Harnwegsinfektion bei liegendem Katheter

Zusammenfassung

  • Definition:Als katheterassoziierte Harnwegsinfektion (engl. CAUTI = Catheter-Associated Urinary Tract Infection) bezeichnet man eine (symptomatische) Harnwegsinfektion bei Patient*innen mit Blasenverweilkatheter oder eine Infektion, die innerhalb von 48 Stunden nach Entfernung des Katheters auftritt.
  • Häufigkeit:HWI gehören zu den häufigsten nosokomialen Infektionen, 80 % davon sind katheterassoziiert. Die Inzidenz beträgt 3,1–7,5 Harnwegsinfekte pro 1.000 Kathetertage.
  • Symptome:Verdacht auf eine Infektion besteht bei Fieber, Veränderungen des mentalen Zustands oder neu aufgetretenen suprapubischen und/oder Flankenschmerzen.
  • Befunde:Symptome, die auf einen Harnwegsinfekt hindeuten und durch andere Erkrankungen nicht erklärt werden können, und eine Bakteriurie von ≥ 103 cfu/ml.
  • Diagnostik:Anamnese, körperliche Untersuchung, Urinkultur zur Keimbestimmung und Resistenztestung. Keine Urindiagnostik bei fehlenden Symptomen!
  • Therapie:Antibiotika und Entfernung/Wechsel des Dauerkatheters. Die Mehrzahl der katheterbedingten HWI könnten durch angemessene Prävention verhindert werden.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Symptome einer Harnwegsinfektion, die bei Patient*innen mit liegendem Dauerkatheter auftreten oder innerhalb von 48 Stunden, nachdem dieser entfernt wurde.1
  • Abzugrenzen ist eine asymptomatische Bakteriurie, die einer Kolonisation entspricht.1-2

Häufigkeit

  • Inzidenz3
    • Bei auf Normalstationen hospitalisierten Patienten treten 3,79 Harnwegsinfektionen pro 1.000 Harnwegskathetertage auf.3
    • Bei neu gelegten Urinkathetern beträgt die Inzidenz einer Bakteriurie täglich 3–10 %. Nach 4–6 Wochen besteht bei nahezu allen Patient*innen eine Bakteriurie.4
    • Allerdings entwickeln nur rund 10 % der Patient*innen mit Bakteriurie einen symptomatischen Harnwegsinfekt.3
  • Harnwegsinfektionen zählen mit einem Anteil von 21,6 % nach postoperativen Wundinfektionen (22,4 %) zu den häufigsten nosokomialen Infektionen.5
  • In 80 % der Fälle sind nosokomiale Harnwegsinfektionen mit einem Katheter assoziiert.3
  • Sie sind für rund 20 % der Bakteriämien bei hospitalisierten Patient*innen verantwortlich. Diese haben eine Mortalität von etwa 10 %.1

Ätiologie und Pathogenese

Infektion

  • Jedes Einführen eines Katheters kann Bakterien in die Harnblase befördern und stellt somit ein Risiko für die Entwicklung eines Harnwegsinfektes dar. Hauptproblem bei liegendem Katheter ist jedoch die dauerhafte Besiedlung des Fremdmaterials.
  • Das Infektionsrisiko ist viel geringer bei intermittierender steriler Katheterisierung als bei Dauerkatheter.3
  • Erregerreservoire sind die endogene Flora des Gastrointestinaltraktes, des Urogenitaltraktes und der Perianalregion der Patient*innen sowie Kontaminationen des Urinkatheters bei der Katheteranlage.
  • Den Harntrakt erreichen die Erreger entweder extraluminal, entlang der sog. mucopurulenten Membran zwischen dem Katheter und der Harnröhrenwand oder intraluminal aszendierend.3
  • Es bildet sich ein Biofilm, bestehend aus Bakterien und einer Matrix hauptsächlich aus Polysacchariden. Bakterien im Biofilm haben eine weitaus höhere Resistenz gegenüber Antibiotika als frei im Urin flottierende Bakterien.
  • Erregerspektrum Harnwegskatheter-assoziierter Harnwegsinfektionen (Jahre 2009–2013):3
    • E. coli (43,6 %, davon 11,8 % ESBL)
    • Enterococcus spp. (23,0 %)
    • P. aeruginosa (10,7 %)
    • Klebsiella spp. (10,3 %)
    • Proteus spp. (9,6 %)
    • S. saprophyticus (2,2 %)
    • S. aureus (3,2 %).

