Müdigkeit und Abgeschlagenheit

Allgemeine Informationen

Definition

  • Der gesamte Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.1
  • Subjektives Empfinden von Müdigkeit, das in verschiedenen Formulierungen von Patient*innen vorgetragen wird: Schlappheit, Mangel an Energie, Erschöpfung, Ermüdung, frühe Ermüdbarkeit, Schläfrigkeit, Einschlafneigung tagsüber etc.
  • Verschiedene qualitative Komponenten sind zu berücksichtigen:
    • emotionale (Unlust, Motivationsmangel, enge Verbindung zu Traurigkeit bzw. niedergedrückter Stimmung, verminderte affektive Schwingungsfähigkeit)
    • kognitive (verminderte geistige Aktivität bzw. Leistungsfähigkeit)
    • Verhaltensaspekte („Leistungsknick“)
    • körperliche Aspekte (z. B. muskuläre Schwäche).
  • Eine große Anzahl von biologischen, seelischen und sozialen Ursachen kommt infrage, oft in Kombination.
    • darunter eindeutige seelische und körperliche Störungen oder Belastungen
    • Oft lässt sich jedoch keine definitive Ursache definieren.
  • Das chronische Müdigkeitssyndrom (Chronic Fatigue Syndrom, CFS)/myalgische Enzephalomyelitis (ME) ist nicht mit dem Symptomkomplex „Müdigkeit“ gleichzusetzen und betrifft einen kleinen Anteil von Betroffenen, die über Müdigkeit/Erschöpfung klagen.2
  • Müdigkeit/Erschöpfung kann ein Symptom fast jeder Erkrankung sein.2

Häufigkeit

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • In Deutschland liegt die Prävalenz von Patient*innen mit unerklärter, über mindestens einen Monat anhaltender Müdigkeit bei ca. 11 %.
  • Nach einem Jahr persistiert die Symptomatik bei 33–51 % der Betroffenen.
  • Müdigkeit ist eine häufige Konsultationsursache in der Hausarztpraxis. In mehreren internationalen Studien wurde festgestellt, dass sie bei 1,1–10,2 % der Konsultationen die Hauptursache ist.
  • Frauen sind häufiger betroffen.

Diagnostische Überlegungen

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Eine große Zahl von biologischen, seelischen und sozialen Ursachen kommt infrage, oft in Kombination. Darunter sind eindeutig diagnostizierbare seelische und körperliche Störungen oder Belastungen; oft lässt sich jedoch keine definitive Ursache identifizieren.
  • Behandelbare schwere körperliche Erkrankungen sind selten und praktisch immer mit Auffälligkeiten in Anamnese und/oder körperlicher Untersuchung verbunden.1,3
  • Auf biologische Ursachen fixierte Diagnostik führt zu unnötiger Belastung der Patient*innen und/oder Somatisierung einer Befindlichkeitsstörung.

Diagnostische Fehlermöglichkeiten

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Vorschnelles Akzeptieren pathologischer Laborwerte als ausreichende Erklärung
  • Bearbeitung des psychosozialen Bereichs erst nach Ausschluss körperlicher Ursachen – Gefahr der somatischen Fixierung
  • Bei bekannten chronischen Erkrankungen die Müdigkeit vorschnell auf den Krankheitsprozess selbst beziehen.
  • Vorschnelle Etikettierungen
    • Bei unspezifischen Befindensstörungen, die ohne pathologische somatische Befunde oft mit starker Beeinträchtigung einhergehen, ist für Patient*in und Ärzt*in die Versuchung groß, sich vorschnell auf unzureichend belegte (Pseudo-)Diagnosen zu einigen.
    • Diese Etikettierungen entsprechen z. B. biologischen (Eisen- oder Vitamin-D-Mangel, Hypotonie, Hypoglykämie), umweltmedizinischen (MCS, Amalgambelastung, Unverträglichkeiten), infektiösen (Darmmikrobiom, Candida) und anderen Hypothesen.
    • Ihnen ist gemeinsam, dass die entsprechenden Zusammenhänge wissenschaftlich nicht dokumentiert oder sogar widerlegt, nicht plausibel und/oder im Einzelfall nicht nachgewiesen sind.
  • Scheinassoziationen und selbsterfüllende Prophezeiungen
    • Beispielsweise Bestimmung eines erniedrigten Vitamin-D-Spiegels bei müden Patient*innen, der keinen nachweisbaren Zusammenhang mit Müdigkeit hat und Placeboeffekt einer Vitamin-D-Substitution.

