Hepatitis E

Hepatitis E ist eine Infektion der Leber mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV), das meist über verunreinigte Speisen oder Getränke übertragen wird.

Was ist Hepatitis E?

Hepatitis E ist eine Infektion der Leber mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV). In Deutschland wird die Erkrankung meist über infiziertes Schweinefleisch übertragen, in Ländern mit niedrigem Hygienestandard über verunreinigtes Wasser. Die Erkrankung nimmt den gleichen Verlauf wie eine Hepatitis-A-Infektion, heilt von selbst aus und wird nur selten chronisch. Bei einer akuten Leberentzündung nach einer Reise in Gegenden, in denen HEV stark verbreitet ist (Endemiegebiete), und wenn andere bekannte Hepatitisviren ausgeschlossen sind, sollte an Hepatitis E als mögliche Ursache gedacht werden.

Das Hepatitis-E-Virus wurde erstmals 1983 bei einer Immunelektronenmikroskopie von Stuhlproben entdeckt.

Hepatitis E kommt weltweit vor und tritt am häufigsten bei Personen zwischen 15 und 40 Jahren auf. In Deutschland nahm die Zahl der gemeldeten Hepatitis-E-Infektionen in den letzten 10 Jahren stark zu. 2018 wurden dem Robert Koch-Institut 3.396 Erkrankungen gemeldet, 2014 waren es nur 670 Erkrankungen. Wahrscheinlich beruht diese Zunahme vor allem auf einer vermehrten Diagnosestellung. Der Verzehr von unzureichend gegartem Schweinefleisch und daraus hergestellten Produkten ist vermutlich der häufigste Übertragungsweg.

Wo kommt Hepatitis E vor?

Das Hepatitis-E-Virus ist weltweit verbreitet, die Verbreitung der verschiedenen Typen ist jedoch unterschiedlich.

In Deutschland, anderen europäischen Ländern und Nordamerika kommt vor allem HEV Typ 3 vor, das durch infiziertes Schweine- oder Wildfleisch übertragen wird.

Hepatitis-E-Viren vom Typ 1 oder 2 kommen in den meisten subtropischen und tropischen Entwicklungsländern in Asien, Afrika und Mittelamerika vor. In diesen Ländern verursacht das Virus Hepatitis-Infektionen durch verunreinigtes Wasser, wobei es manchmal zu großen Ausbrüchen kommt, z. B. bei Überschwemmungen. Die ersten bekannten Epidemien fanden in Somalia, Sudan und Mexiko 1985 und 1986 statt. Insbesondere bei Epidemien treten auch in Industrieländern einzelne Fälle bei Personen auf, die sich in Verbreitungsgebieten infiziert haben.

Ansteckung

Zu Epidemien kommt es normalerweise, wenn Trinkwasser aufgrund schlechter sanitärer Verhältnisse durch Ausscheidungen verunreinigt wurde. Die direkte Übertragung von Person zu Person ist dagegen viel seltener, kann aber insbesondere bei HEV Typ 1 und Typ 2 durch Schmierinfektion erfolgen. Mangelhafte Hygiene geht mit einem höheren Ansteckungsrisiko einher.

Hepatitis-E-Viren können außerdem durch den Verzehr von unzureichend gegartem Wild- und Schweinefleisch und dessen Produkten sowie von Muscheln übertragen werden. In Ländern mit unzureichendem Hygienestandard können auch andere Lebensmittel mit HEV verunreinigt sein.

Aus Risikogebieten wurden auch Übertragungen von der Mutter aufs Kind und Infektionen über Bluttransfusionen berichtet.

Die Inkubationszeit (die Zeit zwischen Ansteckung und Beginn der Symptome) beträgt 15–60 Tage, im Durchschnitt 40 Tage. Etwa eine Woche nach Auftreten der ersten Symptome können Viren im Blut und im Stuhl nachgewiesen werden.

Welchen Krankheitsverlauf hat Hepatitis E?

Die Erkrankung beginnt meist mit grippeähnlichen Symptomen mit Fieber und Übelkeit. Bei den meisten Betroffenen mit Hepatitis E treten jedoch keine Krankheitssymptome auf, sondern sie verläuft als sogenannte asymptomatische Infektion. Bei Personen mit HEV-Infektion, die erkranken, unterscheidet sich das klinische Bild meist nicht von anderen Typen einer Virushepatitis, z. B. einer Hepatitis A. Manche Betroffene entwickeln allerdings einen Verlauf mit Stauung der Gallenflüssigkeit und erhöhten AP-Werten. Selten sind auch das Nervensystem oder die Nieren betroffen.

