Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2
Red Flags |
Abwendbar gefährlicher Verlauf |
Neurologisches Defizit:
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Schlaganfall, TIA, intrakranielle Blutung (Subarachnoidalblutung), Hirntumor, Enzephalitis, Meningitis, Sinusvenenthrombose |
Meningeale Zeichen |
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Hautausschlag (z. B. Purpura) |
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Plötzlicher, explosiver Schmerzbeginn |
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Vorausgegangene ähnliche Ereignisse vor < 4 Wochen |
„Warning Leak“, Subarachnoidalblutung |
Allmählich zunehmende (neu aufgetretene) Kopfschmerzen |
Tumor, Hämatom, Abszess, Zyste |
Schmerzintensität 8–10/10 oder „so schlimm, wie noch nie“ |
Subarachnoidalblutung, Enzephalitis, erhöhter Hirndruck |
Fieber > 38,5 °C |
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Bewegungsabhängige/lageabhängige Kopfschmerzen, Kopfschmerz ausgelöst durch Husten, Niesen, Valsalva |
intrakranielle Blutung (Subarachnoidalblutung), Chiari-Malformation |
Nausea und/oder Erbrechen |
erhöhter intrakranieller Druck, Subarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose |
Einseitige Augenrötung, Augenschmerzen, Sehstörung |
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Schmerzen im Bereich der Sinus mit
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septische Sinus-cavernosus-Thrombose, Orbitaphlegmone, Epiduralabszess, Hirnabszess |
Bläschen an Wange und Nasenspitze (Hutchinson-Zeichen: Befall des N. nasociliaris durch Zoster) |
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Z. n. Schädeltrauma (innerhalb der letzten 3 Monate) |
Subduralhämatom (Cave: Kindesmisshandlung!) |
Allgemeine Informationen
Definition
- Schmerzen im gesamten Kopf oder in Teilen des Kopfes stellen die häufigsten somatischen Beschwerden bei Kindern dar.3
- Kopfschmerzen können in primäre und sekundäre Kopfschmerzen eingeteilt werden. Sekundäre Kopfschmerzen werden durch eine andere Erkrankung hervorgerufen.
- Bei Kindern dominieren eindeutig die primären Kopfschmerzen, wobei Spannungskopfschmerzen und Migräne die häufigsten Formen sind.
- Spannungskopfschmerzen und Migräne treten meist in Form wiederkehrender Kopfschmerzen auf.
- Chronische tägliche Kopfschmerzen (an mehr als 15 Tagen pro Monat) liegen bei etwa 0,5 % der Kinder und Jugendlichen vor.
- Cluster-Kopfschmerz ist bei Kindern und Jugendlichen selten, fast immer beginnt die Erkrankung nach dem 20. Lebensjahr.
Klassifikation
- Die internationale Klassifikation von Kopfschmerzen (ICDH III) unterteilt Kopfschmerzen in primäre und sekundäre Kopfschmerzerkrankungen.4
- Bei primären Kopfschmerzen können keine zugrunde liegenden Ursachen nachgewiesen werden.
- Die häufigsten Formen eines primären Kopfschmerzes sind die Migräne und der Spannungskopfschmerz.
- Die Bezeichnung Spannungskopfschmerz wird auch dann verwendet, wenn kein Angespanntsein bzw. Muskelverspannungen nachweisbar sind.
- Bei sekundären Kopfschmerzen kann eine zugrunde liegende Ursache nachgewiesen werden.
- Bei primären Kopfschmerzen können keine zugrunde liegenden Ursachen nachgewiesen werden.
Häufigkeit
- Wiederkehrende Kopfschmerzen treten im Vorschulalter bei 1 von 20 Kindern auf. Im Schulalter nimmt die Häufigkeit zu.
- Im Alter von 12–14 Jahren leidet etwa jedes 5. Kind an wiederkehrenden Kopfschmerzen.
- Eine systematische Metaanalyse bevölkerungsbasierter Studien aus den Jahren 1990–2007 mit Kindern und Adolenzenten bis zum Alter von 20 Jahren zeigte:
- geschätzte Prävalenz von Kopfschmerzen über einen Zeitraum von mehr als 1 Monat: 58,4 %5
- geschätzte Prävalenz der Migräne über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten: 7,7 %5
- weibliches Geschlecht mit höherer Prävalenz assoziiert als männliches:
- weiblich: 9,7 %
- männlich: 6,0 %
- absolute Differenz: 3,7 %; 95 % KI: 3,4–3,9.