ICPC-2

  • A04 Abgeschlagenheit/Müdigkeit

ICD-10

  • R53 Unwohlsein und Müdigkeit
  • G93.3 CFS inkl. postvirales Müdigkeitssyndrom
  • F 48.0 Neurasthenie/Ermüdungssyndrom 
  • R 54 Senilität, inklusive Altersschwäche
  • G 47.1 organisch bedingte Tagesschläfrigkeit (krankhaft erhöhtes Schlafbedürfnis)
  • F 51.1. nicht organisch bedingte Hypersomnie
  • U 09.9! für Post-COVID-19-Zustand
  • U 10.9 für multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19

Differenzialdiagnosen

Äußere Umstände und Lebensweise

  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1

Stress 

  • Erschöpfung durch langanhaltenden Druck bei der Arbeit, Probleme am Arbeitsplatz, finanzielle Probleme, familiäre Probleme
  • Belastende Lebensereignisse wie Krankheit oder Tod von Verwandten oder Freund*innen, Auflösung der Familie, Verlust der Arbeitsstelle usw.
  • Sonstige psychische, familiäre, soziale oder finanzielle Belastungen

Bewegungsmangel/Übergewicht

  • Bevölkerungsstudien legen einen Zusammenhang von Bewegungsmangel und Müdigkeit nahe.
  • Unklar ist, wie häufig und in welchem Ausmaß Bewegungsmangel bestimmende Ursache für das Symptom Müdigkeit ist.

Umwelteinflüsse

  • Gehäufte Tagesschläfrigkeit bei hoher nächtlicher Verkehrslärmbelastung
  • Berufsbedingter Schlafmangel, Überstunden, überlange Arbeitszeiten, gestörtes Arbeitsklima, unzureichende Erholungszeiten, sonstige psychosoziale Einflüsse
  • Kohlenmonoxid: Vorübergehende leichtere Vergiftungen äußern sich in Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit.
    • starker Tabakrauch, Gebrauch von Kohleöfen
  • Arbeits- und umweltmedizinische Abklärung
  • Besteht eine biologische Plausibilität für den vermuteten Zusammenhang (vor allem bei Lärm, Blei, Quecksilber, Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff, Halogenkohlenwasserstoffen, Benzol, Toluol, Xylole, Styrol, Lösungsmitteln und Lösungsmittelgemischen)?
    • Leiden Arbeitskolleg*innen oder Familienmitglieder, d. h. potenziell Mitexponierte, ebenfalls unter Müdigkeit bzw. anderen bisher nicht erklärten Symptomen?
    • Besteht beim Patient*innen oder Arbeitskolleg*innen bzw. Familienmitgliedern eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Müdigkeit und möglicher Noxe?
  • Verdichten sich die Hinweise auf eine toxische Ursache der Müdigkeit, sollte bei sonst unauffälliger Abklärung zur Müdigkeitsgenese an eine arbeits- bzw. umweltmedizinische Einrichtung überwiesen werden.
  • Besteht ein begründeter Verdacht auf eine relevante berufliche Exposition, ist eine Berufskrankheitenanzeige erforderlich.

Psychische Störungen

Angst

  • Siehe Artikel Generalisierte Angststörung.
  • Angst, oft allgemeiner Art und anhaltend, nicht auf bestimmte Situationen oder Umstände beschränkt
  • Die Hauptsymptome wechseln, umfassen aber Beschwerden wegen anhaltender Nervosität, Zittern, Muskelverspannungen, Schweißausbrüche, Verwirrung, Herzklopfen, Schwindel und Beschwerden im Epigastrium.
  • Folgende Fragen sind zur ersten Abklärung einer Angststörung geeignet:1
    • Fühlten Sie sich im Verlauf der letzten 4 Wochen deutlich beeinträchtigt durch:
      • Nervliche Anspannung, Ängstlichkeit, das Gefühl aus dem seelischen Gleichgewicht zu sein?
      • Sorgen über vielerlei Dinge?
    • Hatten Sie während der letzten 4 Wochen eine Angstattacke (plötzliches Gefühl der Angst oder Panik)?

