E.-coli-Enteritis

Zusammenfassung

  • Definition:Enteritis aufgrund einer Infektion mit enteropathogenen E.-coli-Bakterien: EHEC, EIEC, EPEC, ETEC, EAEC. In Europa ist vor allem EHEC relevant. Andere E. coli kommen eher bei Einwohner*innen in Ländern mit schlechteren Hygienestandards und bei Reisenden vor.
  • Häufigkeit:EHEC: zwischen 1.000–2.000 gemeldete Fälle pro Jahr, sporadische Ausbrüche mit höheren Patientenzahlen.
  • Symptome:Diarrhö-Erkrankungen meist leicht verlaufend und selbstlimitierend, manchmal mit Fieber und geschwächtem Allgemeinzustand. Blutige Diarrhö und Entwicklung eines hämolytisch-urämischen Syndroms als seltene schwere Verlaufsformen.
  • Befunde:In leichten Fälle keine spezifischen klinischen Befunde. In schwereren Fällen geschwächter Allgemeinzustand, Fieber und Dehydrierung.
  • Diagnostik:Stuhlprobe zum Nachweis von E.-coli-Bakterien oder anderen enteropathogenen Bakterien. PCR zum Nachweis des Shigatoxins (EHEC).
  • Therapie:Symptomatische Behandlung, evtl. intravenöse Flüssigkeitsbehandlung. Antibiotika in der Regel kontraindiziert. Hygienemaßnahmen zur Prävention. Der Cholera-Impfstoff zur Prävention der Reisediarrhö (ETEC) ist begrenzt wirksam, in Deutschland jedoch nicht zugelassen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Enteritis bzw. Enterokolitis aufgrund einer Infektion mit humanpathogenen E.-coli-Bakterien.
  • Es wird in der Regel zwischen 5 Varianten pathogener E. coli (EC) unterschieden:1
    1. enterotoxinbildende EC (ETEC)
    2. enteroinvasive EC (EIEC)
    3. enterohämorrhagische EC (EHEC; historisch auch STEC oder VTEC genannt)
    4. enteropathogene EC (EPEC; umfasst typische EPEC (tEPEC) und atypische EPEC (aEPEC))
    5. enteroaggregative EC (EAEC).
  • Unter den humanpathogenen E. coli spielt in Europa vor allem die Infektion mit EHEC eine übergeordnete Rolle.2
    • EHEC bilden sog. Shigatoxine und können schwere blutige Durchfälle auslösen.
    • Kann als lebensbedrohliche Komplikation das enteropathische hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auslösen.
  • Bei Reiserückkehrer*innen findet sich ETEC am häufigsten (siehe Artikel Reisediarrhö).

Häufigkeit

  • Häufigkeit EHEC3
    • gemeldete Fälle 2019: 1.370 (Median 2015 bis 2019: 1.877)
    • Rückgang der Fallzahlen gegenüber den Vorjahren (wahrscheinlich aufgrund der Covid-19-Pandemie)
    • große Inzidenzunterschiede in den Bundesländern
    • höchste Inzidenz bei Kindern unter 5 Jahren, insbesondere bei 1-jährigen Kindern
    • häufigste gemeldete Serogruppe in Deutschland 2019: O26
    • Der EHEC Serovar O157:H7 ist weltweit am häufigsten.
    • Bei EHEC kommt es immer wieder zu größeren Ausbrüchen.
  • 2011 kam es zu einem EHEC-Ausbruch in (Nord-)Deutschland.1,4
    • 3.842 Patient*innen waren betroffen, überwiegend Erwachsene (anders als gewöhnlich).
    • Auslöser war ein Shigatoxin-produzierender Stamm des Serovars O104:H4, übertragen durch kontaminierte Bockshornkleesprossen.
    • In diesem Ausbruch wurde eine Letalität von 0,6 % bei EHEC-Patient*innen mit Gastroenteritis und 4,1 % bei Patient*innen mit HUS beschrieben, die damit deutlich höher lagen, als die Daten für den bedeutendsten EHEC-Erreger O157:H7.

