Zusammenfassung
- Definition:Thermische Verletzungen mit Schädigung der tiefen Dermis (Grad 3 und 4) und/oder starker Ausbreitung.
- Häufigkeit:Inzidenz schwerer Verbrennungen 1:50.000 bis 1:60.000 Personen pro Jahr.
- Symptome:Kaum Schmerzen, weil Nozizeptoren zerstört sind.
- Befunde:Trockener weißer Wundgrund ohne Haare (Grad 3) bzw. Verkohlung (Grad 4).
- Diagnostik:Bei Inhalationstrauma zusätzlich BGA, Röntgen Thorax und Bronchoskopie.
- Therapie:Operativ mit Nekrektomie und Defektdeckung, z. B. durch Spalthauttransplantat. Bei starker Gewebeschwellung Escharotomie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Verbrennung = Thermische Verletzung, die zu einer Gewebsschädigung führt. 1
- Für Verbrennungen 1. und 2. Grades siehe Artikel hier.
Einteilung des Verbrennungsgrads
- Dieser Abschnitt bezieht sich auf nachfolgende Referenz. 1
- Grad 1
- betroffene Hautschichten: Epidermis
- Klinik: Rötung, starker Schmerz, wie Sonnenbrand
- Grad 2a
- betroffene Hautschichten: oberflächige Dermis
- Klinik: Blasenbildung, Wundgrund rosig und rekapillarisierend, starker
Schmerz, Haare fest verankert
- Grad 2b
- betroffene Hautschichten: tiefe Dermis (mit Hautanhangsgebilden)
- Klinik: Blasenbildung, Wundgrund blasser und nicht oder schwach
rekapillarisierend, reduzierter Schmerz, Haare leicht zu entfernen
- Grad 3
- betroffene Hautschichten: komplette Dermis
- Klinik: trockener, weißer, lederartig harter Wundgrund, keine Schmerzen, keine Haare mehr vorhanden
- Grad 4
- betroffene Hautschichten: Unterhautfettgewebe, Muskelfaszie, Muskeln, Knochen
- Klinik: Verkohlung
Häufigkeit
- Inzidenz 1
- leichtere Verbrennungen: 600/100.000 Einw. pro Jahr
- schwerere Verbrennungen: 1/50.000–1:60.000 Einw. pro Jahr
- Alter und Geschlecht 1
- Männer mit 71 % deutlich häufiger betroffen als Frauen mit 29 %
- Altersgipfel bei 20–59 Jahren (59,5 % der Fälle)
Ätiologie und Pathogenese
- Die Hauptursachen von Verbrennungen sind in
- 52 % direkte Flammeneinwirkung
- 23 % Verbrühungen
- 6 % Explosionsverletzungen
- 6 % Fettverbrennungen
- 5 % Kontaktverbrennungen
- 4 % Stromunfälle
- 4 % Summe sonstiger thermischer Schädigungen (Sonne, Reibung, etc.). 1
- Zwei Drittel der Verbrennungen erfolgen im häuslichen Umfeld. 1
- Mit zunehmendem Alter verschieben sich die Ursachen von den Verbrühungen hin zu den Verbrennungen. 2
Systemische Reaktion auf Verbrennungen
- Betrifft die Verbrennung mehr als 30 % der Körperoberfläche, kann die Freisetzung von Zytokinen und anderen Entzündungsmediatoren in der Wunde eine systemische Wirkung entwickeln.3
- Herz-Kreislauf-Veränderungen
- Erhöhte Kapillarpermeabilität führt zu Verlust von intravaskulären Proteinen und zu extravaskulären Flüssigkeitsansammlungen.
- Periphere und splanchnische Vasokonstriktion tritt auf.
- Die myokardiale Kontraktilität wird verringert, möglicherweise durch die Freisetzung von Tumornekrosefaktor Alpha.
- Das Ergebnis ist eine systemische Hypotonie und Hypoperfusion von Endorganen.
- Respiratorische Veränderungen
- Entzündungsmediatoren können eine Bronchokonstriktion verursachen; dies kann bei schweren Verbrennungen zu akutem progressivem Lungenversagen (ARDS) führen.
- Metabolische Veränderungen
- Der Energieverbrauch steigt bis um das Dreifache.
- Zusammen mit einer Hypoperfusion im Splanchnikusgebiet erfordert dies eine frühzeitige enterale Ernährung, um einer katabolen Stoffwechsellage vorzubeugen und den Darm zu schützen.
- Immunologische Veränderungen
- Eine unspezifische Reduktion der Immunantwort kann auftreten und sich sowohl auf zellvermittelte als auch humorale Reaktionen auswirken.