Kolonisation

  • Nach 4–6 Wochen sind Dauerkatheter fast ausnahmslos besiedelt.3-4,6

Disponierende Faktoren3

  • Dauer der Katheterisierung (wichtigster Risikofaktor!1)
  • Eingeschränkte Immunität
  • Fortgeschrittenes Lebensalter (> 50 Jahre)
  • Weibliches Geschlecht
  • Diskonnektion des geschlossenen Harndrainagesystems
  • Missachtung von Hygieneregeln bei der Katheterisierung und Katheterpflege
  • Diabetes mellitus
  • Niereninsuffizienz

ICPC-2

  • U70 Pyelonephritis/Pyelitis
  • U71 Zystitis/Harnwegsinfekt, andere
  • U72 Urethritis

ICD-10

  • N30 Zystitis
  • N32 Sonstige Blasenstörungen
  • N34 Urethritis und Urethrasyndrom
  • N36 Sonstige Störungen in der Harnröhre (Urethra)
  • N39 Sonstige Krankheiten des Harnsystems
  • N99 Krankheiten des Urogenitalsystems nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert
  • U80 Bakterium, resistent gegen Penicillin und verwandte Antibiotika
  • U81 Bakterium, resistent gegen Vancomycin und verwandte Antibiotika
  • U88 Bakterium, resistent gegen mehrere Antibiotika
  • U89 Bakterium, resistent gegen andere und nicht näher bezeichnete Antibiotika

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  1. Klinik: Symptome eines Harnweginfektes
    • Können untypisch sein.
  2. Urindiagnostik: Urinkultur zum Erregernachweis und Resistenztestung
    • Der alleinige Nachweis einer Pyurie oder Bakteriurie ist aufgrund der hohen Kolonisationsrate nicht ausreichend!
    • Auch trüber Urin und/oder strenger Geruch allein rechtfertigen nicht die Diagnose eines Harnwegsinfekts.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Verdacht auf eine Infektion besteht bei:1
    • suprapubischen oder Flanken-/Beckenschmerzen
    • Fieber
    • Schüttelfrost
    • Dysurie (bei Frauen/bei Männern) oder Polyurie nach Entfernen des Katheters
  • Bei geriatrischen Patient*innen oft untypischen Symptome4
    • neu aufgetretene Veränderungen des Allgemeinzustandes
    • Unwohlsein
    • unklares Fieber
    • Bauchschmerzen
  • Gleiches gilt für Kinder.1,4

Klinische Untersuchung

  • Häufig keine oder nur wenige lokale Symptome
    • evtl. Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Blase
    • evtl. Schmerzempfindlichkeit im Oberbauch oder Nierenlager