Ätiologie und Pathogenese/Erregermerkmale

  • Normalflora
    • Escherichia coli befindet sich in der Normalflora des Darms bei allen Menschen und warmblütigen Tieren.
  • Davon zu unterscheiden sind humanpathogene E. coli, die in der Lage sind, beim Menschen Krankheitssymptome auszulösen und die nicht zur normalen Darmflora gehören.1,3,5

EHEC (enterhämorrhagische E. coli)2,5

  • Enterohämorrhagische Escherichia coli sind Bakterien (gramnegative Stäbchen), die die grundsätzliche Eigenschaft zur Bildung bestimmter Zytotoxine, der Shigatoxine – Stx (Synonyme: Shiga-like-Toxine – SLT, Verotoxine – VT) besitzen.
    • EHEC-Serotypen: Die weltweit am häufigsten isolierte EHEC-Serogruppe ist O157.
  • Als EHEC werden alle humanpathogenen Shigatoxin bildenden E. coli bezeichnet (STEC).
    • Historisch wurden diejenigen STEC als EHEC bezeichnet, die in der Lage waren, schwere Erkrankungen (hämorrhagische Kolitis und hämolytisch-urämisches Syndrom) hervorzurufen.
    • Mittlerweile werden laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) unter EHEC diejenigen STEC zu verstehen, die humanpathogen sind (fähig, beim Menschen Krankheitserscheinungen auszulösen).
  • EHEC-Erregerreservoir sind (Wild-)Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen, Rehe und Hirsche.
  • Übertragungsweg sind vor allem fäkal-kontaminierte, nicht ausreichend erhitzte Nahrungsmittel, Wasser oder der direkte Tierkontakt.
    • Es ist auch die Mensch-zu-Mensch-Übertragung beschrieben.
  • Bereits eine geringe Infektionsdosis kann eine EHEC-Infektion auslösen (< 100 Erreger für EHEC O157).
    • Neben ihrer besonderen Virulenz besitzen EHEC eine relativ große Umweltstabilität und eine gute Überlebensfähigkeit in saurem Milieu.
  • Inkubationszeit ca. 2–10 Tage (durchschnittlich 3–4 Tage)
  • Symptome EHEC-assoziierter HUS-Erkrankungen beginnen ungefähr 7 Tage (5–12 Tage) nach Beginn des Durchfalls.
  • Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange EHEC-Bakterien im Stuhl nachgewiesen werden.
    • Ausscheidungsdauer wenige Tage bis mehrere Wochen, bei Kindern länger als bei Erwachsenen

EIEC (enteroinvasive E. coli)

  • Endemisch in Ländern mit geringem Hygienestandard, kann aber weltweit vorkommen.
  • Reservoir im Menschen
  • Die Bakterien dringen in die Epithelzellen des Kolons ein und breiten sich dort auf benachbarte Epithelzellen aus.6
  • Dies löst eine akute Entzündungsreaktion in der Darmschleimhaut aus und führt zu Blutungen und Nekrose des Epithels.

EPEC (enteropathogene E. coli)7

  • In Ländern mit schlechtem Hygienestandard eine der häufigsten Ursachen für bakterielle Enteritis, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, v. a. aber bei Säuglingen < 6 Monate (Säuglingsdiarrhö)
  • In Europa seltener
  • Führen zu Schleimhautinfektion mit Diarrhö und evtl. Fieber
  • Übertragung durch Wiederkäuer und von Mensch-zu-Mensch

ETEC (enterotoxinbildende E. coli)

  • Wichtige Ursache für Diarrhö bei Kindern in Ländern mit schlechtem Hygienestandard
  • Häufigste Ursache für Reisedurchfall bei Tourist*innen7
  • Bilden ein Toxin, das zu lokalen Schleimhautschädigungen und Diarrhö führt.6
  • Reservoir im Menschen

Prädisponierende Faktoren

  • Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln
  • Direkter Tierkontakt
  • Mangelhafte Hygiene in der Küche oder bei Toilettenbesuchen
  • Alter unter 5 Jahren

ICPC-2

  • D70 Darminfektion
  • D73 Gastroenteritis vermutlich infektiös

ICD-10

  • A04.0 Darminfektion durch enteropathogene Escherichia coli (EPEC)
  • A04.1 Darminfektion durch enterotoxinbildende Escherichia coli (ETEC)
  • A04.2 Darminfektion durch enteroinvasive Escherichia coli (EIEC)
  • A04.3 Darminfektion durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
  • A04.4 Sonstige Darminfektionen durch Escherichia coli
    • Inkl.: Enteritis durch Escherichia coli o.n.A.

