Bursitis und Tendopathie des Pes anserinus

Zusammenfassung

  • Definition:Erkrankung der Pes-anserinus-Sehne und zugehörigen Bursa
  • Häufigkeit:Selten
  • Symptome:Akute oder subakute Schmerzen am proximalen Ende der medialen Tibia, die sich beim Treppengehen, Hocken, Knien oder bei längerer Flexion verstärken.
  • Befunde:Lokalisierte Schmerzempfindlichkeit über der Sehne/Bursa proximal der medialen Tibia; Verschlimmerung bei isometrischem Test
  • Diagnose:Keine anderen Tests sind von besonderer Relevanz.
  • Behandlung:Ruhestellung, evtl. alternative Aktivität, Dehnungen, NSAR, evtl. lokale Steroidinjektion

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Pes-anserinus-Tendinopathie und -Bursitis ist eine Erkrankung der Sehnden, die das Pes anserinus und bilden (M. gracilis, sartorius, semitendinosus) und des Schleimbeutels an der Medialseite des Knies.

Häufigkeit

  • Die Erkrankung ist selten.

Klinische Anatomie

  • Die Sehnen des M. gracilis, M. sartorius und M. semitendinosis bilden zusammen den Pes anserinus (Gänsefuß) und setzen an der anteromedialen Seite der proximalen Tibia an.
  • Der Pes anserinus ist der Ansatz für diese gemeinsame Sehne. Im selben Bereich befindet sich ein Schleimbeutel, der zwischen der Sammelsehne und dem darunterliegenden Tibiaknochen liegt.
  • Der Sehnenansatz liegt oberflächlich des Tibialansatzes des Ligamentum collaterale mediale.

Ätiologie und Pathogenese

  • Trauma
  • Akute Überlastung
  • Wiederholte Belastungen
  • Der Schleimbeutel entzündet sich infolge von wiederholter Reibung bei Sportarten wie Radfahren, Laufen und Schwimmen, insbesondere Brustschwimmen.

Pathogenese

  • Tendinopathie des Pes anserinus
  • Entzündung der Bursa anserina
    • Entwickelt sich zwischen Knochen und Sehne proximal des Tibialansatzes.

Begünstigende Faktoren

  • Mechanisches Missverhältnis:
    • Beinlänge
    • Fehlstellung
    • ausgeprägte Pronation des Fußes
    • muskuläre Dysbalance, Zug auf dem Biceps femoris (Hamstring).

ICPC-2

  • L15 Kniesymptomatik/-beschwerden
  • L87 Bursitis/Tendinitis/Synovitis NNB

ICD-10

  • M76.8 Sonstige Enthesopathien der unteren Extremität mit Ausnahme des Fußes

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Lokalisation der Schmerzen
  • Positiver isometrischer Test bei Beanspruchung der Sehnen des Pes anserinus

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Ätiologische Anamnese
    • Die Schmerzen sind häufig auf ein einzelnes Trauma oder eine ungewohnt lange Belastung zurückzuführen.
  • Schmerzen
    • akute oder subakute Schmerzen proximal der medialen Tibia
    • Der Schmerz ist intensiv und ziehend.
    • Die Schmerzen verstärken sich beim Treppengehen, Hocken, Knien oder bei längerer Flexion.

Klinische Untersuchung

  • Lokalisierte Schmerzempfindlichkeit über der Sehne/Bursa am proximalen Ende der medialen Tibia.
  • Verstärkte Schmerzen bei isometrischem Test: Flexion des Knies und mediale Rotation der Tibia relativ zum Femur
    • Der M. sartorius unterstützt die Flexion, Abduktion und Außenrotation im Hüftgelenk.
    • Der M. gracilis unterstützt die Adduktion des Femurs im Hüftgelenk sowie die Flexion und Innenrotation des Beins im Kniegelenk.
    • Der M. semitendinosus unterstützt die Extension im Hüftgelenk sowie die Flexion und Innenrotation des Beins im Kniegelenk.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei ausbleibender Wirkung einer konservativen Behandlung

Checkliste zur Überweisung

Weichteilerkrankung, einschließlich vorderer Knieschmerzen und Patellainstabilität

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik? Operation? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Trauma oder Überbeanspruchung? Evtl. Traumamechanismus beschreiben. Verlauf und Entwicklung? Anhaltende Beschwerden?
    • Lokalisation der Schmerzen? Schmerzen im Zusammenhang mit kniender Arbeit, sportlichen Aktivitäten,Treppensteigen? Andere schmerzauslösende Situationen? Hydrops? Blockaden?
    • Andere relevante Krankheiten?
    • Regelmäßige Medikamente?
    • Konsequenzen. Funktionsverlust? Arbeitsunfähigkeit?
  • Klinischer Befund
    • Lokalisation der Schmerzen? Schwellung? Gehvermögen?
    • Lokale Wärme, Schwellung, Schmerzempfindlichkeit: Wo? Schmerzempfindliche Gelenklinie? Meniskusschmerzen oder -klicken bei rotierender Kniebewegung? Verminderte Beweglichkeit?
    • Ergebnis des isometrischen Tests der Flexion des Kniegelenks?
    • Evtl. Seitenstabilität (Seitenband)?
    • Evtl. Schubladentest (Kreuzband)?
  • Zusatzuntersuchungen

Therapie

Therapieziel

  • Schmerzen lindern.
  • Die Funktionsfähigkeit wiedererlangen.