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Urindiagnostik

  • Indikationen1-4
    • nur bei klinischem Verdacht auf eine Infektion
    • zur Therapiekontrolle 
    • bei unklarem Fieber
    • nicht routinemäßig
      • Regelmäßige Urinkulturen bei Patient*innen mit Dauerkatheter werden nicht empfohlen, da diese keine Aussagekraft für die Wahl des richtigen Antibiotikums bei zukünftigen Infektionen haben.
  • Urinstreifentest: Zur Diagnostik nicht ausreichend. Nachweis von Leukozyten, Blut und/oder Nitrit können ein Hinweis auf einen Harnwegsinfekt sein.
  • Urinkultur
    • Goldstandard1-2
    • Die Kultur sollte aus einem neu gelegten Katheter entnommen werden. Die Kultur aus Urin, der aus dem Urinbeutel oder dem Urinschlauch gewonnen wurde, führt häufig zu falschen Ergebnissen, da die Anzahl der gefundenen Bakterienstämme und die Keimdichte falsch zu hoch sein kann.7
    • Grenzwert: > 103 koloniebildende Einheiten/ml1
    • Oft liegt eine polymikrobielle Bakteriurie vor – normalerweise Pseudomonas, Proteus, Providencia, Enterobacteriaceae, Morganella und Enterococci. Die Flora scheint sich im Laufe der Zeit zu verändern.8
  • Fungurie9
    • Ursächlich ist normalerweise Candida.
    • Häufiger Befund bei Patient*innen mit Dauerkatheter, insbesondere bei denen, die Antibiotika einnehmen, älter sind oder Diabetes haben.
    • bei asymptomatischen Patient*innen i. d. R. keine Therapie notwendig
    • bei Symptomatik Behandlung mit Fluonazol

Leitlinie: Urindiagnostik bei liegendem Dauerkatheter4

  • Bei geriatrischen Patient*innen (mit/ohne Urinkatheter) soll kein Screening auf das Vorhandensein einer Bakteriurie erfolgen (A).
  • Bei Verdacht auf einen Harnwegsinfekt bei Patient*innen mit liegendem Harnwegskatheter sollte eine Urinkultur aus einem neugelegten Urinkatheter gewonnen werden (B).

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Blutkultur bei Verdacht auf Sepsis
  • Bildgebende Verfahren bei Verdacht auf Obstruktionen

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei schwerem Verlauf
    • Kreislaufinstabilität
    • Übelkeit, Erbrechen
    • Delir
  • Bei Grunderkrankungen, die das Auftreten von schwerwiegenden Komplikationen wahrscheinlich machen:
  • Zuhause gepflegte, schwerkranke Patient*innen, die schlecht auf die Behandlung ansprechen.
  • Bei unklarer Diagnose

Therapie

Therapieziele

  • Katheterassoziierten Harnwegsinfekten vorbeugen.
  • Infektionsherd sanieren.
  • Komplikationen verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Schätzungsweise könnten bis zu 70 % der katheterassoziierten Harnwegsinfektionen durch geeignete Präventionsmaßnahmen verhindert werden.3
  • Die Therapie sollte möglichst nach Kultur und Antibiogramm erfolgen.
  • Wenn nötig, erfolgt eine empirische antibiotische Behandlung unter Beachtung der lokalen Resistenzlage.

Medikamentöse Therapie

  • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patient*innen mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.10

Leitlinie: Empirische antibiotische Behandlung bei Harnwegsinfekten1-2,4

Empfehlungen für eine Antibiotikatherapie

  • Keine Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie1-2
  • Grundsätzliche Überlegungen vor einer Antibiotikatherapie
    • korrekte Diagnosestellung
    • kritische Indikationsstellung
    • Lokale Resistenzlage bedenken.

Katheterassoziierte Harnwegsinfekte

  • Keine Therapie bei asymptomatischen Patient*innen, unabhängig vom Nachweis einer Bakteriurie
  • Entfernung oder Wechsel des Katheters vor Beginn der antibiotischen Behandlung
  • Keine Instillation von antiseptischen oder antimikrobiellen Substanzen3
  • Ein Harnwegsinfekt bei Patient*innen mit einem liegenden Harnwegskatheter sollte 7 Tage antibiotisch behandelt werden (A).4

