Zusammenfassung
- Definition:Ein maligner Tumor, der von vom Neurektoderm abgeleiteten Zellen ausgeht und meist Knochengewebe befällt.
- Häufigkeit:Das Ewing-Sarkom ist selten. In Deutschland sind pro Jahr etwa 100 Patienten betroffen.
- Symptome:Die Patienten nehmen meist aufgrund von lokalen Schmerzen, einer Schwellung oder einer Fraktur ärztliche Hilfe in Anspruch.
- Untersuchung:Der Tumor imponiert häufig als druckdolente Schwellung der langen Röhrenknochen oder des Beckens mit erhöhten Entzündungsparamtern und einer Anämie in der Blutuntersuchung.
- Diagnostik:Radiologische Darstellung des Primärtumors, Biopsie zur Diagnosesicherung und Staging vor Therapiebeginn notwendig.
- Therapie:In der Regel erfolgt eine Chemotherapie in Kombination mit einer intensiven Lokaltherapie, bevorzugt einer chirurgischen Resektion.
Allgemeine Informationen
Definition
- Maligner Tumor, der von vom Neurektoderm abgeleiteten Zellen ausgeht.1
- Meist sind Knochen betroffen, in erster Linie das Becken und die Diaphysen der langen Röhrenknochen (Femur, Tibia und Fibula).
- Umfasst eine Gruppe neoplastischer Erkrankungen, zu denen auch extraossäre Tumoren gehören.
Häufigkeit
- Das Ewing-Sarkom ist selten.
- In Deutschland jährlich etwa 100 Neuerkrankungen2
- Zweithäufigster maligner Knochentumor des Kindes- und Jugendalters (nach Osteosarkomen)
- Prädilektionsalter im 2. Lebensjahrzehnt, medianes Alter liegt bei 15 Jahren.3
- Jungen sind häufiger als Mädchen betroffen (1,5:1).
Ätiologie und Pathogenese
- Am häufigsten Translokation zwischen Chromosom 11 und 224
- Der Translokationstyp hat keinen Einfluss auf die Prognose.5
- Alle Ewing-Sarkome sind histopathologisch als G3 (hochmaligne) klassifiziert.
- 20 % der Ewing-Sarkome im Becken, 50 % in den Extremitäten (Röhrenknochen), grundsätzlich ist ein Auftreten in jedem Knochen und Gewebe möglich.3
- 15 % reine Weichteilsarkome, im höheren Lebensalter zunehmender Anteil6
- Metastasen
- am häufigsten in Lunge und/oder Skelettsystem
- Zum Zeitpunkt der Diagnose sind bei weniger als 25 % der Patienten Metastasen nachgewiesen, vermutlich gibt es jedoch bei nahezu allen Patienten okkulte Metastasen, da es bei 80–90 % nach einer rein lokalen Therapie zu Rezidiven kommt.7
ICPC-2
- L71 Bösartige Neubildung Knochen
ICD-10
- C41.9 Bösartige Neubildung: Knochen und Gelenkknorpel, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Offene Biopsie und histologische Begutachtung zur Diagnosesicherung
- Röntgenuntersuchung vor der Biopsie, da die Aufnahme sonst schwer zu beurteilen ist.
- Ziele der Diagnostik
- Diagnose sichern.
- Tumorvolumen bestimmen.
- Ausbreitung des Tumors und Metastasen erfassen.
Differenzialdiagnosen
- Osteomyelitis
- Sonstige Knochentumoren (Osteosarkom, Chondrosarkom)
Anamnese
- Häufig unspezifische Symptomatik
- Besonders Beckentumoren sind klinisch lange inapparent.7
- Möglich: lokale Schmerzen, Schwellung, teilweise Fraktur durch inadäquates Trauma8
- Vor allem Becken und Diaphysen der langen Röhrenknochen sind betroffen, selten Weichteile.
- Die Schmerzen nehmen relativ rasch zu, verstärken sich durch körperliche Aktivität und sind nachts meist am stärksten ausgeprägt.
- Im fortgeschritteneren Stadium kann der Allgemeinzustand beeinträchtigt sein, evtl. Fieber, Tumorbereich druckempfindlich und geschwollen.
- B-Symptomatik selten
- Hinweis auf disseminierte Erkrankung9
Klinische Untersuchung
- Mitunter umschriebene Raumforderung aus Weichgewebe
- häufig mit dem Knochen verbunden und mäßig bis stark druckdolent, evtl. auch gerötet
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Hb, Blutbild, BSG, CRP, Ferritin
- Laktatdehydrogenase (LDH)
- Kann erhöht sein und ist ein wichtiger prognostischer Faktor.
Leitlinie: Initiale Diagnostik7
Primärtumor
- Radiologisch
- Röntgen der betroffenen Region (charakteristisch: Osteolyse mit Periostreaktion, große extraossäre Tumorkomponenente)
- ggf. Ergänzung durch CT, falls Tumor nicht frei projizierbar (häufig am Becken)
- Kompartment-MRT einschließlich Volumetrie
- Erfassung Skip-Metastasen, operative Planung, Basis für Verlaufskontrollen unter Chemotherapie
- Röntgen der betroffenen Region (charakteristisch: Osteolyse mit Periostreaktion, große extraossäre Tumorkomponenente)
- Biopsie
- offene Biopsie zur Diagnosesicherung
- Cave: Biopsiekanal gilt als kontaminiert, muss bei späterer Lokaltherapie mitreseziert/mitbestrahlt werden!
