf dem Zusammenspiel von Anamnese, klinischen Befunden und iktalem EEG.1
- Diagnose des Status epilepticus bei1
- jedem epileptischem Anfall mit > 5 min Dauer
- einer Serie epileptischer Anfälle ohne Wiedererlangen des präiktalen neurologischen Ausgangsstatus.
- Bei konvulsiven Statusformen in 1. Linie klinische Diagnose1
- Klassifikation entsprechend ILAE-Vorschlag von 2015 auf der Basis von:1
- Semiologie (V. a. motorische Symptome und Grad der Bewusstseinsstörung)
- Ätiologie
- EEG
- Alter.
- EEG-Diagnostik1
- bei V. a. nonkonvulsive Statusformen
- Abgrenzung zu psychogenem Status
- ggf. Wiederholung und/oder EEG-Monitoring
- Abklärung der Ätiologie1
- zerebrale Bildgebung (cCT/cMRT)
- Labordiagnostik
- ggf. weitere apparative Diagnostik
Differenzialdiagnosen
- Status nicht-epileptischer psychogener/dissoziativer Anfälle1,4
- relevanteste Differenzialdiagnose1
- klinisch in manchen Fällen nicht sicher unterscheidbar1,3,11
- Die Dauer nicht-epileptischer Anfälle ist in der Regel länger als die epileptischer Anfälle.
- Cave: häufige Komorbidität!
- Siehe auch Dissoziative Störungen.
- Strecksynergismen oder Beuge-Streck-Synergismen1,4
- im Rahmen eines Einklemmungssyndroms oder bei Dezerebration/Dekortikation
- Hypoxische Enzephalopathie1,4
- z. B. nach Herz-Lungen-Wiederbelebung
- klinisch durch Koma gekennzeichnet
- ggf. generalisierte, rhythmische oder periodische epilepsietypische Potenziale im EEG
- Metabolische oder toxische Enzephalopathie1,4
- z. B. urämische, septische oder hepatische Enzephalopathie
- Vigilanzminderung, ggf. mit stimulussensitiven Myoklonien
- auch Tremor und Asterixis möglich
- Tetanus1,4
- Epileptischer Anfall (< 5 min Dauer)
- Fieberkrampf bei Kindern
Anamnese
- Beginn des epileptischen Anfalls
- bei non-konvulsivem Status epilepticus Beginn der Bewusstlosigkeit bzw. Bewusstseinsstörung
- Motorische Zeichen des Anfalls
- z. B. Kloni, Tonuserhöhung
- Lateralisierung als Hinweis auf den epileptogenen Fokus
- Begleitsymptome (vor Beginn des Status epilepticus)
- z. B. Fieber oder akute Paresen
- Vorerkrankungen (insbesondere hinsichtlich Epilepsie)
- Medikamentenanamnese1,4
- Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum1
- Fremdanamnestische Angaben sind von entscheidender Bedeutung.
Klinische Untersuchung
- Grad der Bewusstseinsstörung
- Somnolenz, Sopor, Koma
- Allgemeine körperliche Untersuchung mit Zeichen eines stattgehabten Anfalls
- (lateraler) Zungenbiss
- Enuresis, Enkopresis
- Neurologischer Status soweit bei Bewusstseinsstörung möglich
- Der Status generalisierter tonisch-klonischer Anfälle wird klinisch diagnostiziert.1
- Beim nonkonvulsiven Status epilepticus klinischer Erstverdacht wichtig1
- Hauptsymptom Bewusstlosigkeit/Bewusstseinsstörung
- oft diskrete, fluktuierende, leicht zu übersehene klinische Symptome
- z. B. myoklonische Entäußerungen der M. orbicularis oculi bzw. distaler Extremitätenmuskeln oder Verhaltensauffälligkeiten
- Klinische Hinweise auf einen psychogenen, nicht epileptischen Status1,11-12
- Beginn oder Ende sehr allmählich, Dauer in der Regel länger
- geschlossene Augen, forcierter Augenschluss während des Anfalls
- Modifizierbarkeit durch eine untersuchende Person (z. B. Abwendung)
- Interaktion mit der untersuchenden Person trotz bilateraler mot. Aktivität
- motorische Zeichen1,11
- diskontinuierliche, irreguläre oder asynchrone Bewegungen mit wechselnder Intensität und wechselnder Seitenbetonung
- Kopfschütteln, Hin- und Herwerfen des Kopfes
- Vorschieben des Beckens
- ruckartige und stoßende Beckenbewegungen („Pelvic Thrusting")
- Starke Rückwärtsneigung des Kopfes und Überstreckung von Rumpf und Extremitäten (Opisthotonus, „Arc de Cercle")
- Pseudoschlaf
- länger anhaltende Areaktivität mit geschlossenen Augen
- keine Erweckbarkeit durch äußere Stimuli
- EEG ohne Erreichen eines Schlafstadiums
Ergänzende Untersuchungen im Krankenhaus
Labordiagnostik
- Laboruntersuchungen zu Beginn eines SE sollen beinhalten:1
- Blutbild, Elektrolyte (Na, K, Ca, Mg), CK, Glukose
- Leberfunktions- und Nierenretentionswerte, Schilddrüsenhormone
- toxikologische Untersuchung (ggf. auch im Urin)
- Alkohol, Kokain, Amphetamine und künstliche Derivate
- Entzündungsparameter (z. B. CRP) sowie bei Fieber mikrobiologische Untersuchungen (ggf. auch im Liquor)
- Serumkonzentrationen der verschriebenen Antiepileptika (bei bekannter Epilepsie)
- Blutgasanalyse
- Ggf. Lumbalpunktion inkl. Liquordiagnostik
- Bei therapierefraktärem SE sollten seltenere Ursachen gesucht werden.1,4,13
- z. B. rheumatologische, paraneoplastische, autoimmune oder angeborene Erkrankungen
Elektroenzephalographie (EEG)
- Spezifische technische Untersuchungsmethode für Epilepsie
- zur Primärdiagnostik und zur Therapiekontrolle bei SE1
- Die typischen EEG-Muster des SE sind abzugrenzen von EEG-Mustern bei Enzephalopathien.
