Tendopathie des Trizeps

Zusammenfassung

  • Definition:Überbelastung der Trizepssehne.
  • Häufigkeit:Erkrankung insgesamt selten, im Kraftsport jedoch gehäuft zu finden.
  • Symptome:Schmerzen an der Rückseite des Ellenbogens bei Extension.
  • Befunde:Isometrischer Extensionstest des Ellenbogens positiv.
  • Diagnose:Sonografie zur Beurteilung der Sehnenqualität. Ggf. Röntgen und MRT zur Differenzialdiagnostik.
  • Behandlung:Verzicht auf schmerzauslösende Aktivitäten und dosierter Belastungsaufbau mit isometrischen und exzentrischen Übungen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Überbelastung der Trizepssehne1

Einteilung2

  • Sehnenpathologien können qualitativ, quantitativ und anhand der Lage unterschieden werden.
  • Qualitativ
    • Tendopathie
    • Peritendopathie
    • Riss
  • Quantitativ
    • Teilriss
    • kompletter Riss
  • Lokalisation
    • myotendinöser Übergang
    • Sehne selbst
    • knöcherner Ansatz der Sehne

Häufigkeit

  • Insgesamt relativ selten
    • Gehäuft im Kraftsport sowie bei Wurf- und Schlagsportarten zu beobachten.1-2

Klinische Anatomie

  • Die Trizepssehne besteht aus 3 Köpfen, dem tiefen medialen und dem gemeinsam inserierenden lateralen und langen Kopf.3
  • Sehneninsertion am Olekranon und über eine zweite flächige Ausdehnung über die dorsale Ulna und die Faszien der Unterarmstrecker3

Ätiologie und Pathogenese

  • Eine Tendopathie entsteht in der Regel durch wiederholte Flexion und Extension des Ellenbogens gegen Widerstand, z. B. beim Kraftsport (Bankdrücken).
  • Cave: keine prostaglandinvermittelte Entzündungsreaktion (Tendopathie ≠ Tendinitis)!4
    • Eine Tendopathie beschreibt stattdessen eine Fehlheilung.
  • Akute Tendopathie4
    • Die Sehnenzellen (Tenozyten) reagieren auf die akute Überlastung mit vermehrter Bildung von Proteinen (Pro­teo­glykane), die eigentlich im Knorpel vorkommen.
    • Diese Proteine speichern deutlich mehr Wasser, sodass es zu einem diffusen Anschwellen der gesamten Sehne kommt.
    • Diese Querschnittsvergrößerung dient einer schnellen Anpassung der Sehnenbelastbarkeit.
    • Sehnenzellen sind in dieser Phase hochempfindlich und belastungssensibel.
    • Geringe Belastungssteigerungen führen sofort zu einer Schmerzverstärkung.
  • Chronische Tendopathie4
    • Es finden sich wesentlich mehr Sehnenzellen.
    • Die veränderte Zusammensetzung von Pro­­teo­­glykanen verursacht eine weniger parallele Ausrichtung der Kollagenfasern.
    • Zunehmend mehr Narbengewebe (weniger belastbares Kollagen Typ III) ist in der Sehne vorhanden.
    • Mehr und mehr Mikrogefäße sprießen in die Sehne ein, parallel dazu auch neue Nervenfasern.

Prädisponierende Faktoren

  • Plötzliche Belastungssteigerung4
  • Dauerhafte Überbelastung durch repetitive Bewegungen4
  • Metabolische Faktoren, die sich negativ auf Sehnenqualität auswirken, z. B.:4
  • Medikamente, z. B. Kortison oder Fluorchinolone4

ICPC-2

  • L10 Ellbogensymptomatik/-beschwerden

ICD-10

  • S46.3 Verletzung des Muskels und der Sehne des M. triceps brachii

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Häufig schleichender Beginn
  • Schmerzen an der Rückseite des Ellenbogens, die bei Extension stärker werden.
  • Repetitive Streckbewegungen des Ellenbogens bei Beruf oder Freizeit/Sport?
  • Vorherige Erkrankungen des Ellenbogengelenks

Klinische Untersuchung

  • Isometrischer Extensionstest positiv
    • Schmerzen am dorsalen Ellenbogen bei Streckung des Ellenbogens gegen Widerstand
  • Druckschmerz über dem Ansatz der Trizepssehne am Olekranon