Komplizierte Harnwegsinfektion

  • Empfohlene Medikamente
    • Amoxicillin + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 2. Generation + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 3. Generation i. v. bei systemischen Symptomen
    • Ciprofloxacin (z. B. 500–750 mg 2 x tgl. über 7–10 Tage) nur, falls
      • lokale Resistenzraten < 10 % – oder –
      • keine Hospitalisierung erforderlich ist – oder –
      • eine Betalaktam-Allergie vorliegt.
  • Nicht verwendet werden sollten aufgrund der Resistenzlage:
    • Amoxicillin +/–Clavulansäure
    • Trimethoprim +/– Sulfamethoxazol.
  • Indikationen für eine antibiotische Therapie bei geriatrischen Patient*innen mit Urindauerkatheter4
    • Mindestens eines der folgenden Symptome sollte vorhanden sein:
      • Dysurie
      • Fieber > 37,9 ºC oder Anstieg um 1,5 °C über die individuelle Basistemperatur
      • Schüttelfrost
      • neu aufgetretener Flankenschmerz – oder –
      • delirante Zustände (Verschlechterung des mentalen Zustandes).

Therapiedauer

  • Die Therapiedauer beträgt bei Patient*innen mit Dauerkatheter 7 Tage.4
    • Bei verzögertem Ansprechen 10–14 Tage behandeln.7
  • Am 4. Therapietag und etwa 10 Tage nach Therapieende sollte eine Urinkultur erfolgen.2

Fungurie

  • Bei asymptomatischen Patient*innen i. d. R. keine Therapie notwendig
  • Bei Symptomatik Behandlung mit Fluonazol9

Prävention

Allgemeines

  • Restriktive Indikationsstellung zur Anlage eines Harnblasenkatheters und eine kontinuierliche Überprüfung der Indikation bei liegendem Katheter4
    • Möglichst kurze Verweildauer ist anzustreben.5
  • Es gibt keine Hinweise auf einen eindeutigen Nutzen von Katheterspülungen.4-5,11
  • Eine generelle Anwendung von Methenamin zur Prophylaxie einer Infektion bei Harnblasenkatheter kann nicht empfohlen werden.4
  • Der Dauerkatheterismus von älteren Patient*innen mit Urininkontinenz sollte möglichst vermieden werden.3
  • Dennoch bekommen Patient*innen, die chronisch gepflegt werden, oft einen Dauerkatheter gelegt, obwohl Urininkontinenz als alleinige Indikation eine unnötige Anwendungen eines Katheters darstellt.3

Indikationen

  • Jede Anlage eines Harnwegskatheters bedarf einer strengen, ärztlichen Indikationsstellung, die täglich überprüft werden sollte.3,5
  • Medizinisch begründete Anwendungen eines Katheters:3
    • akuter Harnverhalt
    • Notwendigkeit der Bilanzierung bei schwerkranken Patient*innen
    • Patient*innen mit urologischen Operationen
    • Förderung der Wundheilung im Bereich des äußeren Genitales bei Harninkontinenz
    • mehrstündige Operationen mit hohem Flüssigkeitsumsatz
    • palliative Behandlung (bei Patientenwunsch).
  • Beispiele für unnötige Anwendungen eines Katheters:3
    • Verordnung nur aufgrund einer Harninkontinenz der Patient*innen
    • Verlängerung der Katheterliegedauer, z. B. bei Patient*innen nach chirurgischen Eingriffen oder nach Abschluss der intensivmedizinischen Überwachung/Bilanzierung.