- Die Sensitivität kann durch längere Aufzeichnungszeiten und häufiges Wiederholen erhöht werden.
- Es existieren EEG-Kriterien für das Vorliegen eines nonkonvulsiven SE bei Patient*innen im Koma („Salzburg-Kriterien“).1,14
- Im EEG eines Status psychogener Anfälle gibt es im Gegensatz zum SE keine epileptischen Anfallsmuster.1
Bildgebende Diagnostik
- In der Akutsituation zerebrale Bildgebung bei neu aufgetretenem SE1
- CT des Schädels, alternativ MRT (wenn verfügbar)
- Im Verlauf soll bei weiterhin unklarer Ätiologie ein MRT erfolgen.
- Ziel: Detektion symptomatischer und ggf. behandelbarer Ursachen
- Im MRT sind ggf. typische Veränderungen bei Status epilepticus nachweisbar.1
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
- Der Status epilepticus ist ein lebensbedrohlicher Notfall und erfordert eine umgehende Krankenhauseinweisung.
Therapie
Therapieziele
- Den Status epilepticus durchbrechen.
- Die klinische und elektroenzephalografische Anfallsaktivität beenden.
- Die ursächliche Erkrankung erkennen und behandeln.
- Komplikationen vermeiden.
Allgemeines zur Therapie
- Therapie entsprechend eines Stufenschemas abhängig von der Phase1,4,10,15
- Therapie der Stufe 1: Benzodiazepine15-18
- Therapie der Stufe 2: Antiepileptika
- Therapie der Stufe 3: Anästhetika
- Siehe auch die Artikel Krampfanfall, Erste Hilfe und Epilepsie.
- Im Kindesalter treten andere Epilepsiesyndrome und verschiedene Statusformen mit anderer Häufigkeit auf.1
- Betreuung durch Neuropädiater*innen und pädiatrische Intensivmediziner*innen
- Siehe auch Artikel Epilepsie bei Kindern.
Leitlinie: Therapie des Status epilepticus nach Stufen1
Prähospitalphase
- Laienhelfer*innen sollten bei V. a. SE immer den Rettungsdienst verständigen.
- ggf. Benzodiazepin als Notfallmedikament durch Laien
- Benzodiazepin als First-Line-Medikament
- Lorazepam i. v. (beste Evidenz)
- alternativ Benzodiazepine auch intramuskulär, bukkal, rektal, intranasal
- nicht i. v. Anwendungsformen sicherer und schneller applizierbar
- Transport in eine neurologische Klinik
Erweiterte prähospitale Maßnahmen und Therapie
- Schutz vor Selbstgefährdung
- Festhalten und Beißkeil sind unnütz und verletzungsträchtig.
- Sicherstellung der Vitalparameter (ABCDE-Schema)
- Pulsoxymetrie, Blutdrucküberwachung, EKG
- Kopf vor Verletzung schützen.
- Wenn möglich, Legen mindestens eines stabilen, anfallsungefährdeten i. v. Zugangs
- Gabe von Thiamin 100 mg i. v. bei V. a. alkoholassoziierten SE
- Gabe von Glukose 40 % i. v. bei V. a. oder bei nachgewiesener Hypoglykämie
- O2-Gabe bei SpO2 < 95 % (via Maske, ggf. Intubation und Beatmung)
- Intubationsbereitschaft und Intensivüberwachung im Zielkrankenhaus
- Antikonvulsive Therapie (siehe Stufenschema)
Therapie der Stufe 1
- Benzodiazepine sind die Therapie der 1. Wahl.
- Lorazepam i. v.
- Dosierung 0,1 mg/kg, max. 4 mg/Bolusgabe
- Ggf. nach 5 min 1 x wiederholen.