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Dynamische Sonografie
    • qualitative Beurteilung der Sehne (Anhalt für Ruptur oder pathologisches Narbengewebe?)
  • Röntgen des Ellenbogens in 2 Ebenen zur Differenzialdiagnostik
    • z. B. Ausschluss von Avulsionsfrakturen3
  • Ggf. MRT
    • detaillierte Darstellung der Sehne, nur im Zweifel notwendig

Indikationen zur Überweisung

  • Überweisung an Orthopäd*in bei therapierefraktären Beschwerden oder Unsicherheit bezüglich der Diagnose

Therapie

Therapieziele

  • Genesung
  • Rezidivprophylaxe2
    • Möglichst geringe Narbenausheilung, um die Ausgangslänge der Muskel-Sehnen-Einheit zu erhalten.
    • Dies führt zum Krafterhalt und damit zum Erhalt der sportlichen Leistungsfähigkeit.

Allgemeines zur Therapie

  • Erste Maßnahme: Die schmerzauslösenden Bewegungen stoppen.
  • Die Sehnen benötigen eine dosierte Belastung und keine Pause, um zu heilen und zu wachsen.4
    • Eine komplette Pause ist oft nur für kurze Zeit und bei akuter Tendopathie notwendig.
    • Siehe Stufenplan.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Verzicht auf schmerzauslösende Aktivitäten
  • Tägliche Durchführung des Übungsprogramms (siehe Stufenplan)

Medikamentöse Therapie

  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) haben nur im Rahmen der akuten Tendopathie krankheitsmodifizierende Effekte.4
    • z. B. Ibuprofen 400 mg 1–1–1 für 4 Tage
    • Bei der überwiegend vorliegenden chronischen Tendopathie haben sie keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf.
  • Kortikoide führen meist zu einer schnellen Beschwerdelinderung, die jedoch nur kurze Zeit anhält.4
    • Mittel- bis langfristig führen sie dagegen zu einer Verschlechterung der Sehnenqualität mit einem erhöhten Risiko für (Teil-)rupturen.
    • sehr, sehr restriktiver Einsatz empfohlen

Konservative Therapie

  • Exemplarischer Stufenplan für den Belastungsaufbau4
    1. isometrisches Training
      • Beispiel: Patient*in auf allen Vieren kniend, 0,5 l Wasserflasche in die Hand nehmen, den Arm nach hinten strecken und ihn 45 sec in der Streckung halten.
      • 10 x am Tag wiederholen.
    2. exzentrisches Training
      • Beispiel: Rücklings mit den Händen auf dem Sofa abstützen, langsam mit dem Körper absinken und Bewegung durch Trizeps abbremsen.
      • morgens und abends jeweils 3 Sätze mit 10–12 Wiederholungen
    3. Return-to-sports
      • Technikschulung bei schmerzhaften Bewegungsmustern
  • Myofasziale Techniken und Massage der Trizepssehne1
  • Als Ergänzung zur Basistherapie können u. a. folgende Therapiemaßnahmen zur Anwendung kommen:4
    • extrakorporale Stoßwellentherapie
    • Sklerosierung von Neovaskularisationen der Sehne.

Prävention

  • Daumenregel, um eine Überlastung beim Sport zu vermeiden: 10-%-Regel.1
    • Steigerung des Gewichts/der Dauer des Trainings um max. 10 % nach jeweils 10 Trainingseinheiten

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

Komplikationen

  • Ruptur der Sehne
  • Chronifizierung mit dauerhaften Schmerzen und Funktionseinschränkungen

Prognose

  • Die Prognose der Tendopathie ist sehr gut, sofern der Belastungsaufbau ausreichend langsam und korrekt mit isometrischen und exzentrischen Übungen erfolgt.1

Quellen

Literatur

  1. Disabelle VN. Elbow and Forearm Overuse Injuries. Medscape, last updated Jan 05, 2021. emedicine.medscape.com
  2. Ritsch M, Grim C. Muskel- und Sehnenverletzungen der oberen Extremität. OUP 2018. www.online-oup.de
  3. Schoch C, Harnoß T, Geyer M. Tendopathien der oberen Extremität. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2014; 9(2): 107-30. www.thieme-connect.com
  4. Weinert F. Tendopathien. Sportärztezeitung 2017. sportaerztezeitung.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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