Katheter

  • Möglichkeiten zu Harndrainage3,8
    • aseptischer intermittierender Einmalkatheterismus3
      • Zur Prävention von Infektionen dem Blasenverweilkatheter vorzuziehen.
      • Vor jeder Anwendung eines Blasenverweilkatheters sollte daher überprüft werden, ob alternativ nicht ein aseptischer, intermittierender Einmal-(Selbst-)Katheterismus infrage kommt.
      • Eine Schulung der Patient*innen bzw. der Pflegenden sollte durchgeführt und möglichst durch geeignetes Informationsmaterial ergänzt werden.
      • Die Methode ist heute Standard für Patient*innen mit Rückenmarksverletzungen.
      • Allerdings sind auch die Harnwege dieser Patient*innen nach einigen Monaten Behandlung bakterienbesiedelt.
    • transurethraler Verweilkatheter (Dauerkatheter)
    • suprapubischer Katheter3
      • Es liegen widersprüchliche Daten vor, ob dieser Harnwegsinfektionen verringern kann, verglichen mit einem Dauerkatheter, die Mehrzahl der Daten ergibt keinen Unterschied.5,12
      • Vorteile liegen in einer Schonung der Harnröhre.
      • Kann aus diesem Grund bei Patient*innen mit längerfristiger Harndrainage (z. B. bei größeren Operationen) angewandt werden.
  • Für die Kurzzeitdrainage (< 5 Tage) können preisgünstige Latex-Ballonkatheter eingesetzt werden, wenn eine Latex-Allergie ausgeschlossen ist.3
  • Bei längerfristiger Blasendrainage sollte ein Vollsilikonkatheter verwendet werden, da dieser die höchste Biokompatibilität und -stabilität besitzt.3
  • Antimikrobielle Beschichtung
    • Bei ca. 90 % der länger liegenden Urinkatheter ist das Lumen der Katheter mit einem Biofilm bedeckt, bestehend aus Bakterien und einer Matrix hauptsächlich aus Polysacchariden. Bakterien im Biofilm haben eine weitaus höhere Resistenz gegenüber Antibiotika als frei im Urin flottierende Bakterien.13
    • Die Effizienz antimikrobieller Katheterbeschichtungen zur Infektionsprophylaxe wird kontrovers diskutiert. Ihr Einsatz wird zurzeit in Deutschland nicht empfohlen.3-4
      • Möglicherweise besteht ein Vorteil für antibiotisch beschichtete Katheter gegenüber antiseptisch beschichteten Kathetern.5
    • Die European Association of Urologist (EAU) empfiehlt die Verwendung hydrophil beschichteter Katheter.1
  • Antibiotika-Prophylaxe
    • Die antibiotische Prophylaxe reduziert das Auftreten von katheterassoziierten Harnwegsinfekten laut zweier Metaanalysen.5,12

Hilfreiche Maßnahmen3

  • Hygiene
    • vor und nach dem Anfassen von Katheter oder Sammelbeutel hygienische Händedesinfektion
    • sterile Vorgehensweise beim Einsetzen eines Katheters
    • Die tägliche Reinigung rund um den Meatus ist empfehlenswert. Eine Reinigung mit Wasser und Seife im Rahmen der Basishygiene reicht aus.
    • Auch beim suprapubischen Katheter wird das Punktionsgebiet am Unterbauch, der Katheter und die Genitalregion täglich mit Wasser und Seife gereinigt.
  • Umgang mit dem Drainagesystem
    • Abknickungen der Schläuche sowie durchhängende Schlaufen des Ableitungssystems, in denen der Urin länger verweilt, sollten vermieden werden.
    • Der Auffangbeutel sollte frei hängen, keinen Kontakt zum Boden haben und sich jederzeit unter Blasenniveau befinden.
    • Regelmäßige Entleerung des Auffangbeutels, insbesondere vor Umlagerungen. Dabei sollte der Ablassstutzen nicht mit dem Auffanggefäß in Kontakt kommen.
    • Katheter und Drainagesystem sollten möglichst nicht diskonnektiert werden.
      • Bei Diskonnektion sollte ein möglichst aseptisches Vorgehen angewandt werden (Desinfektion, z. B. mit Hautdesinfektionsmittel).
  • Auf eine ausreichende Diurese zur „inneren Spülung“ in Form von einer Harnausscheidung von möglichst mehr als 1,5–2 l/24 h bei einem spezifischen Gewicht von = 1.015 g/l sollte geachtet werden.

Wann sollte der Katheter ausgetauscht werden? 