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Klinische Erkrankung und Keimnachweis im Stuhl

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Inkubationszeiten im Mittel
    • EHEC: 3–4 Tage
    • EIEC: 10–12 Stunden
    • EPEC: 2–6 Tage
    • ETEC: 1–3 Tage
  • In Europa erworbene E.-coli-Darminfektionen sind meist EHEC.1
  • Das Erregerspektrum der Reisediarrhö unterscheidet sich vom Spektrum der ambulant erworbenen Diarrhö in Mitteleuropa.1
  • Bei der Reisediarrhö sollen je nach Reiseregion folgende Erreger stärker bedacht werden:
    • enterotoxinbildende E.-coli-Stämme (ETEC)
    • andere pathogene E.-coli-Stämme (EAEC, EIEC)
    • Shigellen und Protozoen (E. histolytica, Lamblien). 

EHEC8

  • Klinisch inapparente Verläufe sind möglich.
  • Gewöhnlich zuerst eine Phase mit wässriger Diarrhö
  • Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen
  • Im weiteren Verlauf blutige Diarrhö
  • Im weiteren Verlauf zudem geschwächter Allgemeinzustand und evtl. Fieber
  • Dauer 4–10 Tage
  • Bei 10–20 % der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis mit krampfartigen Abdominalschmerzen, blutigem Stuhl und teilweise Fieber.
  • Kann sich zu einem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) entwickeln.

EIEC

  • Dysenterieähnliches Bild mit teils blutiger, teils eitriger Diarrhö, heftigen Bauchschmerzen und -krämpfen sowie Fieber6

EPEC

  • Gewöhnlich wässrige Diarrhö mit Fieber7

ETEC

  • Wässrige Diarrhö, Bauchschmerzen und -krämpfe sowie Übelkeit
  • In der Regel kurzzeitig7

Klinische Untersuchung

  • In leichten Fällen ggf. wenig spezifische klinische Befunde
  • Abdomen bei Palpation u. U. schmerzempfindlich, lebhafte Darmgeräusche
  • Mit steigendem Schweregrad geschwächter Allgemeinzustand, Fieber und Dehydrierung.
  • Blutige Diarrhöen sind ein Warnsignal für schwere Verläufe, insbesondere bei Kindern

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Kultivierung einer Stuhlprobe zum Nachweis von pathogenen E.-coli-Bakterien oder anderen enteropathogenen Bakterien
    • Die Probe sollte frühzeitig im Krankheitsverlauf abgegeben werden.
    • Ein negatives Ergebnis schließt die Diagnose nicht aus.
    • Die Stuhlprobe muss ggf. angereichert werden.
  • EHEC
    • Nachweis von Shigatoxin oder des Shigatoxin-Gens (PCR)
    • Der Nachweis von EHEC mittels direkter PCR aus der Stuhlprobe hängt von der Erregerdichte ab; neuere Methoden erreichen eine Nachweisgrenze von 102–103/g Stuhl und darunter.1
    • Eine regelhafte Stuhluntersuchung bei milden Verläufen ist umstritten.1
    • Besteht jedoch die klinische Trias „blutige Diarrhö, Hämolyse und Thrombozytenabfall“ (Verdacht auf HUS) oder handelt es sich bei Verdacht auf EHEC um Personen, die im Lebensmittelbereich tätig sind oder Gemeinschaftseinrichtungen besuchen, ist eine Stuhldiagnostik in jedem Fall durchzuführen.1
    • Das RKI empfiehlt auch aus epidemiologischen Gründen generell den Nachweis von EHEC bei Verdacht.1
  • Reiserückkehrer*innen (v. a. auf ETEC, EPEC; EIEC, EAEC)
    • Eine mikrobiologische Diagnostik sollte bei Reiserückkehrer*innen in folgenden Konstellationen erfolgen:1
      • fieberhafte Diarrhö
      • blutige Diarrhö
      • Diarrhödauer länger als 5 Tage
      • schwere klinische Verläufe (Exsikkose, Hypotonie, Tenesmen)
      • bei Gruppenerkrankungen/Ausbruchsituationen (dann aus epidemiologischen Gründen).

