Harnwegsinfekt bei Dauerkatheter

Dauerkatheter erhöhen das Risiko für Harnwegsinfekte. Über den Schlauch, der den Urinsammelbeutel mit der Harnblase verbindet, können Bakterien in die Harnblase aufsteigen und eine Entzündung der Harnwege auslösen.

Was ist ein Harnwegsinfekt bei Dauerkatheter?

Ein Harnwegsinfekt ist eine Entzündung der Harnwege. Ein Dauerkatheter ist ein dauerhaft liegender Blasenkatheter, der z. B. bei Patient*innen, die die Blase nicht selbständig entleeren können, gelegt wird, oder nach großen Operationen. Dauerkatheter können über die Harnröhre (transurethral) oder über die Bauchdecke gelegt werden (suprapubisch).

Blasenkatheter können eine Eintrittspforte für Bakterien sein, die sich innerhalb weniger auf dem Katheter ansiedeln und vermehren. Dies erhöht das Risiko für einen Harnwegsinfekt.

Von einer Bakteriurie spricht man, wenn Bakterien im Urin nachgewiesen werden können, aber keine Beschwerden verursachen.

Symptome

Bei einem Harnwegsinfekt können Beschwerden wie Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen im Unterleib oder in der Nierengegend sowie trüber, stark riechender Urin auftreten.

Bei älteren Menschen (und auch bei Kindern) können die Beschwerden untypisch sein und sich z. B. in einem veränderten Gemütszustand äußern.

Risikofaktoren für die Entstehung eines Harnwegsinfekts durch einen Dauerkatheter sind Immunschwäche, ein höheres Lebensalter, unzureichende Hygiene beim Legen des Katheters oder bei der Katheterpflege, Diabetes sowie eine chronische Nierenkrankheit.  Der wichtigste Risikofaktor ist allerdings die Liegedauer des Katheters.

Ursachen

Durch einen Blasenkatheter können Bakterien in die Harnwege gelangen und Entzündungen verursachen. Die Bakterien, die sich auf die Kunststoffoberfläche des Kathetermaterials legen, haben eine höhere Resistenz gegenüber Antibiotika als natürlicherweise frei im Urin vorkommende Bakterien.

Die Verweildauer des Katheters spielt eine große Rolle – je länger ein Blasenkatheter liegt, desto höher ist das Risiko der Patient*innen, an einem Harnwegsinfekt zu erkranken.

Häufigkeit

Harnwegsinfektionen zählen mit einem Anteil von 21,6 % zu den häufigsten Infektionen, die im Krankenhaus erworben werden. In 80 % der Fälle trägt die betroffene Person einen Katheter.

4 bis 6 Wochen nach der Anlage eines Dauerkatheters besteht bei fast allen Patient*innen eine Besiedelung des Katheters mit Bakterien, was allerdings keine Beschwerden verursachen muss (Bakteriurie).

Untersuchungen

Bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion (typische Beschwerden, Katheterträger*in) wird ein Urinstreifentest durchgeführt und eine Urinkultur angelegt. An den heranwachsenden Bakterien kann getestet werden, welches Antibiotikum am besten wirkt.

Bei Verdacht auf Komplikationen kommen ggf. bildgebende Verfahren zum Einsatz. In einer Ultraschalluntersuchung können ein Urinaufstau in das Nierenbecken sowie Nierensteine erkannt werden.

Behandlung

Harnwegsinfekte durch Dauerkatheter sind in der Regel durch Bakterien verursacht. Daher wird bei Anzeichen eines Harnwegsinfekts und dem Nachweis von Bakterien im Urin eine Antibiotikatherapie eingeleitet.

Das Ergebnis der Urinkultur liegt in der Regel erst nach 24 Stunden vor. Um keine Zeit zu verlieren, wird ein Antibiotikum gewählt, das gegen typischerweise vorkommende Bakterien wirkt. Falls die Erreger nicht oder nur unzureichend auf das Medikament ansprechen, kann auf Grundlage der Testergebnisse ein anderes Antibiotikum verordnet werden. Die Behandlung dauert mindestens 7 Tage.

Vor Beginn der antibiotischen Behandlung sollte der Urinkatheter entfernt oder gewechselt werden. Im Therapieverlauf erfolgen weitere Kontrollen durch eine Urinkultur.

Wenn keine Beschwerden vorliegen, werden in der Regel keine Antibiotika verschrieben, auch wenn Bakterien im Urin nachgewiesen werden können (Bakteriurie).

Vorbeugung

Die beste Vorbeugung gegen Harnwegsinfekte durch Blasenkatheter ist die sorgfältige Abwägung, ob ein dauerhafter Blasenkatheter sinnvoll und nötig ist, oder ob auf Alternativen zurückgegriffen werden kann (z. B. Einmalkatheter).

Bei einem liegenden Katheter sollte immer wieder überprüft werden, ob er noch gebraucht wird. Ein Dauerkatheter bei älteren Patient*innen mit Harninkontinenz sollte möglichst vermieden werden.

Katheterpflege

Die tägliche Reinigung mit Wasser und ggf. Seife rund um die Eintrittsstelle ist empfehlenswert. Bei einem suprapubischen Katheter sollten der Katheter sowie die Genitalien ebenfalls täglich gereinigt werden.

Der Schlauch sollte nicht abknicken, damit der Urin abfließen kann und nicht im Schlauch bleibt. Eine ausreichende Trinkmenge ist empfehlenswert (1,5 bis 2 Liter), wenn keine Gründe bzw. Vorerkrankungen dagegen sprechen.

Ein Katheterwechsel sollte nicht routinemäßig in festen Abständen, sondern bei Bedarf und nach ärztlicher Einschätzung erfolgen. Dadurch werden unnötige Verletzungen der Harnröhre vermieden. Eine vorsorgliche Einnahme von Antibiotika kann das Auftreten von Harnwegsinfekten bei Dauerkatheter verringern.

Prognose

Die Prognose für die meisten Harnwegsinfekte, die während des Tragens eines Dauerkatheters entstehen, ist gut.

In manchen Fällen kann ein Harnwegsinfekt in eine Nierenbeckenentzündung übergehen. Wird die Nierenbeckenzündung nicht rechtzeitig behandelt, kann sich in seltenen Fällen eine sog. Urosepsis entwickeln – eine lebensbedrohliche Blutvergiftung durch Bakterien aus dem Harntrakt, die in die Blutbahn gelangen. Dies ist ein Notfall, der umgehend behandelt werden muss!

Weitere mögliche Komplikationen sind Steine in den Harnwegen. Bei Männern kann es zu einer Entzündung der Harnröhre (Urethritis), der Nebenhoden (Epididymitis), des Hodens (Orchitis) oder der Prostata (Prostatitis) kommen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Harnwegsinfektion bei Dauerkatheter. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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