Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2
Red Flags |
Abwendbar gefährlicher Verlauf |
Fieber > 38,5 °C, Schüttelfrost, ggf. akuter Verwirrtheitszustand Z. n. Gelenkpunktionen, Operationen am Sprunggelenk |
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Trauma mit
|
Fraktur, Hämarthros, Hydrops, Gefäßverletzung, Nervenschädigung oder Nervenkompression |
Entzündungszeichen:
|
septische Arthritis, Osteomyelitis, Tumor |
Bewegungseinschränkung, Blockierungsgefühl |
Hämarthros, Hydrops, Osteochondrosis dissecans |
Intravenöser Drogenabusus |
|
Hämophilie |
Hämarthros |
Allgemeine Informationen
- Der vorliegende Artikel befasst sich mit Schmerzen im Sprunggelenk, die oftmals auf einer Überlastung beruhen.3
- Als Ursache für Fuß- und Sprunggelenkarthralgien kommen Schäden am Skelett (Fraktur), Bändern (Dehnung, Ruptur), Muskeln, Sehnen (Tendinopathien) oder Faszien infrage.
- Für Sprunggelenksschmerzen nach einem Trauma siehe Artikel Akute Sprunggelenksverletzung.
Klinische Anatomie
- Oberes Sprunggelenk (OSG)
- Articulatio talocruralis
- knöcherne Verbindung zwischen Malleolengabel (aus distaler Fibula und Tibia) und Talus
- Beweglichkeit
- Plantarflexion und Dorsalextension
- Unteres Sprunggelenk (USG)
- Articulatio talotarsalis aus 2 Kammern
- vorderes unteres Sprunggelenk
- Articulatio talocalcaneonavicularis
- hinteres unteres Sprunggelenk
- Articulatio subtalaris/talocalcanearis
- vorderes unteres Sprunggelenk
- Die Kammern sind durch das Ligamentum talocalcaneum interosseum voneinander getrennt.
- Beweglichkeit
- Eversion (Anheben des lateralen Fußrandes) und Inversion (Anheben des medialen Fußrandes)
- Articulatio talotarsalis aus 2 Kammern
- Muskulatur
- Die Muskeln zur Bewegung des Sprunggelenks verlaufen über den Talus, an den allerdings keine der Sehnen ansetzt.
- Unterteilung in Flexoren, Extensoren und Peronealmuskulatur (Eversion)
- Sehnenscheiden
- Aufgrund der langen, zum Teil kreuzweise durchflochtenen Sehnen befinden sich rund um das Sprunggelenk zahlreiche Sehnenscheiden und Schleimbeutel.
- prädisponiert für Tendinitiden und Tendovaginitiden
- Aufgrund der langen, zum Teil kreuzweise durchflochtenen Sehnen befinden sich rund um das Sprunggelenk zahlreiche Sehnenscheiden und Schleimbeutel.
- Nervenengstellen
- Fibulaköpfchen, wo der Nervus fibularis communis oberflächlich verläuft.
- Tarsaltunnel, der hinter und unter dem Innenknöchel verläuft, mit N. tibialis.
Häufigkeit
- Die Prävalenz von Sprunggelenkschmerzen liegt bei Erwachsenen etwa bei 12 %.4
Risikofaktoren
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.5
- Schlecht sitzende Schuhe
- Fortgeschrittenes Alter
- Hoher BMI
- Hoher beruflicher Stress
Diagnostische Überlegungen
- Häufigste Ursachen
- Trauma
- Überbelastung – neue Sportart, Trainingssteigerung
- Frühere Sprunggelenksdistorsion: chronische Instabilität
- Tiefsitzende Schmerzen im Sprunggelenk: intraartikuläre Pathologie
- Arthrose
- Knorpelschäden
- Verletzungsunabhängige Schwellung
- rheumatische Erkrankung
- Gicht
- Arthrose
Abwendbar gefährliche Verläufe
ICPC-2
- L16 Sprunggelenkssympt./-beschwerden
ICD-10
- M65 Synovitis und Tenosynovitis
- M67 Sonstige Krankheiten der Synovialis und der Sehnen
- M70 Krankheiten des Weichteilgewebes im Zusammenhang mit Beanspruchung, Überbeanspruchung und Druck
- M79.97 Krankheit des Weichteilgewebes, nicht näher bezeichnet : Knöchel und Fuß
Differenzialdiagnosen
Chronische Instabilität des Sprunggelenks
- Siehe Artikel Sprunggelenk, Instabilität.