- Migräne kann in jedem Alter auftreten, d. h. auch schon beim Kleinkind.6
- Vor der Pubertät beträgt die Häufigkeit der Migräne 4–5 %.
- Bis zum Alter von 10 Jahren sind Jungen und Mädchen etwa gleich häufig betroffen.7-8
Diagnostische Überlegungen
- Die meisten Kopfschmerz-Diagnosen beruhen ausschließlich auf einer guten Anamnese. Aus der körperlichen Untersuchung ergeben sich nur selten Befunde, die für die Diagnose entscheidend sind.
- Die körperliche Untersuchung ist wichtig, um etwaige Erkrankungen zu diagnostizieren, die sekundäre Kopfschmerzen hervorrufen können.
- Treten akute, intensive und bei der betroffenen Person zuvor nicht bekannte Kopfschmerzen auf, sollte dies Anlass zur Suche nach einer anderen Grunderkrankung sein.
Abwendbar gefährliche Verläufe
- Kopfschmerzen aufgrund von Hirntumoren: Die Schmerzen verstärken sich in liegender Haltung (Morgenkopfschmerz) und werden häufig von Übelkeit, ggf. auch von fokalen neurologischen Ausfällen oder Verhaltensänderungen begleitet.
- Wenn unter 4-Jährige von sich aus über Kopfweh klagen, dann ist das ein Warnsignal und bedarf der Abklärung mittels MRT.9
ICPC-2
- N01 Kopfschmerz
- N89 Migräne
- N90 Cluster-Kopfschmerzen
- N92 Trigeminusneuralgie
- N95 Spannungskopfschmerz
ICD-10
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.10
- R51 Kopfschmerz
- G43 Migräne
- G44.0 Cluster-Kopfschmerz
- G44.2 Spannungskopfschmerz
- G44.4 Arzneimittelinduzierter Kopfschmerz, anderenorts nicht klassifiziert
- G50.0 Trigeminusneuralgie
Differenzialdiagnosen
Migräne
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
Klinisches Bild
- Folgende Symptome gehen bei Erwachsenen typischerweise mit einer Migräne einher, sind aber bei Migräne im Kindesalter oft nur ansatzweise vorhanden oder schwer eruierbar:
- Wiederkehrende Kopfschmerzattacken mit oder ohne Aura, die 2–48 Stunden lang anhalten.
- Schmerzlokalisation meist unilateral
- zu Beginn allmähliche Zunahme der Schmerzen innerhalb einer viertel bis halben Stunde
- häufig pulsierende Schmerzen
- mittlere bis schwere Schmerzintensität
- verstärkt unter körperlicher Belastung
- häufige Begleitsymptome
- Übelkeit und Erbrechen
- Photophobie
- Phonophobie
- Weitere diagnostische Hinweise im Kindes- und Jugendalter
- positive Familienanamnese
- Triggerfaktoren, z. B.:
- Schokolade
- Hartkäse
- Zitrusfrüchte
- Stress
- Menstruation
- orale Kontrazeptiva.
- Alter > 2 Jahren
- Sehstörungen wie Doppelt- oder Unscharfsehen
Migränevarianten
- Aura ohne anschließende Kopfschmerzen
- Familiäre hemiplegische Migräne: mit Lähmung einer Extremität während der Attacken
- Abdominelle Migräne: Anfallsartige Bauchschmerzen ohne begleitende Kopfschmerzen, wobei angenommen wird, dass migräneähnliche Mechanismen ursächlich sind.
- Zyklisches Erbrechen
- Migräneassoziierter Schwindel
- benigner paroxysmaler Schwindel des Kindesalters
- vestibuläre Migräne
Spannungskopfschmerz
- Siehe Artikel Spannungskopfschmerz.
- Episodische oder chronische Kopfschmerzen
- Der Schmerz ist typischerweise beidseitig lokalisiert. Diffus um den Kopf herum, „wie ein zu enger Hut“, ein „Ring oder Eisenband“.
- Er erreicht eine leichte bis mäßige Intensität und verstärkt sich nicht durch körperliche Aktivität.