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Blutige Diarrhö bei Kindern mit reduziertem Allgemeinzustand erfordert die umgehende stationäre Einweisung zum Ausschluss eines HUS.
    • je jünger das Kind, desto großzügiger die Indikation zur Einweisung
  • Dehydrierte Patient*innen, die schlecht auf eine Behandlung ansprechen, müssen ggf. ebenfalls stationär eingewiesen werden.
    • je jünger bzw. je älter und kränker die betroffene Person, desto größer die Gefahr von schwerwiegenden Verläufen
    • Erwachsene, ansonsten gesunde Patient*innen, zeigen meist einen selbstlimitierenden Verlauf (Ausnahme einige schwerer verlaufende EHEC-Ausbrüche mit erhöhtem Auftreten von HUS und erhöhter Letalität auch bei Erwachsenen, s. o.)

Therapie

Allgemeines zur Therapie

  • Symptomatische Behandlung
  • Ausgleich von Flüssigkeits- und Elektrolytverlust
  • Eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr kann angezeigt sein.

Medikamentöse Therapie

  • Motilitätshemmende Medikamente (Loperamid) zurückhaltend und nur bei unkomplizierten Verläufen einsetzen.
  • Ggf. supportive schmerzlindernde, spasmolytische oder antiemetische Therapie
    • z. B. Paracetamol, Metamizol, Butylscopolaminbromid, Metoclopramid, Domperidon, Loperamid, Dimenhydrinat
    • Zu genauen Angaben und Dosierung siehe Artikel Virale Gastroenteritis.

Therapie bei Reiserückkehrer*innen und E.-coli-Nachweis

  • In der Regel selbstlimitierend, daher ist eine supportive Therapie ausreichend.
  • ETEC sind ein häufiger Auslöser der erworbenen Reisediarrhö.1
    • ETEC-Infektionen sind in der Regel kurzverlaufend und selbstlimitierend und erfordern weder Diagnostik noch Therapie, abgesehen von symptomatischen Maßnahmen.

Therapie bei in Europa erworbenen E.-coli-Enteritiden

  • Eine Antibiotikatherapie hat keinen oder einen sehr eingeschränkten Nutzen bei einer E.-coli-Enteritis.
    • Mehrere Studien deuten im Gegenteil auf eine Verschlechterung der Symptome bei Antibiotikaeinsatz hin (vermehrte Toxinfreisetzung).
    • Bei EHEC-Infektionen und HUS sind Antibiotika aus diesem Grund in der Regel kontraindiziert.1,5,9

Leitlinie: Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple1

Symptomatische Therapie

  • Bei Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis soll eine ausreichende Flüssigkeitssubstitution erfolgen.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, starke Empfehlung]
  • Eine kurzdauernde symptomatische Therapie mit motilitätshemmenden Substanzen (z. B. Loperamid) kann bei unkompliziertem Krankheitsbild durchgeführt werden.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlung offen]
  • Bei schwerem Krankheitsbild (z. B. blutige Diarrhö, Fieber, Megakolon) soll keine motilitätshemmende Therapie durchgeführt werden.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, starke Empfehlung]
  • Eine symptomatische analgetische/spasmolytische Therapie kann gemäß des Stufenschemas der WHO mit Paracetamol, Metamizol, Opioiden sowie Butylscopolamin durchgeführt werden. Vermieden werden sollten Acetylsalicylsäure, nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) und Coxibe.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlung]
  • Bei Erbrechen kann eine antiemetische Therapie erfolgen.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlung offen]
  • Eine generelle Empfehlung für den Einsatz von Probiotika zur Therapie der akuten infektiösen Enteritis von Erwachsenen kann derzeit nicht gegeben werden.
    • [Konsensusstärke: starker Konsens, Empfehlung offen]

Empirische antimikrobielle Therapie

  • Die Indikation zur antibiotischen Behandlung einer EHEC-Infektion sollte zurückhaltend gestellt werden,
    • da der Krankheitsverlauf nicht günstig beeinflusst wird und
    • unklar ist, ob eine Antibiotikatherapie mit einer verlängerten Symptomdauer
    • möglicherweise einer verlängerten EHEC-Ausscheidung und
    • einem vermehrten Auftreten eines HUS einhergeht.
  • Wenn dennoch therapiert werden muss, sollte als Mittel der 1. Wahl bei gegebener Therapieindikation ein Carbapenem (Beta-Laktam-Antibiotikum) eingesetzt werden.
    • [Konsensusstärke: Konsens, Empfehlung]