- Ursachen
- rezidivierende Distorsionen
- funktionell: reduzierte Propriozeption
- schlechtere Ansteuerung der Peroneusgruppe (laterale muskuläre Stabilisatoren des Sprunggelenks)
- mechanisch: unverheilte bzw. überdehnte Kollateralbänder
- funktionell: reduzierte Propriozeption
- rezidivierende Distorsionen
- Häufigkeit
- relativ häufig, vor allem bei Sportlern
- Symptome und Beschwerdebilder
- Instabilitätsgefühl
- wiederholtes Stolpern oder Traumata
- Schmerzen
- Klinischer Befund
- mechanische Instabilität
- positiver ventraler Schubladentest (Talusvorschub)
- positiver lateraler Tilt (Taluskippung)
- funktionelle Instabilität
- Gleichgewichtstest, Balanceübungen auf Wackelbrett
- mechanische Instabilität
- Andere Untersuchungen
- ggf. gehaltene Röntgenaufnahmen
- Hinweis auf mechanische Instabilität
- ggf. MRT
- Darstellung des Bandapparats
- ggf. gehaltene Röntgenaufnahmen
Osteochondrale Verletzungen
- Siehe Artikel Knorpelschäden im Sprunggelenk.
- Ursachen
- frühere oder rezidivierende Sprunggelenksdistorsionen
- vor allem bei hochenergetischen Traumata
- schnelles Rennen oder Landung nach hohem Sprung
- Häufigkeit
- bei etwa 6 % aller Sprunggelenksdistorsionen6
- Symptome und Beschwerdebilder
- Anhaltende oder rezidivierende Schmerzen, die einige Zeit nach der eigentlichen Verletzung des Sprunggelenks auftreten.
- Klinischer Befund
- evtl. Steifheit und Blockaden (bei freiem Gelenkkörper)
- Andere Untersuchungen
- Darstellung mittels CT (knöcherne Fragestellung) oder MRT (Knorpel, Bänder)
Osteochondrosis dissecans
- Ablösung eines Stücks Gelenkknorpel
- Ursachen
- genetische Faktoren, Ischämie und Trauma7
- Häufigkeit
- relativ selten
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerzen, Steifheit, Einklemmungserscheinungen („Klicken“, Blockade)
- Klinischer Befund
- ggf. Druckschmerz über der verletzten Stelle auslösbar
- Häufig ist die mediale Talusschulter betroffen, in Plantarflexion besser palpierbar.
- ggf. Druckschmerz über der verletzten Stelle auslösbar
- Andere Untersuchungen
- Röntgen
- Bei 1/3 aller Patient*innen ist der Befund anfangs allerdings negativ.
- MRT
- Röntgen
- Therapie
- konservativer Therapieversuch
- bei Beschwerdepersistenz Arthroskopie
Synovitis des Sprunggelenks
- Ursachen
- Komplikation nach Blutungen
- ligamentäre Instabilität
- Häufigkeit
- relativ häufig
- Symptome und Beschwerdebilder
- Belastungsschmerz, der sowohl lateral, medial, ventral oder dorsal auftreten kann.
- Klinischer Befund
- Palpationsschmerz an der betroffenen Stelle
- Schwellung, lokale Überwärmung, Bewegungseinschränkung
- Andere Untersuchungen
- evtl. MRT und Arthroskopie
Arthritis
- Ursachen
- Folgeerscheinung bei systemischen Erkrankungen, z. B. rheumatoide Arthritis (RA)
- Häufigkeit
- im Sprunggelenk weniger häufig
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerzen, Schwellung, Funktionseinschränkung
- oftmals bekannte Grunderkrankung
- Klinischer Befund
- Schmerzen, Schwellung, lokale Überwärmung, Bewegungseinschränkung
- Andere Untersuchungen
- Blutuntersuchungen
- Aspiration von Gelenkflüssigkeit für mikroskopische Untersuchungen
- Röntgen
Ermüdungsfraktur
- Siehe Artikel Stressfraktur.