Depression

  • Siehe Artikel Depression.
  • Diagnostik in der Hausarztpraxis1
    • zwei Screeningfragen (Bezug: in den letzten 4 Wochen)
      1. Haben Sie sich oft niedergeschlagen/schwermütig/hoffnungslos gefühlt?
      2. Haben Sie wenig Interesse/Freude an Tätigkeiten gehabt?
    • Werden beide Fragen verneint, kann eine ausgeprägte Depression mit hoher Sicherheit als ausgeschlossen gelten.
    • Wird mindestens eine Frage bejaht, sollten Zusatzsymptome erfragt werden:
      • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
      • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
      • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
      • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
      • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
      • Schlafstörungen
      • verminderter Appetit.
    • Daraus folgt die Schweregradbestimmung:
      • Leichte Depression: Es liegen 2 Zusatzsymptome vor.
      • Mittelgradige Depression: 3 oder 4 Zusatzsymptome sind gegeben.
      • Schwere Depression: Alle 3 Hauptkriterien und mindestens 4 Zusatzkriterien sind erfüllt.

Sucht

  • Sämtliche suchterzeugende Substanzen, an erster Stelle Alkohol, können Müdigkeit verursachen.1

Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)

  • Siehe Artikel Chronisches Erschöpfungssyndrom.1
  • Gemeinsam ist das neue, nicht durch andere Erkrankungen, Substanzen oder Belastung erklärbare Auftreten von Müdigkeit.
  • Weiter wird gefordert: definierter Beginn der Symptomatik, starke Beeinträchtigung im privaten, beruflichen oder sozialen Bereich sowie bestimmte Zusatzsymptome bzw. Befunde (hierzu gibt es Unterschiede in verschiedenen Klassifizierungen).

Endokrinologische Erkrankungen

Diabetes mellitus, Typ 1/Diabetes mellitus, Typ 2

Hypothyreose

  • Siehe Artikel Hypothyreose.
  • Selten Müdigkeit als einziges Symptom; selten alleinige Ursache von Müdigkeit1
  • Bezüglich subklinischer Hypothyreose ist die Behandlungsschwelle und der Behandlungsnutzen unklar.1

Vitamin-D-Mangel

Infektionen

Hepatitis

  • Ohne weitere anamnestische oder klinische Hinweise als Ätiologie von primär als Symptom präsentierter Müdigkeit sehr selten1

Infektionsbedingte und postinfektiöse Müdigkeit

Chronische somatische Erkrankungen

Anämie

  • Anämie kann bei etwa 3 % die Ursache von Müdigkeit sein. Allerdings ist ein eindeutiger Zusammenhang von Müdigkeit und Anämie nicht nachweisbar.1

Eisenmangel

  • Siehe Artikel Eisenmangelanämie.
  • Es besteht Unsicherheit darüber, ob Eisenmangel/niedriges Ferritin ohne Anämie Müdigkeit verursachen kann.
  • Ohne explizite Klage über Müdigkeit, gibt es bei ansonsten gesunden Personen mit Eisenmangel keinen Nachweis des Nutzens einer Eisensubstitution.1

Zöliakie

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Siehe Artikel Zöliakie.
  • Mit dem Symptom Müdigkeit assoziiert
  • Möglicherweise leiden 2–3 % der Patient*innen mit Müdigkeit unter Zöliakie.

Krebserkrankung

  • Abgeschlagenheit kann ein frühes Symptom einer nicht diagnostizierten malignen Erkrankung sein.
  • Haben Anamnese und körperliche Untersuchung keine Hinweise erbracht, sind bösartige Erkrankungen als Ursache von Müdigkeit sehr selten.1
  • Eine Tumordiagnostik nur aufgrund des Symptoms Müdigkeit ohne zusätzliche Hinweise in Anamnese, Befund oder Basislabor ist nicht gerechtfertigt.1
  • Müdigkeit kann allerdings ein sehr belastendes Symptom bei ca. 65 % der Betroffenen mit einem bekannten Malignom sein.1

Weitere chronische somatische Erkrankungen

Schlafstörungen 

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1

Insomnie

  • Jede Schlafstörung kann Tagesmüdigkeit verursachen.
  • Prävalenz des nicht erholsamen Schlafs in Deutschland: 15,5 %
  • Prävalenz in der Hausarztpraxis: 20–26 %