Leitlinie: Hämolytisch-urämisches Syndrom im Kindesalter9

Spezifische Therapie HUS durch EHEC (STEC-HUS)

  • Antibiotika 
    • Bei einem manifesten STEC-HUS ist eine EHEC-gerichtete, antibiotische Therapie nicht indiziert.
    • Insbesondere bei Verwendung von Antibiotika aus Gruppe der DNA-Synthese Inhibitoren wird möglicherweise die Toxinfreisetzung verstärkt.
    • Eine antibiotische Therapie mit Beta-Laktam-Antibiotika sollte nur bei kritischem Allgemeinzustand oder Verdacht auf systemische Infektion erwogen werden.
  • Eine spezifische Therapie steht bislang nicht zur Verfügung.
    • Für den Einsatz von Immunglobulinen, Plasmainfusionen (FFP), Plasmapherese und und dem monoklonalen Antikörper Eculizumab konnte in prospektiven, kontrollierten Studien bislang kein Nutzen nachgewiesen werden.

Prävention

EHEC: Generelle Maßnahmen, auch in Europa2,10

  • Unterbrechung der Übertragungswege (Lebensmittel, Tierkontakt, Mensch-zu-Mensch)
  • Besonderes Augenmerk sollte auf Maßnahmen zur Vermeidung von EHEC-Infektionen durch Tierkontakt in Streichelzoos und auf Bauernhöfen gelegt werden.
  • Folgende vorbeugende Maßnahmen schützen gegen die Ansteckung:
    • Gehacktes (Hamburger, Hackbraten u. Ä.) sollte gut durchgebraten werden.
    • Andere Fleischprodukte sollten an der Oberfläche gut gebraten werden.
    • Nichtpasteurisierte Milch/Rohmilch oder Milchprodukte sollten vermieden werden.
    • Essen sollte im Kühlschrank (+ 4 °C) aufbewahrt werden.
    • Nach dem Toilettenbesuch, nach dem Kontakt mit Tieren sowie vor dem Zubereiten von Essen Hände gründlich waschen.
    • Messer, Schneidebretter und Küchenausrüstung, die in Kontakt mit Rohwaren gekommen sind, sollten vor der Nutzung für andere Lebensmittel gewaschen werden.

Bei schlechten hygienischen Verhältnissen

  • Maßnahmen wie oben beschrieben
  • Dazu insbesondere:
    • Ungekochtes Gemüse vermeiden.
    • Eiscreme vermeiden.
    • Obst, das nicht geschält werden kann, vermeiden.
    • „Cook it, peel it or forget it!“

Impfungen vor Reisen

  • Eine Impfung gegen die Vielzahl der Erreger von Reisediarrhö ist nicht verfügbar und auch nicht in Kürze zu erwarten. Der Cholera-Impfstoff (Dukoral®) weist eine Kreuzreaktivität gegen ETEC auf. Der Einsatz kann für gezielte Risikogruppen (CED-Patient*innen, Personen mit eingeschränkter oder reduzierter Magensäuresekretion) erwogen werden.1
    • Cave: off label! Dieser Impfstoff ist für die Prophylaxe der ETEC-Reisediarrhö in Deutschland nicht zugelassen (aber in der
      Schweiz).

EHEC: In Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen (inkl. Kindergärten etc.)5

  • Gemäß § 34 Abs. 1 des IfSG dürfen Personen, die an EHEC erkrankt oder dessen verdächtig sind, in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist.
  • In Gemeinschaftseinrichtungen Betreute, die an EHEC erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen
    • die Gemeinschaftseinrichtung nicht betreten.
    • an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen.
  • Diese Vorschriften gelten auch für Personen, in deren Wohngemeinschaft nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein Verdacht auf EHEC aufgetreten ist. Auch Ausscheider*innen von EHEC dürfen nach § 34 Abs. 2 IfSG Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen.
  • Eine Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen nach klinischer Genesung ist im Regelfall möglich, wenn bei 3 im Abstand von 1–2 Tagen untersuchten Stuhlproben negative Befunde vorliegen.
    • Ein schriftliches Attest ist erforderlich.
    • Diese Empfehlung zur Wiederzulassung gilt auch für Ausscheider*innen mit negativen Stuhlproben, da anschließend eine Weiterverbreitung der Infektion im Allgemeinen nicht zu befürchten ist.
    • Ausnahmen sind mit Zustimmung des Gesundheitsamtes und unter Beachtung der gegenüber der Gemeinschaftseinrichtung verfügten Schutzmaßnahmen möglich.
    • Bei Langzeitausscheidern sollte das Virulenzprofil des EHEC-Stammes (einschließlich Serotyp, Toxintyp und Vorhandensein des eae-Gens) in die Risikoabwägung einbezogen werden.

EHEC: In Lebensmittelbetrieben und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung5

  • Gemäß § 42 IfSG dürfen Personen, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind, sowie Personen, die EHEC ausscheiden, beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen der in Abs. 2 aufgelisteten Lebensmittel (s. u.) nicht tätig sein oder beschäftigt werden, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen. Dies gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung.
  • Lebensmittel im Sinne des § 42 Abs. 2 IfSG sind:
    • Sprossen und Keimlinge zum Rohverzehr sowie Samen zur Herstellung von Sprossen und Keimlingen zum Rohverzehr
    • Fleisch, Geflügelfleisch und Erzeugnisse daraus
    • Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis
    • Fische, Krebse oder Weichtiere und Erzeugnisse daraus
    • Eiprodukte
    • Säuglings- und Kleinkindernahrung
    • Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse
    • Backwaren mit nicht durchgebackener oder durcherhitzter Füllung oder Auflage
    • Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Mayonnaisen, andere emulgierte Soßen, Nahrungshefen.

Meldepflicht

  • Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an dem enteropathischen hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) sowie
  • Gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von EHEC, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.1,5
  • Des Weiteren ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 IfSG der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig,5
    • wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Küchen, Gaststätten) beschäftigt ist oder
    • wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
    • Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.5

Verlauf und Komplikationen

Verlauf

  • Normalerweise selbstlimitierende Erkrankungen mit einer Dauer von 2–4 Tagen bis zu 14 Tagen

Komplikationen

  • Komplikationen bei einer EHEC-Infektion können durch das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auftreten.
  • Dehydratation v. a. bei sehr jungen und sehr alten Betroffenen
  • Eine Studie zeigte, dass eine EHEC-Infektion (ohne HUS) mit dem vermehrten Vorkommen von Hypertonie (OR 1,3) und kardiovaskulärer Erkrankungen (OR 2,1) assoziiert sein kann (II).11

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN). Hämolytisch-Urämisches Syndrom im Kindesalter. AWMF-Leitlinie Nr. 166-002. S2k, Stand 2022. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple, AWMF-Leitlinie Nr. 021-024, S2k, Stand 2015 (abgelaufen). www.awmf.org
  2. Robert Koch-Institut (RKI). Enterohämorrhagische E. coli (EHEC, STEC, VTEC)/Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS). Stand 2017. www.rki.de
  3. Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020. www.rki.de
  4. Robert Koch-Institut. Abschließende Darstellung und Bewertung der epidemiologischen Erkenntnisse im EHEC O104:H4 Ausbruch Deutschland 2011. Berlin, Robert Koch Institut 2011. edoc.rki.de
  5. Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte: EHEC-Erkrankung, Stand 2015. www.rki.de
  6. Ehrenpreis ED. Foodborn E. coli Infection. BMJ Best PRactice, last updated Aug 11, 2021. bestpractice.bmj.com
  7. Pakbin B, Brück WM, Rossen JWA. Virulence Factors of Enteric Pathogenic Escherichia coli: A Review. Int J Mol Sci. 2021 Sep 14;22(18):9922. www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber EHEC-Erkrankungen, letzte Aktualisierung 11/2019. www.rki.de
  9. Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN). Hämolytisch-Urämisches Syndrom im Kindesalter. AWMF-Leitlinie Nr. 166-002. S2k. Stand 2022. www.awmf.org
  10. Bundesinstitut für Risikobewertung. EHEC - Enterohämorrhagische Escherichia coli. Stand 2019. www.bfr.bund.de
  11. Clark WF, Sontrop JM, Macnab JJ, et al. Long term risk of hypertension, renal impairment, and cardiovascular disease after gastroenteritis from drinking water contaminated with Escherichia coli O157:H7: a prospective cohort study. BMJ 2010; 341: c6020. www.bmj.com

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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