- Ursachen
- Überlastungsschaden
- Häufigkeit
- eher selten; vermehrt bei Sportarten mit hoher Belastung der Füße (Lauf- und Sprungsport)
- Frakturen des Os naviculare sind häufiger als Frakturen des Talus.
- Symptome und Beschwerdebilder
- belastungsabhängige Schmerzen
- Klinischer Befund
- lokaler Palpationsschmerz
- Andere Untersuchungen
- MRT oder Szintigrafie
Sinus-tarsi-Syndrom
- Siehe Artikel Sinus-tarsi-Syndrom.
- Einengung des Sinus tarsi (knöcherner Kanal zwischen Talus und Kalkaneus mit Lig. talocalcaneum interosseum, das Blutgefäße für den Talus führt)
- Ursachen
- Synovitis in den lateralen Bereichen des vorderen Subtalargelenks
- Komplikation nach vorangegangener Sprunggelenksverletzung mit Beteiligung der Subtalarligamente
- Überlastungsschäden aufgrund einer erhöhten subtalaren Pronationstendenz
- Arthritis, z. B. bei RA
- Häufigkeit
- bis zu 14 % aller Patient*innen mit chronischer Sprunggelenksinstabilität8
- Symptome und Beschwerdebilder
- anhaltende Schmerzen an der Außenseite des Sprunggelenks
- Häufig morgens starke Schmerzen, die nach dem Aufwärmen abnehmen.
- Verschlechterung beim Laufen auf weichem Untergrund, z. B. Rasen
- Klinischer Befund
- lokalisierter Schmerz und Palpationsschmerzen über dem Sinus tarsi
- Schmerz tritt häufig in voller Supination/Pronation auf.
- Diagnosesicherung durch Schmerzfreiheit nach Injektion von Lokalanästhetika
- Andere Untersuchungen
- ggf. MRT zum Nachweis entzündlicher Veränderungen im Sinus tarsi
Syndesmosenverletzung
- Ursachen – typischer Verletzungsmechanismus
- Außenrotation des Sprunggelenks in neutraler oder flektierter Stellung (z. B. bei Verdrehen des Fußes im Skischuh)
- Begleitverletzung bei Weber-B und -C-Frakturen des Sprunggelenks
- Häufigkeit
- Selten, sollte bei anhaltenden Schmerzen nach Verletzung des Sprunggelenks aber in Betracht gezogen werden.
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerzen über dem vorderen Syndesmoseband bei Belastung des Sprunggelenks
- Klinischer Befund
- positiver Squeeze-Test
- Kompression des Unterschenkels im mittleren Drittel führt zu distalen Unterschenkelschmerzen im Bereich der Syndesmose.
- Palpationsschmerz
- positiver Squeeze-Test
- Andere Untersuchungen
- Röntgen
- Therapie
- bei stabilem Gelenk konservativ mit Immobilisierung für ca. 6 Wochen
- bei instabilem Gelenk operative Therapie
„Fußballerknöchel“, ventrales Impingement-Syndrom des oberen Sprunggelenks
- Siehe Artikel Impingement-Syndrom am Sprunggelenk, ventral.
- Ursachen
- repetitive starke Plantarflexion beim Treten gegen Ball oder Boden
- Ausbildung ventraler Osteophyten
- repetitive starke Plantarflexion beim Treten gegen Ball oder Boden
- Häufigkeit
- typische Verletzung bei Fußballsportlern
- Symptome und Beschwerdebilder
- chronische Schmerzen und herabgesetzte Funktion des Sprunggelenks
- Schmerzen insbesondere bei maximaler Dorsalextension und in Verbindung mit Start- oder Stoppbewegungen
- chronische Schmerzen und herabgesetzte Funktion des Sprunggelenks
- Klinischer Befund
- Palpationsschmerz
- Schmerzen bei forcierter Dorsalextension
- Andere Untersuchungen
- Im Röntgen (Seitenansicht) sind oftmals knöcherne Anbauten am Collum tali oder ventralen Rand der Tibia sichtbar.
„Tänzerknöchel“, dorsales Impingement-Syndrom des oberen Sprunggelenks
- Siehe Artikel Impingement-Syndrom am Sprunggelenk, dorsal.
- Ursachen
- Einklemmung von knöchernen und/oder weichteiligen Strukturen zwischen dem hinteren Talus und der hinteren unteren Tibia-Gelenkfläche
- Häufigkeit
- insbesondere bei Balletttänzer*innen, aber auch bei Turner*innen und Fußballspieler*innen
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerzen bei Plantarflexion
- Klinischer Befund
- Schmerzauslösung durch forcierte Plantarflexion
- Häufig ist der posterolateral hinter den Peronealsehnen gelegene Bereich schmerzempfindlich.
- Andere Untersuchungen
- Im Röntgen (Seitenansicht) sind oftmals knöcherne Anbauten über dem hinteren Tuberkel oder ein Os trigonum sichtbar.
Verletzung der Peronealsehnen
- Lokalisation
- im lateralen Kompartiment des Unterschenkels
- Funktion
- Unterstützung von Eversion und Plantarflexion
- aktive Stabilisierung des OSG
- Ursachen
- oftmals unzureichende Rehabilitation einer Sprunggelenksdistorsion
- Symptome und Beschwerdebilder
- Klinischer Befund
- Verschlimmerung der Schmerzen bei passiver Inversion/Plantarflexion
- Palpationsschmerz
- Andere Untersuchungen
- Röntgen zum Ausschluss von Knochenanomalien
- ggf. Sonografie oder MRT zur genauen Beurteilung der Sehnen
- Therapie
- normalerweise konservativ durch körperliche Schonung
- Bei partiellen Rupturen oder andauernden, schmerzhaften, rezidivierenden Luxationen kann eine Operation indiziert sein.
Tibialis-posterior-Dysfunktion/-Ruptur
- Siehe Artikel Tendopathie des M. tibialis posterior.
- Ursachen
- Überlastung
- Rupturen beruhen oftmals auf einem akuten Trauma.
- forcierte Pronationsbewegung mit Außenrotation und Dorsalextension (z. B. bei Tritt in ein Loch)
- Häufigkeit
- Rupturen sind sehr selten.
- Schmerzhafte Dysfunktionen sind üblicher.
- Symptome und Beschwerdebilder
- lang anhaltende, dumpfe Schmerzen medial retromalleolär
- Ausstrahlung zum Sehnenansatz am Mittelfuß möglich
- bei Totalruptur Schmerzen im betroffenen Bereich der Sehne
- lang anhaltende, dumpfe Schmerzen medial retromalleolär
- Klinischer Befund
- bei Totalruptur palpabler Defekt
- Probleme beim Zehenstand
- Rückfuß in Valgusposition
- „akuter Plattfuß“
- Andere Untersuchungen
- Röntgen zum Ausschluss einer knöchernen Begleitverletzung
- MRT zur Diagnosesicherung bei Totalruptur (nicht aber bei Dysfunktion)
- alternativ Diagnose mittels Ultraschall möglich
Tarsaltunnelsyndrom
- Siehe Artikel Tarsaltunnelsyndrom.
- Kompression des N. tibialis unter dem Retinaculum flexorum an der Innenseite des Sprunggelenks
- Ursachen
- direkte Verletzung des Nervs
- Einklemmung, z. B. durch Hämatom oder Ganglion
- Häufigkeit
- verhältnismäßig selten
- Gehäuft bei Sportlern oder Menschen, die an Diabetes leiden (periphere Neuropathie).
- verhältnismäßig selten
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerz, Parästhesien, Brennen
- bei Beteiligung der motorischen Äste Paresen der Fußmuskulatur
- Klinischer Befund
- ggf. positives Hoffmann-Tinel-Zeichen hinter dem Innenknöchel
- Neurologische Ausfälle der Fußmuskulatur lassen sich nur schwer diagnostizieren.
- Andere Untersuchungen
- EMG und ENG
- MRT
Arthrose des Sprunggelenks
- Siehe Artikel Sprunggelenksarthrose.
