Schnarchen

Zusammenfassung

  • Definition:Atmungsabhängige, in der Regel inspiratorische akustische Phänomene im Schlaf, verursacht durch Vibrationen der Weichstrukturen von Gaumen, Pharynx oder Larynx.
  • Häufigkeit:Tritt sehr häufig und häufiger bei Männern auf.
  • Symptome:Schnarchen, Schlafstörungen, Mundtrockenheit.
  • Befunde:Klinische Befunde können eine Septumdeviation, Nasenpolypen, Nasalstenose, eine vergrößerte Uvula und Tonsillenhypertrophie sein.
  • Diagnostik:HNO-ärztliche Untersuchung, ggf. spezielle HNO-ärztliche Zusatzdiagnostik.
  • Therapie:Die Therapiemöglichkeiten reichen von einfacher Beratung bis zu komplexeren operativen Verfahren.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Atmungsabhängige, in der Regel inspiratorische akustische Phänomene im Schlaf1
    • Objektive Parameter zur Definition dieser akustischen Phänomene als „Schnarchen“ stehen dabei derzeit nicht zur Verfügung.
    • Wahrgenommen wird das Schnarchen in der Regel durch die Bettpartner*innen, weniger durch die Betroffenen selbst.
  • Beim Schnarchen können Lautstärken bis zu 90 Dezibel entstehen, besonders störend sind aber auch die Tonlagen und die Unregelmäßigkeiten.2
  • Leichtes bis moderates Schnarchen gilt als normales Phänomen.
  • Abzugrenzen ist das Schnarchen als Symptom einer schlafmedizinischen Erkrankung, z. B. einem OSAS (obstruktives Schlafapnoe-Syndrom).1

Häufigkeit

  • Die Häufigkeit ist abhängig vom Geschlecht, der Häufigkeitsgipfel liegt im Alter zwischen 45 und 55 Jahren.1
    • Männer schnarchen häufiger als Frauen.3
  • Aufgrund uneinheitlicher Definitionen zum Schnarchen schwanken die Angaben zur Häufigkeit zwischen 2 % und 86 %.1

Ätiologie und Pathogenese

  • „Gesundes“ Schnarchen: Gleichmäßiges Atmen mit einem Ein- und Ausatmungsgeräusch, das den Schlaf nicht stört.2
  • Während des Schlafes lässt der Muskeltonus in den oberen Atemwegen nach.
  • Dies erhöht die Vibrationsbereitschaft des Weichgewebes und führt zur Verengung der oberen Luftwege.1
  • Folgen1
    • Erhöhung der Atemflussgeschwindigkeit
    • Entstehung von Turbulenzen, die zu lokalen Druckschwankungen führen.
    • Dadurch entstehen Vibrationen der Weichstrukturen an Engstellen des oberen Atemweges.
  • Meist ist der Ursprung der weiche Gaumen.1
    • Grundsätzlich können die Geräusche an jeder Stelle von Pharynx oder Larynx entstehen.

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • R04 Atemproblem, anderes

ICD-10

  • R06.5 Mundatmung, inkl. Schnarchen

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Leitlinie Schnarchen der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfiehlt, die Diagnose Schnarchen zu stellen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:1
    • Typische (inspiratorische) Schlafgeräusche (siehe Definition), die durch Bettpartner*innen oder Betroffene selbst bemerkt werden.
    • Der Betroffene klagt nicht über eine Schlafstörung, die ursächlich auf das Schnarchen zurückgeführt werden kann.
    • Eine schlafmedizinische Diagnostik ergibt keinen Hinweis auf das Vorliegen einer anderen schlafbezogenen Atmungsstörung.

Differenzialdiagnosen

  • Schlafapnoe-Syndrom
    • Eine strikte Trennung der beiden Entitäten Schnarchen und OSA ist nicht immer eindeutig möglich, da die Übergänge fließend sind und Veränderungen der oberen Luftwege sowohl Schnarchen ohne als auch mit Obstruktionen der oberen Atemwege hervorrufen können.1
  • Nasenpolypen
  • Allergische Rhinitis
  • Septumdeviation