Prädisponierende Faktoren
- Faktoren, die zu Bewusstseinseinschränkungen und einer herabgesetzten Fähigkeit zur Selbstfürsorge führen:
ICPC-2
- S14 Verbrennung/Verbrühung
ICD-10
- T20 Verbrennung oder Verätzung des Kopfes und des Halses
- T21 Verbrennung oder Verätzung des Rumpfes
- T22 Verbrennung oder Verätzung der Schulter und des Armes, ausgenommen Handgelenk und Hand
- T23 Verbrennung oder Verätzung des Handgelenkes und der Hand
- T24 Verbrennung oder Verätzung der Hüfte und des Beines, ausgenommen
- Knöchelregion und Fuß
- T25 Verbrennung oder Verätzung der Knöchelregion und des Fußes
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Risikoscore zur Einschätzung des Mortalitätsrisikos
- Zur Abschätzung des Mortalitätsrisikos bei Schwerbrandverletzten stehen verschiedene Scores zur Verfügung. Am ehesten sollte der ABSI (Abbreviated Burn Severity Index) 4 Verwendung finden.1
- Für den Score siehe die 2. Seite des verlinkten Dokuments.
- Die Parameter Geschlecht, Lebensalter, prozentuale verbrannte Körperoberfläche, Inhalationstrauma und Verbrennung 3. Grades werden mit unterschiedlichen Punkten belegt; aus der Gesamtzahl ergibt sich die geschätzte Überlebensrate.
Verbrennungsgrad (Tiefe)
- s. Einteilung des Verbrennungsgrads
- In der frühen Phase soll diese Bewertung mehrmals wiederholt werden, da die Ausbreitung zunehmen kann.5
Beurteilung der verbrannten Körperoberfläche (VKOF)
- Neuner-Regel: Hierbei wird nicht zwischen tiefen und oberflächlichen Verletzungen unterschieden, allerdings wird die Verbrennung 1. Grades nicht zur VKOF gerechnet. 1
- Kopf: 9 %
- Ein Arm inkl. Hand 9 %
- Ein Oberschenkel: 9 %
- Ein Unterschenkel inkl. Fuß: 9 %
- Vorderseite des Oberkörpers: 18 %
- Rückseite des Oberkörpers: 18 %
- Bei weniger umfangreichen Flächen (unter 15 % der Körperoberfläche) oder fleckig verteilten Verbrennungen kann die Fläche mit der Handflächenregel (Handfläche mit Fingern des Verletzten entspricht 1 % Körperoberfläche) eingeschätzt werden.
- Schema von Lund und Browder
- Die Einteilung erfolgt nach einzelnen Körperabschnitten, wobei das Alter der betroffenen Person berücksichtigt wird.
Ausdehnung der Verbrennung bei Kindern
- Die Ausdehnung der Verbrennung wird im Kindesalter nach der Handflächenregel (Handfläche mit Fingern des Verletzten entspricht 1 % Körperoberfläche) oder nach dem Schema von Lund und Browder beurteilt. 5
Differenzialdiagnosen
- Erfrierungen – Achtung bei Kühlung von Verbrennungen!
- Kindesmisshandlung 2
- Vermutlich mehr als jede 10. Verbrennung bei Kindern Folge einer Misshandlung.
- Kriterien, die für Misshandlung sprechen können:
- nicht nachvollziehbare oder sich verändernde Anamnese
- Eintauchverletzungen: scharf begrenzt von einer gleichmäßigen Verbrennungstiefe
- Verbrennungen am Handrücken, Gesäß, Fußsohlen oder genital
- sehr späte ärztliche Vorstellung
- Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen oder älteren Begleitverletzungen
Anamnese
- Dieser Abschnitt bezieht sich auf nachfolgende Referenz. 1
Allgemein
- Identität feststellen
- Begleiterkrankungen
- Medikamenteneinnahme
- Allergien
- Noxen (Alkohol, Nikotin, Drogen)
- Tetanusimpfstatus
Spezifisch
- Mechanismus (Flamme, Explosion, Stromunfall, Kontakt, chemisches Agens)
- Ort (offener/geschlossener Raum)
- im Hinblick auf Rauch- oder Gasvergiftung
- Expositionsdauer
- Grund (u. a. Suizid, Fremdeinwirkung, epileptischer Anfall)
- Bisher durchgeführte Therapiemaßnahmen
Klinische Untersuchung
- Erhebung Verbrennungsgrad, VKOF und ABSI
- Klinischer Allgemeinzustand
- Welche Körperteile sind verbrannt?