  • Ein Katheterwechsel soll nicht routinemäßig in festen Intervallen, sondern bei Bedarf (z. B. Infektion, Inkrustation, Obstruktion oder Verschmutzung) und nach ärztlicher Indikationsstellung erfolgen.3,8
  • Ein solches Vorgehen führt dazu, dass weniger Katheter ausgetauscht werden als geplant, wodurch weniger Verletzungen der Harnröhre und weniger symptomatische Infektionen auftreten.
  • Im Falle einer katheterassoziierten Harnwegsinfektion ist der Katheter vor Beginn der antibiotischen Therapie ganz zu entfernen oder zu wechseln.2
  • Beim Katheterwechsel sollte stets auch das gesamte Ableitungssystem ausgetauscht werden.3,8

Wirkungslose Maßnahmen

  • Antibiotikaspülungen der Blase1,5,12
    • Es ist nicht nachgewiesen, dass dadurch Infektionen verhindert oder verzögert werden, im Gegenteil kann es zu Infektionen mit resistenten Mikroben kommen.
    • Wird von der European Association of Urologist (EAU) nicht empfohlen.1
  • Antibiotika beim/nach dem Entfernen von Kathetern1
  • Routinemäßige Katheterwechsel nach festen Zeitintervallen1,3,8
  • Urinkulturen zum Screening von asymptomatischen Patient*innen1,3-4

Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Prognose

  • Die Prognose ist für die meisten Harnwegsinfekte gut, einige entwickeln aber ernste Komplikationen wie die Urosepsis, die tödlich verlaufen kann.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU). Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044. S3, Stand 2017. www.awmf.org
  • European Association of Urology (EAU). EAU Guidelines on Urological Infections. Update 2022. www.uroweb.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
  • Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Empfehlung „Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen“, Stand 4/2015. www.rki.de

Literatur

  1. EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Amsterdam, the Netherlands 2022.ISBN 978-94-92671-16-5. uroweb.org
  2. Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU): Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044, Stand 2017 www.awmf.org
  3. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut: Empfehlung" Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen".Bundesgesundheitsbl 2015. 58:641–650. Online publiziert: 1. April 2015. www.rki.de
  4. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen – S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektion. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. Stand 2018 www.awmf.org
  5. Kranz J, Schmidt S, Wagenlehner F, Schneidewind L: Catheter-associated urinary tract infections in adult patients—preventive strategies and treatment options. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 83–8. www.aerzteblatt.de
  6. Chenoweth C, Saint S (2013) Preventing cathe- ter-associated urinary tract infections in the in- tensive care unit. Crit Care Clin 29(1):19–32. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Hooton TM, Bradley SF, Cardenas DD, et al. Diagnosis, prevention, and treatment of catheter-associated urinary tract infection in adults: 2009 International Clinical Practice Guidelines from the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2010; 50:625. PubMed
  8. Sievert DM, Ricks P, Edwards JR, et al. Antimicrobial-resistant pathogens associated with healthcare-associated infections: summary of data reported to the National Healthcare Safety Network at the Centers for Disease Control and Prevention, 2009-2010. Infect Control Hosp Epidemiol 2013; 34:1. PubMed
  9. Odabasi Z, Mert A. Candida urinary tract infections in adults. World J Urol. 2020 Nov;38(11):2699-2707. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  10. BfArM: Fluorchinolone: Einschränkungen in der Anwendung aufgrund von möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen 16.11.18. www.bfarm.de
  11. Management of Patients with Long-Term Indwelling Urinary Lachance CC, Grobelna A. Catheters: A Review of Guidelines. Ottawa (ON): Canadian Agency for Drugs and Technologies in Health; 2019 May 14. www.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Gad MH, AbdelAziz HH. Catheter-Associated Urinary Tract Infections in the Adult Patient Group: A Qualitative Systematic Review on the Adopted Preventative and Interventional Protocols From the Literature. Cureus. 2021 Jul 9;13(7):e16284. doi: 10.7759/cureus.16284. eCollection 2021 Jul. www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Trautner BW, Darouiche RO. Role of biofilm in catheter-associated urinary tract infection. Am J Infect Control 2004; 32(3): 177–183. doi:10.1016/j.ajic.2003.08.005 DOI

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Dietrich August, Arzt, Freiburg im Breisgau
  • Klaus Gebhardt, Arzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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