Ein Großteil der Patienten mit Augenproblemen geht wohl direkt zum Augenarzt. Aber viele Patienten, gerade mit akuter ein- oder beidseitiger Augenrötung, sehen uns als erste Ansprechpartner für ihre Beschwerden. Da wir in der Regel über sehr eingeschränkte ophthalmologische Untersuchungs- und Interventionsmöglichkeiten verfügen, ist es unsere Hauptaufgabe, ernste und gefährliche Erkrankungen auszuschließen und leichte Fälle selbst zu behandeln.
Der häufigste Konsultationsgrund ist eine infektiöse Konjunktivitis. Hier gilt es, eine bakterielle Infektion, die lokal antibiotisch behandelt wird, von einer viralen Infektion mit Adenoviren zu unterscheiden. Diese hat aufgrund ihrer starken Infektiosität ganz andere Konsequenzen, wie Hygienemaßnahmen in der Praxis, Arbeitsunfähigkeit des Patienten und Fernbleiben von Gemeinschaftseinrichtungen. Auch eine allergische Konjunktivitis sehen wir häufig, besonders in der „Pollensaison". Die genannten Probleme gehen mit einer konjunktivalen Injektion einher, sind in der Regel harmlos und können hausärztlich versorgt werden. Aber Kontaktlinsenträger sollten sofort einem Augenarzt vorgestellt werden. Patienten mit einer Skleritis oder Episkleritis, also mit einer sektorförmigen Augenrötung, brauchen zumindest bei erstmaligem Auftreten eine augenärztliche Behandlung und Abklärung.
Ernster wird es schon bei einem Zoster opthalmicus, der in jedem Fall augenärztlich mitbetreut werden sollte. Mit in der Regel größeren Schmerzen und Blepharospasmus präsentieren sich Patienten mit einem Fremdkörper auf der Kornea oder mit einer Korneaerosion. Hier wird in der Regel ein adäquates Trauma berichtet. Diese Patienten sollen vom Augenarzt untersucht werden, schon allein um eine penetrierende Verletzung auszuschließen. Selten, aber dann hoch akut, tritt ein Glaukomanfall auf, der mit seiner ausgeprägten auch vegetativen Symptomatik und dem oft nachzulesenden „steinharten" Bulbus dann auch hoffentlich leicht zu erkennen ist und als ophthalmolgischer Notfall behandelt wird. Oft sind die Augenerkrankungen typisch und einfach zu erkennen, aber manchmal sind die Befunde auch schwerer einzuschätzen. Unser Artikel zur Augenrötung in der Hausarztpraxis verschafft Ihnen einen Überblick über die Differenzialdiagnosen und die entsprechenden Konsequenzen.
Marlies Karsch, Chefredakteurin
Frühere Themen:
- Schlafstörungen: große Erwartungen an die Ärzte
- Gibt es ihn noch, den gesunden Menschen?
- Klimawandel: wir Ärzte sollten dazu etwas sagen
- Drogenkrise in den USA – Betrifft uns das?
- Mit Schnupfen in die Notaufnahme?
- Vorgehen bei somatoformen Störungen: weniger ist mehr
- Häufiger Zufallsbefund: Anämie
- Die neue Leitlinie zum Harnwegsinfekt lässt Fragen offen
- Hausärzte können Palliativmedizin
- Nicht unsere Baustelle? Gynäkologie in der Hausarztpraxis
- Impfempfehlungen der STIKO – Was ist neu?
- EKG-Befunde, wie sie in der Praxis aussehen
- Warum erlaubt Deutschland als letztes EU-Land Außenwerbung für Tabakprodukte?
- Cannabinoide, revisited
- Ärztliche Schweigepflicht – Wann muss, wann darf man eine Ausnahme machen?
- Highlights aus Babybecken, Sandkasten und Kita
- Hautinfektionen – Haben Sie die Bilder dazu im Kopf?
- Hausärztliche Beratung zur kardiovaskulären Prävention – die neue DEGAM-Leitlinie
- Neue Leitlinie: Geriatrisches Assesssment in der Hausarztpraxis
- Bei Kopfschmerz an die Differenzialdiagnosen denken!
- Quartäre Prävention und Vermeidung von Überdiagnostik
- HIV und AIDS: daran denken!
- NVL Kreuzschmerz: Was ist neu?
- Oft nicht ganz eindeutig: Dermatologie in der Hausarztpraxis
- Beratung vor der Reise
- Sommerliche Notfälle in der Hausarztpraxis
- Auch wenn es schwerfällt: Let's talk about sex
- Allgemeinmedizin attraktiver machen – wie geht das?
- Unsere globale Verantwortung: Antibiotikaresistenzen
- Nicht jedermanns Sache: Traumatologie in der Hausarztpraxis und beim Notarzteinsatz
- Off-Label-Use – Was ist zu beachten?
- Mobbing von Schülern und gesundheitliche Folgen
- Demenzdiagnostik in in der Hausarztpraxis
- Wissen, was man tut, und warum
- Der „Mausarm“ und andere Schulter-Arm-Probleme
- iFOBT statt Serienbriefchen
- Achtung Pollenflug
- Nackenschmerzen – ein Wunschkonzert?
- Kollege Dr. House
- TSH – Krankheitsdefinition aus dem Labor?
- Impfpräventable Krankheitsbilder – es gibt sie noch
- Cannabinoide auf Rezept
- Ohrenprobleme
- Die Altenheimvisite
- Wenn der Alltag krank macht
- Ärzte als Patienten
- Gute Vorsätze für das neue Jahr
- There is no free lunch
- Influenza – die Saison ist eröffnet
- Depressionsbehandlung – eine typische Aufgabe des Hausarztes?
- Vitamin D – ein Alleskönner?
- Erkältungszeit
- Evidenzbasierte Medizin aus Norwegen