- Er wird nicht von Übelkeit oder Erbrechen begleitet und kann von Photo- oder Phonophobie, jedoch nicht von beidem begleitet sein.
- Die kraniale und zervikale Muskulatur kann schmerzhaft palpabel sein.
Cluster-Kopfschmerz
- Siehe Artikel Cluster-Kopfschmerz.
- Im Erwachsenenalter eher selten, im Kindesalter eine Rarität
- Paroxysmaler, von dicht aufeinander folgenden Attacken gekennzeichneter oder chronischer einseitiger, sehr intensiver Kopfschmerz
- Starke retro- oder periorbitale Schmerzen mit Ausstrahlung nach temporal, begleitet von gerötetem und tränendem Auge und laufender Nase auf derselben Seite sowie starker Unruhe
Sekundäre Kopfschmerzen
- Warnsignale im Kindes- und Jugendalter11
- akute, erstmalig aufgetretene Kopfschmerzen
- rasch zunehmende Stärke und/oder Häufigkeit der Symptome
- Änderung des Schmerzcharakters
- morgendliche Kopfschmerzen mit Nüchternerbrechen
- nächtliches Erwachen wegen Kopfschmerzen
- fokal-neurologische Symptome
- Zeichen der Wesensveränderung
- Alter des Kindes < 3 Jahre
- Mögliche Ursachen im Kindes- und Jugendalter6
- Schädel-Hirn-Trauma
- Mundhöhlenabszess
- Otitis media
- Meningitis
- Sinusitis
- ZNS-Erkrankung
- intrakranielle Raumforderung, z. B. Hirntumor
- Hydrozephalus
- Fehlsichtigkeit
- Hypertonus
- Toxine, z. B.:
- Drogen wie Kokain, Marihuana, Lachgas
- Kohlenmonoxid.
- Erkrankungen der Kauorgane einschließlich Kiefergelenks
- obstruktive Schlafapnoe
- Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch
Anamnese
- Die Diagnose von Kopfschmerzen bei Kindern (und Erwachsenen) beruht in erster Linie auf einer sorgfältigen Anamnese.
- Für diese sollte ausreichend Zeit aufgewendet werden.
- Es wird empfohlen, für eine gewisse Zeit einen Kopfschmerzkalender zu führen.
Zentrale Fragen zu den Kopfschmerzen
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
- Eine oder mehrere Arten von Kopfschmerz?
- Wie haben die Beschwerden begonnen?
- Wann sind die Kopfschmerzen zum ersten Mal aufgetreten?
- Sind die Beschwerden stabil, bessern sie sich oder verschlimmern sie sich stetig?
- Wie oft treten die Kopfschmerzen auf: an wie vielen Tagen im Monat oder täglich?
- Wie lange hält der Kopfschmerz an?
- Setzen die Kopfschmerzen zu einer bestimmten Zeit oder in besonderen Situationen ein?
- Sind die Kopfschmerzen auf die Einnahme bestimmter Lebensmittel oder Medikamente zurückzuführen, oder treten sie im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten auf?
- Treten Warnzeichen auf, bevor der Kopfschmerz einsetzt?
- Wo sind die Schmerzen lokalisiert?
- Wie beschreiben die Betroffenen den Schmerz: stechend, brennend, drückend, dumpf, pulsierend ...?
- Wird der Kopfschmerz von anderen Symptomen/Beschwerden begleitet?
- Was macht die betroffene Person gegen die Kopfschmerzen?
- Gibt es etwas, was den Kopfschmerz lindert, oder etwas, wodurch er sich verschlimmert?
- Andere Beschwerden zwischen den einzelnen Kopfschmerzphasen?
- Gibt es andere medizinische Probleme oder ist die Person wegen anderen Erkrankungen in medizinischer Behandlung?
- Regelmäßige oder gelegentliche Medikamenteneinnahme?
- Gibt es andere Familienmitglieder, die unter Kopfschmerzen leiden?
- Mit welchen Gedanken und Sorgen ist der Kopfschmerz für Eltern und Kind verbunden?
Klinische Untersuchung
- Eine allgemeine klinische Untersuchung ist wichtig, um andere Erkrankungen und damit einen sekundären Kopfschmerz auszuschließen.3
- Allgemeine körperliche Untersuchung: Fieber? Blutdruck?
