Impingement-Syndrom am Sprunggelenk, ventral

Zusammenfassung

  • Definition:Schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Sprunggelenks durch Einklemmung weichteiliger und/oder knöcherner Strukturen.
  • Häufigkeit:Häufige Ursache für schmerzhafte Bewegungseinschränkungen des Sprunggelenks bei jungen, sportlich aktiven Menschen, insbesondere beim Fußball und Tanzen.
  • Symptome:Belastungsabhängige Schmerzen am ventralen Sprunggelenk bei Dorsalextension.
  • Befunde:Druckschmerz über der Region der Einklemmung. Dorsalextension endgradig schmerzhaft.
  • Diagnostik:Bildgebung abhängig von der vermuteten Ursache: Sonografie und MRT bei weichteiliger oder gelenkkörperassoziierter Ursache, Röntgen bei ossärer Ursache.
  • Therapie:Initial konservativer Behandlungsversuch, u. a. mit Sportkarenz, Physiotherapie, NSAR und Gelenkinfiltration. Bei Beschwerdepersistenz arthroskopische Resektion der einklemmenden Strukturen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Synonyme: Soccer's Ankle, Athlet's Ankle, Dancer's Ankle1
  • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Sprunggelenks durch Einklemmung weichteiliger und/oder knöcherner/gelenkkörperassoziierter Strukturen1-2

Häufigkeit

  • Häufige Ursache für schmerzhafte Bewegungseinschränkungen des Sprunggelenks bei jungen, sportlich aktiven Menschen1
  • Cave: Bei radiologischen Untersuchungen von Fußballer*innen besteht ein knöchernes Impingement in 60 % der Fälle, das jedoch größtenteils asymptomatisch ist.1

Ätiologie und Pathogenese

  • In den meisten Fällen handelt es sich um eine Kombination aus einem ossären und weichteiligen/gelenkkörperassoziierten Impingement.1
  • Weichteiliges Impingement 
    • Tritt insbesondere im Rahmen wiederholter Mikrotraumata bei chronischer Instabilität auf.3
    • Bei den Weichteilstrukturen handelt es sich um hypertroph entzündliches synoviales Gewebe, ligamentäre Bandanteile nach Partial- oder Komplettrupturen, hypertrophes posttraumatisches oder postoperatives Narbengewebe – oder eine Kombination aus den genannten Faktoren.1
    • Eine Hypertrophie des Bassett-Ligaments (inferiorer Anteil der Syndesmose) kann ebenfalls ein Impingement verursachen.4
  • Knöchernes Impingement
    • Repetitive Belastungen und Traumata (meist sportlich bedingt) des oberen Sprunggelenks induzieren vermutlich eine fibrokartilaginäre und knöchern-proliferative Reparatur an der ventralen Tibiakante und dem Talushals, die mit Vernarbungen und Einlagerung von Kalk einhergehen.1
  • Gelenkkörperassoziiertes Impingement
    • Neben abgesprengten Knorpel­- oder Knochenflakes und knöchernen Bandausrissen kann auch eine osteochondrale Läsion des Talus mit ausgebildeter Gelenkmaus ursächlich sein.2

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • L81 Verletzung muskuloskelettal

ICD-10

  • M24.87 Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen, anderenorts nicht klassifiziert: Knöchel und Fuß (Fußwurzel, Mittelfuß, Zehen, Sprunggelenk, sonstige Gelenke des Fußes)

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose wird anhand der typischen Anamnese und klinischen Befunde gestellt.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Typische Patient*innen: jung, sportlich aktiv (u. a. Fußball, Tanzen, Tennis)
  • Belastungsabhängige umschriebene Schmerzen und ggf. Schwellung am ventralen Sprunggelenk, insbesondere bei repetitiver Dorsalextension
  • Oft wiederholte Supinationstraumata in Vorgeschichte
  • Die Art der Bewegungseinschränkung erlaubt Rückschlüsse auf die Ursache.
    • dauerhafte, endgradige Bewegungseinschränkung: ossär
    • rein subjektives Einklemmungsgefühl: weichteilig
    • intermittierende Blockierung: gelenkkörperassoziiert

Klinische Untersuchung

  • Inspektion
    • oft unauffällig, nach Belastung ggfs. Schwellung des Sprunggelenks
  • Palpation
    • lokaler Palpationsschmerz im Bereich der Einklemmung1
  • Funktionstest
    • Überprüfung von Bewegungsausmaß und Stabilität der Sprunggelenke im Seitenvergleich4
      • Beim ventralen Impingement ist die Dorsalextension schmerzhaft und ggf. eingeschränkt mit hartem Anschlag (knöchernes Impingement).
      • Die Überprüfung der Stabilität umfasst u. a. den Talusvorschub und die laterale Aufklappbarkeit.

