Definition:Im Bereich des Sprunggelenks können verschiedene Frakturen auftreten.
Häufigkeit:Sprunggelenksfrakturen machen etwa 15 % aller Sprunggelenksverletzungen aus, am häufigsten ist der Außenknöchel betroffen.
Symptome:Häufig hat ein Torsionstrauma stattgefunden. Die Patienten klagen über Schmerzen, Schwellung und eingeschränkte Funktion.
Befunde:Deformität, Schwellung, Druckschmerz über dem Knochen und Hämatom. Belastung des Fußes ist nicht möglich.
Diagnostik:Röntgen des Sprunggelenks in 3 Ebenen, bei komplexen Befunden Ergänzung durch CT.
Therapie:Bei stabilen, unkomplizierten Außenknöchelfrakturen in der Regel konservative Gipstherapie. Bei komplizierteren Frakturen osteosynthetische Versorgung innerhalb von 8 Stunden.
Röntgen Sprunggelenk in 3 Ebenen: ap, 20-Grad-Innenrotation und seitlich
Bei Verdacht auf proximale Fibulafraktur (Maisonneuve-Fraktur)
Röntgen gesamter Unterschenkel in 2 Ebenen
Indikationen für CT
bei fraglichen radiologischen Befunden
zur präoperativen Planung bei komplexen Frakturen
bei Tibiabegleitverletzungen (z. B. Impression)
bei Talusbegleitverletzungen (z. B. Impressionsfraktur des Talus)
bei Verdacht auf Fraktur des hinteren Volkmann-Dreiecks
Indikationen für MRT
zur Frakturdiagnostik nur bei V. a. Stressfraktur oder pathologische Fraktur (primärer Knochentumor, Metastase)
bei V. a. isolierte Syndesmosenruptur
zur Abklärung ligamentärer Verletzungen
zur Beurteilung von Knorpelverletzungen
NICHT erforderlich:
Sonografie
Arthrografie.
Indikationen zur Klinikeinweisung
Bei Verdacht auf eine Fraktur
Therapie
Therapieziele
Angemessene Reposition und Ruhigstellung, dadurch Wiederherstellung der normalen Funktion
Allgemeines zur Therapie
Erste Hilfe
Kühlung, Elevation, Kompression, Ruhe
Untersuchung auf Verletzungen von Nerven oder Gefäßen
Gabe von Schmerzmitteln
Stabilisierung der Frakturstelle, nach Möglichkeit Ruhigstellung des Sprunggelenks in neutraler Position
Bei klinisch deutlicher Luxationsstellung des Sprunggelenkes sofortige Reposition durch axialen Zug am Fersenbein1
Schonung der Weichteile, Nerven und Gefäße
Abdeckung etwaiger offener Frakturen mit einem sterilen Verband
Allgemeines
Die Therapie von Sprunggelenksfrakturen stellt eine komplexe Aufgabe dar.
Weber-A-Frakturen und knöcherne Bandausrisse können konservativ behandelt werden.1
Instabile oder dislozierte stabile Frakturen sollten offen anatomisch reponiert und stabilisiert werden.1
Leitlinie: Sprunggelenkfraktur – Indikationen zur definitiven Therapie1
Indikationen für die konservative Therapie
Unverschobene oder wenig verschobene Weber-A-Fraktur
Weber-A-Frakturen mit unverschobener Innenknöchelfraktur
Nicht dislozierte, stabile Weber-B-Frakturen
Nicht verschobener Innenknöchelbruch
Hohes Patientenalter
Bei älteren Patient*innen (> 65 Jahre) ist die konservative Therapie nicht-dislozierter, stabiler Sprunggelenksfrakturen der operativen Therapie überlegen.6
anatomische Reposition und Retention der Frakturen, der Gelenkgabel und der Bandstrukturen mit dem Ziel einer möglichst frühfunktionellen Nachbehandlung
Indikationen
offene Frakturen
Frakturen mit Gefäß- oder Nervenverletzung
instabile, nicht retinierbare Frakturen
Frakturen mit erheblichem geschlossenem Weichteilschaden
Maisonneuve-Verletzungen
isolierte Syndesmosenrupturen bei radiologisch nachgewiesener Malleoleninsuffizienz
Anschließend Mobilisation im Unterschenkelgips/Cast/Unterschenkel-Vakuumschuh/Stützverband mit Teilbelastung oder schmerzadaptierter funktioneller Belastung
Durchführung selbstständiger Übungen nach vorheriger Anweisung führt zu vergleichbarer Sprunggelenksfunktion und Lebensqualität wie Übungen unter Anleitung von Physiotherapeut*innen.10
Patient*innen, die nicht zu selbstständigen Übungen in der Lage sind, sollten Physiotherapie erhalten.
Rehabilitation
Frühzeitiger Beginn
sowohl bei operativer als auch konservativer Therapie
Kombination verschiedener Rehabilitationsmaßnahmen, u. a.:1
Physiotherapie
Gangschulung
dosierter Belastungsaufbau
antiphlogistische Medikation
ggf. Sekundäreingriffe an Implantat, Knochen oder Weichteilen
Schuheinlagen bei posttraumatischer Absenkung des Fußgewölbes.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
Hautnekrose bei stark dislozierten Frakturen oder Luxationsfrakturen, meist aufgrund einer verspäteten Reposition
Bei Osteosynthese: Implantatversagen, -lockerung, -bruch, -infekt
Chronische Schwellneigung
Inkongruenz der Gelenkflächen
posttraumatische Arthrose
Prognose
Die Prognose ist günstig, sofern die Verletzung richtig diagnostiziert und angemessen therapiert wird.
Bei anatomischer Reposition und übungsstabiler Osteosynthese ist in Abhängigkeit von der Schwere der Verletzung eine vollständige Restitution möglich.1
Prognoseverschlechternd
Fraktur vom Volkmann-Dreieck
Knorpelschaden
Je proximaler die Fraktur (Weber C schlechtere Prognose als Weber B, B schlechtere Prognose als Weber A)
Durch eine intensive Rehabilitation kann späteren Komplikationen entgegengewirkt werden.
Instabile Sprunggelenksfraktur: Fraktur (1) durch die distale Fibula mit Ruptur der Syndesmose (2), Malleolengabel deutlich auseinander getrieben, Tibia (3), Talus (4)
Malleolarfraktur: Aufnahme von vorn und Schrägaufnahme des linken Sprunggelenks: Schrägfraktur (1 und 2) durch den Außenknöchel ohne Fehlstellung; Fraktur in der Schrägaufnahme am besten sichtbar (2)
Malleolarfraktur: Aufnahme von der Seite: Schrägfraktur durch den Außenknöchel ohne Fehlstellung (1)
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Sprunggelenkfraktur. AWMF-Leitlinie Nr. 012-003. S2e, Stand 2015. www.awmf.org
Literartur
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU). Sprunggelenkfraktur. AWMF-Leitlinie 012-003. Stand 2015. www.awmf.org
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Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).