- Auch eine orientierende neurologische Untersuchung sollte erfolgen.
- Bewusstsein, Sehvermögen, fokale Ausfälle, Koordination
- Psychologische Beurteilung
- Veränderungen in Bezug auf Schlaf, Appetit, Konzentration oder Aufmerksamkeit
- Emotionale Veränderungen, Depression?
Ergänzende Untersuchungen
In der Hausarztpraxis
- Laboruntersuchungen sind im Rahmen der Untersuchung von Kopfschmerzen im Allgemeinen nicht erforderlich.
- Bei entsprechenden Hinweisen bei Jugendlichen ggf. Alkoholkonsumparameter und/oder Drogenscreening
- Die Notwendigkeit von Labortests richtet sich nach der Anamnese und einem etwaigen Verdacht auf sekundäre Kopfschmerzen.
Bei Spezialist*innen
- Im Kindesalter ist bei primärem Kopfschmerz, z. B. Migräne, Spannungs- oder Cluster-Kopfschmerz mit schweren Attacken oder chronischem Verlauf, einmalig eine MRT zum Ausschluss organischer Ursachen erforderlich.9
- Bei chronischen Kopfschmerzen sind bildgebende Untersuchungen indiziert, u. a. um einen Hirntumor oder einen Hydrozephalus ausschließen zu können.
- Ein EEG ist bei der Untersuchung einer Migräne bei Kindern nicht notwendig.
- Bildgebende Methoden kommen im Allgemeinen erst nach der klinischen Abklärung der Situation zum Einsatz.9
- Grundsätzlich sollte insbesondere bei kleineren Kindern, die das Symptom „Kopfschmerz“ angeben, nicht lange gezögert werden, das aussagefähigste Schnittbildverfahren, die Magnetresonanztomografie, als Mittel der Wahl einzusetzen.9
- Die Computertomografie bleibt speziellen Fragestellungen der Akutdiagnostik vorbehalten, z. B. bei Schädel-Hirn-Trauma.9
- Die Sonografie/Duplexsonografie bleibt bei Kopfschmerzsymptomatik von Kindern Spezialindikationen vorbehalten (V. a. vaskuläre Kopfschmerzursache, V. a. Liquorzirkulationsstörung).9
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
- Die meisten Fälle von Kopfschmerzen bei Kindern können in der Hausarztpraxis behandelt werden.
- Eine Überweisung sollte erfolgen, wenn der Verdacht auf einen sekundären Kopfschmerz oder Zweifel in Bezug auf die Diagnose bestehen.
- Zeigt die Therapie keine Wirkung oder besteht der Bedarf einer präventiven Behandlung, sollte ebenfalls eine Überweisung erfolgen.
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Bei akuten und intensiven Kopfschmerzen kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig werden (cave: Subarachnoidalblutung!).
Empfehlungen
- Im Allgemeinen bilden eine gute Anamnese und klinische Untersuchung eine gute Grundlage für die Behandlung.
- Eine umfassende Aufklärung des Kindes und der Eltern in Bezug auf die Diagnose und die ausgeschlossenen Erkrankungen kann sowohl bei Spannungskopfschmerzen als auch bei der Migräne eine symptomlindernde Wirkung haben.
- Ob die Vermeidung von Triggerfaktoren oder vielmehr eine schrittweise Gewöhnung an diese die Attackenfrequenz vermindert, ist strittig.12
- Ein Kopfschmerzkalender kann hilfreich sein, um sich einen Überblick über das Ausmaß und die Entwicklung der Kopfschmerzen zu verschaffen.
- Die Einhaltung eines gleichbleibenden Tagesrhythmus in Bezug auf die Mahlzeiten, das Trinken, die körperliche Aktivität und den Schlaf kann u. U. zu einer Reduktion von Kopfschmerzattacken beitragen.
Spannungskopfschmerzen
- Siehe Artikel Spannungskopfschmerz.
Nichtpharmakologische Behandlung
- Für regelmäßige Mahlzeiten und ausreichendend Schlaf sorgen.
- Vermeiden, dass das Kind friert. Zusammengebissene Zähne können Spannungskopfschmerzen hervorrufen.
- Körperliche Aktivität trägt zum Wohlbefinden bei und kann helfen, Spannungskopfschmerzen zu lindern.