- Ursachen
- häufig nach Frakturen oder schweren Bänderverletzungen des Sprunggelenks
- Häufigkeit
- Zunahme mit Fortschreiten des Lebensalters
- Symptome und Beschwerdebilder
- Schmerzen
- Bewegungseinschränkung
- Schwellneigung
- Klinischer Befund
- Bewegungseinschränkung, insbesondere bei der Dorsalextension
- Andere Untersuchungen
- Röntgen zur Diagnosesicherung
Komplexes regionales Schmerzsyndrom, Reflexdystrophie
- Siehe Artikel Komplexes regionales Schmerzsyndrom.
- Ursachen
- posttraumatisch
- postoperativ
- idiopathisch
- Häufigkeit
- selten
- Symptome und Beschwerdebilder
- Typischerweise kommt es nach der Verletzung erst einmal zu einer Verbesserung, ehe sich die Symptome nach ein paar Wochen oder Monaten plötzlich verschlimmern.
- Zunehmende Schmerzen, Schwellungen, die Haut wird als warm oder kalt empfunden.
- Schmerzen strahlen über den eigentlichen Versorgungsbereich der Nerven hinaus aus und können mitunter das ganze Bein umfassen.
- Klinischer Befund
- dystrophe Veränderungen (z. B. lokales Schwitzen, Veränderungen der Hautfarbe und -temperatur)
- Andere Untersuchungen
- Röntgen zum Nachweis einer Demineralisierung (im fortgeschrittenen Stadium)
Anamnese
- Zeit
- Wann und wie haben die Beschwerden begonnen?
- Wie hat sich der Zustand entwickelt?
- Frühere Sprunggelenksverletzungen?
- Frühere Befunde?
- Therapiemaßnahmen?
- Sport
- Läufer sind besonders anfällig für Stressfrakturen und das Tibialis-posterior-Syndrom.
- Prädisposition für Impingementsyndrome: Fußballspieler*innen, Balletttänzer*innen und Turner*innen
- Spezielle Belastungen?
- Bei der Arbeit, in der Freizeit, beim Sport?
- Häufiges Gehen oder Laufen auf harten Böden?
- Wiederholte und andauernde Belastung, insbesondere auf harten Böden, prädisponiert für Stressfrakturen.
- Schuhe?
- Hängen die Probleme möglicherweise mit bestimmten, bei Arbeit, Freizeit oder Sport verwendeten Schuhen zusammen?
- Lokalisation?
- Kann einen Hinweis auf die infrage kommenden Krankheitszustände geben.
Klinische Untersuchung
Allgemeines
- Sämtliche Untersuchungen des Sprunggelenks sollten auch eine Beurteilung der gesamten Extremität umfassen.
Untersuchung
- Fehlstellungen?
- Genu varum oder valgum?
- Fußgewölbe?
- Calcaneus varus oder valgus?
- Gelenkerguss?
- sowohl ventrale als auch dorsale Schwellung möglich
- Deutet eher auf intraartikuläre Pathologie als auf Tendinopathie hin.
- Muskelatrophie?
Funktionsbeurteilung
- Gehen und Laufen (vor allem bei Sportler*innen)
- Asymmetrien im Gangbild?
- Zehenspitzenstand
- Aufrichtung des Fußgewölbes bei muskulärer Aktivierung?
- Schwäche im Seitenvergleich?
- Hocken ohne Anheben der Fersen vom Boden (tiefe Hocke)
- Bewertung der symmetrischen Beweglichkeit bei Dorsalextension
- Einschränkungen deuten auf verkürzten M. triceps surae/Achillessehne oder ventrales Impingement hin.
- Bewertung der symmetrischen Beweglichkeit bei Dorsalextension
Funktionsdiagnostik
- Jeweils Bewegungsausmaß dokumentieren im Vergleich mit Gegenseite.
- Überprüfung des Bewegungsausmaßes des Sprunggelenks bei Flexion des Kniegelenks
- Passive Dorsalextension und Plantarflexion des Sprunggelenks
- Schmerzen in pronierter Fußstellung bei forcierter Plantarflexion oder Dorsalextension können auf hinteres (Tänzerknöchel) oder vorderes Impingement (Fußballerknöchel) hindeuten.