- Midazolam intramuskulär oder intranasal
- Dosierung 10 mg für > 40 kg, 5 mg für 13–40 kg, Einzelgabe
- Clonazepam i. v.
- Dosierung 0,015 mg/kg, max. 1 mg (langsame Injektion)
- Ggf. 1 x wiederholen.
- Diazepam i. v.
- Dosierung 0,15–0,2 mg/kg/Gabe, max. 10 mg/Gabe
- Ggf. nach 5 min 1 x wiederholen.
- Lorazepam i. v.
- Diazepam rektal (0,2–0,5 mg/kg, max. 20 mg/Gabe, Einzelgabe) oder
Midazolam bukkal können bei fehlendem i. v. Zugang alternativ zu
Midazolam i. n. oder i. m. angewendet werden.
Therapie der Stufe 2
- Bei Unwirksamkeit einer adäquaten Dosis des initialen Benzodiazepins innerhalb der letzten 30 min
- fakultativ auch zur Sicherung des Therapieerfolgs bei durchbrochenem SE
- Antiepileptika mit derzeit bester Evidenz sind die Therapie der 1. Wahl.19
- Levetiracetam (LEV) i. v.
- Dosierung 30 mg/kg i. v., max. 500 mg/min
- Ggf. nach 10 min wiederholen.
- kumulativ max. 4.500 mg
- Valproat (VPA) i. v.
- Dosierung 20 mg/kg, max. 10 mg/kg/min
- Ggf. nach 10 min wiederholen.
- kumulativ max. 3.000 mg
- Weiterbehandlung mit Valproatspiegel von 100–120 μg/ml
- Fosphenytoin i. v.
- in Deutschland und Österreich zugelassen, aber nicht vermarktet
- Levetiracetam (LEV) i. v.
Therapie der Stufe 3
- Situation des therapierefraktären Status epilepticus
- Ziel: Akute systemische Komplikationen und chronische neuronale Schädigungen verhindern.
- Bei Einleitung oder Eskalation einer intensivmedizinischen Therapie sollten der Patientenwille und das Vorliegen einer Patientenverfügung beachtet werden.
- Anästhetika i. v. als Therapie der 1. Wahl
- Behandlung so rasch als möglich (< 48 h nach Symptombeginn)
- eingesetzte Substanzen
- Midazolam
- Propofol
- Thiopental
- Evidenzniveau für die Behandlung mit Anästhetika niedrig
- Indikation zur Sicherung der Atemwege mittels Intubation
- Drei Strategien der Therapieintensität
- EEG-dokumentierte Unterdrückung der Anfallsaktivität
- Induktion einer Burst-Suppression-Aktivität
- Induktion einer isoelektrischen EEG-Kurve
Therapie der Stufe 4
- Situation des superrefraktären Status epilepticus
- anhaltende oder zeitnah wieder einsetzende klinische und/oder elektroenzephalografische Anfallsaktivität nach Therapie mit Anästhetika
- Empfehlungen für therapeutische Ansätze mit sehr niedriger Evidenz
- Barbiturate
- Ketamin
- Inhalationsanästhetika (Isofluran)
- enterale Applikation „klassischer" Antiepileptika
- z. B. Perampanel und Topiramat
- Nicht pharmakologische Interventionen
- ketogene Diät
- Epilepsiechirurgie
- elektrokonvulsive Therapie (in Einzelfällen)
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Vasogenes Hirnödem1,4,20
- Dauerhafte neuronale Schädigung
- Frakturen durch exzessive Muskelaktivität4
- Rhabdomyolyse4
- Hyperthermie
- Herzrhythmusstörungen und hypertensive Entgleisung (durch Katecholaminausschüttung)4
- Hypoxie und respiratorische Azidose4
- (Aspirations-)Pneumonie1,4
Prognose
- Mortalität eines Status epilepticus liegt zwischen 3 % und 39 %.1
- Faktoren, die mit einer erhöhten Mortalität einhergehen:1,3,10
- Abschätzung der Prognose mittels Risikoscores1,3,21
- „Status Epilepticus Severity Score“ (STESS)
- Grad der Bewusstseinsstörung
- Art der Anfallsaktivität
- Alter
- Vorgeschichte epileptischer Anfälle
- „Epidemiology based Mortality Score in Status Epilepticus" (EMSE)21
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
- Epilepsie
- Epilepsie, Ursachen
- Epilepsie, Diagnostik
- Welche Formen der Epilepsie gibt es?
- Epilepsie, Empfehlungen für Patienten
- Hilfe bei einem akuten epileptischen Anfall
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Status epilepticus im Erwachsenenalter. AWMF-Leitlinie Nr. 030-079. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter. AWMF-Leitlinie Nr. 030-041. S1, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Status epilepticus im Erwachsenenalter. AWMF Leitlinie 030-079. Stand 2020. www.awmf.org
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Autor*innen
- Jonas Klaus, Arzt,, Freiburg im Breisgau
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).