- Histologie: Die Mitbeurteilung durch Referenzpathologie ist Standard aufgrund der Seltenheit der Erkrankung.
Metastasen
- Staging
- Röntgen-Thorax in zwei Ebenen
- CT- Thorax
- 3-Phasen-Skelettszintigrafie
- MRT aller klinisch oder nuklearmedizinisch verdächtigen Regionen
- ggf. PET-CT
- Knochenmark-Aspirationen und -Stanzbiopsien aus vom Primärtumor entfernten Regionen
- Lumbalpunktion bei V. a. intrakraniellen oder intraspinalen Befall
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf die Erkrankung
Therapie
Leitlinie: Therapie7
- Konzept der Therapie: chemotherapeutische Induktionsphase gefolgt von operativer und/oder radiotherapeutischer Lokaltherapie und einer anschließenden adjuvanten Chemotherapie10-11
- Therapie zentralisiert und interdisziplinär in einem Krankenhaus mit entsprechenden Kompetenzen
Medikamentöse Therapie
- Deutliche Prognoseverbesserung durch Chemotherapie3
- Kombinationstherapie, vor allem Einsatz von Alkylanzien und Anthrazyklinen6
- Induktionstherapie mit Zytostatika, da sehr häufig subklinische Metastasen vorliegen.
- zudem in manchen Fällen Vermeidung einer Amputation12-13
Lokaltherapie
- Beste Ergebnisse durch chirurgische Resektion des Tumors weit im Gesunden, einschließlich Biopsiekanal und -narbe
- Bei intraläsionaler Resektion oder schlechtem histologischem Ansprechen ist eine postoperative Nachbestrahlung notwendig.
- Falls nur eine intraläsionale Resektion möglich ist, Amputation bevorzugen.14
- Falls inoperabel, definitive Strahlentherapie (60 Gy, in Einzelfraktionen von 1,8–2,0 Gy)
Verlauf, Komplikationen, Prognose und Nachsorge
Verlauf
- In den meisten Fällen schleichende Entwicklung der Erkrankung
- In einzelnen Fällen aggressiver Tumor und akutes Auftreten der Symptome
Komplikationen
- Metastasierung und systemische Manifestationen wie Fieber, Anämie, Lymphozytose und eine erhöhte BSG
- Rezidive
- kein einheitlicher Standard für Rezidivtherapie, in der Regel erneute Chemotherapie mit Lokaltherapie
- bei Rezidiv 2-Jahres-Überlebensrate von 20 %15
Prognose
- Maßgeblich für die Prognose
- Vorliegen von Metastasen, Vollständigkeit der Tumorentfernung und Ansprechen auf Induktionstherapie16
- Langzeitüberlebensrate bei Anwendung einer modernen Kombinationstherapie3,17
- 60–80 % bei lokal begrenzter Erkrankung
- etwa 20–40 % bei Vorliegen von Metastasen
- Früher lag die Überlebensrate bei etwa 5 %.
- Relative 5-Jahres-Überlebensrate2
- Patientenalter > 15 Jahre: 47 %
- Patientenalter < 15 Jahre: 65 %.
- Die meisten Rezidive innerhalb der ersten 3 Jahre nach Ende der Therapie
- Sekundäre Tumoren (Leukämien, Sarkome, selten Karzinome) bei 1–2 % der Patienten
Nachsorge
- Ziel: Früherfassung von Rezidiven und Spätfolgen
- Regelmäßige Suche nach Lungen- und Knochenmetastasen sowie Lokalrezidiven
- Kritische Organe für Spätfolgen sind Herz, Lunge und Gonaden.
- erhöhtes Risiko für u. a. Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Hypertonie, Arrhythmien, Lungenfibrose, Embolien, Neuropathien, Osteoporose
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patienten informieren?
- Das Ewing-Sarkom ist ein maligner Tumor, der aus primitiven neuroektodermalen Zellen besteht.
- Zur Behandlung wird eine Chemotherapie und nach Möglichkeit eine Operation, bei Inoperabilität eine Strahlentherapie durchgeführt.
- Die Behandlung von Ewing-Sarkomen sollte in Deutschland im Rahmen kontrollierter Studien erfolgen.
Patienteninformationen in Deximed
Patientenorganisationen
- INKA: Das Informationsnetz für Krebspatienten und Angehörige
- Das Lebenshaus: Patientenorganisation Seltene Solide Tumoren (GIST, Sarkome, Nierenkrebs)
- Sarcoma Patients EuroNet (international)
Quellen
Leitlinien
- Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). Ewing-Sarkome des Kindes- und Jugendalters. AWMF-Leitlinie 025-006. S1, Stand 2014. www.awmf.org
Literatur
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- Kraywinkel K. Faktenblatt Epidemiologie bösartiger Knochentumoren in Deutschland. Der Onkologe 2018; 24: 192-198. doi.org
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Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie, Münster
- Ingard Løge, spesialist i allmennmedisin og universitetslektor, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Kurt Østhuus Krogh, spesialist i barnesykdommer, Barne- og ungdomsklinikken, St. Olavs Hospital, Trondheim
- Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo