Akute Bauchschmerzen bei Kindern

Akute Bauchschmerzen kommen bei Kindern häufig vor. Die meisten Episoden gehen von selbst vorüber und nur selten ist ein Krankenhausaufenthalt nötig.

Was sind akute Bauchschmerzen bei Kindern?

  • Es handelt sich um plötzlich einsetzende, starke Schmerzen in der Bauchregion.
  • Akute Bauchschmerzen bei Kindern treten häufig auf. Dabei müssen die Schmerzen nicht immer im Bauch ihren Ursprung haben. Besonders Kinder zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr können Schmerzen, die von anderen Organen ausgehen, nicht genau lokalisieren und zeigen Schmerzen im Bauch an.
  • Die meisten Episoden von akuten Bauchschmerzen sind harmlos und gehen von selbst vorüber. Es kann aber auch selten ein lebensbedrohlicher Grund hinter den Bauchschmerzen stecken und einen Krankenhausaufenthalt rechtfertigen.

Einschätzungen in Bezug auf das Alter

  • Kinder unter 1 Jahr
    • In dieser Altersgruppe sind die wichtigsten Symptome für Bauchschmerzen anhaltendes bzw. lautes Weinen und Anziehen der Beine unter den Körper.
  • Kleinkinder: etwa 1–5 Jahre
    • Bauchschmerzen sind ein sehr unspezifisches Symptom, das auch auf eine Krankheit oder Infektion in einem anderen Organ hindeuten kann.
  • Ältere Kinder: über 5 Jahre
    • Die Beschwerden ähneln den Symptomen bei Erwachsenen.
    • Bauchschmerzen mit psychischen Ursachen treten ab dem Schulalter häufiger auf.

Was kann die Ursache sein?

Behandelbare Ursachen

  • Verstopfung 
    • Eine akute Verstopfung kann auf eine andere Erkrankung hinweisen.
    • Eine chronische Verstopfung kann zu akuten Bauchschmerzen führen.
    • Bei einer Verstopfung wird der Stuhl fester und härter. Beim Stuhlgang kommt es zu Schmerzen oder Beschwerden, und die Zeit zwischen den Darmentleerungen ist länger.
  • Harnwegsinfekt
    • Unklares Fieber kann ein Hinweis auf einen Harnwegsinfekt sein.
    • Es kommt zu Schmerzen, Druck auf der Blase, Brennen beim Wasserlassen und häufigem Wasserlassen.
  • Säuglingskolik
    • Koliken treten bei Säuglingen häufig auf.
    • Sie kommen bei 5–20 % der Säuglinge in den ersten 3 Lebensmonaten vor.
    • Die Ursache ist bis heute nicht geklärt.
    • Betroffene Kinder schreien wiederholt und lang anhaltend.
    • Der Säugling ist ansonsten gesund, die Gewichtszunahme normal.
  • Magen-Darm-Infektion
    • Sie ist eine der häufigsten Ursachen von Bauchschmerzen bei Kindern.
    • In den meisten Fällen verursachen Viren die Beschwerden. Es können aber auch Bakterien verantwortlich sein.
    • Es kommt zu diffusen oder kolikartigen Bauchschmerzen, die sich verlagern können, sowie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Fieber.
  • Reizdarm
    • Die Erkrankung beginnt meist im Jugendalter. 
    • Es kommt zu wiederkehrenden Verdauungsstörungen in Form von wechselndem Stuhlverhalten, Unterbauchschmerzen und Blähungen. Nach Stuhl- und Gasentleerung kommt es meistens zu einer Linderung der Beschwerden.
  • Unverträglichkeit von Laktose und/oder Fruktose
    • Eine Laktoseintoleranz liegt bei älteren Kindern und Jugendlichen häufig vor und äußert sich als Bauchschmerz, Blähungen und chronischer Durchfall.
    • Bauchschmerzen beim Kind können auch durch übermäßigen Genuss von Frucht- und Vitaminsäften entstehen. 15–25 % der Bevölkerung haben eine sog. Fruktosemalabsorption. Bei vermehrter Gabe von Früchten und Fruchtsaft kann es deshalb zu Durchfall und Bauchschmerzen kommen.
  • Menstruationsschmerzen
    • Mädchen in der Pubertät und junge Frauen leiden häufig unter wiederkehrenden Bauchschmerzen im Zusammenhang mit der Menstruation.
    • Die Menstruationsschmerzen beginnen meist 6–12 Monate nach erstmaligem Auftreten der Periodenblutung (Menarche).
  • Lebensmittelvergiftung
    • Verzehr kontaminierter Speisen und/oder Getränke
    • Typische Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Kopfschmerzen und manchmal Fieber.
  • Funktionelle Bauchschmerzen
    • Bauchschmerzen ohne organische Ursache sind häufig chronisch oder wiederkehrend, können jedoch auch akut auftreten.
    • Häufig treten zusätzlich Symptome wie Übelkeit oder Blässe auf.
    • Das Kind reagiert mit Bauchschmerzen auf Stress, Anspannung, Angst usw.
    • Die Schmerzen gehen meist von selbst vorüber.

Schwerwiegende Erkrankungen

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
    • Diese Erkrankungen sind bei Kindern selten. Sie treten meist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf.
    • Colitis ulcerosa äußert sich häufig in Form von blutigem Durchfall.
    • Morbus Crohn ist durch Schmerzen, Durchfall und kleine Abszesse um den After gekennzeichnet.
    • Zöliakie: Glutenintoleranz

Notfälle/Klinikeinweisung notwendig

  • Blinddarmentzündung (Appendizitis)
    • Es handelt sich um eine Entzündung des Wurmfortsatzes und nicht des Blinddarmes, wie der Name fälschlich vermuten lässt.
    • Die Entzündung tritt am häufigsten im Alter von 10–30 Jahren auf.
    • Die diffusen Schmerzen beginnen häufig um den Bauchnabel herum oder im oberen Bauch und verlagern sich dann innerhalb von Stunden auf die untere rechte Bauchseite.
    • Zusätzlich können Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen auftreten.
    • Fieber über 38,0 °C ist möglich.
  • Lymphknotenschwellung im Bauchbereich (Lymphadenitis mesenterialis)
    • Die Erkrankung verursacht ähnliche Symptome wie eine Blinddarmentzündung mit Schmerzen im rechten Unterbauch.
    • Sie wird durch entzündete, geschwollene und empfindliche Lymphknoten im Bauchbereich verursacht.
    • Häufig besteht gleichzeitig oder vorhergehend eine Infektion der oberen Atemwege.
  • Eingeklemmter Bruch (Hernia incarcerata)
    • Im Leistenbereich kommt es zu einer Schwellung, die sich nicht wieder eindrücken lässt. Dabei treten Teile der Baucheingeweide nach außen hervor und kommen unter der Haut zu liegen.
    • Bei einer akuten Einklemmung bestehen sehr starke Schmerzen.
  • Darmeinstülpung (Darminvagination) oder Verdrehung des Darms (Volvulus)
    • Es handelt sich um einen Notfall! Heftige Bauchschmerzen und galliges Erbrechen sind Warnzeichen. Der Bauch kann stark gebläht sein.
    • Die Kinder fallen häufig durch eine blasse Hautfarbe auf und können einen blutig-schleimigen Stuhl absetzen.
  • Akute Unterleibsinfektion
    • Die Infektion der inneren Geschlechtsorgane tritt am häufigsten bei sexuell aktiven jungen Frauen auf.
    • Sie beginnt oft schleichend und geht mit Schmerzen oder Druckempfindlichkeit im unteren Bauchbereich, vermehrtem Ausfluss, Blutungsstörungen und Fieber einher.
  • Bauchverletzung (Abdominaltrauma)
    • Bei Verletzungen im Bauchraum (durch Stürze, Unfälle etc.) kann es zu Blutergüssen und Verletzungen der Bauchorgane kommen.
    • Am häufigsten tritt ein Milzriss auf.
  • Hodentorsion
    • Die Hodentorsion ist eine Drehung des Hodens um die eigene Achse.
    • Dabei treten plötzliche starke Schmerzen in der Leistenregion bzw. im Unterbauch auf. Der betroffene Hoden ist gerötet und geschwollen.
  • Meckel-Divertikulitis
    • Das Meckel-Divertikel ist eine Aussackung des Dünndarms, die sich entzünden kann.
    • Die Krankheit tritt meist bei Kindern unter 10 Jahren auf und verursacht häufig keine Symptome.
    • Mögliche Symptome sind Blutungen aus dem Darm, Bauchschmerzen und Übelkeit.

Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

  • Bei akuten, starken Bauchschmerzen und insbesondere bei folgenden Warnsymptomen sollten Sie ärztliche Hilfe suchen:
    • anhaltende Schmerzen im rechten Ober- oder Unterbauch
    • lang anhaltende Schmerzen über 12 Stunden
    • anhaltendes Erbrechen, Erbrechen von Galle
    • nächtliche Beschwerden
    • blutiges Erbrechen und/oder Blut im Stuhl
    • ungewollter Gewichtsverlust
    • verlangsamtes Längenwachstum
    • unerklärbares Fieber
    • Gelenkentzündung.

Untersuchungen

Ärztliche Untersuchung

  • Die Ärztin oder der Arzt führt eine umfassende körperliche Untersuchung des Kindes durch.
  • Dabei wird der Bauch abgetastet und abgehört.

Weitere Untersuchungen

  • Je nach Symptomen und Befunden können weitere Untersuchungen sinnvoll sein.
  • Es können Blutproben, Stuhlproben und Urinuntersuchungen benötigt werden.
  • Eine Ultraschalluntersuchung liefert weitere Informationen.
  • Bei Bedarf wird eine gynäkologische Untersuchung durchgeführt.
  • Bei unklarer Ursache kann eine Computertomografie oder eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden.

Krankenhauseinweisung

  • Besteht von ärztlicher Seite der Verdacht auf eine akute Erkrankung, die einen Krankenhausaufenthalt erfordert, wird das Kind sofort ins Krankenhaus eingewiesen.
  • Dort können weitere Untersuchungen erfolgen.

Was können Sie selbst tun?

  • Akute, starke Bauchschmerzen bedürfen normalerweise einer ärztlichen Untersuchung.
  • Bei Schmerzen aufgrund einer bekannten Diagnose sollten Sie die zuvor erteilten Ratschläge befolgen.
  • Bei leichten Bauchschmerzen können Sie abwarten und den weiteren Verlauf der Schmerzen beobachten. Meist gehen Bauchschmerzen bei Kindern von selbst vorüber.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Bauchschmerzen bei Kindern, akute. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D & F, 2018.
  2. Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
  3. Hijaz NM, Friesen CA. Managing acute abdominal pain in pediatric patients: current perspectives. Pediatric Health Med Ther 2017; Jun 29;8: 83-91. pmid:29388612 PubMed
  4. Reust CE, Williams A. Acute Abdominal Pain in Children. Am Fam Physician 2016; May 15;93(10): 830-837. www.aafp.org
  5. Téoule, Patrick; de Laffolie, Jan; Rolle, Udo; Reißfelder, Christoph,Akute Appendizitis im Kindes- und Erwachsenenalter,Dtsch Arztebl Int 2020. www.aerzteblatt.de
  6. Daelemans S, Peeters L, Hauser B, Vandenplas Y.Recent advances in understanding and managing infantile colic.F1000Res. 2018. www.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung. Akute infektiöse Gastroenteritis im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 068-003. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  8. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Reizdarmsyndroms. AWMF-Leitlinie Nr. 021/016. Stand 2021. www.awmf.org
  9. Jacob R, Shavit I. Emergency Department Pain Management of Acute Abdominal Pain and Acute Appendicitis in Children. Isr Med Assoc J 2016; Nov;18(11): 689-691. pmid:28466621 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  10. Saucier A, Huang EY, Emeremni CA, Pershad J. Prospective evaluation of a clinical pathway for suspected appendicitis. Pediatrics 2014; 133: 88-95. doi:10.1542/peds.2013-2208. pediatrics.aappublications.org
  11. Di Saverio et al. Diagnosis and treatment of acute appendicitis: 2020 update of the WSES Jerusalem guidelines. World Journal of Emergency Surgery. 2020. 15:27. www.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Clinical differentiation between acute appendicitis and acute mesenteric lymphadenitis in children. Eur J Pediatr Surg . 2011; Mar;21(2): 120-3. doi:10.1055/s-0030-1267979 DOI
  13. Helbling R, Conficconi E, Wyttenbach M, Benetti C, Simonetti GD, Bianchetti MG, Hamitaga F, Lava SA, Fossali EF, Milani GP; Acute Nonspecific Mesenteric Lymphadenitis: More Than "No Need for Surgery"; Biomed Res Int. 2017;2017:9784565. doi: 10.1155/2017/9784565; Epub 2017 Feb 2. www.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Hyman PE, Milla PJ, Benninga MA, Davidson GP, Fleisher DF, et al. Childhood Functional Gastrointestinal Disorders: Neonate/Toddler. Gastroenterology. APRIL 01, 2006; VOLUME 130, ISSUE 5: P1519-1526,. doi:https://doi.org/10.1053/j.gastro.2005.11.065 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  15. Tabbers, M.M.; DiLorenzo, C.; Berger, M.Y.; Faure, C.; Langendam, M.W. et al.. Evaluation and Treatment of Functional Constipation in Infants and Children. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition February 2014; Volume 58, Issue 2: p 258-274. doi:10.1097/MPG.0000000000000266 DOI
  16. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. S3-Leitlinie Brennen beim Wasserlassen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. Stand 2018. www.awmf.org
  17. Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e. V. (DGKCH). Leistenhernie, Hydrozele. AWMF-Register-Nr. 006-030. Stand 2020. www.awmf.org
  18. Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR). Bauchschmerz bei Kindern - Bildgebende Diagnostik. AWMF Leitlinie Nr. 064 - 016. S1. Stand 2020 www.awmf.org
  19. Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Invagination. AWMF Leitlinie Nr. 006-027. S1, Stand 2021. www.awmf.org
  20. Curry A, Williams T. Pelvic Inflammatory Disease: Diagnosis, Management, and Prevention. Am Fam Physician. 2019; Sep 15;100(6):: 357-364. www.aafp.org
  21. Lynch T, Kilgar J, Al Shibli A. Pediatric Abdominal Trauma. Curr Pediatr Rev. 2018;14(1):59-63. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  22. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung Register-Nr.: 187-023, S3, Stand 2016 (abgelaufen). www.awmf.org
  23. Günther P, Rübben I. Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(25): 449-58. doi:10.3238/arztebl.2012.0449 DOI
  24. Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie, Deutsche Gesellschaft für Urologie. Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 006-023, S2k, Stand 2015 (abgelaufen). www.awmf.org
  25. Kuru S, Kismet K. Meckel's diverticulum: clinical features, diagnosis and management. Rev Esp Enferm Dig. 2018 Nov;110(11):726-732. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  26. Lomer MCE, Parkes GC, Sanderson JD. Review article: lactose intolerance in clinical practice--myths and realities. Aliment Pharmacol Ther 2008 Jan; 15;27(2): 93-103. pmid:17956597 PubMed
  27. Bufler P, Groß M. Uhlig H. Chronische Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(17): 295-304; DOI: 10.3238/arztebl.2011.0295 DOI
  28. Zernikow B, Hechler T. Schmerztherapie bei Kindern und Jugendlichen. Dtsch Arztebl 2008; 105(28–29): 511–22DOI: 10.3238/arztebl.2008.0511 DOI
  29. Poonai N, Paskar D, Konrad SL, et al. Opioid analgesia for acute abdominal pain in children: A systematic review and meta-analysis. Acad Emerg Med 2014; Nov;21(11): 1183-92. pmid:25377394 PubMed
  30. Kokki H, Lintula H, Vanamo K, Heiskanen M, Eskelinen M. Oxycodone vs placebo in children with undifferentiated abdominal pain: a randomized, double-blind clinical trial of the effect of analgesia on diagnostic accuracy. Arch Pediatr Adolesc Med 2005; 159: 320-5. PubMed