Der Krankheitsverlauf lässt sich in drei Phasen einteilen: eine Phase des Erkrankungsbeginns (Prodromalphase), eine Phase mit Gelbsucht und eine Phase der Genesung. Die Erkrankung klingt üblicherweise nach einigen Wochen ab, ohne dauerhafte Schäden zu hinterlassen. Im Unterschied zu Hepatitis B und C wird die Infektion nur selten chronisch. Bei Patienten mit Immunschwäche, z. B. bei HIV-Infektion, Chemotherapie oder nach einer Organtransplantation, kann die Erkrankung chronisch werden.

In der Prodromalphase treten allgemeine Symptome und Beschwerden auf, wie Muskel- und Gelenkschmerzen, leichtes Fieber, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Gewichtsabnahme (2–4 kg), Austrocknung und Schmerzen im rechten Oberbauch (die sich bei körperlicher Aktivität verstärken).

In der Gelbsuchtphase kommt es zu den typischen Erscheinungen einer Gelbsucht. Bei Personen mit dunkler Haut kann die Gelbsucht schwerer zu erkennen sein, allerdings zeigt sie sich auch immer in einer Gelbfärbung des Weißen im Auge (Sklera). In dieser Periode ist der Urin dunkel und der Stuhl hell/weißlich verfärbt. Häufig tritt auch Juckreiz auf. Andere Symptome können Nesselsucht und Durchfall sein.

Diagnostik

Die Diagnose erfolgt anhand der Krankengeschichte: Haben Sie sich vor Kurzem in einem Risikogebiet aufgehalten? Liegen Symptome einer ansteckenden Leberentzündung vor? Eine einfache Blutuntersuchung, bei der die Leberwerte und Antikörper gegen HEV bestimmt werden, kann die Diagnose klären. Die Analyse der entsprechenden Blutproben erfolgt im Labor. Zusätzlich kann eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums durchgeführt werden.

Therapie

Die Hepatitis E ist eine selbstbegrenzende Infektion, die in der Regel keine besondere Therapie benötigt. Nur die Symptome können gelindert werden. Die Patienten können weiter aktiv bleiben und alles tun, was sie schaffen. Es gibt keinerlei Nachweis dafür, dass Bettruhe die Genesung beschleunigen würde, ganz im Gegenteil.

Bei chronischer Hepatitis-E-Infektion (über 3 Monate) wird eine antivirale Therapie mit Ribavirin empfohlen.

Das wesentliche Ziel der Therapie ist es, die weitere Krankheitsübertragung zu verhindern, indem für sauberes Trinkwasser, gute sanitäre Verhältnisse und gute persönliche Hygiene gesorgt wird.

Vorbeugung

Bei Reisen in Verbreitungsgebiete von HEV-1 und -2 sollten Sie darauf achten, Wasser oder andere Getränke zu vermeiden, die verunreinigt sein können, und nur desinfizierte oder industriell hergestellte Getränke zu sich zu nehmen. Auch der Verzehr roher Speisen, insbesondere Meeresfrüchte, soll vermieden werden. Durch Abkochen von Wasser wird die Infektion verhindert, die Wirkung von Chlor dagegen ist nicht ausreichend belegt.

In Deutschland und anderen Ländern, in denen HEV-3 und -4 vorkommen, sollten Fleisch und v. a. Innereien von Schwein und Wild nur durchgegart verzehrt werden. Achten Sie auch auf eine gute Küchenhygiene.

Bis heute steht in Europa keine Impfung gegen das Hepatitis-E-Virus zur Verfügung.

Laut Infektionsschutzgesetz ist die Hepatitis E in Deutschland meldepflichtig. Die Meldung erfolgt an das zuständige Gesundheitsamt.

Prognose

Die Prognose ist bei Infektionen mit Hepatitis-E-Virus Typ 3 generell günstiger als bei anderen Varianten. Fast alle Betroffenen werden wieder völlig gesund. Bei Patienten mit Immunschwäche kann die Erkrankung chronisch verlaufen.

Bei unter 1 % der Infizierten entwickelt sich eine schwere Leberentzündung mit tödlichem Ausgang. Eine besondere Ausnahme bilden schwangere Frauen mit HEV-1-Infektion, bei denen die Sterblichkeit gegen Ende der Schwangerschaft 10–30 % beträgt. Auch bei bestehender Lebererkrankung ist das Risiko erhöht.

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hepatitis E. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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