- Die Kinder sollten wenig Zeit vor dem Fernseher oder Computer verbringen, da Bewegungsmangel häufig zu Muskelverspannungen führt.
- Verhaltenstherapeutische Interventionen haben sich bei der Kopfschmerztherapie älterer Kinder als hilfreich erwiesen.13
- ggf. in Kombination mit Biofeedback und Entspannungsverfahren
- Durch Entspannungsverfahren und kognitive Verhaltenstherapie können die Kopfschmerzintensität und -häufigkeit nachweislich reduziert werden.
Pharmakologische Behandlung
- Generell sollte der Einsatz von Medikamenten zur Behandlung von Spannungskopfschmerzen bei Kindern zurückhaltend erfolgen. Die tägliche Einnahme von Schmerzmitteln über einen längeren Zeitraum hinweg kann zu arzneimittelinduziertem Kopfschmerzen führen.
- Sind Analgetika erforderlich:
- Ibuprofen 10 mg/kg/Dosis (max. 30 mg/kg/d)
- Paracetamol 15 mg/kg/Dosis, max. 60 mg/kg/d (cave: kritische kumulative Dosierungen mit Hepatotoxizität!)
Migräne
- Siehe Artikel Migräne.
Nichtpharmakologische Behandlung
- Maßnahmen zur Verhinderung oder Linderung von Migräneattacken
- Ruhige und entspannende Umgebung schaffen.
- Regelmäßige und häufige Mahlzeiten einführen. Das Frühstück ist wichtig.
- Dafür sorgen, dass das Kind ausreichend trinkt.
- Für ausreichenden und regelmäßigen Schlaf sorgen.
- Für regelmäßige Bewegung sorgen.
- Dauer und Stärke der Attacken dokumentieren (Kopfschmerzkalender).
- Entspannungsübungen
- Verhaltensinterventionen haben sich bei der Migränetherapie älterer Kinder als hilfreich erwiesen.13
- Beispiele dafür sind das Biofeedback und Entspannungsinterventionen.
- Durch Entspannung und kognitive Verhaltensinterventionen können die Kopfschmerzintensität und -häufigkeit nachweislich reduziert werden.
Pharmakologische Akuttherapie7
- Erste Wahl
- Ibuprofen 10 mg/kg/Dosis (max. 30 mg/kg/d) – oder –
- ASS 500 mg nach dem 12. Lebensjahr
- Zweite Wahl
- Paracetamol 15 mg/kg als initiale Dosis (max. 60 mg/kg/d) (cave: kritische kumulative Dosierungen mit Hepatotoxizität!)
- Triptane
- ärztliche Verordnung nur durch in der Migränetherapie erfahrene Personen
- Nur Sumatriptan 10 mg Nasenspray ist bei Jugendlichen ab 12 Jahren zugelassen (max. 20 mg in 24 Stunden).
- Bei unzureichendem Ansprechen auf Analgetika, kann ein Off-Label-Use von Sumatriptan 10–20 mg Nasenspray, Zolmitriptan 2,5–5 mg Tabletten, Rizatriptan 5–10 mg Tabletten oder Almotriptan 12,5 mg Tabletten auch bei jüngeren Kindern erwogen werden.
- Ergotamin
- ab dem 16. Lebensjahr zugelassen
- Initialdosis Ergotamin 2 mg oral
- ggf. nach 4–6 Stunden weitere 2 mg
- max. 4 mg/24 h
- Antiemetika bei Bedarf
- Domperidon als 1. Wahl
- geringeres Risiko für extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen als Metoclopramid
- Domperidon ist erst ab dem 12. Lebensjahr zugelassen.
- 10 mg p. o., max. 30 mg/d
- Metoclopramid ist erst ab einem Alter von 14 zugelassen.
- Domperidon als 1. Wahl
Migräneprophylaxe
- Bei Kindern ist die Wirksamkeit einer medikamentösen Migräneprophylaxe nicht zweifelsfrei belegt. Nichtmedikamentösen Maßnahmen ist der Vorzug zu geben.
- Medikamentöse Prophylaxe
- Diese ist indiziert, wenn
- die Betroffenen unter einem besonderen Leidensdruck stehen.
- die Kopfschmerzen die Lebensqualität beeinträchtigen.
- ein erhöhtes Risiko für einen Medikamentenübergebrauch besteht.