- Passive Inversion und Eversion
- Mittels Inversion wird in erster Linie die Stabilität des seitlichen Bandapparats getestet, während mittels Eversion die des medialen Bandapparats untersucht wird.
- Normaler Bewegungsumfang
- Dorsalextension 20 Grad
- Plantarflexion 30–50 Grad
- Pronation 15–30 Grad
- Supination 45–60 grad
- Passive Flexion-Extension, Inversion-Eversion und Abduktion-Adduktion der Metatarsalgelenke (Vorfuß)
- Gelenkgicht oder Arthrose können zu Schmerzen und eingeschränkter Mobilität führen.
Palpation
- Zu untersuchende Strukturen
- Außenknöchel, Innenknöchel, Os naviculare, Mittelfußknochen, Sinus tarsi, Peronealsehnen sowie die Sehnen der Mm. tibialis anterior und posterior
- Positives Hoffmann-Tinel-Zeichen
- Ausgelöste Parästhesien durch leichte Perkussion oberhalb des N. tibialis posterior
- Deutet auf Tarsaltunnelsyndrom hin.
Spezifische Diagnostik
Bildgebung
- Anwendung der Ottawa-Regeln zur Evaluation der Notwendigkeit von Röntgenaufnahmen nach Sprunggelenkstrauma
Leitlinie: Evaluation der Notwendigkeit von Röntgenaufnahmen11
- Ottawa Ankle Rules als Algorithmus zur Reduktion der Anzahl von Röntgenaufnahmen
- Bei subtiler klinischer Untersuchung lässt sich mithilfe definierter Kriterien eine Fraktur mit hoher Sicherheit ausschließen, und es kann auf eine Röntgenuntersuchung verzichtet werden:
- fehlende Schmerzen im Außen- oder Innenknöchel
- fehlende Schmerzen im Mittelfuß
- Palpation Basis Os metatarsale V
- Palpation Os naviculare
- fehlende Schmerzen bei Palpation der Hinterkante von Außen- und Innenknöchel
- mindestens 4 schmerzfreie Schritte.
- Bei Schmerzen im Bereich der Malleolarregion
- Röntgen OSG a. p. (20-Grad-Innenrotation = „mortise view“) und seitlich
- Bei Schmerzen im Bereich des Mittelfußes
- Röntgen des Mittelfußes in 2 Ebenen
- Geschätzte Einsparung von Röntgen-Aufnahmen bei Anwendung der Ottawa Regel: 15–40 %.
Stresstest
- Vergleich mit der Gegenseite
- Ventraler Schubladentest (Talusvorschub)
- Fixierung des Unterschenkels
- Ferse umgreifen, ventralen Vorschub untersuchen.
- bei einer Ruptur des Ligamentum talofibulare anterior vermehrter Vorschub
- Lateraler Tilt (Taluskippung)
- Positionierung des Fußes der Patientin/des Patienten in Plantarflexion von 20–30 Grad
- Fuß in leicht supinierte/invertierte Stellung führen.
- bei gleichzeitiger Verletzung des Ligamentum calcaneofibulare vermehrte Supination im Seitenvergleich
Gleichgewichtstest
- Evaluation der propriozeptiven Fähigkeiten
- Patient*in steht auf einem Bein, das andere Bein im Knie um 90 Grad angewinkelt, die Arme verschränkt und den Blick nach vorn gerichtet.
- Normal
- Patient*in steht eine Minute auf einem Bein.
- Nur der Standfuß wird zur Haltungskorrektur genutzt.
- Leicht pathologisch
- Patient*in steht eine Minute auf einem Bein.
- Haltung wird mehrmals mit kreisförmigen Bewegungen korrigiert.
- Auch die Stellung des Sprunggelenks muss korrigiert werden.
- Pathologisch
- Patient*in steht eine Minute auf einem Bein und setzt nur ab und zu das andere Bein auf.
- Fuß kann nicht zur Haltungskorrektur verwenden werden, stattdessen Nutzung des gesamten Körpers.
- Stark pathologisch
- Patient*in kann nicht länger als ein paar Sekunden auf einem Bein stehen.
