Zusammenfassung
- Definition:Gutartiger Polyp, der als Folge einer lokalen Proliferation im Endometrium entsteht. Die Ursachen sind nicht geklärt.
- Häufigkeit:Häufig vorkommend, vor allem nach dem 40. Lebensjahr.
- Symptome:Kann sich als unregelmäßige vaginale Blutung oder als postkoitale Blutung zeigen.
- Befunde:Teils bei der gynäkologischen Untersuchung sichtbare, aus dem äußeren Muttermund hängende Polypen, makroskopisch rot, weich und bei Kontakt leicht blutend. Teils sonografisch im Cavum uteri darstellbare Polypen.
- Diagnostik:Entfernte Polypen werden zur histopathologischen Untersuchung geschickt.
- Therapie:Sollten entfernt werden, falls sie symptomgebend oder groß sind oder atypisch aussehen.
Allgemeine Informationen
Definition
- Endometriumpolypen werden auch als Korpuspolypen bezeichnet.
- Hyperplastische Wucherungen von endometrialem Drüsengewebe oder Stroma, die eine Ausstülpung aus der Oberfläche des Endometriums bilden.
- In einigen Fällen sind sie gestielt und prolabieren durch den Gebärmutterhals (Zervixpolypen).1
- Können überall im Uterus entstehen, aber sie manifestieren sich vor allem, wenn sie als Zervixpolypen vorliegen.
Häufigkeit
- Lebenszeitprävalenz 8–35 %, die Inzidenz steigt mit dem Alter.2
- Polypen kommen häufig vor allem nach dem 40. Lebensjahr, prinzipiell aber in jedem Alter vor.
- Treten in 80 % der Fälle einzeln auf, in 20 % multipel.
- Häufigste gutartige Raumforderungen des Endometriums
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ursachen sind nicht geklärt.3
- Östrogenstimulation scheint eine Rolle zu spielen.
- Auf den Drüsenzellen der Polypen liegt eine deutlich erhöhte Zahl von Östrogenrezeptoren vor.4
- Verschiedene apoptoseinhibierende Faktoren scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen.4
- Auch zytogenetische Veränderungen konnten nachgewiesen werden: Chromosomale Rearrangements (Translokationen) in den Stromazellen führen zum Wachstum von Polypen.4
- Mikroskopisch sind die Polypen häufig mit Zylinderepithel bedeckt, aber metaplastisches Plattenepithel kann ebenfalls vorkommen.
Risikofaktoren
- Erhöhte endogene Östrogenproduktion
- Erhöhte exogene Östrogenzufuhr
- Tamoxifen hat am Endometrium östrogenagonistische Eigenschaften und erhöht das Risiko für Endometriumpolypen.4
ICPC-2
- X85 Zervixerkrankung Neubildung
ICD-10
- N84 Polyp des weiblichen Genitaltraktes
- N84.1 Polyp des Corpus uteri
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Nachweis von Polypen bei der Inspektion bei Zervixpolypen
- Sonografischer Nachweis bei intrauterinen Polypen
Differenzialdiagnosen
- Präkanzeröse Veränderungen (selten)
- Plattenepithel- oder Adenokarzinome mit polypösem Wachstum (selten)
- Andere Ursachen der Metrorrhagie
- Andere Ursachen postmenopausaler Blutungen
Anamnese
- In der Regel asymptomatisch
- Azyklische vaginale Blutungen (Metrorrhagie) wie Schmierblutungen und evtl. postkoitale Blutungen.5
- Postmenopausale Blutungen
Klinische Untersuchung
- Keine Auffälligkeiten in der allgemeinen klinischen Untersuchung
- Gynäkologische Untersuchung erforderlich
Diagnostik bei Spezialist*innen (Gynäkologie)
- Gynäkologische Untersuchung
- Beim Prolaps des Polypen kann dieser aus der Zervix herausragen.
- 1 oder mehrere Polyp(en) in der Größe von mm bis zu cm
- Weiche, rote, leicht blutende, meist gestielte Ausstülpung, die durch den äußeren Muttermund heraushängt.
- Der Stiel ist meist lang und dünn.
- Vaginale Sonografie: Darstellung der polypösen Ausstülpungen im Cavum uteri
- Histopathologische Untersuchung nach Entfernung der Polypen
Indikation zur Überweisung
- Immer bei Verdacht zur gynäkologischen Beurteilung und ggf. Entfernung
Therapie
Therapieziele
- Die Diagnose sichern.
