Hypokaliämie – zu wenig Kalium im Blut

Ein erniedrigter Kaliumwert im Blut wird als Hypokaliämie bezeichnet. Eine Hypokaliämie kommt relativ häufig vor und kann in manchen Fällen gefährlich oder lebensbedrohlich sein. Am häufigsten zeigt sich eine Hypokaliämie bei Patient*innen, die hohe Dosen entwässernder Medikamenten (Diuretika) einnehmen.

Was ist eine Hypokaliämie?

Definition

Hypokaliämie bedeutet, dass die Konzentration von Kalium im Blutserum verringert ist. Ein reduzierter Serumkaliumwert kann anhand einer Blutuntersuchung festgestellt werden. Je nach Höhe des Wertes unterscheidet man eine leichte, mittelschwere und schwere Hypokaliämie. Bei einer leichten Hypokaliämie liegt der Kaliumwert zwischen 3,0 und 3,4 mmol/l, bei einer schweren Hypokaliämie unter 2,5 mmol/l.

Symptome

Kalium ist wichtig für die Ausbildung der elektrischen Spannungsdifferenz zwischen dem Inneren und Äußeren der Zelle (Ruhemembranpotenzial). Eine Hypokaliämie erzeugt ein eher negatives Ruhemembranpotenzial. Hierdurch sind die Zellen weniger stark erregbar. Dies wirkt sich insbesondere auf die Muskulatur aus. Die Patient*innen können an Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Muskelschwäche leiden. Manchmal ist zudem die glatte Muskulatur des Verdauungstraktes betroffen, weshalb es zu Verstopfung und Bauchschmerzen bis hin zum Darmverschluss (Ileus) kommen kann. Außerdem können Herzrhythmusstörungen auftreten. Symptome am zentralen Nervensystem können sich in Form von Halluzinationen oder Depression zeigen.

Ursachen

Die Kaliumkonzentration im Blut unterliegt einer engen Regulation, da die Erregbarkeit der Zellen u. a. über Kalium gesteuert wird. Eine Hypokaliämie kann entstehen, wenn Kalium über die Ausscheidung oder durch Erbrechen und Durchfall verloren geht, zu wenig über die Nahrung aufgenommen wird sowie innerhalb des Körpers umverteilt wird.

Eine erhöhte Ausscheidung kann durch mehrere Faktoren bedingt sein. Der häufigste Grund ist eine verstärkte Ausschwemmung über die Niere, z. B. durch die Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika). Insbesondere Thiaziddiuretika und Schleifendiuretika bewirken eine vermehrte Ausscheidung von Kalium über den Urin. Kaliumsparende Diuretika hingegen führen, wie der Name schon sagt, nicht zu einer erhöhten Kaliumausscheidung. Andere Medikamente wie bestimmte Antibiotika können ebenfalls zu einer vermehrten Ausscheidung von Kalium führen. Kaliumverluste können auch bei Erkrankungen auftreten, die zu langanhaltendem Erbrechen und Durchfall führen.

Die Ausscheidung von Kalium über die Nieren wird von Hormonen gesteuert. Bestimmte Hormonstörungen, z. B. Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom), begünstigen eine erhöhte Kaliumausscheidung.

Findet eine Umverteilung von Kalium nach innerhalb der Zellen statt, sinkt der Serum-Kalium-Wert. Da der pH-Wert eng mit der Kaliumkonzentration zusammenhängt, kann dies z. B. durch einen Anstieg des pH-Wertes des Blutes passieren. Kalium kann auch durch eine starke Stimulierung der Insulinfreisetzung, eine Insulingabe oder die Einnahme von Beta-2-Mimetika (z. B. in Asthmasprays) vermehrt in die Zelle aufgenommen werden.

Eine verminderte Aufnahme von Kalium über die Nahrung ist eher selten, kann jedoch bei Unterernährung auftreten.

Häufigkeit

Die Hypokaliämie ist eine relativ häufige Störung des Elektrolythaushaltes und tritt bei ca. 2,5 % der Patient*innen über 55 Jahre in der Hausarztpraxis auf. Frauen sind dabei doppelt so oft betroffen wie Männer. Bei Patient*innen im Krankenhaus findet sich eine Hypokaliämie in 20 % der Fälle.

Untersuchungen

  • Die wichtigste Untersuchung zur Feststellung einer Hypokaliämie ist eine Blutentnahme mit einer Messung des Serum-Kalium-Werts. Auch Nierenwerte wie Blutzucker und Harnstoff werden bestimmt.
  • Daneben kann der pH-Wert sowie der Kaliumwert im Urin bestimmt werden.
  • Ein EKG kann unter einer Hypokaliämie Veränderungen aufweisen.
  • Im Rahmen der Untersuchung wird der Blutdruck gemessen und nach Hinweisen auf Flüssigkeitsmangel gesucht.
  • Muskelkraft und Reflexe können ebenfalls reduziert sein.
  • Wichtig zu wissen ist außerdem, ob bestimmte Medikamente wie Diuretika eingenommen werden.

Behandlung

  • Die Therapie der Hypokaliämie richtet sich nach der Ursache und der Höhe des Serum-Kalium-Wertes.
  • Oft normalisiert sich der Kaliumspiegel durch die Behandlung der Grunderkrankung (z. B. Behandlung von Erbrechen und Durchfall).
  • Patient*innen, die Thiaziddiuretika einnehmen und eine leichte Hypokaliämie haben, benötigen in der Regel keine Behandlung, wenn stattdessen kaliumsparende Diuretika eingesetzt werden.
  • Gegebenenfalls wird Kalium als Medikament gegeben, um den niedrigen Kaliumwert anzuheben. In bestimmten Fällen geschieht dies als Infusion über die Vene.
  • Zusätzlich ist es hilfreich, Lebensmittel zu sich zu nehmen, die viel Kalium enthalten. Dazu gehören u. a. Bananen, getrocknete Früchte (Pflaumen, Datteln, Feigen), Spinat, Brokkoli, Kiwi, Mango, Orangen, Tomaten und Avocado.
  • Im Verlauf sollten regelmäßig Kontrollen des Kaliumspiegels erfolgen.

Prognose

  • In der Regel sind erst ab Serumkaliumspiegel unter 3,0 mmol/l Symptome zu erwarten.
  • Unbehandelt kann eine Hypokaliämie zu schweren Komplikationen bis hin zu tödlichen Herzrhythmusstörungen führen.
  • Eine Hypokaliämie ist der häufigste Auslöser für eine Digitalis-Vergiftung bei Patient*innen mit einer Herzinsuffizienz. Diese Patient*innen werden oft mit hohen Dosen an Diuretika behandelt und die Digitalis-Wirkung wird bei einer Hypokaliämie verstärkt.
  • Oft reicht die Kaliumgabe über Tage bis Wochen für den Ausgleich des Kaliumdefizits aus; eine dauerhafte Substitution ist nur selten notwendig.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Marleen Mayer, Ärztin, Mannheim

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hypokaliämie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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