Ergänzende Untersuchungen
In der Hausarztpraxis
- Bei Verdacht auf rheumatische Erkrankungen: BSG, CRP, Harnsäure und Rheumaserologie.
Bei Spezialist*innen
- Röntgen
- bei Verdacht auf Fraktur oder Arthrose
- bei Verdacht auf vorderes oder hinteres Impingement Röntgen aus Seitenansicht
- Skelettszintigrafie
- bei Verdacht auf Stressfrakturen
- Ultraschall
- zur Darstellung von Bändern und Sehnen
- CT oder MRT
- insbesondere bei tiefsitzenden Schmerzen im Sprunggelenk indiziert (z. B. osteochondrale Läsionen)
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
- Bei schwerwiegenden Verletzungen oder mangelnder Fähigkeit, den Betroffenen angemessen zu helfen, sollte eine Überweisung an Spezialist*innen erfolgen.
Maßnahmen
- Erste-Hilfe-Maßnahmen: PECH-Schema
- Pause, Eis, Compression (elastische Wickel) und Hochlagerung
- Evtl. NSAR
- Bei Trauma mit starker Schwellung erneute Untersuchung nach 5 Tagen
- Ligamentäre Schäden können nach Abschwellen besser erkannt werden.12
- Prophylaxe
- Mit einem strukturierten Aufwärmprogramm vor dem Training lassen sich Knie- und Sprunggelenksverletzungen bei jungen Sportlern nachweislich reduzieren.13
- Ein strukturiertes Programm zum Gleichgewichtstraining beugt Sprunggelenksdistorsionen deutlich wirksamer vor als traditionelles Kraft- und Konditionstraining.14
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinie
- Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU). Frische Außenbandruptur am Oberen Sprunggelenk. AWMF-Leitlinie 012-022. S1, Stand 2017. www.awmf.org
Literatur
- Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al.. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D&F, 2018.
- Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
- Simpson MR, Howard TM. Tendinopathies of the foot and ankle. Am Fam Physician 2009; 80: 1107-14. American Family Physician
- Murray C, Marshall M, Rathod T, et al. Population prevalence and distribution of ankle pain and symptomatic radiographic ankle osteoarthritis in community dwelling older adults: A systematic review and cross-sectional study. PLoS One 2018; 13(4): ePub. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Tojo M, Yamaguchi S, Amano N, et al. Prevalence and associated factors of foot and ankle pain among nurses at a university hospital in Japan: A cross-sectional study. J Occup Health 2018; 60(2): 132-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Flick AB, Gould N. Osteochondritis dissecans of the talus (transchondral fractures of the talus): review of the literature and new surgical approach for medial dome lesions. Foot Ankle Clin Int 1985; 5(4): 165-85. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Higuera J, Laguna R, Peral M, Aranda E, Soleto J. Osteochondritis dissecans of the talus during childhood and adolescence. J Pediatr Orthop 1998; 18: 382-32. PubMed
- Fallat L, Grimm DJ, Saracco JA. Sprained ankle syndrome: prevalence and analysis of 639 acute injuries. J Foot Ankle Surg 1998; 37: 280-5. PubMed
- Sobel M, Geppert MJ, Warren RF. Chronic ankle instability as a cause of peroneal tendon injury. Clin Orthop Relat Res 1993; 296: 187-91. PubMed
- Clarke HD, Kitaoka HB, Ehman RL. Peroneal tendon injuries. Foot Ankle Int 1998; 19: 280-8. PubMed
- Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU). Frische Außenbandruptur am Oberen Sprunggelenk. AWMF-Leitlinie 012-022. Stand 2017. www.awmf.org
- Tiemstra JD. Update on acute ankle sprains. Am Fam Physician 2012; 85(12): 1170-6. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Olsen O-E, Myklebust G, Engebretsen L, Holme I, Bahr R. Exercises to prevent lower limb injuries in youth sports: cluster randomised controlled trial. BMJ 2005; 330: 449. PubMed
- McGuine TA, Keene JS. The effect of a balance training program on the risk of ankle sprains in high school athletes. Am J Sports Med 2006; 34: 1103-11. PubMed
Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).