Kopfschmerzen bei Kindern

Kopfschmerzen kommen häufig im Kindes- und Jugendalter vor. Auch wiederkehrende Kopfschmerzen sind keine Seltenheit. Die häufigsten Kopfschmerzarten bei Kindern und Jugendlichen sind Spannungskopfschmerzen und Migräne.

Was sind Kopfschmerzen?

Kopfschmerzen bezeichnen Schmerzen im gesamten Kopf oder in Teilen des Kopfes. Sie werden in primäre und sekundäre Kopfschmerzerkrankungen unterteilt. Bei primären Kopfschmerzen kann keine Ursache für die Beschwerden gefunden werden. Sekundäre Kopfschmerzen sind durch eine andere Erkrankung verursacht, z. B. nach einem Sturz auf den Kopf. Kinder leiden meistens an primären Kopfschmerzen, wobei Spannungskopfschmerzen und Migräne die häufigsten sind. Tägliche Kopfschmerzen an mehr als 15 Tagen pro Monat werden als chronisch bezeichnet und sind bei Kindern und Jugendlichen selten.

Was kann die Ursache sein?

Häufige Ursachen

Migräne

  • Wiederkehrende Kopfschmerzattacken, die 2–48 Stunden lang anhalten.
    • Die Schmerzen sitzen meist in nur einer Kopfhälfte (rechte oder linke Seite).
    • Die Schmerzen beginnen allmählich innerhalb von 20 bis 30 Minuten.
    • Die Schmerzen werden als pulsierend beschrieben.
    • mittlere bis schwere Schmerzintensität 
    • Verstärkung der Schmerzen bei körperlicher Anstrengung
  • Begleitsymptome sind möglich:
    • Übelkeit und Erbrechen
    • Lichtempfindliche Augen, Doppeltsehen, unscharf sehen.
    • Geräuschempfindlichkeit.
  • Nicht selten leiden andere in der Familie ebenfalls an Migräne.
  • Migränevarianten
    • anfallsartige Bauchschmerzen ohne begleitende Kopfschmerzen
    • Aura ohne anschließende Kopfschmerzen
      • Aura-Symptome treten klassischerweise vor einem Migräneanfall auf, z. B. Sehstörungen, Taubheit, Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen
    • Schwindel
    • Erbrechen in Zyklen
  • Eine Migräneattacke kann durch folgende Triggerfaktoren versursacht sein:
    • Stress
    • Menstruation
    • Antibabypille
    • bestimmte Nahrungsmittel: Schokolade, Hartkäse, Zitrusfrüchte.

Spannungskopfschmerz

  • Die Kopfschmerzen kommen in vorübergehenden Episoden oder sind langanhaltend (chronisch).
    • Die Schmerzen sind typischerweise beidseitig im Kopf lokalisiert – diffus um den Kopf herum, „wie ein zu enger Hut", „Schraubstock-" oder „Helmgefühle".
    • Die Schmerzen erreichen eine leichte bis mäßige Intensität und verstärken sich nicht durch körperliche Aktivität.
    • Beim Abtasten von Kopf und Hals können Muskelschmerzen auftreten.
    • keine Übelkeit oder Erbrechen

Seltene Ursachen

Cluster-Kopfschmerz

  • Dicht aufeinander folgende Kopfschmerzattacken oder anhaltender einseitiger, sehr intensiver Kopfschmerz
    • Symptome am Auge
      • Schmerzen hinter dem Auge und um das Auge herum
      • Rötung des Auges
      • Tränenfluss
    • laufende Nase

Sekundäre Kopfschmerzen (durch eine andere Krankheit verursacht)

  • Gehirnerschütterung
  • Mittelohrentzündung
  • Hirnhautentzündung
  • Nasennebenhöhlenentzündung
  • Erkrankungen des zentralen Nervensystems
  • Hirntumor
  • Wasserkopf
  • Fehlsichtigkeit
  • Bluthochdruck
  • Drogen wie Kokain, Marihuana
  • Kohlenmonoxidvergiftung
  • Erkrankungen im Mundbereich oder der Kauorgane einschließlich Kiefergelenks
  • Obstruktive Schlafapnoe
  • Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch

Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

  • Kinder mit Kopfschmerzen sollten ärztlich vorgestellt werden, um eine ursächliche Erkrankung auszuschließen.
  • Der Kopfschmerz kann ein Symptom bzw. ein Warnsignal für eine andere Erkrankung sein, insbesondere bei:
    • plötzlich, erstmalig auftretende Kopfschmerzen
    • akute, erstmalig aufgetretene Kopfschmerzen
    • rasch zunehmende Stärke und/oder Häufigkeit der Symptome
    • Änderung des Schmerzcharakters (z. B. pulsierend, drückend, ziehend, dumpf)
    • morgendliche Kopfschmerzen mit Erbrechen vor dem Frühstück
    • nächtliches Erwachen wegen Kopfschmerzen
    • neurologischen Symptome, z. B. Missempfindungen, Lähmungserscheinungen
    • Zeichen der Wesensveränderung
    • Kinder unter 3 Jahren

Untersuchungen

  • Allgemeine körperliche Untersuchung, u. a. Fieber und Blutdruck
  • MRT bei Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz mit schweren Attacken oder langanhaltendem Verlauf
  • CT bei speziellen Fragestellungen oder als schnelle Bildgebung nach einem Schädel-Hirn-Trauma
  • Blutuntersuchungen sind in den meisten Fällen nicht erforderlich.

Behandlung

Migräne

Nichtmedikamentöse Maßnahmen

  • Ruhige und entspannende Umgebung schaffen.
  • Regelmäßige und häufige Mahlzeiten einführen. Das Frühstück ist wichtig.
  • Dafür sorgen, dass das Kind ausreichend trinkt.
  • Für ausreichenden und regelmäßigen Schlaf sorgen.
  • Für regelmäßige Bewegung sorgen.
  • Dauer und Stärke der Attacken dokumentieren (Kopfschmerzkalender).
  • Verhaltenstherapie, sog. Biofeedback und Entspannungsübungen bei älteren Kindern

Medikamentöse Behandlung

  • Bei Migräneattacken
    • 1. Wahl: Ibuprofen oder ASS
      • ASS erst nach dem 12. Lebensjahr
    • 2. Wahl: Paracetamol
    • in seltenen Fällen: Triptane, Ergotamin
  • Bei Erbrechen: Domperidon, Metoclopramid
    • Metoclopramid erst ab einem Alter von 14 Jahren
  • Zur Vorbeugung einer Migräneattacke
    • Die Wirksamkeit von Medikamenten zur Vorbeugung einer Migräne ist bei Kindern nicht zweifelsfrei belegt. In Deutschland sind aktuell keine Medikamente für diese Indikation zugelassen. Nichtmedikamentöse Maßnahmen sind vorzuziehen.

Spannungskopfschmerz

Nichtmedikamentöse Maßnahmen

  • Für regelmäßige Mahlzeiten und ausreichendend Schlaf sorgen.
  • Vermeiden, dass das Kind friert. Zusammengebissene Zähne können Spannungskopfschmerzen hervorrufen.
  • Körperliche Aktivität trägt zum Wohlbefinden bei und kann helfen, Spannungskopfschmerzen zu lindern.
  • Die Kinder sollten wenig Zeit vor dem Fernseher oder Computer verbringen, da Bewegungsmangel häufig zu Muskelverspannungen führt.
  • Verhaltenstherapie, sog. Biofeedback und Entspannungsübungen bei älteren Kindern

Medikamentöse Behandlung

  • Zurückhaltender Einsatz bei Kindern
    • Die tägliche Einnahme von Schmerzmitteln über einen längeren Zeitraum kann Kopfschmerzen auslösen.
  • Eingesetzte Schmerzmittel bei Kindern: Ibuprofen, Paracetamol

Was können Sie selbst tun?

  • Kopfschmerzkalender
    • Notieren Sie Zeitraum, Lokalisation, Intensität und Auslöser der Kopfschmerzen.
  • Die Einhaltung eines gleichbleibenden Tagesrhythmus in Bezug auf die Mahlzeiten, das Trinken, die körperliche Aktivität und den Schlaf kann die Häufigkeit von  Kopfschmerzattacken senken.
  • Vermeiden von Triggerfaktoren, u. a. Stress, Schokolade, Hartkäse, Zitrusfrüchte.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Hannah Brand, Dr. med., Ärztin, Berlin
  • Marleen Mayer, Ärztin, Mannheim

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Kopfschmerzen bei Kindern. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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