Allgemeines zur Therapie

  • Ruhe, evtl. alternative Aktivität
  • Arbeits- oder Trainingsbelastung ändern.
  • Evtl. Eis, Kompression nach der Aktivität
  • Eine medikamentöse Therapie kann wirksam sein.

Anerkennung als Berufskrankheit

  • Tritt eine Pes-anserinus-Tendopathie im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit auf, kann diese als Berufskrankheit anerkannt werden.1
  • Zuständig hierfür sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.
  • Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dort gemeldet werden (Meldebogen2).
  • Es wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
  • Dann können bestimmte Maßnahmen auf Kosten der GUV durchgeführt werden:
    • spezielle therapeutische Maßnahmen
    • Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
    • Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zur Zahlung einer Rente.3
  • Manchmal muss die Tätigkeit erst vollständig aufgegeben werden, damit die Anerkennung als Berufskrankheit erfolgen kann.

Empfehlungen für Patienten

  • In der akuten Phase
    • Eis kann in den ersten 24 bis 48 Stunden für zehn Minuten pro Stunde angewendet werden, später auf 3- bis 4-mal täglich reduzieren.
  • Aktivitäten mit Gewichtsbelastung des Knies meiden oder minimieren.
    • Klettern, Laufen und Sprunglauf
  • Dehnungen der M. Biceps femoris
  • Übungen für den Quadrizeps

Medikamentöse Therapie

  • In der akuten Phase kann Paracetamol oder ein NSAR schmerzlindernd wirken; nur wenige Tage damit behandeln.
    • Paracetamol 1 g alle 6 Stunden, maximal 4.000 mg/Tag
    • Ibuprofen 1.200 mg als Anfangsdosis, anschließend 1.800–2.400 mg täglich, verteilt auf 3–4 Dosen
    • Naproxen 375–500 mg Anfangsdosis, anschließend 750–1.000 mg täglich, verteilt auf 2 Dosen
  • Lokale Anwendung von NSAR
    • Sind bei Tendinopathien generell als wirksam dokumentiert, aber nur in einem von drei Fällen ist die Wirkung zufriedenstellend.4-5
    • Ketoprofen/Ibuprofen/Diclofenac-Gel: 2- bis 3-mal täglich über dem entzündeten Bereich auftragen.
  • Lokale Steroidinjektionen
    • z. B. Betamethason inj.: 1 ml in 1 ml Lokalanästhetikum, lokal gesetzt

Andere Behandlungen

  • Berichten zufolge hat sich bei Tendinopathie eine Querfriktionsmassage des Ansatzes als effektiv erwiesen.
  • Eine Exzision der Bursa kann bei rezidivierenden Beschwerden angezeigt sein.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Dortmund. Merkblätter und wissenschaftliche Begründungen zu den Berufskrankheiten der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), zuletzt aktualisiert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. Dezember 2014. Zugriff 24.1.2017. www.baua.de
  2. DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de
  3. Mehrtens, G. Valentin, H. Schönberger, A. Arbeitsunfall und Berufskrankheit : rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung S.878ff. Berlin: Erich Schmidt Verlag 9: Auflage, 2017.
  4. Moore RA, Tramer MR, Caroll D, Wiffen PJ, McQuay HJ. Quantitative systematic review of topically applied non-steroidal antiinflammatory drugs. BMJ 1998; 316:333-338 British Medical Journal
  5. Mazieres B, Rouanet S, Guillon Y, Scarsi C, Reiner V. Topical ketoprofen patch in the treatment of tendinitis: a randomized, double blind, placebo controlled study. J Rheumatol 2005; 32: 1563-70. PubMed
  6. Glencross PM. Pes anserine bursitis. Medscape, last updated June 25, 2015 . emedicine.medscape.com

Autoren

  • Stig Fossum, fysioterapeut, spesialkompetanse på muskel- og skjelettsykdommer, Moholt Fysioterapi, Trondheim
  • Bendik Johannessen, fysioterapeut, Trondheim
  • Bengt Lund, dr.med. speciallæge i ortopædkirurgi. Fhv. overlæge, Silkeborg Regionssygehus (Lægehåndbogen)
  • Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo

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