Schlafapnoe-Syndrom

  • Siehe Artikel Schlafapnoe-Syndrom.
  • Prävalenz von etwa 4 % behandlungsbedürftigen Störungen
  • Kausal mit verminderter Vigilanz, Müdigkeit, Depression, Verkehrsunfällen und arteriellem Hypertonus verbunden.
  • Mit den drei Kriterien Schnarchen, beobachtete Atempausen („Erstickungsanfälle“), Einschlafen als Autofahrer*in/sonstige imperative Einschlafneigung tagsüber kann auf der Ebene der allgemeinärztlichen Praxis die Indikation für weitere schlafmedizinische Diagnostik eingegrenzt werden.

Narkolepsie

  • Siehe Artikel Narkolepsie.
  • Ausgeprägte Tagesmüdigkeit mit mit plötzlichen Einschlafattacken

Restless-Legs-Syndrom

Medikamentennebenwirkungen

  • Häufig verordnete Medikamente mit Müdigkeit als Nebenwirkung
    • Benzodiazepine
    • Antidepressiva
      • besonders Trizyklika und Mirtazapin
    • Neuroleptika
      • besonders niedrigpotente Neuroleptika, wie Levomepromazin, Melperon, Pipamperon sowie
      • Olanzapin, Qietiapin und Clozapin
    • Antihistaminika
      • besonders Substanzen der ersten Generation, wie Diphenhydramin, Dimenhydrinat, Demetinden
    • Antihypertensiva
      • Betablocker, seltener Alphablocker und ACE-Hemmer
    • Migränemittel
      • Triptane, Dimenhydrinat, Topiramat
    • Opiate
    • Parkinson-Mittel
    • Antiarrhythmika
    • Antiemetika2
    • Kortikosteroide2
    • Diuretika2
  • Viele weitere Arzneimittel, wie Zytostatika, Interferon alpha, antivirale Substanzen etc.
  • Bei begründetem Verdacht auf Müdigkeit als Medikamentennebenwirkung und nach individueller Risiko-/Nutzenabwägung Umstellung auf andere Substanz

Seltene Erkrankungen

Diagnostik

Anamnese

DEGAM-Leitlinie: Müdigkeit1 

  • In der Anamnese sollen erfasst werden:
    • Charakteristika des Symptoms
    • assoziierte sowie vorausgegangene Beschwerden
    • Müdigkeit neu/ungewohnt
    • Beeinträchtigung durch Müdigkeit im Alltag
    • Vorstellungen der Betroffenen zu Ätiologie und Behandlung (A).
  • Depression, Angst und psychosoziale Belastungen sowie kommunikative Einschränkungen sind häufige ursächliche Faktoren oder Begleiterscheinungen bei Personen mit Müdigkeit (Ia).
  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen anhand von Screeningfragen eine Depression oder Angststörung eruiert werden (Ia).
  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen außerdem erfasst werden (Ia–IV):
    • Vorerkrankungen, insbesondere vorausgegangene Infektionserkrankungen, Fieber
    • Schlafverhalten, insbesondere Schnarchen und Atemaussetzer im Schlaf, ungewolltes Einschlafen am Tage und (habitueller) Schlafmangel
    • Verlauf des Körpergewichts, Tabakkonsum
    • kardiale, respiratorische, gastrointestinale, urogenitale und ZNS-Funktion
    • post-exertionelle Malaise (PEM, Belastungsintoleranz)
    • Zufuhr von Medikamenten und psychotropen Substanzen
    • soziale, familiäre, berufliche Situation
    • chemische oder Lärmbelastung sowie Auftreten ähnlicher Symptome bei Personen im privaten/beruflichen Umfeld.
  • Bei mindestens seit 3 Monaten anhaltender bisher ungeklärter Müdigkeit sollten die ME/CFS-Kriterien nach Institute of Medicine (IOM) eruiert werden, um eine Verdachtsdiagnose zu stellen, die nach 6 Monaten zu reevaluieren wäre.
  • Ein Symptomtagebuch kann bei der Abklärung und Therapie hilfreich sein (III).