- Verbrennungen an Hand, Gesicht und/oder Genitalien erfordern in der Regel (Mit-)Behandlung durch Spezialist*in
- Anzeichen auf Atemwegsbeteiligung:1
- Verbrennungen oder Ruß im Gesicht oder am Hals
- angesengte Nasenhaare oder geschwollene Lippen
- Husten, Heiserkeit oder Stridor
- Dyspnoe, Einziehungen oder Nebengeräusche über der Lunge
- Bewusstseinsverlust, Lethargie
- Anhalt für Begleitverletzungen
- Hinweis auf Kindesmisshandlung (s. Kriterien)
Weitere Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Aus forensischen Gründen und zur klinischen Dokumentation soll eine ausführliche Fotodokumentation angefertigt werden. 1
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Bei Inhalationstrauma 1
- arterielle Blutgasanalyse inkl. CO und Met Hb
- fiberoptische Bronchoskopie
- Röntgen Thorax aus Gründen der Verlaufsbeurteilung innerhalb der ersten
24 Stunden nach Inhalationstrauma
- Andere bildgebende Diagnostik, wenn ein klinischer/anamnestischer Verdacht auf weitere Traumata besteht.
Indikationen zur Überweisung
- Überweisung an Unfallchirurg*in oder plastische*n Chirurg*in bei
- Verbrennungen ≥ Grad 2b
- Verbrennungen im Gesicht, Genitalbereich oder an den Händen (je nach Ausmaß ggfs. auch stationäre Therapie)
Indikationen für stationäre Behandlung in Zentren für Brandverletzte
- Die stationäre Behandlung soll in jedem Fall in einem Zentrum für Brandverletzte durchgeführt werden, wenn eine der folgenden Verletzungen vorliegt: 1
- Verbrennungen Grad 2 von 10 % und mehr Körperoberfläche
- bei Kindern ab 5 % der Körperoberfläche 2
- Verbrennungen Grad 3
- Verbrennungen an Händen, Gesicht oder Genitalien
- Verbrennungen durch Elektrizität inklusive Blitzschlag
- Verätzungen durch Chemikalien
- Inhalationstrauma
- Verbrennungspatient*innen mit Begleiterkrankungen oder Verletzungen, die die Behandlung erschweren
- Verbrennungspatient*innen, die eine spezielle psychologische, psychiatrische oder physische Betreuung benötigen
- Verbrennungen Grad 2 von 10 % und mehr Körperoberfläche
Therapie
Therapieziele
- Überwachung und Sicherung der Vitalfunktionen während der akuten Phase
- Begrenzung des Ausmaßes der Verletzung
- Schaffung der Voraussetzungen für eine optimale Heilung mit minimalem Letalitätsrisiko
Allgemeines zur Therapie
- Die Behandlung sollte von einem interdisziplinären Team durchgeführt werden.6
- Patient*innen mit einer schweren Verbrennung gehören in ein Zentrum für Brandverletzte, wo eine intensivmedizinische Betreuung durchgeführt werden kann.7
- Hypothermieprophylaxe essenziell. 1
- Ein normothermer Zustand > 36° C hat einen positiven Einfluss auf das Gesamtüberleben.
- Bis zu 80 % aller Patient*innen ab 15 % VKOF sind bei initialer Messung im Krankenhaus hypotherm.
- Die lokale Kühlung im Rahmen der Laienhilfe dient der Analgesie, birgt jedoch das Risiko der Hypothermie.
- Eine aktive Kühlung von Verbrennungen soll von medizinischem Fachpersonal daher nicht durchgeführt werden bzw. soll beendet werden.
- Die Volumentherapie bei ausgeprägten Verbrennungen soll pragmatisch erfolgen und orientiert sich am Pre-Hospital Trauma Life Support (PHTLS): 7
- 1000 ml Kristalloide/h bei Erwachsenen
- 10 ml/kg KG/h bei Kindern
Erste Hilfe
- Siehe auch den Artikel Verbrennungen, Akutbehandlung.
Schmerztherapie
- Bei Verbrennungen ≥ 3. Grades bestehen kaum Schmerzen, weil die Nozizeptoren zerstört sind.
- Kühlung wegen Hypothermierisiko und schlechterer Prognose vermeiden.
- Durch das Zusammenziehen der Gefäße im Wundbereich bei exzessiver Kühlung wird die Durchblutung der Wunde verschlechtert, was dazu führt, dass das Verbrennungsausmaß erhöht wird. 2
- Auch für Kinder gilt, dass nur bei VKOF < 15 % aus analgetischen Gründen für maximal 30 min mit lauwarmem Wasser bis zum Eintreffen der Rettungskräfte gekühlt werden soll. 5
- Bei Schwerbrandverletzten sollte die Schmerztherapie in der Akutphase intravenös erfolgen. 1
- Nachfolgendes Schema kann als Hilfestellung in Erwägung gezogen werden: 1
- Monotherapie mit Opiaten/Opioiden titriert für VKOF < 15 % zur schwerpunktmäßigen Analgesie, Begleitbehandlung mit Antiemetikum empfohlen
- Ketamin/Midazolam für VKOF > 15 % und bei hämodynamisch instabilen Patient*innen für die kombinierte Analgosedierung
- Dosisempfehlungen für Kinder in Akutsituation 5
- Ketamin: 2–4 mg/kg KG i. v./ intraossär oder 10 mg/kg KG rektal
- Ketamin S: 1,5–3 mg/kg KG i. v. / intraossär
- Fentanyl: 0,001–0,01 mg/ kg KG i. v.
- Piritramid: 0,05–0,1 mg/ kg KG i.v.
- Midazolam: 0,05–0,1 (ggfs. 0,2) mg/kg KG i. v.
Wundverband
- Sterile Verbände sollten nach orientierender Beurteilung der Oberfläche frühzeitig angelegt werden. 1
- Bereits die Vermeidung von Zugluft über der Verbrennungswunde trägt zu einer signifikanten Schmerzreduktion bei.
Vitalfunktionen stabilisieren
- Einschätzung der Schwere der Verletzungen der betroffenen Person nach dem ABCDE-Schema
- Hinweise auf ein Inhalationstrauma1
- Verbrennung des Gesichtes
- versengte Gesichts- und Nasenbehaarung
- Ruß im Gesicht oder im Sputum
- Zeichen der Atemwegsobstruktion
- Beim Verdacht auf ein relevantes Inhalationstrauma sollen Vorbereitungen zur schnellstmöglichen Atemwegssicherung getroffen werden. 8
Therapieprinzipien
- Die Empfehlungen in diesem Abschnitt basieren auf nachfolgenden Referenzen. 1,5
- Generell ist bei den hochgradigen Verbrennungen ein operatives Vorgehen nötig.
Operatives Vorgehen
- Zeitnah oder sequentiell tangentiale oder epifasziale Nekrektomie.
- Anschließend erfolgt die Defektdeckung durch Spalthauttransplantation.
- Gegebenenfalls erfolgt bei großen Defekten eine temporäre Deckung mit biosynthetischen Folien, mit allogener Spalthaut oder in Form der Vakuumversiegelung.
- Bei Verbrühungen oder Verbrennungen an den Extremitäten oder am Hals bzw. Rumpf, die mindestens 2/3 der Zirkumferenz betreffen oder zirkulär sind, soll die Indikation zur Escharotomie geprüft werden.
- Escharotomie umschreibt das Einschneiden des Verbrennungschorfes bzw. der Verbrennungswunde.
- Bei drohendem Kompartmentsyndrom kann zusätzlich eine Fasziotomie erwogen werden.
Wundinfektionen
- Werden Antibiotika erwogen, sollten Abstriche zur mikrobiologischen Untersuchung entnommen werden, insbesondere bei Patient*innen, die sich kürzlich in einer Umgebung aufgehalten haben (z. B. im Krankenhaus), in der multiresistente Bakterien vorkommen.
- Patient*innen, bei denen der Verdacht auf eine Sepsis besteht, sollen umgehend stationär eingewiesen werden.
Narbenbehandlung
- Dieser Abschnitt basiert auf nachfolgender Referenz. 1
- Nach Reinigung mit Wasser und einer milden, pH-neutralen Seife erfolgt die Pflege anfangs mit fettenden, im Verlauf mit feuchtigkeitsspendenden Externa, ein- oder mehrmals täglich je nach Trockenheit und Schuppung der Haut.
- Narbenmassagen lockern und entstauen die Narbe ebenso wie das umgebende Weichteilgewebe.
- Narben sollen konsequent, besonders in den ersten 24 Monaten, durch Vermeidung oder Abdeckung vor UV-Strahlungseinwirkung geschützt werden.
- Dauerhaft ästhetische Probleme mit den Narben können eine Wiedervorstellung in einer plastisch-chirurgischen Klinik notwendig machen. 9
Weitere Maßnahmen
- Tetanus-Impfung, falls kein ausreichender Impfschutz besteht
Psychologische Mitbehandlung
- Schwerbrandverletzte Patient*innen haben ein erhöhtes Risiko für akute als auch längerfristige psychische Störungen.
- akute Belastungsreaktion
- posttraumatischen Belastungsstörung
- Depression, Alkohol- und/oder Substanzmissbrauch
- Phobien und Angststörungen
- Eine frühzeitige enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Psycholog*innen, Psychiater*innen und Schmerztherapeut*innen ist wichtig.1
- Auch Angehörige von brandverletzten Patient*innen können betroffen sein.
Rehabilitation
- Eine Rehabilitation soll bei folgenden Indikationen in einer spezialisierten Einrichtung angeboten werden:1
- Verbrennungen 2. Grades ≥ 15 % VKOF (bei Kindern ≥ 10 %)
- Verbrennungen 3. Grades ≥ 10 % VKOF (bei Kindern ≥ 5 %)
- Verbrennungen von Gesicht, an Händen, Füßen und der Genitalregion
- Narbenbildung mit wesentlichen Einschränkungen auf die Funktion großer Gelenke
- funktionelle Defizite nach Starkstromunfall
- Gliedmaßenverlust
- fortgeschrittenes Lebensalter (≥ 65 Jahre)
- verbleibendes funktionelles neurologisches Defizit bei geringerem Verbrennungsausmaß
- manifeste psychoemotionale Störungen (Anpassungsstörungen, posttraumatische Belastungsstörung, phobische Reaktionen)
- problematische psychosoziale Situation.
- Das Rehabilitationsprogramm umfasst folgende Maßnahmen:
- Narbenbehandlung
- Kompressionstherapie
- Silikontherapie
- Bewegungstherapie
- Kontrakturbehandlung
- psychologische Betreuung
- Schmerzbekämpfung
- Stumpfpflege und Prothesenversorgung
- soziale Wiedereingliederung.
- Narbenbehandlung
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Verbrennungen ≥ Grad 2b hinterlassen immer eine Narbe. 1
- Der Verlauf einer schweren Verbrennung hängt vom Ausmaß der Verbrennung, vom Alter der Patient*innen, möglichen Komorbiditäten und dem Auftreten von Komplikationen ab.
Komplikationen
- Verbrennungskrankheit 5
- In Abhängigkeit vom Ausmaß der unmittelbaren Schädigung kann es sekundär zu Kreislaufschock und entzündlichen Allgemeinreaktionen des Körpers im Rahmen eines SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome) kommen.
- Häufig kommt es zu akuten als auch längerfristigen psychischen Störungen.
- erhöhte Prävalenzen für Depressionen, Alkohol- und Substanzmissbrauch, Phobien und andere Angststörungen
- Infektionen, Sepsis, Multiorganversagen
- Nekrose/Gangrän
- Keloidbildung und Kontrakturen durch große Narben
- Kompartmentsyndrom
- Inhalationstrauma mit Lungenschäden
- Juckreiz und neuropathische Schmerzen
Prognose
- Das Mortalitätsrisiko kann durch den ABSI eingeschätzt werden
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin. Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 044-001. S2k, Stand 2021. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung), Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 006-128. S2k, Stand 2015. (abgelaufen) www.awmf.org
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin. Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 044-001, Stand 2021. www.awmf.org
- Cordes C. Verbrennungen bei Kindern und Jugendlichen. Heilberufe 2021; 73: 12-14. link.springer.com
- Hettiaratchy S, Dziewulski P. Pathophysiology and types of burns. BMJ 2004; 328: 1427-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
- DGUV. Ergänzungsbericht schwere Verbrennungen. Stand 2021. Letzter Zugriff 09.01.2023. www.dguv.de
- Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie. Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung), Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 006-128, Stand 2015 www.awmf.org
- Hettiaratchy S, Dziewulski P. ABC of burns. Introduction. BMJ 2004; 328: 1366-8. PubMed
- Lang TC, Zhao R, Kim A. A Critical Update of the Assessment and Acute Management of Patients with Severe Burns. Adv Wound Care (New Rochelle). 2019;8(12):607-633. doi:10.1089/wound.2019.0963 www.ncbi.nlm.nih.gov
- Janiak F, Ettmüller K, Hentsch S, et al. Prehospital Treatment of Severe Burn Injury and Thermomechanical Combination Injuries. Notarzt 2022; 38(4): 211-24. www.thieme-connect.com
- Spanholtz TA, Theodorou P, Amini P, Spilker G. Severe burn injuries. Acute and long-term treatment. Dtsch Arztebl Int 2009 Sep; 106(38): 607-13. pmid:19890417 www.aerzteblatt.de
Auto*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).