Anamnese

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Einbeziehung der Bettpartner*innen
  • Schnarchen in sozial störendem Ausmaß
    • meist störend für die Bettpartner*innen der Betroffenen
  • Trockener Rachen am Morgen
  • Erwachen während der Nacht durch das eigene Schnarchen
  • Auftreten im Zeitverlauf (jede Nacht, intermittierend etc.)
  • Auftreten während der Nacht (permanent/intermittierend, lageabhängig
  • Auslösende/verstärkende Faktoren
    • Rauchen, Alkohol, sedierende Medikamente, Übergewicht, allergische und nicht-allergische Rhinitis, Nasenatmungsbehinderung
  • Art des Schnarchens
    • regelmäßig/unregelmäßig, inspiratorisch/exspiratorisch, Frequenz,
      Lautstärke, Geräuschcharakter
  • Abgrenzung zum obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom
    • schlafbezogene Atempausen, Tagesschläfrigkeit/Einschlafneigung, Ein- und Durchschlafstörungen, Erwachen aus dem Schlaf (z. B. mit Atemnot, trockenem Mund/Rachen), Konzentrationsminderung am Tag, Leistungsminderung
  • Komorbiditäten
  • Erfragung der Schlafqualität mittels Fragebögen, z. B.:
    • Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI)
    • Epworth-Schläfrigkeitsskala (ESS)

Klinische Untersuchung

  • Klinische Untersuchung der Mundhöhle, des einsehbaren Oropharynx, der Zunge und des Zahnstatus 
  • Orientierende Untersuchung des Gesichtsschädels auf z. B. Retrognathie oder Schmalkiefer1

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • HNO-ärztliche Untersuchung zum Ausschluss von Veränderungen der oberen Atemwege
    • Septumdeviation, Nasenpolypen, Nasalstenose
    • Inspektion der Mundhöhle
    • Größe und Stellung des Zungengrundes
    • Größe der Tonsillen
    • Stellung und Form des weichen Gaumens
    • Größe und Form der Uvula
    • Abklärung von Fehlstellungen des Gesichtsschädels (Unterkiefer)
  • Rhinoskopie bei Nasenatmungsbehinderung
  • Funktionstests zur Beurteilung der Nasenluftpassage
    • z. B. Rhinomanometrie, Rhinoresistometrie und akustische Rhinometrie
  • Allergologische Testung bei V. a. allergische Rhinitis
  • Laryngoskopie bei Anhalt für laryngeales Schnarchen
  • Medikamenteninduzierte Schlafendoskopie (MISE)
    • zur Topodiagnostik des oberen Atemweges bei alleinigem Schnarchen, zur Abgrenzung gegenüber einer OSA und zur Indikationsstellung für einen chirurgischen Ansatz am weichen Gaumen
  • Bildgebende Verfahren im Einzelfall
    • CT, MRT, digitale Volumentomografie (DVT) Kephalometrie (Fernröntgen seitlich), Orthopantomogramm (OPG)/ Panoramaschichtaufnahme (PSA)
  • Ausschluss von kardialen Erkrankungen (Hypertonie, Herzinsuffizienz) und Diabetes
  • Zum Ausschluss eines OSAS
    • Polygrafie: Kann ambulant durchgeführt werden und misst die Atemexkursionen, den Flow, die Sauerstoffsättigung, Schnarchgeräusche und Lage der Patient*innen.
    • ggf. Polysomnografie (Schlaflabor) mit Bestimmung des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) durch Aufzeichnung der Anzahl von Apnoe- und Hypopnoe-Episoden

Indikationen zur Überweisung

  • Eine HNO-ärztliche Abklärung ist immer zu empfehlen.

Therapie

Therapieziele

  • Das störende Schnarchen reduzieren.

Allgemeines zur Therapie

  • Das Schnarchen wird derzeit nicht als Erkrankung mit einer medizinischen Gefährdung verstanden, und es besteht daher aktuell keine medizinische Notwendigkeit zur Behandlung.1
  • Es gibt derzeit keine Belege, dass eine Therapie des Schnarchens (im Erwachsenenalter) die Entwicklung einer Schlafapnoe verhindern könnte oder sich durch eine Behandlung des „gesunden“ Schnarchens eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos ergeben würde.1
  • Behandlung nur bei Therapiewunsch und unter strenger Indikationsstellung v. a. invasiver Verfahren
  • Bei „gesunden“ Schnarchern genügt oft eine einfache Beratung.
  • Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen, kann eine chirurgische Therapie sinnvoll sein.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Gewichtsreduktion
  • Nächtliche Lageveränderungen wie Rückenlage verhindern oder Schnarch-getriggerte Änderung der Kopfposition (mittels spezieller Kissen).
  • Optimierung der Schlafhygiene
  • Getrennte Schlafzimmer
  • Alkoholkarenz
  • Nikotinkarenz
  • Vermeidung von Schlafmitteln

Weitere Therapien

Nächtliche Lagerung1,4-5

  • Unter Umständen reicht eine Veränderung der Lage beim Schlafen schon zur Reduktion des Schnarchens (Kopfkissen, Rückenlageverhinderungsweste, Lagesensoren o. Ä.).