- Ggf. den oder die Polypen entfernen.
- Rezidive vermeiden.
- Infertilität behandeln.
Allgemeines zur Therapie
- Die Behandlung erfolgt operativ.
- Asymptomatische Patientinnen mit kleinen Polypen (< 1 cm) haben eine hohe Spontanregressionsrate nach 1 Jahr und niedriges Malignitiätsrisiko.6
- Auf die Entfernung der Polypen kann hier unter regelmäßiger Kontrolle verzichtet werden.4
- Zervixpolypen sollten entfernt werden, falls sie symptomgebend (Blutung, starker Ausfluss), groß (> 1,5 cm im Durchmesser), multipel sind7 oder atypisch erscheinen.
- Bei bestehender Infertilität kommt es in der Regel nicht zu einer Spontanremission der Polypen, und die chirurgische Entfernung ist indiziert.4
Operative Therapie
- Die hysteroskopische Polypektomie ist der Goldstandard.8
- Je nach Größe und Form der Polypen eignen sich verschiedene Instrumente zur Polypektomie.
- Größere Polypen werden mittels Resektoskop entfernt.
- sessile Polypen mittels elektrochirurgischer Schlinge
- kleinere (< 20 mm) oder gestielte Polypen mit der elektrischen Schere7
- Die Entfernung der Basalis am Ursprung des Polypen scheint die Rezidivrate zu senken.4
- Sämtliches Gewebe sollte zur histopathologischen Untersuchung geschickt werden.
- Endometriumpolypen können ambulant entfernt werden (Ib).9
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Prognose
- Rezidive sind selten, können jedoch vorkommen.
- Polypen können in seltenen Fällen (< 1 %) Hyperplasien und Karzinome tragen.4
- Endometriumpolypen sind mit Infertilität assoziiert, nach Entfernung der Polypen kommt es bei intrauteriner Insemination zu deutlich höheren Schwangerschaftsraten.4
Verlaufskontrolle
- Kontrolle, falls die Blutungsstörungen nach der Behandlung nicht aufhören oder rezidivieren.
- Ansonsten ist kein spezifisches Follow-up nötig.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patientinnen informieren?
- Zervixpolypen sind eine häufige Erscheinung.
- > 99 % sind gutartig/ungefährlich.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Literatur
- Mutter GL, Nucci, MR, Robboy SJ. Endometritis, metaplasias, polyps, and miscellaneous changes. In: Robboy's Pathology of the Female Reproductie Tract, 2nd ed., Robboy SJ, Mutter GL, Prat J, et al (Eds), Churchill Livingston Elsevier, Oxford 2009. p.343.
- Salim S, Won H, Nesbitt-Hawes E, Campbell N, Abbott J. Diagnosis and management of endometrial polyps: a critical review of the literature. J Minim Invasive Gynecol. 2011;18(5):569–581. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Indraccolo U, DiIorio R, Matteo M, et al. The pathogenesis of endometrial polyps: a systematic semi-quantitative review. Eur J Gynaecol Oncol 2013; 34(1): 5–22. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Nijkang NP, Anderson L, Markham R, Manconi F. Endometrial polyps: Pathogenesis, sequelae and treatment. SAGE Open Med. 2019 May 2;7:2050312119848247. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Salim S, Won H, Nesbitt-Hawes E, et al. Diagnosis and management of endometrial polyps: a critical review of the literature. J Minim Invasive Gynecol 2011; 18:569. PubMed
- Lieng M, Istre O, Sandvik L, et al. Prevalence, 1-year regression rate, and clinical significance of asymptomatic endometrial polyps: cross-sectional study. J Minim Invasive Gynecol 2009; 16(4): 465–471. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Kanthi J, Remadevi C, Sumathy S, et al. Clinical study of endometrial polyp and role of diagnostic hysteroscopy and blind avulsion of polyp. J Clin Diagn Res 2016; 10(6): QC01-14. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Abdollahi Fard S, Mostafa Gharabaghi P, et al. Hysteroscopy as a minimally invasive surgery, a good substitute for invasive gynecological procedures. Iran J Reprod Med 2012; 10(4): 377–382. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Marsh F, Rogerson L, Duffy S. A randomised controlled trial comparing outpatient versus daycase endometrial polypectomy. BJOG 2006; 113: 896-901. PubMed
Autor*innen
- Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).