- zusätzliche Kriterien (Expertenmeinung, nicht durch Studien gesichert)
- reduzierte Lebensqualität aufgrund von monatlich ≥ 3 Migräneattacken
- ≥ 72 Stunden anhaltende Attacken
- Attacken sprechen auf Akuttherapie nicht an.
- Nebenwirkungen der Akuttherapie werden nicht toleriert.
- zunehmende Attackenfrequenz und Einnahme von Schmerz- oder Migränemitteln an > 10 Tagen pro Monat
- komplizierte Migräneattacken mit beeinträchtigenden (z. B. hemiplegischen) und/oder lang anhaltenden Auren
- nach einem migränösen Hirninfarkt bei Ausschluss anderer Infarktursache
- Wirksamkeitsnachweise
- Die Wirksamkeit von Flunarazin zur Migräneprophylaxe bei Kindern ist nachgewiesen. Dosierung: Flunarazin 5 mg/d oder 5 mg jeden 2. Tag.
- Für Topiramat und Amitriptylin ist eine Überlegenheit gegenüber Placebo nicht gesichert.
- Für Propranolol gibt es gewisse Hinweise auf eine Wirksamkeit.
- Aus Fallserien ergeben sich vorläufige Hinweise auf eine Wirksamkeit von Botulinumtoxin A bei Jugendlichen mit chronischer Migräne.
- Alle genannten Medikamente sind in Deutschland nicht zur Migräneprophylaxe bei Kindern zugelassen. Die Verordnung müsste off label erfolgen.
- Diese ist indiziert, wenn
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Kopfschmerzen treten bei älteren Kindern häufig auf.
- Spannungskopfschmerzen und Migräne sind die beiden häufigsten primären Kopfschmerztypen.
- Sowohl für Spannungskopfschmerzen als auch für Migräne stehen gute Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, und bei vielen treten die Kopfschmerzen im Laufe der Zeit nicht mehr auf.
Patienteninformationen in Deximed
Weitere Informationen
- Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG)
- Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft: Kopfschmerzkalender
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne. AWMF-Leitlinie Nr. 030-057. S1, Stand 2018. www.awmf.org
- Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie. Kopfschmerzen bei Kindern – Bildgebende Diagnostik. AWMF-leitlinie Nr. 064-011. S1, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
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- Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
- Özge A, Termine C, Antonaci F, et al. Overview of diagnosis and management of paediatric headache. Part I: diagnosis. J Headache Pain 2011; 12: 13-25. doi:10.1007/s10194-011-0297-5 DOI
- International Classification of Headache Disorders (ICHD-3 beta). Letzter Aufruf August 2017. ichd-3.org
- Abu-Arafeh I, Razak S, Sivaraman B, Graham C. Prevalence of headache and migraine in children and adolescents: a systematic review of population-based studies. Dev Med Child Neurol 2010; 52: 1088-97. pmid:20875042 PubMed
- BMJ Best Practice, Migraine headache in children. Last reviewed: 3 Nov 2020; Last updated: 07 Jul 2020 bestpractice.bmj.com
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Therapie der Migräne. AWMF-Leitlinie Nr. 030-057, S1, Stand 2018. www.awmf.org
- Victor TW, Hu X, Campbell JC, Buse DC, Lipton RB. Migraine prevalence by age and sex in the United States: a life-span study. Cephalalgia. 2010 Sep;30(9):1065-72. doi: 10.1177/0333102409355601. Epub 2010 Mar 12. PMID: 20713557. PubMed
- Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie. Kopfschmerz bei Kindern - Bildgebende Diagnostik. AWMF-leitlinie Nr. 064-011, S1, Stand 2020. www.awmf.org
- Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2021. Stand 18.09.2020; letzter Zugriff 30.11.2020 www.dimdi.de
- Weber P. Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter - Eine Herausforderung zwischen akut- und sozialmedizinischer Kompetenz. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(48): 809-10; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0809 DOI
- Heim, TM. Migräne und psychische Störungen: nur Begleiter oder auch Verwandte?. DNP 2018; 19, 15–18. doi.org
- Termine C, Özge A, Antonaci F, et al. Overview of diagnosis and management of paediatric headache. Part II: therapeutic management. J Headache Pain 2011; 12: 25-34. doi:10.1007/s10194-010-0256-6. DOI
Autor*innen
- Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/)