Aufbissschiene, Unterkieferprotrusionsschienen (UPS)

  • Wird nachts verwendet.
  • Sie besteht aus weichem Kunststoff und sorgt dafür, dass Unterkiefer und Zunge ein wenig nach vorne gezogen werden (progenierende Bissschiene). Dadurch werden die Atemwege etwas offener gehalten, sodass das Schnarchen begrenzt wird.
  • Die Anpassung und Kontrolle der UPS soll mit zahnmedizinischer und schlafmedizinischer Expertise erfolgen.1
  • Die Studienlage für das Schnarchen alleine ist wesentlich schwächer als zur Therapie des OSAS, wird aber dennoch empfohlen.1

 Alternative Verfahren

  • Bei einer Nasenatmungsbehinderung im Bereich der Nasenklappe sollte ein Therapieversuch mit internen oder externen nasalen Dilatatoren angeboten werden.1

Myofasziale Übungen

  • Mund- und Rachenübungen
  • Die Datenlage kann aktuell einen positiven Effekt nicht belegen.1

Operative Therapie

  • Der gesamte Abschnitt basiert, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.1
  • Es sollten bevorzugt minimalinvasive Verfahren zur Anwendung kommen.

Nasale Interventionen

  • Nasenseptumplastik mit oder ohne Conchotomie
  • Kann bei Patient*innen mit subjektiver Nasenatmungsbehinderung, die schnarchen, zur Verbesserung des Schnarchens eingesetzt werden.

Minimalinvasive Operationsverfahren

Interstitielle Radiofrequenztherapie

  • Eine interstitielle Radiofrequenztherapie an Weichgaumen, Gaumentonsillen und Zungengrund kann zu einer narbigen Versteifung führen und so die lauten Atemgeräusche reduzieren.6
  • Wird als Verfahren der 1. Wahl empfohlen, wenn der Weichgaumen die vermutete Quelle es Schnarchens darstellt.

Invasive Operationsverfahren

Uvulopalatoplastik (UVPP) und Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP)

  • Können bei ausgeprägtem Schnarchen indiziert sein.
  • Die Indikation sollte auch wegen der erhöhten Morbiditäts- und Komplikationsrate streng gestellt werden.1
  • Ziel dieser Operationen ist es, den weichen Gaumen zu straffen und das Gaumenzäpfchen zu kürzen.

Tonsillektomie und Adenektomie

  • Gering invasive Verfahren am Zungengrund und an den Gaumenmandeln können zur Therapie des Schnarchens im Einzelfall sinnvoll sein.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Schnarchprobleme nehmen meist bis zum 55. Lebensjahr zu.
  • Minimalinvasive Therapien beim primären Schnarchen sind akzeptiert wegen der geringen Komplikationsrate, können gut mit z. B. Bissschienen kombiniert werden.
  • Bei den operativen Verfahren wird eine Nachuntersuchung nach 2–3 Monaten und nach 1 Jahr empfohlen.1

Komplikationen

  • Partnerschaftsprobleme
  • Schlafapnoe
    • Es existieren derzeit keine Belege, dass eine Therapie des Schnarchens (im Erwachsenenalter) einer möglichen Progression hin zu einer OSA vorbeugen könnte.1
  • Postoperative Komplikationen wie Infektionen und Nachblutungen
  • Rezidive
  • Es bestehen Hinweise, dass das Schnarchen ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen sein könnte.1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Diagnostik und Therapie des Schnarchens des Erwachsenen. AWMF-Leitlinie Nr. 017-068. S3, Stand 2019. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Schnarchen bei Erwachsenen: Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 017-068. Stand 2019. www.awmf.org
  2. Fietze I. Über guten und schlechten Schlaf. S. 135ff. Berlin: Kein & Aber, 2015.
  3. Chan CH, Wong BM, Tang JL, Ng DK. Gender difference in snoring and how it changes with age: systematic review and meta-regression. Sleep Breath, 2012 Dec;16(4):977-86. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Willatt D. The evidence for reducing inferior turbinates. Rhinology. 2009;47:227-236. PubMed
  5. Cazan D, Mehrmann U, Freuschle A, JT Maurer. Der Effekt eines Kissens zur Kopflageänderung auf das Schnarchen. Somnologie. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2014. www.oxycare-gmbh.de
  6. Hörmann K, Verse T: The surgical treatment of sleep-related upper airway obstruction. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(13): 216–21 www.aerzteblatt.de

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin und für Viszeralchirurgie, Kaufbeuren
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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