Klinische Untersuchung

DEGAM-Leitlinie: Körperliche Untersuchung1

  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen körperlich untersucht werden (II–V):
    • Schleimhäute
    • Atemwege
    • Herz
    • Puls und Blutdruck
    • Lymphknoten
    • Abdomen
    • orientierend neurologisch.*
  • Weitere Elemente der körperlichen Untersuchung sollten bei speziellen Hinweisen auf behandelbare Ursachen in der Anamnese oder orientierenden körperlichen Untersuchung erfolgen (II–V).

*Prüfung der klassischen Muskeleigenreflexe, Muskeltonus, Erfassung von Parästhesien, Paresen oder Muskelatrophien, Gleichgewicht und Koordination, erheblichen Seh-, Hör-, Geschmacks- und Riechstörungen

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

DEGAM-Leitlinie: Zusätzliche diagnostische Maßnahmen1

  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen folgende Laboruntersuchungen durchgeführt werden (A):
  • Weitergehende Labor- oder apparative Untersuchungen sollten nur bei auffälligen Vorbefunden/spezifischen Hinweisen in der empfohlenen Basisdiagnostik erfolgen.
  • Im gesamten diagnostischen Prozess soll ein bio-psycho-sozialer Ansatz eingehalten werden (B).
  • Der folgende Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Bei Frauen im gebärfähigen Alter kann ergänzend eine Ferritin-Bestimmung durchgeführt werden.
  • Nur bei weiteren auf eine Nierenerkrankung hinweisenden Symptomen, Befunden oder Vorerkrankungen (wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, potenziell nephrotoxische Medikamente, familiäre Nierenerkrankungen): Kreatinin, eGFR
  • Alle Zusatzuntersuchungen ohne klare Indikation beinhalten die erhebliche Gefahr falsch positiver Befunde und/oder einer Fehlleitung in der Patientenkarriere.

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Zur Abklärung definierter zusätzlicher Beschwerden oder Befunde (z. B. Schlafmedizin bei V. a. schlafbezogene Atemstörung, Gastroenterologie bei Gewichtsverlust und chronischen Durchfällen zusätzlich zum Symptom Müdigkeit).
  • Zum Management definierter Erkrankungen, sofern nicht ausreichend eigene Kompetenz auf diesem Gebiet besteht.
  • Bei Verdacht auf eine Berufskrankheit oder schädigende Umgebungsexposition.

DEGAM-Leitlinie: Therapeutisches Vorgehen1

  • Es sollte beachtet werden, dass häufig mehrere ursächliche Gesundheitsprobleme anzunehmen und zu behandeln sind (B).
  • Bei ungeklärter Müdigkeit und/oder Hinweisen auf relevante psychosoziale Belastungen sollen feste Folgetermine angeboten werden (A).
  • Bei Substanzabusus/schädlichem Gebrauch, insbesondere von Tabak, Cannabis oder Alkohol soll eine Kurzintervention und ggf. Entwöhnungsbehandlung angeboten werden (A).
  • Die Behandlung potenziell ursächlicher Erkrankungen soll optimiert werden (A).
  • Bei einer großen Zahl von zugrunde liegenden Störungen oder Erkrankungen verbessern Verhaltenstherapie oder/und symptomorientierte aktivierende Maßnahmen die Müdigkeit und das Allgemeinbefinden und sollen in diesen Fällen angeboten werden (A).*
  • Bei ungeklärter Müdigkeit können Verhaltenstherapie oder/und symptomorientierte aktivierende Maßnahmen angeboten werden.*
    • Hierbei sind die individuelle Reaktion darauf zu beobachten und ggf. die Maßnahmen anzupassen oder zu beenden.*

* Dies betrifft nicht ME/CFS einschließlich Verdachtsdiagnose.

  • Abwartendes Offenhalten (4 Wochen) kann bei Fehlen von Red Flags in Betracht gezogen werden.3

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Weitere Informationen

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Müdigkeit. AWMF-Leitlinie Nr. 053-002. S3, Stand 2022. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Müdigkeit. AWMF-Leitlinie Nr. 053-002, Stand 2022. www.awmf.org
  2. BMJ BestPractice. Assessment of fatique. Stand 18.12.2022(letzter Zugriff am 18.01.2023). bestpractice.bmj.com
  3. Wilson J, Morgan S, Magin PJ, van Driel ML. Fatigue--a rational approach to investigation. Aust Fam Physician. 2014 Jul;43(7):457-61. PMID: 25006608. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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