Zusammenfassung
- Definition:Perforation: Riss oder Loch im Ösophagus durch Eingriffe mit Instrumenten im Ösophagus.
- Häufigkeit:Selten.
- Symptome:Vorhergehende auslösende Ursache und akute retrosternale Schmerzen.
- Befunde:Schock und Fieber.
- Diagnostik:CT, Endoskopie.
- Therapie:Konservative Behandlung und/oder Operation.
Allgemeine Informationen
Definition
- Perforation: Riss oder Loch im Ösophagus1
- Siehe Artikel Spontane Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom).
Häufigkeit
- Ösophagusperforationen sind selten.
Ätiologie und Pathogenese
- Häufigste Ursache iatrogen
- nach Endoskopie oder operativer Behandlung
- am häufigsten im Pharynx und distalen Ösophagusabschnitt lokalisiert
- Perforationen durch medizinische Instrumente sind am gesamten Ösohagus möglich und verlaufen meist in Längsrichtung.
- Einteilung nach Lokalisation
- zervikaler, thorakaler und abdomineller Teil des Ösophagus
- Zervikale Perforationen2
- meist im Recessus piriformis nach medizinischen Eingriffen
- In der Regel konservative Behandlung, da anatomische Strukturen die extraluminale Kontaminierung begrenzen.
- Distale Perforationen2
- Sofortige Diagnostik und Therapie, da die Mortalität bei verzögerter Therapie innerhalb von 24 Stunden rasch steigt.
- Flüssigkeit/Luft im Mediastinum und nekrotisierende entzündliche Prozesse können zu Sepsis und Multiorganversagen führen.
Prädisponierende Faktoren
ICPC-2
- D80 Verletzung des Verdauungssystems
ICD-10
- K22.3 Perforation des Ösophagus
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Auslösende Ursache, typische Anamnese, Bestätigung durch Röntgen
Differenzialdiagnosen
Anamnese
- Vorhergehende auslösende Ursache, oft endoskopische Untersuchung
- Dysphagie
- Akute retrosternale Schmerzen, Halsschmerzen, Rückenschmerzen
- Dyspnoe
Klinische Untersuchung
- Tachypnoe
- Tachykardie
- Schock
- Fieber
- Nackensteife
- Subkutanes Emphysem
- Abwehrspannung und schmerzhaftes Abdomen im oberen Bereich
Ergänzende Untersuchungen
- EKG zum Ausschluss eines Herzinfarkts
Diagnostik beim Spezialisten
- CT Thorax/Abdomen
- mit wasserlöslichem Kontrastmittel i. v. und p. o.
- Umfang und Lokalisation des Defekts: freie Luft, freie Flüssigkeit oder evtl. Speisereste im Mediastinum und in der Pleura sind typische Befunde bei klinisch signifikanter Perforation.
- Endoskopie
- zum Nachweis von Lokalisation und Größe der Perforation
- als Therapieoption
Therapie
Therapieziele
- Überleben
- Stopp des Flüssigkeitsaustritts aus dem Ösophagus
- Drainage/Debridement von kontaminierten Bereichen in Mediastinum/Pleura
Allgemeines zur Therapie
- Konservative Therapie und/oder Operation
- Die konservative Therapie ist meist ausreichend bei zervikaler Perforation und bei lokal begrenzter iatrogener Perforation ohne Zeichen eines ausgeprägten Flüssigkeits- oder Luftaustritts.
Notfalltherapie
- Keine Zufuhr per os
- Oberkörper-Hochlagerung, am besten 45 Grad
- Breitspektrum-Antibiotika i. v.
- Intensivüberwachung
Medikamentöse Therapie
- Cefuroxim 3 x 1,5 g und Metronidazol 3 x 500 mg intravenös
- Parenterale Ernährung
- Bei langfristigem Bedarf ist möglicherweise eine enterale Ernährung über eine dünne Duodenalsonde indiziert. Die Sonde kann unter radiologischer Kontrolle gelegt werden.
- Ösophagusuntersuchung mit Amidotrizoesäure einmal pro Woche, bis die Perforation abgeheilt ist.
Operative Therapie
Stent2
- Endoskopische Einlage eines teilweise beschichteten Ösophagusstents
- Der beschichtete Teil dichtet die Perforation ab, der unbeschichtete Teil verhindert eine Dislokation.
- Anlage einer Magensonde
- Evtl. eine Sonde, die Magendrainage und jejunale Ernährung ermöglicht.
- Abhängig vom CT-Befund kann eine transhiatale Drainage indiziert sein.
- bevorzugt laparoskopisch, evtl. Laparotomie
Endoskopische Vakuumtherapie3
- Als Alternative zum Stent
- besonders bei distalen Perforationen
- Kann intermittierend durchgeführt werden.
- Gleichzeitig erfolgt eine Magendrainage.
Chirurgische Therapie2
- Die operative Primärtherapie ist schwierig.
- Der Eingriff ist normalerweise auf Revision und Drainage der Pleura, evtl. unteres Mediastinum, begrenzt.
- Thorakotomie, Thorakoskopie oder Laparoskopie
Prognose
- Hohe Mortalitätsrate, die davon abhängt, wie schnell behandelt wird.
- Die Mortalitätsrate liegt bei 25–89 %.3
Verlaufskontrolle
- Intensivüberwachung
- 1 Tag nach Eingriff: Lagekontrolle vom Stent und evtl. Suche nach weiteren Perforationen mit CT Thorax/Abdomen (Kontrastmittel i. v. und p. o.)
- Manchmal ist ein neuer Stent oder ein „Stent-im-Stent“ notwendig.
- Der Stent wird nach ca. 4 Wochen entfernt.
- Klinische Kontrolle mit Röntgen des Ösophagus nach 3 Monaten zum Ausschluss einer Striktur
Quellen
Literatur
- Søreide JA, Viste A. Esophageal perforation: diagnostic work-up and clinical decision-making in the first 24 hours. Scand J Trauma Resusc Emerg Med 2011; 19:66. PubMed
- Medisinsk fagprosedyre. Øsofagusperforasjon. Ehåndbok OUS. Siden besøkt 26.02.2020. ehandboken.ous-hf.no
- Mueller DK. Esophageal rupture. Medscape, last updated Apr 09, 2019. emedicine.medscape.com
Autoren
- Hannah Brand, Cand. med., Berlin, Übersetzung einer Revision in NEL
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, redaktør NEL