Weitere Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Bildgebung abhängig von vermuteter Ursache1
    • Weichteilimpingement
      • Oft falsch-negative Befunde in der Bildgebung, sodass Klinik und körperliche Untersuchung führend für die Diagnosestellung sind.2
      • Sonografie: Die Darstellung von Bandverletzungen ist möglich; jedoch sind belastbare Aussagen bzgl. der Diagnose meist nur in Kombination mit einer anderen Bildgebung möglich.
      • MRT: Darstellung von Synovia, Ligamenten und Knorpel
    • ossäres Impingement
      • Röntgenaufnahme des OSG in zwei Ebenen (a. p. und lateral): Darstellung von Osteophyten
    • gelenkkörperassoziiertes Impingement
      • MRT: Gelenkkörper in der Regel gut abgrenzbar

Indikationen zur Überweisung

  • Weichteilimpingement
    • Ein konservativer Therapieversuch ist in der Hausarztpraxis möglich.
    • bei therapierefraktären Beschwerden Überweisung an eine orthopädische Praxis
  • Ossäres und gelenkkörperassoziiertes Impingement
    • Mechanisches Problem, das oft nur chirurgisch gelöst werden kann.
    • Überweisung an fußchirurgisch tätige orthopädische/unfallchirurgische Praxis sinnvoll

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzen lindern.
  • Das Bewegungsausmaß verbessern.
  • Eine sekundäre Arthrose verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Initial ist ein konservativer Therapieversuch gerechtfertigt.2
  • Bei unzureichendem Therapieerfolg operative Sanierung des Impingements im Rahmen einer Arthroskopie des OSG2

Konservative Therapie

  • Verschiedene Therapiemaßnahmen, die in Kombination eingesetzt werden.1-2
  • Sportkarenz
    • in akuter Phase Schonung
  • Physiotherapie
    • u. a. Stärkung der sprunggelenkstabilisierenden Muskulatur zur Beseitigung von Instabilitäten und Harmonisierung der Bewegungsabläufe
  • Gabe nichtsteroidaler Antirheumatika
    • z. B. Ibuprofen 400 mg 1–1–1 für 4 Tage
    • Vor allem die akute Synovitis nach Trauma oder Überlastung zeigt hier eine gute Zugänglichkeit.
  • Gelenkinfiltrationen
    • Kombination aus Glukokortikoid und Lokalanästhetikum

Operative Therapie

  • Standard-OP: arthroskopische Beseitigung der einklemmenden Strukturen1-2
    • Entfernung freier Gelenkkörper
    • Abschliff von Exophyten
    • umfassende Synovektomie
  • Nach der Operation ist in der Regel eine schnelle Belastung des Sprunggelenks möglich.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Unbehandelt kommt es zu chronischen Schmerzen im Sprunggelenk mit Bewegungseinschränkungen bei der Dorsalextension.

Komplikationen

  • Chronische Schmerzen
  • Sekundäre Arthrose des Sprunggelenks
  • Komplikationsrate bei Arthroskopie ca. 3 %2
    • vorrangig Infektionen und Verletzung der oberflächlichen Nerven

Prognose

  • Vor allem das Weichteilimpingement spricht gut auf eine konservative Therapie an, während beim ossären/gelenkkörperassoziierten Impingement in der Regel eine Operation notwendig wird.1
  • Hoher Erfolg der arthroskopischen Therapie und frühzeitige Rückkehr zur alltäglichen bzw. sportlichen Aktivität bis hin zum professionellen Level1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Fußknochen von lateral.jpg
Fußknochen von lateral
Ligamentum-calcaneofibulare.jpg
Bandapparat Sprunggelenk, von hinten
Lateraler Bandapparat Sprunggelenk (Lig. talofibulare posterius nicht abgebildet)
Lateraler Bandapparat Sprunggelenk (Lig. talofibulare posterius nicht abgebildet)
Medialer Bandapparat Sprunggelenk
Medialer Bandapparat Sprunggelenk

Quellen

Literatur

  1. Best R, Ahrens P. Impingement-Syndrom des oberen Sprunggelenks. Arthroskopie 2018; 31: 134-40. link.springer.com
  2. Buchhorn T, Koch M, Weber J, et al. Impingement des oberen Sprunggelenks. Der Unfallchirurg 2016; 119(2): 115-19. www.springermedizin.de
  3. Seifarth A. Anatomie und Pathologie der Bänder im oberen und unteren Sprunggelenk. Arthroskopie 2019; 32: 125-32. link.springer.com
  4. Viehöfer A, Mauch M, Krähenbühl N. Instabilität des oberen Sprunggelenks. Arthroskopie 2023. link.springer.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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